mav: Die Firma Cerin stellt seit 1971 Vollhartmetallwerkzeuge her. Auf welche Branchen und Anwendungen haben sie sich spezialisiert?
Cuscov: Wir haben in den letzten 50 Jahren viel Know-how im Werkzeugschleifen aufgebaut und sind heute mit rund 60 Mitarbeitern einer der führenden Werkzeughersteller in Italien. In den letzten Jahren sind wir vor allem mit unseren Lösungen für die Luft- und Raumfahrtindustrie gewachsen. So sind wir mittlerweile einer der großen Werkzeuglieferanten für den Luft- und Raumfahrtkonzern Leonardo. Wir haben auch viele Kunden in der Luft- und Raumfahrtindustrie in der Türkei, weshalb wir dort eine eigene Produktionsstätte eröffnen wollen, die voraussichtlich im Jahr 2024 in Betrieb genommen werden soll.
Aber wir beliefern natürlich auch alle anderen Branchen, wie Automotive – hier sind wir u. a. Zulieferer von Lamborghini –, den allgemeinen Maschinenbau und auch Unternehmen im Werkzeug- und Formenbau.
Für welche speziellen Luft- und Raumfahrt-Anwendungen wurden ihre Werkzeuge optimiert?
Cuscov: Unsere Werkzeuge aus der Aerospace-Linie sind absolute Spezialisten für die Zerspanung von luftfahrttypischen Materialien. So verfügen wir beispielsweise über ein sehr breites Spektrum an diamantbeschichteten Hartmetallwerkzeugen für die Bohrungsbearbeitung von CFK/Titan- oder CFK/Aluminium-Verbundwerkstoffen, die gerade durch ihre hohen Werkzeugstandzeiten punkten. Ebenso bieten wir ein breites Portfolio an diamantbeschichteten Schaftfräsern für die Bearbeitung von CFK, GFK oder etwa Wabenstrukturen. Darüber hinaus bieten wir Schlicht- und Schruppfräser mit und ohne Innenkühlung für die Bearbeitung von hochwarmfesten Werkstoffen wie Nickel- und Titanbasislegierungen an. Abgerundet wird das Aerospace-Programm durch HSC-Schaftfräser für die Hochleistungszerspanung von Flugzeugaluminium.
Die Aerospace-Linie ist eine der neuesten Entwicklungen von Cerin. Was für Werkzeuge haben sie sonst noch im Angebot?
Cuscov: Wie bereits erwähnt bieten wir eine breite Palette von Vollhartmetallwerkzeugen für eine Vielzahl an Branchen an, wie z. B. Frässtifte, Vollhartmetall-Schaftfräser, Bohrwerkzeuge, Reibahlen und Kegelsenker. Zu den neuesten Entwicklungen gehören unsere Hochleistungs-Mehrfachfräserlinie HPC Shark und eine Serie von Fräsern für die Trochoidalbearbeitung. Die speziell entwickelte Beschichtung dieser Werkzeuge garantiert ein sehr hohes Zeitspanvolumen, insbesondere bei niedrig- und hochlegierten Stählen, rostfreien Stählen, Titan und Nickellegierungen. Zudem stellen wir zahlreiche Werkzeuge für die Bearbeitung von Kunststoffen und insbesondere von Plexiglas her, bei denen großes Augenmerk auf die Oberflächenqualität und die Transparenz des Werkstücks gelegt wird. Das Programm für die Bearbeitung von Verbundwerkstoffen ist auch im Motorsport sehr erfolgreich. Weitere wichtige Innovationen sind in Vorbereitung, werden aber zu gegebener Zeit bekannt gegeben. Wir optimieren unser Fräsprogramm für bestehende und neue Märkte.
Sind das alles Standardwerkzeuge, oder bieten Sie auch kundenspezifische Sonderlösungen an?
Cuscov: Wir bieten seit jeher beides an. Die Standardlösungen im Katalog geben eine Orientierung, für welche Anwendungen wir bereits Werkzeuge entwickelt haben. Im Sonderbereich ist viel mehr möglich, vor allem in der Luft- und Raumfahrtindustrie sind die meisten Werkzeuge ohnehin kundenspezifische Lösungen, und gerade hier können wir mit unserer langjährigen Entwicklungserfahrung und der Qualität unserer Werkzeuge überzeugen. So haben wir beispielsweise halbautomatische One-Shot-Bohrlösungen für die Luft- und Raumfahrtindustrie entwickelt. Auf diese Weise lassen sich zum Beispiel drei Bohrungen in einem Arbeitsgang fertigstellen. Denn Produktionsausfälle darf es auf keinen Fall geben, und die Nachfrage nach Werkzeugen, die mehrere Bearbeitungsschritte kombinieren, steigt.
Unsere Werkzeuglösungen testen wir stets in unserem eigenen Testzentrum auf ihre Bearbeitungsqualität und Zuverlässigkeit. Dort werden auch die optimalen Bearbeitungsparameter für jedes Werkzeug entwickelt. Selbstverständlich ist Cerin zertifiziert nach ISO 9001.
Was macht den Erfolg ihrer Werkzeuge aus?
Cuscov: Ganz klar die Bearbeitungsqualität. Ob Schlichtfräser oder Hochleistungsschruppfräser – wir wollen unseren Kunden immer den optimalen Bearbeitungsprozess für ihr Bauteil bieten. Dazu wollen wir die Produktionsanforderungen verstehen und schauen uns den Bearbeitungsprozess beim Kunden an – wie funktioniert die Maschine, wie wird das Werkstück auf der Maschine gespannt und welche Vibrationen können bei der Bearbeitung entstehen. Zudem verfügt Cerin über einen hochmodernen Schleifmaschinenpark zur Herstellung unserer Präzisionswerkzeuge.
Welche neuen Entwicklungen sehen Sie beim Fräsen?
Cuscov: Das trochoidale Fräsen ist ein Trend, der sich gerade in der Schwerzerspanung immer mehr durchsetzt. Hier bieten wir unseren Kunden neben den Werkzeugen auch softwareseitig die notwendige Unterstützung an. Auch bei den Werkstoffen gibt es einige spannende Entwicklungen. So haben wir beispielsweise einen Keramikfräser für die Bearbeitung von Triebwerksbauteilen aus Inconel Alloy entwickelt. Gerade bei der Bearbeitung dieser Superlegierungen müssen die Werkzeuge sehr hohen Temperaturen standhalten, ohne dass das Bearbeitungsergebnis darunter leidet.
Cerin setzt seinen Fokus grundsätzlich auf eine Optimierung des Kundennutzens. So sind einige Neuentwicklungen von Fräswerkzeugen geplant, die eine Kombination verschiedener Arbeitsfolgen sowie eine verbesserte Beschichtung zur Erhöhung der Zerspanungsleistung und der Werkzeugstandzeit beinhalten. Auch sieht Cerin in unterschiedlichen Branchen, neben den bereits erfolgreich belieferten Industriebereichen Luft- und Raumfahrt, Automotive und allgemeiner Maschinenbau, ein Potenzial. Neue Märkte können von dem hohen Fertigungs Know-how und der mehr als 50-jährigen Erfahrung von Cerin profitieren. Cerin deckt den gesamten Bereich von Leichtwerkstoffen (Al) über Kunststoffzerspanung (auch Plexiglas), Titan- und Inoxlegierungen, CFK- und GFK bis zur Stahlbearbeitung (bis 65HRC) ab. Ein Trend bei unseren Kunden wird die Zusammenlegung von Bearbeitungsprozessen sein, ebenso wie weitere neue Materialien. Wir als Cerin stellen uns diesen Aufgaben.
Cerin S.p.A.
www.cerin.it
