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Der genetische Code des Teilemanagements

Konsortial Benchmarking diskutiert optimale Herangehensweisen
Der genetische Code des Teilemanagements

Komplexitätsmanagement | Globale Produktions- und Entwicklungsnetzwerke effektiv und effizient zu managen, ist eine wahre Herkulesaufgabe. Modulare Baukastenstrategien können helfen, die Potenziale auszuschöpfen. Zukunftsoffene Systeme sind selbst bei individuellen Produktwünschen möglich.

Bevor es zur Sache geht, ist es notwendig, den Begriff „Komplexität“ kurz sprachlich zu verorten, um sich gedanklich nicht zu verheddern. Denn „Kompliziertheit“ ist sein sprachlich eineiiger Zwilling. Etymologisch stehen beide begrifflich für Umschlungenes, ineinander Geflochtenes, sprich Verschlungenes – kurzum: für dasselbe.

Manchmal ist es bei Begriffen, die einen weiten Interpretationsrahmen erlauben, fachlich zielführend, über den logischen Ausschluss von inhaltlich denkbaren Zuschreibungen Unzutreffendes auszugrenzen. Dadurch kommen alle Beteiligten geradewegs auf den Punkt, und die Präzision im Umgang mit Managementmodellen und deren Umsetzung im Betrieb wird zwangsläufig effektiver.
Das ideale Komplexitätsmanagement ließe sich gedanklich so umschreiben und verankern, dass ein Unternehmen einen Katalog von Kriterien erfüllen muss, die für die perfekte, verschwendungsfreie Produktion von Gütern stehen, um so schlüssig Ineffizienzen zu minimieren. Ad extremum gedacht: Man stelle sich vor, sein Produktsegment wäre streng modular gestaltet. Auf Basis des Kernproduktkatalogs können sämtliche Kundenwünsche bei Rüstzeit Null in einem Produktionsprozess im Sinne des Lean Management ohne Verschwendung umgesetzt werden. Die Ausführung erfolgt unverzüglich nach Bestelleingang und Freigabe. Nach Fertigstellung Freigabe stünde auch schon das Transportmittel am Ausgangstor bereit, um beim Kunden Just-in-time-Lieferung garantieren zu können.
Die Meisterklasse des Komplexitätsmanagements bedeutet, ein System von Kernprodukten und Prozessen so klug zu gestalten, dass sie wie der genetische Code eines anpassungsfähigen Organismus‘ in der Lage ist, ohne Zeitverzug im Rahmen des vorhandenen Systems auf noch unbekannte Erfordernisse, sprich Kundenbedürfnisse sofort reagieren zu können.
Der Däne Ole Kirk Christiansen Lego hat es systemisch am 28. Juli 1958 mit der Einreichung seines Patentantrages vorgemacht, dass zukunftsoffene Konstruktionssysteme möglich sind. Interagierende Roboter von Kinderhand zusammengefügt, dürften damals wohl nicht Pate und Vision für das Patent gewesen sein…
Skalierbares Seilbahnsystem bewahrt Wintersportort vor finanziellem Fiasko
Dirk Czerwinsky, Ingenieur und Zuständiger des Bereichs „Prozess Koordination Technik“ des Seilbahnenherstellers Doppelmayr im österreichischen Wolfurt, traf mit seinem Vortrag „Baukastensystem als Geschäftsmodell“ im Rahmen des Konsortial-Benchmarking der Aachener Complexity Management Academy beispielhaft den Nagel auf den Kopf des Grundprinzips: ein zu Anfang sehr klug gestaltetes Baukastensystem als Grundvoraussetzung der Wettbewerbsfähigkeit und der Anpassungsfähigkeit an Kundenbedürfnisse.
Was die Umsetzung von Systemgrundsätzen in einem Unternehmen in der Praxis bedeutet, belegte Czerwinsky durch ein Brandunglück in einer österreichischen Seilbahnstation. Ein Totalschaden der Station vor der anstehenden Skisaison ist für eine Touristengemeinde ein finanzielles Fiasko, wenn nicht rechtzeitig eine Lösung aus dem Hut gezaubert werden kann.
Rund um die Uhr unter Aufbringung aller verfügbaren Kräfte und Ressourcen aus weitem Umkreis gelang es, rechtzeitig ein neues Liftsystem für die Gemeinde zu errichten und so die Wintersaison zu retten. Mit Improvisationsgeschick „und dem Zugriff auf unser Baukastensystem, war es möglich gewesen, der Gemeinde zu helfen. Ohne dies, hätte es niemals gelingen können“, so der Doppelmayr-Ingenieur.
Dieses Baukastensystem hat wie wohl jedes System klein angefangen. Es zeichnet sich durch seine Elementarsystematik aus, vermeintlich technisch zunächst absolut unmöglich erscheinende Wünsche wie Seilbahnlänge, Passagierzahl und andere branchenspezifische Parameter durch den anpassungsfähigen Baukasten konfigurieren zu können.
Interne Varianz als Konstruktionsmethodik
Während bei Seilbahnen die Technik für jeden erkennbar ist, wirken die Lösungen der Hydraulik im Verborgenen. Unter dem Begriff der „Internen Varianz“ subsummiert der in München ansässige Hydraulikhersteller Hawe Hydraulik SE die Konstruktionsmethodik im Sinne des Komplexitätsmanagements. Bis auf Teileebene greift das System des Variantenbaumes. Sprich, in Abhängigkeit des Einsatzzweckes können die Bauteile eines Ventils auf dessen spezifische Einsatzanforderungen hin konfiguriert werden. Beispielsweise medienabhängig die Auswahl des Dichtmaterials, der optionalen Ausstattung mit einem Rückschlagventil oder dem Einbau einer Rückdrucksperre.
Was funktional erforderlich ist, kann durch das System auf Grund dessen Baumstruktur integriert werden. In puncto Kundenbedarf, Teile- und Kostenmanagement ist es eine wesentliche Voraussetzung der Lösungskompetenz und Wettbewerbsfähigkeit, wenn praktisch aus dem Regal heraus konfiguriert, montiert und zügig geliefert werden kann.
Eine Art entscheidender „genetischer Code“ der Methodik des Komplexitätsmanagements ist beim Teilemanagement die Verästelung. Wie bei einer Baumwurzel, die sich immer feiner aufgliedert, bricht man eine Anlage letztlich bis auf das einzelne Bauteil mit seiner eindeutigen Teilenummer hinunter. Dies innerhalb einer konstruktiv definierten Interoperabilität. Das exemplarisch vorgestellte Ventil sei, so der Hydraulikspezialist, mit 1262 aktiven SAP-Materialien im Stande, rund 24 000 kombinatorische Varianten konfigurieren zu können.
Die Triage wird im Unternehmen zur Klassifizierung genutzt: „gebaute“ und „baubare“ Produkte und das, was unter „dummer Kombinatorik“ ausgegrenzt wird. Die aus der Militär- und Notfallmedizin bekannte Triage ist auch eine in der Technik zu nutzende Klassifizierungsmethode, die hilft, auf dem direkten Entscheidungsweg zu bleiben – vom Management bis zur Drehmaschine.
Dipl.-Ing. Herbert Joka Fachjournalist in Aachen
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