Der Bereich der Zerspanung ist einem stetigen Wandel unterlegen. Neue Materialien und Bearbeitungsprozesse sowie das Streben nach produktiveren und besseren Prozessen stellen fortlaufend höhere Anforderungen an Werkzeuge und Komponenten. Oft vergessen, aber keinesfalls zu vernachlässigen ist die Werkzeugspannung. Sie kann einen entscheidenden Unterschied machen. Bei Bearbeitungen mit hohen Anforderungen an die Bauteilqualität sind Rundlauf- und andere Ausrichtungsfehler des Werkzeugs in der Spindel besonders kritisch. Gleichzeitig sind einige Bauteile nur mit langauskragenden Werkzeugen erreichbar. Je länger die Werkzeuge werden, desto präziser müssen diese gespannt werden.
Ausrichtbare Module für eine hochgenaue Ausrichtung
Für gewöhnlich kommen für solche Anwendungen modulare Spannmittel mit ausrichtbaren Modulen zum Einsatz. Durch solche Moduladapter können die eingespannten Werkzeuge hochgenau ausgerichtet werden – sowohl radial hinsichtlich Koaxialität als auch bezüglich des Taumelschlages. Für jeden dieser Freiheitsgrade stehen sechs Einstellschrauben zur Verfügung, sodass etwaige Rundlauf- oder Taumelfehler auf unter 3 µm eingestellt werden können.
Neben den genannten Vorteilen besitzen diese Lösungen aber auch einige Nachteile. Durch den modularen Aufbau nehmen die Störkontur sowie die Länge des Gesamtwerkzeuges zu. Gleichzeitig ist die Einstellung durch die vielen Freiheitsgrade bei hochgenauen, mehrstufigen Bearbeitungen wie zum Beispiel die Ventilführungsbearbeitung oder Reiboperationen mit mehrstufigen PKD-Reibahlen, sehr zeitaufwendig und setzt ein spezielles Know-how des Anwenders voraus.
Schrumpffutter bieten einfacheres Handling
Neben den Ansprüchen an die Bearbeitungsqualität wächst der Wunsch nach einer einfachen, raschen Bedienung der Ausrichtungsfunktion. Um dieser Anforderung zu begegnen, hat Gühring eine neue Serie an ausrichtbaren Schrumpffuttern entwickelt, die sich durch einfacheres Handling auszeichnen.
Anstatt das Werkzeug über bis zu zwölf Einstellschrauben sowie sechs Befestigungsschrauben in mehreren Freiheitsgraden genau einzustellen, kommen bei dieser Neuentwicklung nur vier Einstellschrauben zum Einsatz. Diese sitzen innerhalb eines drehbaren Einstellringes und erlauben eine Rundlaufeinstellung von 3 µm in einer Schneidenebene, indem sie den Winkel des Werkzeugs relativ zur Aufnahme beeinflussen. Das funktioniert dank spezieller Einstellkeile, die in einer entsprechenden Nut im Schrumpffutter geführt werden.
Das Anziehen der Spannschrauben führt dazu, dass sich die Keile verspannen und das Werkzeug auslenken. So können bei einer Werkzeuglänge von 200 mm Taumelfehler von bis zu 0,03 mm ausgeglichen werden. Im ungespannten Zustand ist der Einstellring drehbar, wodurch die Anzahl der nötigen Einstellpunkte, ohne Einbußen bei der Genauigkeit, von sechs auf vier reduziert werden konnte. Der Unterschied in der erzielbaren Genauigkeit gegenüber der Modul-Lösung ergibt sich vor allem dadurch, dass die radiale Einstellung entfällt.
Zudem ist die Bedienung deutlich vereinfacht, sodass die Einstellung problemlos auch innerhalb der Maschine erfolgen kann. Sobald sich das Werkzeug im Schrumpffutter befindet, reichen ein Innensechskant sowie eine Messuhr, um das Werkzeug in sechs Schritten einzustellen: Einstellring lösen, maximalen Rundlauf identifizieren, Einstellring passend drehen, Rundlauf an Schraube 1 auf 50 % reduzieren, Werkzeugspannfutter um 90° verdrehen und an Schraube 2 den gleichen Rundlauf wie Schraube 1 einstellen, letzten Schritt für die übrigen Schrauben wiederholen. Auf diese Weise kann der Rundlauf auf unter 3 µm eingestellt werden.
Reibbearbeitung und langauskragende Werkzeuge im Fokus
Geeignet ist das ausrichtbare Schrumpffutter für die meisten Bearbeitungen, für die auch ein normales Schrumpffutter in Frage kommt und bei denen zusätzlich besonderes Augenmerk auf eine hohe Bearbeitungsqualität gelegt wird. Hauptanwendungen sind Reibbearbeitungen sowie der Einsatz langauskragender Werkzeuge, wie beispielsweise beim Bohren oder Kombinationen mit Schrumpfverlängerungen. Darüber hinaus profitieren auch andere Anwendungen von einem geringen Rundlauf, insbesondere wenn die Ausrichtung in der Spindel erfolgt. Hierdurch werden auch etwaige Rundlauffehler der Spindel mit ausgeglichen. Eine hohe Rundlaufgenauigkeit des Spannmittels sorgt auch bei kurz auskragenden Werkzeugen für einen ruhigeren Lauf sowie einen gleichmäßigeren Verschleiß an allen Schneiden. Ebenso können Bohrwerkzeuge durch den besseren Rundlauf eine höhere Bohrungsgüte erzielen, da drohende Taumelbewegungen entfallen und somit keinen negativen Einfluss auf Rundheit, Durchmesser und Oberflächengüte haben. Zusätzlich zu der Ausrichteinheit, sind in die Schrumpffutter vier M6 Wuchtgewinde integriert. Über diese lässt sich nach dem Ausrichten der Werkzeuge das Gesamtsystem feinwuchten, sodass dieses auch für hohe Drehzahlbereiche anwendbar ist.
Mit den neuen ausrichtbaren Schrumpffuttern schließt Gühring die Lücke zwischen den einfachen Schrumpffuttern und den komplexen 6×6-Modullösungen. Durch der Reduktion auf vier Einstellschrauben und der Ausrichtung in nur einem Freiheitsgrad ist die Bedienung deutlich vereinfacht und kann selbst in der Maschinenspindel erfolgen. Der vereinfachte Aufbau sorgt darüber hinaus für eine geringere Störkontur und bietet eine wirtschaftlichere Lösung, wenn keine komplexe Modul-Schnittstelle benötigt wird, aber Rundlauffehler reduziert werden sollen. Darüber hinaus stehen die neuen Schrumpffutter für nahezu alle Maschinenschnittstellen und sowohl für die Nass- als auch MMS-Bearbeitung zur Verfügung.
Gühring KG
Herderstr. 50–54
72458 Albstadt
Zukunftsideen in Serie
Wie die Zukunft der Zerspanung aussehen kann, präsentieren die Mitglieder des Vereins für Zukunftsorientierte Zerspanung e.V. in einer exklusiven Serie in der mav.
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