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„Wir zeigen Flagge für Europa“

Andreas Haimer, Geschäftsführer, Haimer GmbH
„Wir zeigen Flagge für Europa“

„Wir zeigen Flagge für Europa“
Andreas Haimer, Geschäftsführer, Haimer GmbH
Die mittelständische Haimer GmbH hat es gewagt, mit dem modularen Frässystem Duo-Lock ein völlig neues Geschäftsfeld zu betreten. Sie tut dies allerdings nicht allein, mit Kennametal hat sie einen ganz Großen der Werkzeugbranche mit an Bord. Die mav sprach mit Andreas Haimer, einem der Geschäftsführer der Haimer GmbH, darüber, was man von dem neuen Produkt erwarten darf.

Autor: Das Interview führte:

mav: Ich habe vorhin beim Betreten Ihrer Firmenzentrale zwei versandfertige Pakete für Italien entdeckt. Sind darin Ausstellungsstücke für die EMO in Mailand?

Haimer: Nein, die Pakete gehen zu unserer neugegründeten Niederlassung in Italien. Seit Mitte letzten Jahres betreuen wir unsere italienischen Kunden direkt von unserer Tochterfirma, die in der Nähe von Mailand sitzt. Aber die EMO ist für uns ein ganz wichtiges Thema und die Vorbereitungen laufen schon auf Hochtouren. Wir werden in Mailand mit über 330 Quadratmeter Fläche den größten Messestand der Firmengeschichte haben. Als europäischer Marktführer zeigen wir dort neben einem Strauß an Innovationen, Flagge zum Standort Europa.
mav: Was wird Ihr Highlight zur Messe sein?
Haimer: Wir freuen uns besonders darüber, dass unser modulares Frässystem, bestehend aus den Werkzeugaufnahmen, der Schnittstelle Duo-Lock und den einschraubbaren Hartmetall-Fräsköpfen, nun serienreif ist und in allen Größen und Modifikationen gezeigt werden kann. Wir haben bei diesem System, das wir in Zusammenarbeit mit Kennametal entwickelt haben, von Anfang an auf Qualität gesetzt. Im Gegensatz zur gängigen Vorgehensweise haben wir für jede Durchmessergröße eine eigene Schnittstelle entwickelt. Normalerweise werden ausgehend von der Hauptgröße, die anderen Größen durch reines Skalieren errechnet. Um optimale Ergebnisse zu erzeugen, haben wir für jeden Durchmesser, von 10 bis 32 Millimeter, die Schnittstellen jeweils eigens konstruiert und in Variationen in die Testläufe geschickt. Mit diesem Vorgehen haben wir die bestmögliche Konfiguration erreicht.
mav: Warum wurde in die Schnittstelle so viel Entwicklungsarbeit gesteckt?
Haimer: Die Schnittstelle ist für uns eine Technologieplattform, für die es in Zukunft neben einschraubbaren Hartmetall-Fräsköpfen auch Wendeplattensysteme geben wird. Folglich haben wir das System so ausgelegt, dass es auch in 20 Jahren noch Stand der Technik sein kann, ganz ähnlich zu einer neuen Maschinenschnittstelle. Um unseren Partnern und Kunden die gewohnte Haimer-Qualität liefern zu können, haben wir die zusätzlichen sechs Monate Entwicklungszeit für die Modifikationen gerne in Kauf genommen.
mav: Wurde das System auch schon unter realen Bedingungen getestet?
Haimer: In Zusammenarbeit mit unserem Partner Kennametal wurde die Schnittstelle bei rund 50 Firmen aus allen Branchen unter Produktionsbedingungen getestet. Es ging dabei vorrangig um die Bearbeitung mit großen Werkzeugdurchmessern, und die Ergebnisse waren durchwegs positiv. Wir waren zwar im Vorfeld schon davon überzeugt, dass unser System gut ankommen würde. Aber dass rund 80 Prozent der Anwender schließlich sagten, das System ist besser als ihre bisher eingesetzten Werkzeuge, damit haben wir wirklich nicht gerechnet. Man muss dazu auch noch wissen, dass wir mit unserem modularen System auch gegen Vollhartmetallfräser angetreten sind. Bei anderen Tests und neuen Werkzeugen werden oft schon 40 Prozent als Durchbruch gefeiert.
mav: In welchen Punkten konnte das System überzeugen?
Haimer: Die Schnittstelle Duo-Lock mit den dazugehörigen Hartmetall-Fräsköpfen und Aufnahmen hat vor allem bei der Stabilität, der Werkzeugstandzeit und der Produktivität gepunktet. Zudem haben die Wechselkopfsysteme bei Bearbeitungen mit großen Werkzeugdurchmessern gegenüber einem Vollhartmetallfräser aufgrund des viel geringeren Hartmetallbedarfs ein hohes Einsparpotenzial. Die gute Vibrationsdämpfung des Systems ist ein entscheidendes Kriterium für die Werkzeugstandzeit. Es hat sich gezeigt, dass sich der hohe Entwicklungsaufwand bei der Schnittstelle gelohnt hat. Vor allem die Systeme mit einem Haimer-Spannmittel konnten positive Ergebnisse erzielen, und oftmals konnten dann sogar die Prozessdaten erhöht werden.
mav: Wurden die Fräsköpfe ebenfalls in Zusammenarbeit mit Kennametal entwickelt?
Haimer: Nein, momentan gibt es Fräser mit der Duo-Lock-Schnittstelle entweder von Kennametal oder von Haimer. Sicherlich wird es bald auch Duo-Lock-Werkzeuge von weiteren Herstellern geben. Hierzu bieten wir weiteren Firmen an, die Schnittstelle zu lizenzieren, so wie dies bei der Auszugsicherung Safe-Lock geschehen ist. Die modularen Fräsköpfe von Haimer werden hausintern „100 Prozent made in Germany“ in Igenhausen gefertigt. Kennametal wird, aufbauend auf seinem Vollhartmetall-Programm, sicherlich eine Vielzahl von Geometrien, Substraten und Beschichtungen anbieten.
mav: Für welche Anwendungen sind die Haimer-Werkzeuge?
Haimer: Unsere Fräser sind für Bearbeitungen, bei denen es darum geht, mit der Schneide richtig Geld zu verdienen, also wenn produktiv zerspant werden soll. Die Werkzeuge wurden für den aus unserer Sicht größten Markt konzipiert. Das Programm wird in Zukunft noch erweitert werden.
mav: Was macht Ihr System so besonders, dass damit diese Ergebnisse realisiert werden konnten?
Haimer: Basierend auf einem Gewindedesign mit patentiertem Doppelkonus und zusätzlicher dritter Abstützfläche im hinteren Bereich der Schnittstelle, liefert Duo-Lock eine sehr hohe Stabilität, Belastbarkeit und eine hohe Rundlaufgenauigkeit von 5 Mikrometer. Dies trägt zu einem signifikant steigenden Zeitspanvolumen bei Fräsanwendungen bei, so dass erstmals ein modulares Frässystem eine ähnlich hohe Leistung erzielen kann wie die neueste Generation von Vollhartmetallfräsern. Die Z-Genauigkeit bei Duo-Lock liegt bei 10 Mikrometer, so dass sogar zeitaufwändige Voreinstellprozesse entfallen können und das Werkzeug direkt in der Maschine gewechselt werden kann.
mav: Duo-Lock ist neben Safe-Lock das zweite von Haimer patentierte System, das anderen Firmen per Lizenz zum Kauf angeboten wird. Ist die Lizenzierung neu entwickelter Produkte ein neues Geschäftsmodell bei Haimer?
Haimer: Das Lizenzmodell ist eine Kernstrategie bei uns geworden. Es beruht darauf, dass wir als mittelständisches Unternehmen nicht den gesamten Markt abdecken können. Wenn wir ein Produkt patentieren und über unsere Vertriebskanäle weltweit vertreiben, dann wird eben immer nur ein Teil dieses riesigen Marktes abgedeckt. Und genau hier sehen wir eine Win-win-Situation zwischen uns als Unternehmen mit hohen Forschungs- und Entwicklungskosten und unseren Lizenzpartnern. Wir sind der Meinung, dass eine hohe, nachhaltige Innovationskraft neue Erlösmodelle erfordert, auch schon aufgrund der hohen Kosten für die Patentaufrechterhaltung. Und dies funktioniert gerade beim Thema Safe-Lock ausgesprochen gut.
mav: Im Frühjahr hat Haimer hierzu vermeldet, dass der japanische Werkzeughersteller OSG das Safe-Lock-System lizenziert hat. Welche Bedeutung hatte dies für Haimer?
Haimer: Die Partnerschaft mit OSG ist natürlich sehr interessant, da neben Sumitomo nun auch der japanische Marktführer im Bereich Vollhartmetallfräser zu den Safe-Lock-Anbietern zählt. Zudem zeigt dieses Beispiel, dass die großen Hersteller, wie eben OSG, Kennametal und Sandvik, Haimer respektieren und vertrauen. Auf der EMO werden wir einen weiteren Lizenzpartner vorstellen können.
mav: In wie weit schlugen sich diese Erfolge auch in den Wirtschaftszahlen nieder?
Haimer: Wir wachsen kontinuierlich weiter: 2014 ist die Haimer GmbH um 13 Prozent gewachsen, für 2015 wird ebenso mit einem zweistelligen Wachstum gerechnet. Dabei gibt es regional starke Unterschiede: Während wir in Deutschland auf einem konstant hohen Niveau geblieben sind, haben wir im Ausland ein starkes Wachstum verzeichnet. Für uns sind dabei vor allem Nordamerika und Asien als Märkte sehr wichtig geworden, zudem laufen auch die EU-Märkte Frankreich, Italien, UK und Spanien hervorragend.
mav: Gab es Entwicklungen, die Sie persönlich überrascht haben?
Haimer: Ja, da wäre zum einen die Entwicklung unserer Niederlassung in Brasilien zu nennen. Wir haben dort die Wachstumsperspektiven überschätzt. Die hohen laufenden Kosten und Import-Zölle erschweren zudem die Bearbeitung des brasilianischen Marktes. Das Land befindet sich in einer schweren Krise, die der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit und dem Protektionismus geschuldet ist.
Der indische Markt hingegen war für mich eine positive Überraschung. Unsere Niederlassung in Indien lief die letzten drei bis vier Jahre eher schleppend. Jetzt haben es die Kollegen vor Ort geschafft, den Umsatz in nur einem Jahr zu verdoppeln.
mav: Wie verteilt sich eigentlich der Gesamtumsatz auf die einzelnen Produktbereiche?
Haimer: Die Werkzeugaufnahmen sind mit 50 Prozent des Umsatzes ganz klar unser Kernbereich. Die restlichen Produkt-Sparten, die Schrumpftechnik, Auswuchttechnik und Messgeräte sowie das Tool Management teilen sich recht gleichmäßig die anderen 50 Prozent.
Haimer GmbH www.haimer.de EMO Halle 6 Stand L08/M03
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