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Tauchfräsen spart Zeit beim Schruppen

Tauchfräsen spart Zeit beim Schruppen
Tauchfräsen spart Zeit beim Schruppen

Vorrangiges Ziel einer Schruppbearbeitung ist das möglichst rasche Erreichen der Endkontur. Dem stehen bei großen Auskammerungen, tiefen Kavitäten und hohen Schultern oft die Abmessungen und Spanleistungen der Werkzeuge sowie die Spindelleistung der Maschine entgegen. Deutlich bessere Ergebnisse bietet bei solchen Geometrien das Tauchfräsen.

Autor: Wolfgang D. Schenk

Firma Eckold in St. Andreasberg/Harz ist seit 1936 als Spezialist für die Kaltumformung von Blechen, Rohren und Profilen bekannt und seit 1982 als Wegbereiter für das Clinchen. Heute beschäftigt das Unternehmen 130 Mitarbeiter und beliefert die blechverarbeitende Industrie und das zugehörige Handwerk mit Standard- und Sonderwerkzeugen. Dazu zählen auch die Werkzeuge für Umformarbeiten an zwei- oder einlagigen Blechteilen von Kraftfahrzeugen. Trägerelement dieser Werkzeuge ist ein plattenförmiger Grundkörper aus C 45 mit verschiedenen, funktions- und montagebedingten, Durchbrüchen, Aussparungen und Vertiefungen. Diese Konturen wurden bislang mit Eckfräsern bei einer Spantiefe von 2–3 mm zeilenweise in durchschnittlich 3 Stunden gefräst. Viel zu lange für ein relativ einfaches Bauteil, wie der verantwortliche Fertigungsleiter Klaus Bremer fand.
Bei Eckold kommen unterschiedliche Fräswerkzeuge der Ingersoll Werkzeuge GmbH zum Einsatz. Zwischen den Vertretern beider Unternehmen sind deshalb neben den regelmäßigen Beratungsgesprächen und dem Erfahrungsaustausch auch Diskussionen über grundlegende Anwendungen und Frässtrategien nahezu selbstverständlich, wie das Thema „Grundkörperbearbeitung“ beweist. Für diese Anwendung empfahl Wolfgang Schuppe, technischer Berater bei Ingersoll, das Tauchfräsen. Entsprechend seiner Vorschläge wurde der Grundkörper versuchsweise auf einem Bearbeitungszentrum DMU 125 P mit einem Tauchfräser 52 mm Æ aus der Reihe PHU bearbeitet. Seine fünf Standard-Wendeplatten mit je 2 Schneiden erlauben eine max. Schnittbreite von 10 mm und die tangentiale Einbaulage der Wendeschneidplatten gewährleistet eine sehr hohe Prozesssicherheit.
Der Fräser startet in einer der beiden vorgefertigten Startlochbohrungen. Die Zustellwege in X- oder Y-Richtung betragen 7 mm. Das 5-schneidige Fräswerkzeug benötigt bei einer Schnittgeschwindigkeit vc = 180 m/min, einem Vorschub pro Zahn fz = 0,15 mm, einer Eingriffsbreite ae = 39 mm und einem Vorwärtsstep von 7 mm eine Antriebsleistung von etwa 14 kW. Da das Bearbeitungszentrum über insgesamt 30 kW verfügt, stehen noch ausreichend Reserven auch für größere Fräserdurchmesser zur Verfügung. Die verschiedenen Versuchsreihen bei Firma Eckold laufen seit ca. 4 Monaten und die bei horizontal aufgespannter Platte gewonnenen Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache. Im Gegensatz zu der vorher 3 Stunden dauernden Bearbeitung werden die Grundkörper jetzt in 45 min im Tauchfräs-Verfahren geschruppt. Addiert man dazu noch die 30 Minuten dauernde Fertigbearbeitung mit Schaftfräsern, so ergibt sich mit insgesamt 75 Minuten eine um mehr als die Hälfte reduzierte Bearbeitungszeit.
Programmierhilfen für die Frässtrategie
Entscheidend für den Erfolg des Tauchfräsens ist nicht nur das Werkzeug, sondern auch die Fertigungsstrategie. Ingersoll arbeitet deshalb sehr eng mit Fa. Sescoi zusammen. Deren Softwarepaket WorkNC bietet eine Bearbeitungsstrategie, die es dem Anwender erlaubt, seine CAD-Daten direkt in die Programmiersoftware zu laden. Bei der Wahl des richtigen Werkzeugs hilft eine integrierte Werkzeugdatenbank. Mit diesen Daten definiert die Software die komplette Schnittaufteilung. Eine Optimierung der empfohlenen Strategie kann später an der Maschine erfolgen. Dabei lassen sich auch die praktischen Empfehlungen der Ingersoll-Spezialisten, wie langsames Anfahren an den Grundkörper und voller Vorschub erst ab einer Tiefe von 2 mm, berücksichtigen. Diese spindelschonende Arbeitsweise erhöht die Standzeit der Werkzeuge deutlich. Selbst bei großer Auskraglänge kann der Fräser ohne vorheriges Freifahren in Z-Richtung zurückgesetzt werden. Der schnelle Rückzug reduziert nicht nur die Bearbeitungszeit, sondern auch den Aufwand für das Programmieren, da die geradlinige Rückzugsbewegung keinen zusätzlichen Programmieraufwand erfordert. Auch den nachfolgenden Abtrag des Restmaterials sowie alle weiteren Schlichtbearbeitungen erledigt WorkNC automatisch. Die Bearbeitung beim Bohrschruppen kann bis auf ein Vorschlichtmaß von 0,5 mm erfolgen. Für den praktischen Einsatz bedeutet dies, dass das anschließende Schlichten mit Z-konstant genau so erfolgen kann wie bei herkömmlichen Werkzeugen.
Berechnungsprogramm Tauchfräsen
Neben den Informationen über den wirtschaftlichen Einsatz ihrer Fräser bieten die Fachberater von Ingersoll frühzeitige Hilfe bei Fragen zur „Machbarkeit“ der verschiedenen Bearbeitungsstrategien. Dazu zählt auch das Berechnungsprogramm Tauchfräsen (Punchin). Mit seiner Hilfe lässt sich für Werkstoffe bis 1 400 N/mm² und für Aluminium die benötigte Kraft an der Spindel näherungsweise bestimmen. Um die Schnittkraft-Berechnung zu vereinfachen, werden die Richtwerte sowohl für positive als auch für negative Platten eingesetzt. Mit diesen Daten kann der Kunde vor Ort entscheiden, welche seiner Maschinen für das Tauchfräsen geeignet ist. Zur ersten Orientierung gilt: Wenn auf der Maschine mit einem Vollbohrer gearbeitet werden kann, dann ist sie auch für das Tauchfräsen geeignet.
Optimierung rund um den Tauchfräser
Im Laufe der Versuche zeigte sich, dass der Grundkörper durch den hohen Spanabtrag beim Auskoffern leicht vibrierte, was sich negativ auf die Standzeit der trocken arbeitenden Werkzeuge auswirkte. Künftig wird deshalb der Grundkörper am ganzen Umfang und am Mittelsteg durch eine entsprechend geformte Auflageplatte abgestützt. Sollte dieses relativ einfache Hilfsmittel nicht zu dem gewünschten Erfolg führen, wird die Grundplatte nicht liegend, sondern vertikal gespannt und der Tauchfräser horizontal arbeitend eingesetzt. Neben der stabileren Aufnahme würde damit auch die Späneabfuhr vereinfacht.
Firma Eckold ist mit der um mehr als 50 % reduzierten Bearbeitungszeit voll zufrieden und kann nach Abschluss der verschiedenen Spann-Optimierungen noch bessere Ergebnisse und höhere Standzeiten erwarten. Die verschiedenen Versuche fanden naturgemäß auch das Interesse der anderen Fertigungsbereiche des Umformspezialisten aus St. Andreasberg und so „tauchen“ immer mehr Werkstücke auf, bei denen auch die Vorteile des Tauchfräsens genutzt werden sollen. Da durch die hohe Anzahl der effektiven Schneiden höhere Vorschübe gefahren werden können, ergibt sich eine gleichmäßige Belastung von Werkzeug und Spindel und durch das weiche Schneidverhalten ein ruhiger, harmonischer Schnitt. Dank dieser Verfahrensvorteile und dem daraus resultierenden geringeren Leistungsbedarf können auch ältere Maschinen eingesetzt werden.
Ingersoll Werkzeuge GmbH Tel. 02773/742269, Fax 02773/742755 www.ingersoll-imc.de
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