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Interview: Lothar Horn, Geschäftsführer, Paul Horn GmbH

Interview: Lothar Horn, Geschäftsführer, Paul Horn GmbH
Lothar Horn: „Nur wer Neues wagt, kann dazulernen!“

Anlässlich des 50. Firmenjubiläums der Paul Horn GmbH sprach die mav mit dem Horn-Geschäftsführer Lothar Horn über die erfolgreiche Vergangenheit und die Zukunft des Präzisionswerkzeugherstellers aus Tübingen. Das Interview führte: Frederick Rindle

 

mav: Ihr Vater, Paul Horn, hat 1969 kurz vor seinem 50. Geburtstag die Paul Horn Einstechtechnik gegründet. Woher hat er die Zuversicht genommen, dass die Selbstständigkeit für ihn der richtige Weg ist?

Horn: Wer im Leben Erfolg haben will, muss Eigeninitiative zeigen. Davon war mein Vater von tiefstem Herzen überzeugt. Zudem hatte er sich über die Jahre ein unglaubliches technische Knowhow erarbeitet. Dieses Wissen, gepaart mit seinem Willen, das eigene Glück selbst in die Hand zu nehmen, hat ihn dazu bewegt, wirtschaftlich eigene Wege zu gehen. Bei der Gründung wurde der Firma gleich einer der Bausteine für den späteren Erfolg mit in die Wiege gelegt. Der erste Auftrag war ein Einstechwerkzeug für das Stuttgarter Unternehmen Mahle, welches 1969 schon mit drei μ Toleranz produziert wurde. Schnell verfügbare Sonderwerkzeuge in höchster Präzision – das zeichnet die Paul Horn GmbH auch heute aus.

Das noch junge Unternehmen hat sich zunächst als reiner Lohnfertiger einen Namen gemacht. 1972 wurde mit der Wendeschneidplatte Typ 312 das erste eigene Produkt vorgestellt. Was waren aus Ihrer Sicht die Besonderheiten dieser Schneidplatte?

Horn: Eine dreischneidige Stechplatte stellte schlichtweg technologisch und wirtschaftlich einen echten Durchbruch in der Nutenbearbeitung dar. Noch bedeutender für uns ist allerdings, dass diese erste eigene Wendeschneidplatte den Weg für viele weitere Produkte und Innovationen bereitete. Alle Entwicklungen bei uns haben seit dem immer das eine Ziel, einen echten Mehrwert für den Kunden zu bieten.

Sie selbst sind 1991 mit 34 Jahren in das Unternehmen eingetreten. Seit damals ist aus der Firma mit rund 200 Mitarbeitern ein weltweit tätiges Unternehmen mit mehr als 1500 Mitarbeitern und rund 300 Millionen Euro Umsatz geworden. Was waren die wesentlichen Faktoren für den Erfolg?

Horn: Unsere Mitarbeiter haben mit ihrer Innovationskraft und ihrem Ideenreichtum die Paul Horn GmbH so erfolgreich gemacht. Hinzu kamen noch einige organisatorische Veränderungen. So haben wir zum Beispiel in den 90er-Jahren den Vertrieb völlig neu aufgestellt. Bis dahin gab es die Horn-Produkte ausschließlich über Händler. Da unsere Produkte allerdings nur in kleinen Losgrößen zu einem geringen Preis bestellt wurden, passte das nicht mit den an Volumenprodukten interessierten Handelshäusern zusammen. Also haben wir eigene Außendienstmitarbeiter geschult, die nur Technologie, Werkzeuge und Horn im Blick hatten. Mittlerweile sind wir jetzt weltweit für unsere Kunden im Einsatz.

Gab es zurückblickend Entscheidungen, die Sie heute anders treffen würden?

Horn: Ja, sicherlich einige. Ich bin meinem Vater sehr sehr dankbar, dass ich diese Fehler auch machen durfte. Es ist nicht schlimm Fehler zu machen, man muss nur daraus auch lernen.

Die Paul Horn GmbH hat gerade in den letzten Jahren eine ganze Reihe an neuen Produkten für die unterschiedlichsten Bearbeitungen vorgestellt. Welches Werkzeug hat Sie dabei positiv überrascht?

Horn: Wir diskutieren bei uns ständig über neue Ideen und Lösungen. Dabei können wir aufgrund unserer eigenen Expertise mit Sicherheit sagen, welches Werkzeug technologisch wirklich interessant ist. Allerdings können auch wir nur erahnen, ob ein neues Werkzeug auch nachgefragt werden wird. So haben wir zum Beispiel unsere Werkzeuge zum Nutstoßen zwar von Anfang an als echte Top-Produkte eingestuft, sind aber davon ausgegangen, dass dafür nur ein ganz kleiner Markt existiert. Heute haben die Werkzeuge ihre Anwendungen gefunden und werden auch sehr gut nachgefragt. Diese sehr positive Entwicklung hat uns beispielhaft gezeigt, wie wichtig es ist, sich nicht nur mit Werkzeugen, sondern auch mit den Prozessen zu beschäftigen.

Was sind die nächsten wichtigen Schritte für Horn?

Horn: Wir befassen uns schon seit Längerem mit der sich wandelnden Struktur der Kunden und deren neuen Bedürfnissen. Früher lag unser Fokus ausnahmslos beim Einstechen. Heute arbeiten wir mit sämtlichen Schneidstoffen, um die unterschiedlichsten Materialien von CFK bis Hartmetall prozesssicher zu zerspanen. Wir haben hierfür mit den Horn Hartstoffen das gesamte Spektrum an Hartmetallen zur Verfügung. Insgesamt haben wir, auch durch die Partnerschaft mit Boehlerit, ein umfassendes Produktspektrum aufgebaut, sodass wir beinahe als Komplettanbieter durchgehen könnten. Wir haben damit die Möglichkeit, uns global in allen Branchen zu positionieren. Aber bis wir das umgesetzt haben, müssen wir noch einen weiten Weg gehen.

Wo sehen Sie bei den Werkzeugen das größte Entwicklungspotenzial?

Horn: Wie schon angesprochen, steckt meines Erachtens in den Prozessen das größte Potenzial. Neue Werkzeugentwicklungen können gepaart mit vermeintlich alten Prozessen erhebliche Verbesserungen ermöglichen.

Um bei den Werkzeugen an sich Verbesserungen zu erzielen, muss man ein auf die jeweilige Bearbeitung hin gewähltes Optimum an Beschichtung, Geometrie und Substrat finden. Denn diese drei Größen bedingen sich gegenseitig. Beim Thema Substrat sind wir traditionell sehr gut aufgestellt. Die Geometrieentwicklung ist ebenso eines unserer Steckenpferde. Damit wir unserem Anspruch, Technologievorsprung auch in Zukunft gerecht werden können, haben wir nun auch in die Beschichtungstechnologie erheblich investiert. So haben wir jetzt insgesamt zwölf Anlagen im Haus und können damit eine große Bandbreite an Beschichtungsarten abbilden.

Das Jahr 2019 lief gesamtwirtschaftlich bislang sehr holprig ab. Wie haben sich die Geschäftszahlen bei Horn entwickelt?

Horn: Die ersten drei Monate 2019 waren für Horn sehr erfreulich und unser Umsatz stieg noch im einstelligen Prozentsatz. Im April haben dann auch wir die rückgängigen Produktionszahlen, gerade in der Automobilindustrie, zu spüren bekommen. Ich denke, am Ende werden wir mit einer schwarzen Null das Geschäftsjahr beenden.

Aber lassen Sie uns diesen Rückgang in eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung einordnen: Wir erleben momentan eine gewisse Normalisierung gegenüber der Überhitzung, die in den letzten Jahren stattgefunden hat. Seit der Krise 2009 haben wir zehn fantastische Jahr hinter uns. Die Firma Horn hat in dieser kurzen Zeit ihren Umsatz verdoppelt. Wir hatten auch in der Vergangenheit immer wieder Phasen, in denen sich die Wirtschaft abgekühlt hat und es schon bald darauf wieder bergauf ging.

Woher kommt die pessimistische Grundeinstellung in der Wirtschaft?

Horn: Wir erleben politisch eine sehr unruhige Zeit. Denken sie nur an die Situation mit dem Iran oder den nur verschobenen Brexit. Aber die größte Gefahr für den Welthandel geht sicherlich von dem Handelsstreit zwischen den USA und China aus. Dessen Auswirkungen treffen gerade die deutsche Exportwirtschaft hart. Generell gesagt haben Handelsbeschränkungen die Wirtschaft noch nie positiv beeinflusst – Zölle erschweren den Marktzugang und verteuern alle Produkte.

Wir sind schon letztes Jahr davon ausgegangen, dass es 2019 zu einer Normalisierung der Nachfrage kommen wird. Von daher haben wir uns darauf eingestellt. Der Rückgang bei den Neu-Investitionen wird vermutlich durch eine Steigerung bei den Verbrauchsprodukten kompensiert werden können.

Kann man sich wirklich auf einen Rückgang der Nachfrage vorbereiten?

Horn: Ja, indem man sich besser und produktiver aufstellt. Wir haben hier vor allem in unsere Produktionsanlagen investiert. Aktuell erfolgt die Installation von 55 neuen Produktionsmaschinen. Die Maschinen basieren auf Bearbeitungszentren, die hier im Haus auf unsere Bedürfnisse aufgebaut werden, sodass wir schlussendlich präziser und produktiver arbeiten können. Nur so sind zum Beispiel die Horn-typischen Lieferzeiten von unter drei Wochen möglich. Zudem haben wir uns maschinenseitig auch bei den Themen Außenrundschleifen, Laserbearbeitung und Additive Fertigung verstärkt.

Weiterhin haben wir in unsere Standorte in den USA und in Tschechien zum Teil erheblich investiert. Das erlaubt uns neben einer gesteigerten Lieferfähigkeit auch einen direkten Zugang auf den jeweiligen Markt

Mit Matthias Rommel hat sich auch die Horn-Geschäftsführung verstärkt. Welche Aufgaben hat Herr Rommel übernommen?

Horn: Wir haben mit Matthias Rommel einen hervorragenden Kopf gewonnen. Seit November 2018 hat er die Funktion des technischen Geschäftsführers inne. Ich bin davon überzeugt, dass die Erfolgsgeschichte der Paul Horn GmbH unter der Leitung meines Sohnes Markus und Matthias Rommel weitergeht – mit gleichen Grundwerten, aber auch mit neuen Ansätzen.

Paul Horn GmbH
www.phorn.de


Die Geschäftsführer Lothar und Markus Horn sprachen über 50 Jahre Horn. An drei Abenden wurden jeweils rund 750 Gäste begrüßt. Bild: Horn/Sauermann

Horn Technologietage 2019

Die Horn Technologietage 2019 standen unter dem Motto „Technologie. Transparent“. „Wir haben unseren Besuchern die Möglichkeit geboten, unsere Werke zu besichtigen und mit uns in den Dialog zu kommen“, sagt der Geschäftsführer Markus Horn. Vom 05. bis zum 07. Juni öffnete die Paul Horn GmbH dafür zum siebten Mal die Pforten für ihre Kunden und Geschäftspartner und hat im Jahr 2019 einen besonderen Grund zu feiern. Horn ist 50 Jahre alt. „Es war beeindruckend, dieses Jubiläum mit unseren Kunden, Partnern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an den Technologietagen sowie an drei Abendveranstaltungen zu feiern“, so Lothar Horn. Darüber hinaus bot Horn den 4700 Besuchern acht spannende Fachvorträge mit den dazugehörigen Praxisdemonstrationen an.

Die einzelnen Fachvorträge im Überblick:

  • Vom Pulver zum fertigen Bauteil
  • Bis zur atomaren Ebene
  • Trends und Perspektiven der Präzisionswerkzeugindustrie 
  • Zerspanen von gesintertem Hartmetall 
  • Verzahnen weitergedacht 
  • Um die Ecke gedacht 
  • Fräsen auf höchstem Niveau 
  • Einstechen und Abstechen mit Erfolg

Diverse Ausstellungsstücke aus den unterschiedlichsten Kundenbranchen sowie mehr als 50 Partnerunternehmen ergänzten die Technologietage 2019. Die nächsten Horn Technologietage finden im Jahr 2021 statt.



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