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Titan schneller zerspanen

Präzisionswerkzeughersteller und Maschinenproduzent erarbeiten Optimum
Titan schneller zerspanen

Titan liegt im Trend – zumindest in der Luftfahrtindustrie. Das Leichtmetall bietet ideale Eigenschaften, vor allem in Verbindung mit carbonfaserverstärkten Kunststoffen (CFK). Seine Härte, Zähigkeit und geringe Wärmeleitfähigkeit machen das Zerspanen allerdings zur Herausforderung. In Zusammenarbeit mit der Walter AG, Hersteller von Präzisionswerkzeugen, hat die Dörries Scharmann Technologie (DST) GmbH dafür ein Maschine-Werkzeug-Paket geschnürt.

Die Zusammenarbeit von DST und der Walter AG geht weit über Werkzeuglieferungen hinaus. Jürgen Senger, Außendienstmitarbeiter der Walter Deutschland GmbH, nennt Beispiele: „Wir führen bei DST Schulungen durch, arbeiten ständig eng mit der Programmierabteilung zusammen und bearbeiten seit 2012 zunehmend gemeinsam Projekte.“ Aktuelles Thema sind Werkzeuge für die neue Ecoforce Ti, eine Maschine für die Titanzerspanung. Thomas Troup, Leiter Anwendungsentwicklung bei DST, bestätigt: „Unsere Zusammenarbeit ist von Professionalität geprägt, wir können uns aufeinander verlassen und haben uns so gegenseitiges Vertrauen erarbeitet.“

Exzellenter Ruf bei Flugzeugbauern
Vor allem bei Flugzeugherstellern genießt DST einen sehr guten Ruf. Ein Gang durch die Fertigungshallen in Mönchengladbach zeigt schnell warum: Die Größe der Maschinen deutet auf enorme Abmessungen der Strukturbauteile hin, die darauf gefertigt werden. Die solide Bauweise der Maschinen lässt ihre hohe Leistungsfähigkeit schon auf den ersten Blick vermuten. Mit ihren Zerspanungsmaschinen der Ecospeed-Baureihe hat sich DST als einer der weltweit führenden Anbieter im Bereich der Zerspanung hochfester Strukturbauteile aus Aluminium etabliert. Dabei kommt es auf hohe Produktivität an. Teilweise werden bei Strukturbauteilen bis zu 90 Prozent und mehr des Materials zerspant, um aus einem massiven Aluminiumblock ein filigranes Fertigteil mit optimiertem Gewicht herzustellen.
„Wesentliche Vorteile unserer Zerspanungsmaschinen für Aluminium sind die hohe Spindelleistung von 120 Kilowatt, die über einen breiten Drehzahlbereich verfügbar ist, die hochdynamische Parallelkinematik unseres Bearbeitungskopfes Sprint Z3 und die horizontale Spindelanordnung; dadurch fallen die Späne nach unten frei weg“, erklärt Dr.-Ing. Marcus Queins, technischer Leiter bei DST. Genauso wichtig wie beim Aluminium sei dies beim ungleich schwerer zu zerspanenden Titan, da beim wiederholten Durchschneiden der Späne die Wendeschneidplatten schnell verschleißen. „Wir haben die Ecoforce Ti deshalb ebenfalls mit einer vertikalen Palette im Arbeitsraum und somit für optimale Späneabfuhr konfiguriert.“
Titan stellt völlig andere Anforderungen
Beim Zerspanen des ungleich festeren und vor allem zäheren Titans kommt es nach wie vor mehr auf Drehmoment als auf Schnittgeschwindigkeit an. Aber Titan entwickelt sich in Teilen des Flugzeugbaus zum Alltagswerkstoff. Damit rückt die Produktivität zunehmend ins Visier der Fertigungstechniker. 85 000 Tonnen Titan, so die Prognosen, sollen bereits 2018 weltweit zerspant werden, mehr als zwei Drittel davon mit Wendeschneidplatten- und Vollhartmetallfräsern.
Walter hat darauf mit einer ganzen Reihe spezieller Werkzeuge reagiert. Ein Beispiel ist der Walter Igelfräser M3255. In der Version D80 Z6 (80 mm Durchmesser, sechs Zahnreihen am Umfang) zerspant er in einer Testkonfiguration 315 cm3 pro Minute – bei einer Schnittgeschwindigkeit von 45 Meter in der Minute und einem Vorschub von 0,15 mm pro Zahn der Titanlegierung Ti AMS 4928. Dieses Knowhow machte sich DST für seine Tests der neuen Maschinenbaureihe zunutze. Vorreiter in Sachen neue Werkstoffe war Boeing mit der 787 „Dreamliner“, die zu großen Teilen aus CFK besteht. Die Strukturbauteile sind jedoch weiterhin aus Nichteisen-Metall. Problem: Aluminium und CFK haben sehr unterschiedliche Ausdehnungskoeffizienten, so dass sie sich kaum verbinden lassen. Titan hingegen dehnt sich ähnlich gering aus wie CFK.
Es hat im Vergleich zu Aluminium zwar ein etwas höheres spezifisches Gewicht, trotzdem sind Bauteile aus Titan dank der deutlich besseren Festigkeit teils sogar leichter als Aluminium- oder gar Stahlteile. Genau dies überzeugt den um jedes Gramm ringenden Flugzeugbauer und rechtfertigt in der Summe den wesentlich höheren Werkstoffpreis. Aber der Preis hat Folgen: „Titanbauteile werden immer komplexer, weil sich nur durch Optimierung von Gewicht und Festigkeit der tragenden Struktur das Gesamtgewicht der Flugzeuge und damit deren Kraftstoffverbrauch verbessern lässt“, sagt Queins mit Blick auf die erste Ecoforce Ti, die sich hier gerade in der Probephase befindet.
Das Bearbeitungszentrum soll die beiden zentralen Forderungen der Luftfahrtindustrie erfüllen: höhere Zerspanungsraten und geringere „Cost per Part“ – natürlich ohne die Prozesssicherheit zu beeinträchtigen. Die fünfachsige Maschine hat ein automatisches Kopfwechselsystem, das einerseits sehr hohe Momente bis 5500 Nm und entsprechende Vorschubkräfte bei dreiachsiger Zerspanung realisieren kann, andererseits aber mit einem sehr kompakten Gabelfräskopf auch fünfachsig schruppen und schlichten kann.
Eine solche Maschine kann nur mit auf den Zerspanungsprozess abgestimmten Werkzeugen ihr volles Leistungspotenzial entfalten. Thomas Troup von DST: „Die Anforderungen markieren die Grenzen des heute technisch Machbaren, das erfordert ein in sich schlüssiges Gesamtkonzept. In der Regel verkaufen wir deshalb Maschine und Werkzeuge im Paket.“ Die Experten von Walter passten die Werkzeuge für die Ti-Bearbeitung exakt an die Leistungsfähigkeit der Maschine an. In Tests auf der Maschine ermittelten sie gemeinsam mit den DST-Entwicklern die optimalen Bearbeitungsparameter.
Diese Form der Zusammenarbeit setze einen Partner voraus, „der nicht in Werkzeugen, sondern in Technologien und kompletter Bearbeitung denkt“, erklärt Troup. „Der Entwicklungsanteil zwischen uns als Maschinenbauer und dem Werkzeuglieferanten ist dabei sehr unterschiedlich, je nachdem, ob das Verhalten der Maschine im Vordergrund steht, oder die Werkzeuge, wenn diese zum Beispiel zum Erreichen tiefer Taschen am Teil sehr schlank sein müssen.“ Ziel ist eine auf die Kundenanforderungen abgestimmte Komplettlösung, denn auch auf Kundenseite gehe der Trend zu Turn-Key-Technologiepaketen.
Ein weiterer wichtiger Punkt, der für Walter spricht, ist die weltweite Verfügbarkeit. „Die Endkunden erwarten in der Regel bei einem solchen Paketkauf, dass sie die Werkzeuge später überall auf der Welt nachkaufen können.“ Walter könne sicherstellen, dass sie nicht nur die Werkzeuge weltweit an Ort und Stelle bekommen, sondern auch den kompletten Support dazu, wie Senger versichert: „Deshalb informieren wir unsere Kollegen vor Ort beim Endkunden schon vorab, so dass diese den Support auch sofort leisten können.“
Beide Seiten profitieren
Beide Seiten ziehen aus dieser langjährigen Zusammenarbeit vielfältigen Nutzen. „DST hat die leistungsfähigsten Maschinen im Markt. Wir von Walter nutzen diese, um unsere neuesten Entwicklungen zu testen“, so Senger. „Derzeit haben wir eine ganze Palette von Sonderwerkzeugen bei DST im Einsatz, die direkt aus der Entwicklung kommen.“ Im Gegenzug ist DST immer über den allerneuesten Stand der Werkzeugentwicklung informiert.
Das Projektteam hat sich für die Zukunft hohe Ziele gesteckt. Troup: „Wir wollen uns jetzt an einen Liter Zerspanvolumen Titan pro Minute heranarbeiten und ich bin überzeugt, gemeinsam mit Walter schaffen wir das.“
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