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Welche Schneide hältam längsten?

Hochwarmfeste Werkstoffe in der Luftfahrt erfolgreich zerspanen
Welche Schneide hältam längsten?

Zerspanraten von bis zu 90 Prozent, komplex geformte Strukturbauteile, hochwarmfeste Werkstoffe, Vorgaben und Standards: Die Anforderungen an die Werkzeuge in der Luftfahrt sind beinahe unübertroffen. Die dort eingesetzten Titanbauteile verlangen außerdem eine hohe Maßhaltigkeit und sehr gute Oberflächengüten. Um all diesen Anforderungen gerecht zu werden, entwickelte Gühring den Hochleistungsfräser RF 100 Ti Aircraft.

Leichtbauweise wie sie in der Luftfahrt zum Einsatz kommt, bedeutet nicht nur, einen Werkstoff wie Stahl schlicht durch Aluminium oder Titan zu ersetzen. Vielmehr gilt es, Bauteile so zu konstruieren, dass dort, wo Belastungen aufgenommen und übertragen werden, ausreichend Werkstoff vorhanden ist, und überall dort, wo keine Kräfte übertragen werden, Material eingespart wird.

Diese Vorgaben führen vorwiegend zu sehr leichten, fachwerkartigen und dadurch stabilen Strukturbauteilen. Typisch dabei ist die Herstellung tiefer Kavitäten mit teils komplexen Außenkonturen. Die Bearbeitungsstrategien hierfür sind ebenso komplex. Zumeist wird aus dem Vollen gefräst. Die Konturen fordern höchste Zeitspanvolumen. Am Ende stehen diffizil geformte, dünnwandige Bauteile. Die Entwicklung von spezifizierten Präzisionswerkzeugen, die den Anforderungen der Luftfahrtbranche entsprechen, ist also nötig.
Herausforderungen der Luftfahrtindustrie
Der für Strukturbauteile vorwiegend verwendete Werkstoff Titan erschwert mit seiner Zähigkeit, hohen spezifischen Festigkeit, niedrigen Wärmeleitfähigkeit und hoher Reaktivität mit ausgeprägter Neigung zum Kleben, die wirtschaftliche Bearbeitung der Bauteile. Geringe Standmengen und unzureichende Zerspanvolumina können die Folge sein. Weiter werden vom Anwender stabile Prozesse gefordert, da die Bauteilkosten, insbesondere bei großen Strukturbauteilen, gut und gerne mehrere Zehntausend Euro betragen. Nicht zuletzt müssen die Werkzeuge verschiedene Standards der Luftfahrtbranche, wie den NAS (National Aerospace Standard), erfüllen.
Ganzheitliche Werkzeugentwicklung
Ziel von Gühring war die Entwicklung eines Titanfräsers, der sowohl unter konventionellen als auch unter modernen HPC-Frässtrategien funktioniert und beiderseits zufriedenstellende Ergebnisse liefert. Zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Werkzeuge wurde unter anderem eine Taschenbearbeitung mittels i-Machining definiert, die unter Verwendung von HPC-Schnittwerten sowohl das Eintauchen als auch das Schruppen und Schlichten umfasst und so das reale Einsatzszenario widerspiegelt. Die Tiefe der Taschen betrug 24 mm. Durch die Verwendung der HPC-Strategie wurden diese mit Schnittgeschwindigkeiten von bis zu 155,5 m/min bei voller Schnitttiefe hergestellt. Die seitliche Zustellung ae betrug bis zu 0,53 mm bei einer Vorschubgeschwindigkeit von bis zu vf = 3100 mm/min. Zusätzlich wurden mit den Werkzeugen Vollnut- sowie Besäumoperationen durchgeführt.
Entwicklung der Stirngeometrie & Schneide
Die Grundlage des Aircraft-Fräsers bildete ein 4-schneidiges Werkzeug mit ungleicher Drallsteigung, um eine geringe Vibrationsneigung zu erzielen. Um höhere Rampwinkel zu erreichen, wurden Stirnspanräume etablierter Fräswerkzeuge von Gühring optimiert, so dass beim Orbitalbohren (helikales Eintauchen) mit einem Fräswerkzeug Durchmesser d=8 mm Zustellungen von bis zu ap=1,2 mm/U möglich waren. Die Modifizierung hin zu einer durchgehenden Stirnschneide zeigte eine deutlich verbesserte Oberflächengüte des Bauteils.
Insbesondere bei hohen Zeitspanvolumina kommt es bei Titan zu Problemen mit der Spanabfuhr. Speziell bei großen Eckradien wird die Spanumformung über den Eckradius deutlich verschlechtert. Highspeedaufnahmen beim Besäumen zeigten, dass der Span wohl ausreichend gekrümmt, jedoch nicht sauber getrennt wird. Das führte zum Anhaften der Späne an der Spanfläche und letztlich zu Beschädigungen der Werkstückoberfläche. Die Lösung war eine Eckenradiuskorrektur. Diese stabilisiert das Werkzeug, verbessert in hohem Maße das Verschleißverhalten des Eckradius und begünstigt die Spanumformung. Ein modifizierter und dem Schneidverhalten angepasster Kern verhindert ein Durchziehen der Späne in den nächsten Schnitt und ermöglicht so saubere Bauteiloberflächen sowie lange Standwege bei geringem Werkzeugverschleiß.
Zenit-Beschichtung entlastet die Schneide
Die hohe Reaktivität von Titan sowie die hohen thermischen Belastungen führen zu verstärktem Verschleiß, so dass übliche Beschichtungen das Leistungspotenzial der Werkzeuge einschränken würden. Verschiedene Thermodiffusionsversuche mit unterschiedlichen Schichtsystemen zeigten, dass insbesondere TiAlN-haltige Schichten deutliche Auflösungen der Schichtstrukturen durch Diffusionsvorgänge aufweisen. Dem gegenüber konnte durch eine ZrN-Schicht die Diffusion fast vollständig unterbunden werden, da ZrN eine deutlich höhere chemische Stabilität gegenüber den anderen Schichtwerkstoffen, auch bei hohen Temperaturen, aufweist.
Auf Basis dieser Erkenntnisse wurde ein ZrN-basiertes Schichtsystem entwickelt, das die Vorteile der Verschleißfestigkeit von TiAlN mit der verbesserten chemischen Stabilität – und der daraus resultierenden günstigeren Reibchemie – von ZrN kombiniert. Einsatzversuche bestätigten eine geringere Adhäsion von Titanwerkstoffen beim Einsatz der neu entwickelten Zenit-Beschichtung. Zusammen mit den niedrigeren Reibungskräften und daraus resultierend verminderter Schneidenbelastung können höhere Standzeiten erzielt werden.
Sicheres Fräsen, Nuten und Schruppen
Der Ratiofräser 100 Ti Aircraft besitzt eine spezielle Stirngeometrie, die prozesssicheres Fräsen, Nuten und Schruppen in Sonder- und Titanlegierungen ermöglicht. Der Spanraum besitzt eine vertiefte Spannut im vorderen Schneidenbereich und verbessert damit die Spanabfuhr. Hinzu kommt der Halsfreischliff des Fräsers, dessen Übergangswinkel mittels FEM-Simulation optimiert wurde, und dem Ratiofräser mehr Stabilität verleiht. Die optimierte, dem NAS entsprechende Korrektur des Eckenradius stabilisiert die Schneide des Ratiofräsers und verhindert vorzeitigen Ausfall des Eckradius, wodurch die Prozesssicherheit steigt. ■
Gühring KGwww.guehring.de

Zukunftsideen in Serie

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Wie die Zukunft der Zerspanung aussehen kann, präsentieren die Mitglieder des Vereins für Zukunftsorientierte Zerspanung e.V. in einer exklusiven Serie in der mav.

RF 100 Ti Aircraftim Einsatz
Anwendung: Nassbearbeitung in TiAl6V4
Schnittparameter:
ap: 24 mm
ae: bis 0,53 mm
vc: 155 m/min
n: 4125 min-1
fz: bis 0,18 mm
vf: bis 3100 mm/min
Zeitspanvolumen: Q = 36 cm3/min, Standzeit über 135 min beim Schruppen.
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