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Magnesiumbearbeitung mit Kühlschmierstoffen

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Magnesiumbearbeitung mit Kühlschmierstoffen

Wegen der leichten Zerspanbarkeit von Magnesium drängt sich der Einsatz der Trockenbearbeitung geradezu auf. Will man aber gleichzeitig das gute Zerspanungspotenzial, das sich mit hohen Geschwindigkeiten und großen Vorschüben charakterisieren lässt, nutzen, kann man auf den Einsatz von Kühlschmierstoffen nicht verzichten.

Autor: Herbert Grill E-Mail: grill@rhenusweb.de

Bei Untersuchungen im BMBF-Projekt „MADICA“, das sich im Teilprojekt 3 mit der Zerspanung von Magnesium beschäftigt hat, wurde festgestellt, dass bei der Trockenbearbeitung mit hohen Zerspanparametern ein deutlicher Temperaturanstieg im Werkstück erfolgt, der zu Maßungenauigkeiten und zur erhöhter Brandgefahr führt. So können Magnesiumlegierungen bei der Trockenbearbeitung durch Temperaturerhöhung der Späne und der Werkstücke leicht brennen, da Magnesium eine Zündtemperatur hat, die nahe am Schmelzpunkt von 650 °C liegt. Das Problem liegt in einer katalytischen Eigenerwärmung, die zur Selbstentzündung führen kann. Sehr feine Späne erhöhen die Brandgefahr, da große Flächen einen höheren Energiegehalt besitzen.
Für die modernen Hochleistungsbearbeitungen setzt man deshalb wassergemischte oder nichtwassermischbare Kühlschmierstoffe, zum Teil auch Minimalmengenschmierstoffe, ein, die eine bessere Kühlung erreichen, höhere Schnittgeschwindigkeiten ermöglichen und die Oberflä-chengüte und Maßgenauigkeit verbessern. Nun ergibt sich die Frage: Welche Kühlschmierstoffe können für die Magnesiumbearbeitung eingesetzt und welchen Anforderungen müssen sie gerecht werden?
Einsatz von MMKS
Bei den Minimalmengenkühlschmierstoffen werden mittels Sprühvorrichtung geringste Mengen des Kühlschmierstoffes an die Zerspanstelle gebracht und damit die Zerspanung durchgeführt. Am Markt sind dafür unterschiedliche Auftragssysteme verfügbar, die sich deutlich im Wirkmechanismus und besonders im Kühlschmierstoffverbrauch unterscheiden. Hier gilt es, eine auf den Zerspanprozess abgestimmte Vorrichtung einzusetzen.
Rhenus NOR SSL ist auf der Basis von natürlichen Fettsäureestern entwickelt und enthält eine speziell auf die Bearbeitung von Magnesiumlegierungen abgestimmte Wirkstoffkombination. Gute Oxidations- und Thermostabilität, eine einheitliche Zusammensetzung, geringe Verdampfungsneigung und günstige toxikologische Eigenschaften sind wichtige Kriterien für die gewünschten Bearbeitungsergebnisse.
Vorteile beim Einsatz dieses Minimalmengenkühlschmierstoffes sind die geringe Verbrauchsmenge, die nahezu fettfreien Werkstücke, der geringe Pflege- und Mess-aufwand für den Schmierstoff, der Wegfall der KSS-Entsorgung sowie toxikologische und arbeitsmedizinische Vorteile (z. B. geringere Belastung der Haut, Eliminierung von kritischen KSS-Komponenten wie Biozide).
Nachteilig ist die bei längerem Einsatz mögliche Rückstandsbildung in den Werkzeugmaschinen. Außerdem muss beim Einsatz auf eine ausreichende Dichtungsverträglichkeit geachtet werden. Beim Verdüsen des Schmierstoffes ist in der Werkzeugmaschine (aber auch in der Umgebung) mit dem Auftreten eines feinen Aerosols zu rechnen. Dies kann zu Problemen bei der Einhaltung des MAK-Wertes (TRGS 900) führen. Der Spänetransport ist über weitere Einrichtungen (z. B. Absaugung der Späne, Überkopfbearbeitung, Spülung mit Kühlschmierstoff) zu gewährleisten, da MMKS diese wichtige KSS-Eigenschaft nicht übernehmen können.
Einsatz von nichtwassermischbaren KSS
Nichtwassermischbare Kühlschmierstoffe findet man in den Viskositätsbereichen von 2 bis 45 mm2/s bei 40 °C. Diese Spanne beginnt bei dünnflüssigen Honölen und endet bei Schneidölen für schwerste Zerspanaufgaben mit niedrigen Schnittgeschwindigkeiten und hohem Zerspanquerschnitt. Spezielle EP-Additive (z. B. schwefelhaltige Stoffe) verbessern die Zerspaneigenschaften des Öls. Für derartige Zerspanungen ist es ebenfalls günstig höherviskose Öle einzusetzen, da diese ein günstigeres Ölnebelverhalten zeigen. Hohe Viskositäten wirken sich allerdings ungünstig auf die Ausschleppverluste aus. Der dicke Ölfilm verbleibt auf Span und Werkstück und wird ausgetragen.
Niedrigviskose Öle können die Wärme wesentlich besser abführen, was besonders bei Verfahren mit hoher Zerspanungswärme zu beachten ist. Kühlschmierstoffe mit niedriger Viskosität sind aber auch günstiger im Spülverhalten, steigern die Sedimentationsgeschwindigkeit der Späne bzw. des Abriebs und verbessern die Filterleistung. Aus diesem Grund wird bei modernen Fertigungsverfahren der Einsatz von niedrigviskosen Ölen favorisiert. Niedrige Viskosität bedeutet aber auch erhöhte Ölnebel- und Öldampfbildung bei niedrigeren Flammpunkten. Daraus ergibt sich die Forderung nach emissionsarmen Kühlschmierstoffen niedriger Viskosität bei gleichzeitig hohem Flammpunkt, geringer Ölnebelbildung und niedriger Verdampfung. Speziell für das Zerspanen von Magnesium ausgelegt ist Rhenus R-OiL MG 10 mit einer Viskosität von 10 mm2/s bei 40 °C. Dadurch wird eine sehr gute Kühlwirkung und eine hervorragende Filterung erreicht. Die EP-Kombination von R-OiL MG 10 ist den Anforderungen der Magnesiumbearbeitung angepasst. Der Einsatz von Transorfiltertechnik ist möglich.
Die allgemeinen sicherheitstechnischen Bedingungen beim Einsatz von Schneidölen auf Werkzeugmaschinen hinsichtlich des Brandschutzes sind zu beachten. Löschanlagen mit entsprechenden Sensoren sind zu empfehlen und entsprechen den Anforderungen an die europäischen Normen für Werkzeugmaschinen, auf denen mit nichtwassermischbaren Produkten gearbeitet werden soll.
Einsatz von wassermischbaren KSS
Bei der Bearbeitung von Magnesium (Mg) bzw. Magnesiumlegierungen mit wassermischbaren Kühlschmierstoffen kommt es zu einer Freisetzung von Wasserstoff, der brennbar ist und der mit Luft leicht zündfähige Gemische bilden kann.
Diese Reaktion führte in Deutschland zu einem Einsatzverbot (TRgA 509) für wassermischbare Kühlschmierstoffe. Wegen der kontroversen Diskussion wurde diese Regel 1995 aufgehoben und durch die neue BG-Regel 204 (vormals ZH 1/328, Umgang mit Magnesium, April 1999) ersetzt.
Ebenso ist ein Anstieg der Härte im Kühlschmierstoff festzustellen.
In Untersuchungen im Rahmen des Projektes MADICA wurde die Wasserstoffentwicklung beim Einsatz von wassermischbaren Kühlschmierstoffen durch Rhenus Lub systematisch untersucht.
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
n Vollentsalztes Anmischwasser zeigt eine geringere Wasserstoffentwicklung als salzhaltige Wässer.
n Eine Erhöhung der Salzgehalte (besonders die Chloride und Sulfate) im Wasser verstärkt die Wasserstoffentwicklung.
n Eine höhere Temperatur im Wasser, aber auch im wassergemischten Kühlschmierstoff verstärkt die Wasserstoffentwicklung.
– Kleine Späne begünstigen die Wasserstoffentwicklung.
– Mehr Späne ergeben mehr Wasserstoff. Eine Erhöhung oder Verringerung der Flüssigkeitsmenge zeigt nur geringe Effekte.
– Amin- und borfreie Kühlschmierstoffe zeigen gegenüber amin- und borhaltigen Kühlschmierstoffen eine deutlich geringere Wasserstoffentwicklung (Bild 2).
– Es gibt Kühlschmierstoff-Rohstoffe, die eine Wasserstoffentwicklung deutlich verstärken.
– Wasserlösliche KSS zeigen eine stärkere Wasserstoffentwicklung als vergleichbar aufgebaute emulgierbare KSS.
Daraus können folgende Forderungen zur Minimierung der Wasserstoffentwicklung abgeleitet werden:
  • 1. Möglichst Wasser mit geringen Salzgehalten benutzen.
  • 2. Hohe Temperaturen im wassergemischten Kühlschmierstoff vermeiden.
  • 3. Die Spänemenge möglichst gering halten.
  • 4. Den Prozess so einstellen, dass möglichst große Späne entstehen.
  • 5. Amin- und borfreie Kühlschmierstoffe verwenden.
  • 6. Wasserlösliche Kühlschmierstoffe sind nur bedingt geeignet.
Auf der Basis dieser Untersuchung hat das Mönchengladbacher Unternehmen Rhenus Lub mit Rhenus FF-MG einen wassermischbaren Kühlschmierstoff entwickelt, der die Wasserstoffentwicklung fast vollständig unterdrückt. Für die angestrebten hohen Schnittgeschwindigkeiten enthält dieser KSS einen ausgewählten Fettstoffanteil. Problematisch ist die schnelle Aufhärtung der Emulsion, da Magnesium in die Emulsion geht (siehe Tabelle). Damit verbunden ist ein Anstieg des pH-Wertes und eine zunehmende Vergröberung der Emulsion. Deshalb kann es notwendig werden, der Emulsion den Rhenus Stabilisator MG zuzusetzen, der die feine Dispersität wieder herstellt und gleichzeitig den pH-Wert senkt.
Hinweise zum Umgang mit einem wassermischbaren KSS
n Einsatz eines amin- und borsäurefreien Kühlschmierstoffes, der speziell auf die Magnesiumbearbeitung eingestellt ist
n Vor dem Neuansatz muss eine Reinigung der Maschine erfolgen.
n Empfehlenswert ist eine tägliche Kontrolle des pH-Wertes. Der Anfangswert des pH-Wertes liegt bei 9,0 und steigt langsam auf über 10 an.
n Wegen dieser erhöhten pH-Lage sollte ein permanenter Hautkontakt vermieden werden.
n Sollte sich die Emulsion stark vergröbern oder instabil werden, kann ein Stabilisator , z. B. MG zugesetzt werden.
n Späne durch Spülen und Späneförderer schnell aus dem Maschinenraum entfernen.
n Ein Wechsel von Nass- und Trockenbearbeitung ist nicht zulässig.
Zur vorbeugenden Brandbekämpfung sind Löschvorrichtungen vorzusehen. Empfohlen werden Pulverlöscher. Kohlendioxidlöscher sind nicht zu verwenden.
Rhenus Lub GmbH & Co.KGTel. 02161/586990, Fax 02161/586993
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