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Transferstraßen oder flexible Fertigungszellen?

Transferstraßen oder flexible Fertigungszellen?
Transferstraßen oder flexible Fertigungszellen?

Die Variantenzahl der Teile wird zunehmend größer. Im Gegenzug dazu leiden die Seriengrößen mehr und mehr an Schwindsucht. Das hat den Transferstraßen nach landläufiger Meinung den Garaus gemacht – wirklich? Die jüngste Zeit zeigt eine gewisse Renaissance der jetzt flexibel gewordenen Transferstraßen, zu denen schließlich auch die Rundtischautomaten gehören. Doch wo ist welches System sinnvoll einsetzbar? Gehört die Trockenbearbeitung zwingend dazu? Das wollten die Redaktionen von Industrieanzeiger und mav im zweiten Expertengespräch des Jahres herausarbeiten und haben dazu namhafte Hersteller sowie Anwender an einen Tisch gebeten.

Bearbeitungszentren haben an Produktivität gewonnen, Transferstraßen sind flexibler geworden. Die Entscheidung für das richtige Fertigungsmittel ist schwieriger denn je

Ophey: Im Rahmen der so genannten CIM-Euphorie wurde jahrelang darüber diskutiert, ob Transferstraßen oder Zentren der Stein der Weisen wären. Schon damals wurden statt Transferstraßen flexible Linien aufgebaut. In den vergangenen 15 Jahren sind einerseits die Zentren erheblich produktiver geworden. Andererseits ist in die Transfersysteme enorm viel Flexibilität eingekehrt. Denken Sie allein daran, was die rasante Steuerungsentwicklung in dieser Beziehung gebracht hat. Ich glaube, dass heute eine flexible Lösung mit Zentren auch von den Kosten her eine echte Alternative zur Transferstraße sein kann.
Klenk: Die Anforderungen aus „time to market“ waren der wesentliche Impuls für neue Fertigungslösungen. Die Zeit von der Entwicklung bis zur Produkteinführung wird immer kürzer. Folglich müssen Festlegungen und Bestellungen zu einem Zeitpunkt erfolgen, wo es vielfach noch gar keine Maßzeichnungen gibt. Es folgen dann viele Änderungen, die abgefangen werden müssen. Dadurch ist ein Zwang gegeben, dies mit flexiblen Konzepten zu machen. Hier kommt es auf das Teilespektrum an, das zur Bearbeitung ansteht. Entscheidend sind die erzielbaren Stückkosten. Transferstraßen haben zwar ihr Gesicht in den vergangenen Jahren weitgehend verändert, sind aber nach wie vor die Basissysteme, auf denen sich Großserien abstützen. Auf der anderen Seite haben Bearbeitungszentren und ihre Abkömmlinge, die flexiblen Zellen oder Bearbeitungslinien, ihre nicht zu verkennenden Vorteile. Moderne Konzeptionen können bei bestimmten Werkstücken jährliche Produktionsraten bis 400.000 abdecken.
Die Entscheidung Transfermaschine oder flexible Zelle erfolgt in Abhängigkeit von Werkstückgrösse, Stückzahl, Kosten, Prozeßsicherheit und Flexibilität
Fitz: Wir beliefern sehr stark die Flugzeugindustrie: Grosse Werkstücke, kleine Stückzahlen und lange Bearbeitungszeiten sind hier die Hauptkriterien. In den vergangenen Jahren hat die Flugzeugindustrie ausschließlich flexible Fertigungssysteme beschafft. Bei Werkstücken in Tischgröße bis weit darüber reden wir von Bearbeitungszeiten von 20 Minuten und wesentlich mehr. Hier macht vor allem auch der Werkzeugverschleiß bei der Bearbeitung der hochlegierten Stähle schwer zu schaffen. Auf Grund dieser Kriterien und der geforderten Genauigkeit stellt sich die Frage nach Transferstraßen nicht.
Schmidtbaur: Bearbeitungszentren sind in den letzten Jahren wesentlich schneller geworden sind. Das gilt sowohl für die Reduktion der Nebenzeiten, die Werkzeugwechsel und die Positionierzeiten. Daher kann mit verketteten Zentren höchst produktiv gefertigt werden.
Fehn: Wir wissen, dass die Zentren stark ins Feld der Transfer- oder Rundtaktmaschinen eindringen. Wir haben uns in den vergangenen Jahren auf die Integration flexibler Module konzentriert, denn wir haben es hauptsächlich mit Teilefamilien zu tun. Damit bauen wir an unseren Rundtisch faktisch viele Zentren an. Das erfordert auch ganz andere Spannstrategien als bei Zentren. Deshalb eignen sich unsere Maschinen auch nur zur Fertigung von Teilefamilien, die in großen Stückzahlen vorliegen.
Dr. Nebeling: Wir bauen flexible Fertigungssysteme für überwiegend rotatorisch bearbeitbare Werkstücke, von denen bereits über 2500 im Feld im Einsatz sind, davon ein großer Teil in Linien von 2 und mehr verketteten Maschinen. Wir erreichen im mittleren Teilebereich immerhin Stückzeiten von 15 oder 20 Sekunden bei parallel geschalteten Maschinen.
Einfluß der Werkstückgrösse: Fertigung kleiner Werkstücke eher auf Transfersystemen, größere auf flexiblen Zellen
Heinrich: Wir fertigen Ventile, die etwa die Größe einer Zigarettenschachtel haben. Davon produzieren wir monatlich 150 000 bis 200 000 Stück. Das geschieht auf Rundtaktmaschinen. Ich habe auch schon mal ein Angebot über verkettete Zentren eingeholt, aber das ist von der Investition her unbezahlbar. Außerdem ist der dafür erforderliche Platz viel zu groß. Da müssten wir anbauen. In der neuesten flexiblen Rundtaktmaschine haben wir 42 CNC-Achsen. Mit denen fertigen wir in nur 8 Sekunden ein Teil, wobei insgesamt 20 Werkzeuge zum Einsatz kommen. Für uns kommen bei dem uns vorliegenden Programm auch in Zukunft nur Rundtaktmaschinen und eventuell Transfermaschinen in Frage.
Dr. Treib: Sicher spielt bei der Entscheidung zur Transfermaschine die Teilegröße eine entscheidende Rolle, wie dies unsere vier Produktlinien für eher kleine Werkstücke bis 150 mm Kantenlänge zeigen. Hier hat die Transfermaschine gegenüber Bearbeitungszentren Vorteile.
Klenk: Diese Meinung teile ich nicht, es kommt eher aufs Teilespektrum an sowie auf den Prozess. Entscheidend werden immer die Stückkosten sein. Zudem wird die Investition oft an die Produktionsraten angepasst. Bei Transferstraßen muss das komplette Investment gleich getätigt werden, während man bei Bearbeitungszentren die Investitionen dem Produktionshochlauf anpassen kann.
Dr. Treib: Trotzdem meine ich, sollten wir bei der Teilegröße unterscheiden. Klar, die meisten Argumente von den Herren Klenk und Ophey kommen aus dem Bereich der größeren Werkstücke. Auch wir arbeiten sehr viel für die Automobilindustrie, für deren kleine Teile. Zugegeben, die Zentren haben deutlich an Produktivität gewonnen. Trotzdem sind sie für meinen Begriff immer noch um 40% zu teuer und schlechter in der Verfügbarkeit.
Klenk: Das sehen wir ganz anders. Wir bei Heller haben bisher sehr viele Zentren gebaut und eingesetzt – auch für kleinere Werkstücke. Da können wir nicht feststellen, dass die Verfügbarkeit schlechter sei als bei unseren Transferstraßen.
Deufel: Auch zu uns können sie mit ihren kleineren Teilen kommen. Natürlich kennen wir auch das Verhalten der Automobilindustrie, die mit den Originalprozessen bereits bei der Vorserie starten, aber stufenweise investieren will. Wir legen besonderen Wert auf hohe Prozesssicherheit und besonders hohe Prozessfähigkeit als Voraussetzung für hohe Verfügbarkeit. Wir starten mit flexiblen Maschinen und sind dann im System ausbaufähig bis zu 800.000 Stück pro Jahr.
Klotz: Wir fertigen unsere relativ kleinen Teile, wie Ventile, in Stückzahlen von 100.000 bis 150.000 pro Monat grundsätzlich auf Rundtaktmaschinen mit 20 oder 22 Achsen. Würde ich das mit Bearbeitungszentren machen wollen, bräuchte ich 20 Zentren. Das könnte ich gar nicht bezahlen – vom Platzbedarf einmal ganz abgesehen.
Auswahlkriterium Stückzahl: Bearbeitungszentren für die Vorserie, Transferstraßen für die Großserie?
Schröter: Nach unserer Erfahrung wissen unsere Kunden zuerst nicht so genau, was sie wollen. Wir als Zulieferer sollen nach Möglichkeit den Preis für das erste handgeschnitzte Teil genau so gestalten, wie bei einer Serie von 1000 Stück pro Tag. Da bleibt gar nichts anderes übrig, als für die ersten Teile und Anlaufserien Bearbeitungszentren einzusetzen. Im Übrigen ist es für uns im Endeffekt bei den Volumina, die wir europa- und weltweit fertigen müssen, irgendwo ein stückzahlabhängiger Prozess, der über die Einzelmaschine, über verkettete Bearbeitungszentren oder über großserientaugliche Transfermaschinen in den einzelnen Standorten die Freigabe bewirkt.
Hekeler: Ähnliche Erfahrungen haben auch wir als Lieferant gemacht. Wo liegen nach Ihrer Erfahrung die Grenz-Stückzahlen zum Transfersystem?
Schröter: Die Grenze liegt so bei etwa 100.000 bis 150.000 Stück. Dann ist der zweite Quantensprung eine Million und mehr. Ab da werden wir nur noch parallel arbeitende Transfersysteme einsetzen. Letztlich interessiert es unsere Kunden nicht, wie hoch der Aufwand in der Vorentwicklung sowie für die Vorserien ist. Er ist nicht bereit, diese Kosten zu bezahlen, möchte aber die gleiche Qualität und möglichst weitere Erfolge für seinen Cash-flow bereits vor der Großserie.
Transferstraßen: schwach in der Testphase, unschlagbar in der Großserie
Imoberdorf: Unsere Maschinen haben heutzutage Taktzeiten von 8-10 Sekunden. Sie machen in dieser Zeit 30 Operationen. Wegen der kurzen Span-zu-Span-Zeiten und dem geringen Platzbedarf nebst einfachem Handling sind Rundtaktmaschinen für bestimmte Teile unschlagbar. Wir können auch Teilefamilien fertigen, wobei die Umrüstzeit knapp 10 Minuten beträgt. Und um den Fragen vorzubeugen, unsere Teile passen in den kubischen Bereich bis Würfel 100 mm.
Dr. Treib: Wenn bei uns ein Kunde anfragt, der 2000 oder 3000 Teile im Monat zu fertigen hat, dann werden wir ihm sicher absagen. Da ist er mit unseren flexiblen Transfersystemen nicht gut bedient. Bei den kleinen Teilen, auf die wir uns spezialisiert haben, müssen deutlich höhere Monatsstückzahlen dahinter stehen.
Heinrich: Grundsätzlich muss vor der Entscheidung für das geeignete Fertigungssystem feststehen, wie groß und komplex die Teile sind und welche Stückzahlen anfallen. Bei 1,5 Millionen Fittings setze ich natürlich eine starre und dafür besonders schnelle Transfersmaschine ein. Handelt es sich aber um ein Produkt, das sehr komplex zu fertigen ist und noch dazu in unzähligen Varianten anfällt, dann braucht man flexible Systeme. Ganz klar, dass dann auch die maßlichen Abmessungen eine wesentliche Rolle spielen.
Verfügbarkeit und Prozeßsicherheit: Unterschiede werden immer geringer
Schröter: Ein wichtiger Punkt ist für uns die Nutzung und Verfügbarkeit unserer Maschinen. Wir wollen diese dreischichtig und 24 Stunden verfügbar haben. Forderungen nach 95% Verfügbarkeit sind deshalb keine Provokation. Das Thema ist aber nicht nur die Hauptzeit, sondern auch die Nebenzeiten. Ein oft unterschätztes Problem sind die Themen Spannung, Werkzeugvorrichtungsauslegung und das gesamte Handling.
Deufel: Wir haben Einzelmaschinen, die man über Lineartransfer zu verketteten Systeme nebeneinander stellen kann, unsere Flexline. Bevorzugt wird der Parallelprozess, jede Maschine macht die gleiche Bearbeitung. Das bringt bessere technische Verfügbarkeit. Fällt ein Zentrum aus, geht nicht gleich die ganze Linie aus der Produktion. Das gibt uns gute Argumente etwa gegen nicht so flexible Rundtaktmaschinen.
Bürgel: Grundsätzlich ist diese Argumentation richtig. Doch kann das auch täuschen. Wegen 5 oder 10 Minuten Störung wird kaum eine derartige Maschine ausgeklinkt. So ein logistisch festgelegter Ablauf wird nur dann unterbrochen, wenn’s zeitlich wirklich weh tut, denn auch das Umlenken bedeutet Zeitaufwand.
Klenk: Bearbeitungszentren wurde im Vergleich zu Transferstraßen lange Zeit schlechte Verfügbarkeiten nachgesagt. Deshalb wurde auf hohe Produktionsverfügbarkeit hin entwickelt und optimiert, so daß dies heute kein Aspekt mehr ist. Einen Unterschied gibt es zwischen Transferstraßen und Bearbeitungszentren allerdings noch: die Prozessfähigkeit. Es gibt bestimmte Operationen, die einfach mit Bearbeitungszentren nicht in der Prozeßsicherheit dargestellt werden können, hier verwenden wir Sondermaschinen. Ergo wird heute oft eine Mischung gemacht. Bestimmte Bearbeitungen erfolgen auf Zentren, bei bestimmten Operationen nachgeschaltet werden Transferstraßen, um prozessspezifische Anforderungen zu erfüllen.
Deufel: Viele Anwender wollen mit dem Originalequipment und einer hochflexiblen Maschine starten und nach einer gewissen Zeit auf eine Sondermaschine umstellen. Diese Kunden fangen mit Originalprozessen an und investieren stufenweise. Gefordert sind hier hohe Prozessfähigkeit und -sicherheit. Wir sind der Meinung, daß solche Prozesse dann auf nichtflexible Maschinen nicht übertragbar sind. Besser ist es, den Prozess mit flexiblen Maschinen einzustellen und dann flexible Zellen anzubauen, um auf Stückzahlen bis zu 800.000 pro Jahr reagieren zu können. Die Prozesskontrolle läßt sich mittels CNC-Steuerung viel besser und sicherer durchführen als an halbflexiblen Maschinen.
Oft ist die Kombination flexibler und starrer Fertigungssysteme sinnvoll
Roth: Nach unserer Erfahrung kann man mit Bearbeitungszentren keineswegs alle Prozesse mit gleicher Genauigkeit darstellen. Wenn ich in einem einspindligen Zentrum ein Werkzeug einwechsle, sei es HSK oder was auch immer und ich muß eine sehr exakte großflächige Planfräsoperation machen, dann habe ich Probleme gegenüber einer Sondermaschine, wo das Werkzeug fest aufgebaut ist. Oder wenn ich Stiche mit extremer Genauigkeit im mm-Bereich machen muss, dann brauche ich temperierte Bearbeitungseinheiten. Bei Zentren gibt es zuviele Parameter, die die Genauigkeit in irgendeiner Weise beeinflussen. Das ist der Grund, warum wir auch heute noch für viele Werkstücke Transferstraßen in alle Welt liefern.
Dr. Treib:. Im Unterschied zu den Zentren bearbeiten getaktete Systeme das Werkstück auf lediglich einem Spannmittel an verschiedenen Stationen. Dadurch ist das Werkstück schneller positioniert und muß nicht umgespannt werden. Da spielt die Präzision des Transfers eine wesentliche Rolle. Andererseits sind Zentren steifer und genauer. Unter diesen Gesichtspunkten ist oft eine Kombination von getakteten und flexiblen Fertigungsmitteln sinnvoll.
Der Trend geht zur Trockenbearbeitung von Stahl, ist aber in der Großserie noch nicht immer prozeßsicher
Deufel: Der Trend ist eindeutig. Wir schätzen, dass in 5 Jahren etwa 30 % der Bearbeitung trocken erfolgt. Der Kunde will ganz einfach die fertigen Teile nicht mehr waschen müssen. Doch können die Maschinen nicht einfach auf trocken umgestellt werden. Die Maschinen müssen für freien Spänefall konstruiert sein, sonst gibt es Wärmeprobleme. Und da sind dann noch die Werkzeuge, die geeignet sein müssen. Passt alles, sind wir trocken um 20% produktiver.
Dr. Treib: Das ist speziell bei deutschen Kunden ein Thema. Da gibt es ja Geld dafür, wenn man es trocken macht. Trockenbearbeitung ist aber auch für uns besser. Das gilt allein schon für die Dichtheit der Maschine. Da bleibt das Umfeld sauberer. Ein Hauptthema ist dabei aber die Absaugung der Späne
Schmidtbaur: Wir blicken immer in Richtung Trockenbearbeitung und unsere neuen Zentren sind dafür ausgelegt. Doch oft geht der Kunde bei der Detailbetrachtung von Problemen – etwa beim Bohren – sehr schnell davon ab.
Dr. Nebeling: Wir liefern etwa 1/3 unserer Maschinen trocken aus. Das betrifft alles, was Guss- und Hartbearbeitung heißt. Doch geht das prinzipiell auch beim Schleifen. Das bekommen wir mit entsprechenden Schleifstoffen in den Griff.
Imoberdorf: Wir haben schon vor 30 Jahren trocken bearbeitet. Die Nassbearbeitung kam erst dazu, als wir in die Stahlbearbeitung einstiegen.
Fitz: Unsere Kunden fahren im HSC-Bereich oft einen Mix zwischen trocken und nass. Da geht die Prozesssicherheit vor. In neuster Zeit kommt stark die Minimalmengenschmierung, mit der wir speziell bei der Turbinenschaufelbearbeitung überraschende Ergebnisse bezüglich Standzeit der Werkzeuge und erreichte Präzision erzielen konnten.
Klenk: Wir haben auch Stabkinematiken untersucht. Auf Grund noch bestehender Restriktionen, unter anderem bei den erzielbaren Genauigkeiten für den notwendigen Arbeitsbereich, werden wir eine solche Maschine nicht in den Markt einführen.
Linearantriebe und Stabkinematiken als Elemente für die Serienfertigung: Noch zu teuer und nicht reif für die Praxis
Ophey: Linearachsen können besonders schnell positionieren. Aber auch die Vorschübe, speziell bei der Aluminiumbearbeitung, können dadurch HSC-gerecht gestaltet werden. Und das bedeutet starke Verkürzung der Nebenzeiten. Ebenso ist das ein Thema bei der Trockenbearbeitung, besonders beim Bohren von Gehäuseteilen.
Schmidtbaur: Ich prognostiziere, dass der Linearmotor den Bearbeitungszentren Impulse geben wird. Daneben werden alternative Konzepte entstehen, die sich an den Parametern der Linearmotoren orientieren.
Klenk: Hierzu etwas Grundsätzliches. Beim Positionieren beeinflussen wir rund ein Drittel der Gesamtzeit. Mit Linearmotoren kann man durchaus bis 200 m/min fahren. Doch gibt es heute Gewinderollspindeln, mit denen 80 m/min bei 1,5 g möglich sind. Sicher wird in Zukunft der Linearmotor bis zu gewissen Vorschubkräften heranwachsen. Noch immer wird der Einsatz letztlich von den erzielbaren Stückkosten bestimmt.
Ophey: Sie haben recht, ohne den Linearmotor wäre die Kugelrollspindel nicht dort, wo sie heute ist. Aber der Aufwand für die Kugelrollspindel ist im Hinblick auf Verschleißverhalten so groß, daß ein Vorstoß in die Leistungsbereiche des berührungslos arbeitenden Linearmotors nicht möglich ist.
Dr. Treib: Vieles ist sicher richtig. Wir haben natürlich auch schon Linearantriebe untersucht. Interessant ist: von unseren 140 Mio. SFR Umsatz pro Jahr machen wir 35 Mio. Voll-CNC-Maschinen. Der Rest ist vollmechanisch. Und genau die Kunden für vollmechanische Transfermaschinen kommen zur Vertragsverhandlung mit dem Privatjet.
Die Komplexität von Fertigungsanlagen muß dem Ausbildungsstand des Bedieners angepasst sein.
Schmidtbaur: Ich weise meine Kunden frühzeitig darauf hin, dass komlexe Anlagen sehr gut ausgebildetes Personal benötigen Die Qualität der Bediener steht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Verfügbarkeit der Anlage.
Deufel: Das ist speziell in den USA schwierig. Der Bediener war gestern noch Tankwart. Und dem bringen sie auf die Schnelle einmal bei, so ein komplexes Transfersystem einigermaßen zuverlässig zu bedienen.
Klenk: Die Komplexität einer Anlage muss der durchschnittlichen Qualifikation und auch der Produktionsmentalität des jeweiligen Landes angepasst werden. Was in Deutschland auf Grund des Ausbildungsstandes von unseren Facharbeitern möglich ist, kann nicht unbesehen z.B. nach Nordamerika oder andere Länder verkauft werden. In Ländern mit einem ausgeprägten „job rotation“ System sind solche Konzepte noch kritischer.
Bürgel: Wir schulen unsere Kunden mit hochqualifiziertem Personal vor Ort. Doch ob dann auch das Geschulte weitergegeben werden kann, das haben wir nicht im Griff.
Rolf Klenk
Geschäftsführer, Gebr. Heller Maschinenfabrik GmbH, Nürtingen: „Die Entscheidung, ob Transferstraße oder flexible Zelle hängt nicht zuletzt von den darauf zu fertigenden Teilen ab. Andererseits spielt der Investitionsaufwand bei der Entscheidung eine beachtliche Rolle. So kann bei Zentren mit Anlauf der Produktion in kleinen Stufen investiert und damit Kapazität aufgebaut werden. Bei Transferstraßen muß von Anfang an die gesamte Investition auf einmal getätigt werden.
Werner Bürgel
Leiter der Abteilung Verkauf, Grob-Werke, Mindelheim: „Bei uns macht das Geschäft mit Transferstraßen immer noch 50% aus. Wir haben aber auch sehr viel Flexibilität hineingebaut. Daneben nimmt die Zahl der Zentren und der daraus entstehenden flexiblen Fertigungslinien beständig zu. Wir bieten so unseren Kunden echte Alternativen.“
Reinhard Fitz
Starrag-Heckert AG,
Schweiz: „Der Flugzeugbau setzt auf flexible Fertigunsgszellen, weil die dort zu bearbeitenden Werkstücke in der Regel sehr groß sind und lange Bearbeitungszeiten benötigen. Außerdem handelt es sich durchweg um Serien, die den Einsatz noch so flexibler Transfermaschinen von vornherein ad absurdum führen.“
Markus Imoberdorf
Seniorchef, Imoberdorf AG: „Unsere Fertigungsanlagen, im wesentlichen Rundtransfermaschinen, bearbeiten vorwiegend Teilefamilien. Wir kommen ursprünglich aus der Uhrenindustrie, liefern heute aber vorwiegend in die Automobilindustrie. Allerdings sind es vor allem kleinere Teile, die bis zu 30 Arbeitsgänge benötigen und dann in Taktzeiten von 8 bis 10 Sekunden von der Maschine kommen. Diese Teile laufen in sehr großen Serien.“
Manfred Hekeler
Marketing und Kommunikation, EMAG-Maschinenfabrik, Salach: „Wir kommen prizipiell vom Drehen im Pickup mit hängender Spindel. In diesen Maschinen kann aber auch höchst produktiv kubisch bearbeitet und sogar als Finish geschliffen werden. Es ist kein Problem, unsere Maschinen zu flexiblen Systemen zu kombinieren oder als flexible Zellen einzeln zu betreiben. Wir können uns den Forderungen der Kunden flexibel anpassen.“
Ottmar Fehn
Geschäftsführer, Giuliani & Iemca GmbH, Stuttgart: „Flexible Zellen und verkettete Zentren machen Sinn bei Kleinserien oder Fertigungsanläufen. Zwar sind auch die Zentren sehr produktiv geworden, doch geht es dann in die großen Stückzahlen, wird man wohl immer auf die Transfermaschine zurückgreifen. Schließlich haben diese, was Teilefamilien betrifft, mittlerweile beachtliche Flexibilität erhalten.“
Dr. Thomas Treib
Geschäftsführer, Mikron S.A. Agno, Lugano: „Ich bin der Meinung, daß die Auswahl der jeweiligen Fertigungssysteme stark von der Teilegröße abhängig ist. Die Produktivität von Bearbeitungszentren ist mittlerweile der von Transfersystemen vergleichbar. Doch sind die Stückkosten auf Zentren immer noch fast doppelt so hoch.“
Dr. Helmut Nebeling
Konstruktionsleiter für VSC, EMAG Maschinenfabrik GmbH, Salach: „Die Bearbeitungszentren, wozu ich unsere VSC–Maschinen zähle, stehen den Transferlinien in pukto Produktivität nicht oder nur sehr wenig nach. Weil wir auch komplexe Bearbeitungsoperationen durchführen, sind diese multifunktionalen Bearbeitungssysteme durchaus mit Transferlinien vergleichbar.“
Dr. Lothar Ophey
Techn. Geschäftsführer, Ex-Cell-O GmbH, Eislingen: „Der Übergang von starren Transferstraßen zu flexiblen Linien verlief über 15 Jahre schleichend. Mittlerweile beginnen sich die Unterschiede zu flexiblen Linien zu verwischen.“
Peter Schmidtbaur
Verkaufsleiter Baden Württemberg, Heckert GmbH, Chemnitz: „Wir konzentrieren uns auf unsere Kernkompetenz, die Zentren. Sie sind mittlerweile durch Verkürzung der Nebenzeiten fast so produktiv wie die Transfermaschinen.“
Horst Heinrich
Maschineneinkauf, Otto Egelhof GmbH & Co, Fellbach: „Bei Genauigkeitsforderungen bis in den µ-Bereich müssen wir an Transfermaschinen und speziell an die Führungssysteme und Steifigkeiten der Grundmaschinen höchste Anforderungen stellen.“
Heinrich Klotz
Maschineninstandhaltung, Otto Egelhoff GmbH & Co, Fellbach: „Die großen Serien fertigen wir selbstverständlich auf Transfersystemen. Bei den Vorserien bleibt jedoch meist nichts anders übrig, als auf Zentren zu gehen. Stimmen Produktivität, Stückzahl und Preis, dann schließen wir auch den Einsatz von flexiblen Fertigungssystemen auf Dauer nicht aus.“
Karl Deufel
Projektleiter, Chiron-Werke GmbH & Co. KG, Tuttlingen: „Nach unserer Erfahrung will der Kunde nicht erst mit einer kleinen Lösung starten, sondern gleich mit der Ausrüstung, mit der auch die späteren Großserien bearbeitet werden sollen. Ob das dann flexible Linien aus Bearbeitungszentren oder Transferlinien werden, entscheidet sich in der Projektierungsphase.“
Werner Roth
Leiter Vertrieb und Engineering, Gebr. Heller Maschinenfabrik GmbH: „Nicht alle Prozesse lassen sich auf einem Bearbeitungszentrum mit der gleichen Genauigkeit darstellen wie auf einer Sondermaschine. Manchmal ist ein Mix aus Zentren und nachgeschalteten Transfereinheiten sinnvoll, um höchste Genauigkeitsanforderungen prozeßsicher zu erfüllen.“
Reinhard Schröter
Leiter „Technologie und Verfahren“ der Edscha Gruppe, Remscheid: „Wir fertigen Scharniersysteme, Pedalwerke und Handbremssysteme, komplette Cabrio- und Schiebeverdecksysteme für die Automobilindustrie weltweit. Unser Grundsatz ist es, hochflexibel in der Vorserie zu sein, um möglichst schnell auf Kundenwünsche reagieren zu können – nach dem Motto: der Schnelle frisst den Langsamen und nicht der Große den Kleinen.“
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