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Höhere Standmengen beim Drehen von Schmiedestahl

Neue Wendeschneidplatten punkten bei Trocken- und Nassbearbeitung
Höhere Standmengen beim Drehen von Schmiedestahl

GKN Driveline in Offenbach dreht seit kurzem Gelenkzapfen aus Schmiedestahl mit Tigertec Silver-Wendeschneidplatten der Walter AG aus Tübingen. Die Schneiden der neuen Wendeschneidplatten sind deutlich länger im Eingriff als ihre Vorgänger, sowohl bei der Trocken- als auch bei der Nassbearbeitung

Für die Entwickler von Wendeschneidplatten ist ein frühes Feedback aus der Praxis in Form so genannter Feldversuche immens wichtig. Die Ergebnisse der teilweise umfangreichen Tests liefern mitunter wertvolle Erkenntnisse für den weiteren Entwicklungsprozess. Ohne enge Zusammenarbeit zwischen Werkzeughersteller und Produktionsunternehmen keine High-Performance-Werkzeuge.

Beispielsweise bezog der Tübinger Spezialist für Präzisionswerkzeuge jede Menge Input von GKN Driveline in Offenbach, um den neuen Tigertec Silver-Wendeschneidplatten für das Drehen von Stahlwerkstoffen (ISO-P) den letzten Schliff zu geben. „Wir haben mehrere Geometrie-Prototypen für die Fertigung in Offenbach hergestellt und getestet, GKN war Mitentwickler und Pilotanwender für die zur EMO 2011 erstmals präsentierte Wendeplattenfamilie“, bestätigt Gerd Kußmaul, globaler Produktmanager Drehen bei der Walter AG.
Die Schmiedestähle, die GKN Driveline für den Fahrzeugbau verarbeitet, sind geradezu ideal, um die Produktivität von Wendeschneidplatten zu beurteilen. Sie fordern den Schneidstoff in besonderer Weise. Typische Werkstücke sind Gelenkzapfen für den Antriebsstrang. Für diese hoch beanspruchten Bauteile verwenden die Automotive-Spezialisten Materialien wie Cf53 (1.1213) mit einer Festigkeit von Rm ø 900 N/mm2. Kaltverfestigte Randzonen erschweren die Zerspanung der geschmiedeten Rohlinge zusätzlich.
Geometrien für perfekte Späne
Neben einer guten Warmverschleißfestigkeit des Schneidstoffs kommt es vor allem auf die Geometrie an, denn diese bestimmt maßgeblich die Spanbildung. Perfekte Späne sind eine Grundvoraussetzung für hohe Stückzahlen, wie sie für die Automobilbranche typisch sind. Da GKN die Rohteile bereits sehr genau vorschmiedet, sind die Aufmaße relativ konstant. Unterschiedliche Spandicken sind kaum zu erwarten. Die Schneidstoffsorte WPP10S für höchste Schnittdaten ist deshalb die erste Wahl für Schruppoperationen. Zur Erklärung: das S in der Sortenbezeichnung steht für die neue Tigertec Silver-Familie.
Das Bearbeitungskonzept für das Vordrehen der Gelenkzapfen sieht zwei Wendeplattenformen vor: Für das Längsdrehen größerer Zapfenabschnitte die ISO-Form DNMG, für die Kontur des Hohlteils, in welchem nach dem Schleifen die Kugeln des Gegenstücks laufen, die ISO-Form WNMG. Nimmt man alle Varianten an Gelenkzapfen, die aus dem genannten Werkstoff auf gleiche Weise gefertigt werden, zusammen, so ergeben sich jährliche Stückzahlen in Millionenhöhe. Schon kleine Verbesserungen bei den Standmengen oder kürzere Bearbeitungszeiten summieren sich am Ende zu beachtlichen Werten.
Dass folglich die Fertigung stets auf dem aktuellen technischen Stand arbeitet, versteht sich. Jede Werkzeugneuheit, die zu Testzwecken in Augenschein genommen wird, muss sich mit der momentanen Benchmark messen. So war das auch bei der Erprobung der Tigertec Silver-Wendeschneidplatten. Die Ergebnisse der Tests übertrafen die Erwartungen; die Tester verzeichneten fast durchweg zweistellige prozentuale Standmengensteigerungen.
In den Augen der Fachleute ist das Paket aus Schneidstoff und Schneidkantendesign dafür verantwortlich, in erster Linie aber die neuen Geometrien mit den Bezeichnungen RP5 und MP5. Die Geometrie RP5 verfügt über eine besonders stabile Schneidkante und eignet sich daher für Schruppbearbeitungen mit großen Spantiefen. Die Geometrie MP5 deckt den großen Bereich der mittleren Bearbeitungen ab, von glatten Schnitten auf Stangenmaterial bis zu Schnittunterbrechungen. Verstärkte Spanbrecherflügel im Radius verbessern den Spanbruch.
Für die Hartmetallexperten von Walter ist das Fertigungskonzept in Offenbach im Grund ein Glücksfall, weil sowohl Trocken- als auch Nassbearbeitungsmaschinen im Einsatz sind. „Diese Konstellation ist für uns hochinteressant“, bekräftigt Kußmaul, „sehen wir doch, wie sich unsere Wendeschneidplatten in beiden Fällen unter Realbedingungen schlagen.“ Ivan Sabo, Prozessbetreuer bei GKN Driveline, erklärt hierzu: „Dass wir die Gelenkzapfen teilweise trocken, teilweise nass bearbeiten, liegt weniger an den Werkstücken selbst. Das ist im Grund Zufall und hat mit der Maschinenhistorie des Unternehmens zu tun.“
Zweistellige Steigerungsraten
Die Testergebnisse im Detail: Bei der Trockenbearbeitung auf einer dafür ausgelegten Werkzeugmaschine des Herstellers Scherer Feinbau kommen die neuen Wendeschneidplatten mit der Geometrie MP5 auf eine Standmenge von 145 Gelenkzapfen bzw. auf eine Eingriffszeit von 38,5 min. Die bisherige Menge lag bei 75 Teilen, die Eingriffszeit bei 20 min. Dies entspricht einer Steigerung von fast 95 Prozent.
„Wenn wir die Schneidkanten der Wendeschneidplatten aus Tigertec Silver mit denen des bisherigen Schneidstoffs vergleichen, stellen wir eine deutlich geringere plastische Verformung fest“, erklärt Robert Schmitt, technische Beratung und Verkauf bei der Walter Deutschland GmbH, Frankfurt, „das ist ein Effekt unserer neuen CVD-Beschichtung, mit der wir eine Vorzugsorientierung des Alpha-Aluminiumoxids erzielen.“ Der Aluminiumoxidschutzschild ist verantwortlich für die Warmverschleißfestigkeit. Bei unveränderten Schnittdaten Vc= 215 m/min, f= 0.15–4 mm und ap= 1–2 mm, entstehen Wunschspäne. „Das Spanbruchverhalten hat sich mit den neuen Wendeschneidplatten weiter verbessert“, bestätigt Sabo, „wir haben nur noch kurz gebrochene Späne im Container.“
Bei der Nassbearbeitung mit ähnlichen Schnittwerten auf Maschinen von Emag, Georg Fischer und Montforts ermittelten die Tester Steigerungen zwischen 15 und 60 Prozent je nach Operation. Diese relativ weite Streuung ist eine Folge der unterschiedlichen Schnittaufteilungen der Varianten sowie der Maschineneigenschaften. „Die neuen Wendeschneidplatten bringen unsere Fertigung ein weiteres Stück nach vorn“, resümiert Prozessbetreuer Sabo. „Die Prozesssicherheit hat sich erhöht, die Zahl der Werkzeugwechsel verringert.“

Führend bei Antriebssystemen
Als größter Geschäftsbereich des globalen Technikkonzerns GKN plc. ist GKN Driveline, ein weltweit führender Anbieter von Antriebssystemen für den Automotivebereich. Neben sämtlichen großen Automobilherstellern zählen auch die Hersteller von Nutzfahrzeugen, Land- und Baumaschinen, Flugzeugen und Flugzeugtriebwerken zum Kreis der Auftraggeber. GKN Driveline beschäftigt etwa 22 000 Mitarbeiter in 23 Ländern (GKN plc.: weltweit 44 000 Beschäftigte). Außer in Offenbach unterhält das Unternehmen hierzulande Niederlassungen in Kaiserslautern, Kiel, Lohmar, Mosel bei Zwickau und in Trier. Ein wichtiges Produkt sind Gleichlaufgelenke („Countertracks“). GKN schmiedet die Rohlinge selbst. Weitere Arbeitsgänge wie die mechanische Bearbeitung, Härten und Schleifen erfolgen alle im eigenen Haus. Der Standort Offenbach gliedert sich in zwei Werke: In einem werden Gelenkzapfen, im anderen Gelenkscheiben, Kugelkäfige und Kugelrahmen produziert. Die Zahl der Beschäftigten in beiden Werken liegt bei 1700.
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