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mav: Seit beinahe 30 Jahren, verantworten Sie, Herr Horn, die Geschicke des Werkzeugherstellers Horn. Seit März ist Ihr Sohn Markus nun ebenfalls Geschäftsführer der Paul Horn GmbH. Wie ist es, nach so langer Zeit Verantwortung abzugeben?
Lothar Horn: Mein Sohn Markus ist ja nicht erst seit gestern im Unternehmen tätig. Seit eineinhalb Jahren leitet er nun schon die IT und war auch von Beginn an Mitglied der Geschäftsleitung. Seit März sind wir nun gemeinsam als Geschäftsführer tätig. Für mich ist das ein wunderbares Gefühl zu wissen, dass ich heute aufstehen und gehen könnte. Meine Nachfolge ist jetzt schon bestens geregelt.
Aber wie ist es, plötzlich nicht mehr für alles verantwortlich zu sein?
Lothar Horn: Als ich die Geschäftsführung übernommen habe, hatte die Firma Horn rund 200 Mitarbeiter. Ich war damals Geschäftsführer, Vertriebsleiter, technischer Leiter und Produktionsleiter in einer Person. Im Laufe der Zeit habe ich aber gelernt, Aufgaben abzugeben, und das ist auch gut so. Denn wer denkt, er könne in einem global agierenden Technologieunternehmen alle Schlüsselpositionen übernehmen und damit erfolgreich sein, ist meines Erachtens auf dem falschen Weg.
Natürlich ist es immer eine Umstellung, wenn eine Arbeit, die bislang in der eigenen Verantwortung war, plötzlich übernommen wird. Denn jeder Mensch hat ein stückweit seine eigene Herangehensweise. Allerdings ist der neue Lösungsweg in den allermeisten Fällen nicht schlechter, sondern einfach nur anders. Dies zu akzeptieren, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Schön ist es natürlich, wenn das Ergebnis schließlich sogar besser ist.
Sie haben anlässlich Ihres sechzigsten Geburtstags 2016 gesagt, dass Sie mit 65 in den Ruhestand gehen möchten. Ist das immer noch aktuell?
Lothar Horn: Ja.
Markus Horn, denken Sie, Sie sind in nunmehr nur noch drei Jahren bereit, das Ruder zu übernehmen?
Markus Horn: Ich habe in den letzten Jahren sehr viel dazugelernt. Ich durfte sehr erfahrenen und äußerst beflissenen Mitarbeitern über die Schulter schauen. So habe ich neben dem technischen Knowhow auch die Menschen hier im Unternehmen kennengelernt. Ich denke, ich bin momentan noch mittendrin in meiner Einarbeitungszeit, aber gemeinsam mit unseren Mitarbeitern sehe ich mich für diese große Aufgabe sehr gut gerüstet.
Ihr Vater hat einmal die Digitalisierung als die größte Herausforderung der Zukunft beschrieben. Wie gut ist Horn dafür gerüstet?
Markus Horn: Bei all diesen Themen, die heute rund um das Schlagwort Industrie 4.0 angesiedelt werden, kommt mir mein berufliches Vorleben zugute. Denn bevor ich bei Horn angefangen habe, habe ich für ein Softwareunternehmen gearbeitet und dort als studierter Wirtschaftsinformatiker den internationalen Vertrieb mitverantwortet.
Aber sind Sie auch der Meinung, dass die Digitalisierung die größte Herausforderung sein wird?
Markus Horn: Vielleicht nicht die größte, aber digitale Prozesse haben natürlich das Potenzial, revolutionäre Geschäftsmodelle zu ermöglichen.
… und was macht Horn heute schon in Richtung Digitalisierung?
Markus Horn: Wir realisieren ein Projekt nach dem anderen, immer mit dem großen Ziel vor Augen, die gesamte Prozesskette vom Kunden über die Produktion bis zurück zum Kunden digital abbilden zu können. Wie in einem Puzzle wird so Stück für Stück schlussendlich ein Bild einer digitalen Fabrik entstehen.
Dabei gibt es Projekte, wie zum Beispiel die Kommunikation zwischen den einzelnen Maschinen, die sich einfacher umsetzen lassen und welche, die sich mit heutiger Technik niemals wirtschaftlich realisieren lassen.
Besonders spannend ist zum Beispiel eine Retrofit-Anlage, die wir nachträglich mit einer OPC-UA-Schnittstelle ausgestattet haben. Wichtig war uns damit zu zeigen, dass auch ältere Maschinen in eine digitale Fertigung eingebunden werden können. Zudem ist unsere Fertigung schon heute bis zu 97 Prozent automatisiert. Diesen hohen Automatisierungsgrad kann man nur mit einer echten Digitalisierungsstrategie erreichen. Auch deshalb sind für uns automatisierte und digitalisierte Prozesse schon Alltag.
Vor kurzem hat die Firma Horn 30 Millionen Euro in Schleif-, Dreh- und Fräszentren investiert. Wurde damit der Maschinenpark nur erneuert oder wurde die Fertigung substanziell vergrößert?
Markus Horn: Wir sind immer auf Wachstum eingestellt und versuchen von daher auch immer rechtzeitig, die dafür notwendigen Fertigungskapazitäten zu schaffen. Denn nur wer die entscheidenden Ressourcen vorhält, kann schnell auch auf die Anforderungen des Marktes reagieren. Mit dieser Strategie haben wir in diesem und im letzten Jahr gegenüber unserem Marktumfeld kräftig gepunktet. Zudem haben wir unsere Reaktionszeit sogar noch verbessert, und das bei erheblich gestiegenem Umsatz. Mit der Greenline-Produktionslinie schaffen wir es aktuell, Sonderwerkzeuge innerhalb von unter fünf Tagen beim Kunden zu haben.
Lothar Horn: Wir haben aber nicht nur in Deutschland investiert. Ebenso wurden die Produktionsstandorte in den USA und in Tschechien erweitert. Wobei die USA eine ganz besondere Stellung für uns haben. Der US-Markt ist für uns, nach Deutschland, der zweitwichtigste Markt. Von daher freut es natürlich umso mehr, dass wir dort in den letzten Jahren deutliche Zuwachsraten verzeichnet haben.
Wie hat sich der Umsatz im ersten Halbjahr 2018 generell entwickelt?
Lothar Horn: Die ersten sechs Monate waren für uns zufriedenstellend. Insgesamt ist der Umsatz um rund zehn Prozent gewachsen. Als Unternehmer ist man zwar immer der Meinung, es dürfte ruhig etwas mehr sein. Aber im Vergleich mit der Branche, die um rund sieben Prozent gewachsen ist, ist das Ergebnis so in Ordnung. Der Zuwachs ist dabei auch bei uns stark vom Export getragen. Neben den USA machen sich dabei besonders China, Frankreich, Israel und auch noch Großbritannien deutlich bemerkbar. Zudem haben wir unser Engagement in Mexiko und Russland gesteigert. An beiden Standorten sind wir nun mit eigenen Niederlassungen vertreten.
Horn hat es in den letzten Jahren immer wieder geschafft, mehr zu wachsen als die Branche an sich. Was macht Horn besser als andere Marktbegleiter?
Lothar Horn: Zunächst leisten die allermeisten unserer Marktbegleiter eine ganz ausgezeichnete Arbeit. Die Präzisionswerkzeughersteller tragen mit ihrem Knowhow ganz erheblich dazu bei, dass am Produktionsstandort Deutschland produktiver gefertigt werden kann, als an vielen anderen Standorten der Welt. Was die Horn-Produkte dabei so einzigartig macht, ist der Blick auf die gesamte Prozesskette beim Kunden. Wir fertigen Hochleistungswerkzeuge, mit denen unsere Kunden ihre Kosten pro Bauteil optimieren können.
Hinzu kommt die Technikverliebtheit aller Horn-Mitarbeiter. So werden bei uns auch die Bearbeitungsprozesse ständig hinterfragt. Ein Ergebnis daraus sind zum Beispiel unsere Werkzeuge zum Nutstoßen. Zur AMB 2018 werden wir mit dem Hobeln abermals Werkzeuge für eine altbekannte Technologie vorstellen, mit denen ein noch produktiveres Arbeiten möglich sein wird.
Wird es auch bei den bestehenden Werkzeuglösungen Neuheiten zur AMB geben?
Markus Horn: Selbstverständlich werden wir zur AMB wieder eine Vielzahl an neuen Werkzeugen präsentieren. Im Besonderen haben wir uns in diesem Jahr auf die Gebiete Mikrozerspanung, die Bearbeitung schwerzerspanbare Werkstoffe und eine optimierte Kühlmittelführung konzentriert. Dabei sehen wir besonders bei den schwerzerspanbaren Werkstoffen noch erhebliches Wachstumspotenzial. Denn gerade im Flugzeugbau werden mehr und mehr Bauteile aus Faserverbundwerkstoffen und Titan verbaut. Ebenso gibt es auch in der Medizintechnik sehr interessante Bauteile mit hochanspruchsvollen Oberflächen, wie etwa Hüftgelenke aus Titan.
Wir entwickeln uns und unsere Produkte immer weiter. Dabei bauen wir zum einen auf den bestehenden Lösungen auf, und zum anderen gehen wir, wie beim Hobeln, völlig neue Wege. Darüber hinaus gewinnt neben der Geometrie der Werkzeuge und den Horn-eigenen Hartstoffen immer mehr das Thema Beschichtung an Bedeutung. Zur AMB werden wir von daher eine völlig neue, selbstentwickelte Beschichtung präsentieren.
Der Weg für die nächsten Monate scheint klar und deutlich gekennzeichnet zu sein. Aber was wünschen Sie Ihrem Sohn für die nächsten zehn Jahre?
Lothar Horn: Dass er das gleiche Glück hat, wie ich es hatte. Denn ich hatte die letzten Jahre stets das Glück, die richtigen Mitarbeiter um mich zu haben – Schlussendlich machen die Menschen den Unterschied. Zudem wünsche ich meinem Sohn die richtigen Sparringspartner, mit denen er gemeinsam, im Dialog natürlich, immer besser werden kann.
Paul Horn GmbH
www.phorn.de