Häufig besteht, um die maximale Genauigkeit zu erzielen, die Forderung nach Komplettbearbeitung. Auf klassischen Bearbeitungszentren können diese Erwartungen zum Teil überhaupt nicht oder nur sehr teuer realisiert werden. Hier bietet Grob das Interpolationsdrehen Plus an. Dabei wird aus dem Bearbeitungszentrum eine vollwertige Drehmaschine, die eine flexible Programmierung ermöglicht, ohne auf ein CAD-CAM System zurückgreifen zu müssen.
Beim Interpolationsdrehen Plus von Grob wird eine Durchmesserachse durch eine Interpolationsbewegung zwischen der X- und Y-Achse sowie der Spindel emuliert. Zusätzlich ist es notwendig, dass die Spindel vom drehzahl- in den lagegesteuerten Betrieb umgeschaltet wird. Wird nun mit der X- und Y-Achse eine Kreisbahn interpoliert, so wird die Lage der Schneide über die angekoppelte Spindelachse C automatisch so ausgerichtet, dass ein optimaler Schneideneingriff gegeben ist.
Mit dem Aufruf des Drehzyklus an der Steuerung wird zwischen Dreh- und Fräs-Modus gewechselt. Im Dreh-Modus stehen dem Anwender virtuelle Achsen zur Verfügung, die an der Maschinensteuerung dargestellt werden. Wie bei einer gewöhnlichen Drehmaschine handelt es sich um die Durchmesserachse X und eine Z-Achse, welche die Drehachse der zu drehenden Kontur ist. Damit stehen dem Bediener exakt das gleiche Handling und die gleiche Programmierumgebung wie bei einer Drehmaschine zur Verfügung. Die Dreh-Kontur eines Bauteils kann dadurch in kürzester Zeit manuell programmiert werden.
Einsatz von CNC-Dreh-Zyklen
Da dem Anwender die Funktionalität einer vollwertigen Drehmaschine zur Verfügung steht, können auch die bekannten CNC-Dreh-Zyklen eingesetzt werden. Folglich ist es für gewöhnliche Drehkonturen nicht notwendig, auf ein CAD-CAM System zurückzugreifen. Gleichwohl besteht die Möglichkeit, ein derart erzeugtes NC-Programm in der Maschine abzuarbeiten.
Fertigungstechnisch können, wie beim Drehen üblich, die im Gegensatz zum Fräsen besseren Oberflächen erzielt werden. Auch lassen sich definierte gedrehte Rillen erzeugen. Weiterhin können diverse Bearbeitungsmerkmale mitbearbeitet werden, wie zum Beispiel Einstiche, die sowohl in axialer als auch radialer Richtung verlaufen. Um die Drehmaschinen-Oberfläche komplett zu machen, erhält die Steuerung während des aktivierten Zyklus auch die Werkzeugverwaltung einer Fräs-Dreh-Maschine. Nach der Drehbearbeitung wird der Drehzyklus im NC-Programm abgewählt und die Maschine wieder zur Fräsmaschine.
Als ein großer Vorteil des Interpolationsdrehens sind die geringen Kosten zu nennen. Es können einfachste Werkzeuge eingesetzt werden – komplizierte und oft wartungsintensive Sonderwerkzeuge mit entsprechenden Kosten und Lieferzeiten sind nicht notwendig. Betrachtet man die Investitionskosten, ist die Option Grob Interpolationsdrehen Plus im Vergleich mit anderen Varianten die preiswerteste Möglichkeit, Drehbearbeitungen auf einer Grob Universalmaschine zu implementieren.
Über den gesamten Arbeitsbereich der Linearachsen gibt es keinerlei Hubbegrenzungen, das heißt Drehbearbeitungen können ohne Maschinen-Stopp, Werkzeugwechsel oder Umbau des Werkzeugs in einem Zug durchgeführt werden. Dies stellt einen Vorteil gegenüber mechatronischen Werkzeugsystemen dar, bei denen der bearbeitbare Durchmesserbereich vom Hub des Schiebers begrenzt wird. Auch entfällt die manuelle Schmierung. Durch die fehlende Hublimitierung können mit einem Werkzeug auch verschiedene Werkstücktypen abgedeckt werden.
Gegenüber einem 5-Achs Fräs-Drehbearbeitungszentrum besitzt das Interpolationsdrehen den Vorteil, dass die Drehkontur an jeder beliebigen Stelle erzeugt werden kann – die Drehachse der Kontur ist flexibel programmierbar und nicht auf die Rundtischdrehachse festgelegt. Die erreichbaren Rundheiten und Zylinderformen können sich sehen lassen: Rundheiten im Bereich von 0,02 mm sind über den gesamten Durchmesserbereich realisierbar. Darüber hinaus können mit dem Grob Interpolationsdrehen Plus auch unrund gestaltete Konturen erzeugt werden, denn die Bahn in der X-Y-Ebene ist ebenfalls beliebig programmierbar.
Zudem ist es möglich, über einen Korrekturparameter eine zylindrische Bohrung entsprechend zu korrigieren, solange der Formfehler und die Richtung bekannt sind. So können Deformationen durch die Aufspannung oder Spannungen im Bauteil entsprechend kompensiert werden.
Praxisbeispiele
Einen interessanten Anwendungsfall stellt die Bearbeitung von beschichteten Laufflächen an Zylinderkurbelgehäusen dar. So können der Honfreigang und das Drehen der Kolbeneinführfase der Zylinderbohrungen mittels Interpolationsdrehen bearbeitet werden. Bei diesen Hartstoffschichten besteht bei anderen Bearbeitungsverfahren die Gefahr, dass die Schicht beschädigt werden kann und Abplatzungen auftreten können. Beim Interpolationsdrehen kann die Bearbeitung „gegen“ die Schicht gerichtet werden, so dass ein Ausreißen der Schicht verhindert wird. Außerdem können die beiden notwendigen Drehschneiden auf einem Werkzeughalter untergebracht werden, wodurch der in der Regel notwendige Werkzeugwechsel entfallen kann. Auch die Bearbeitung von komplexen Drehkonturen, wie beispielsweise die eines Turboladers, können mit dem Grob Interpolationsdrehen Plus einfach hergestellt werden.
Anwendungsempfehlung
Zu empfehlen ist das Interpolationsdrehen hauptsächlich im Kleinserienbereich beziehungsweise bei Anwendungen, bei denen die Taktzeit nicht das entscheidende Kriterium ist. Grund ist eine notwendige Drehzahllimitierung der Maschine. Diese ist vom Durchmesser abhängig, der in der X-Y-Ebene von der Spindelachse gefahren wird. Über die entsprechende Werkzeugauslegung des Drehstahls kann dieser interpolierte Durchmesser ideal an die jeweilige Bearbeitungskontur angepasst werden. Grob ist behilflich, den optimalen Fertigungsablauf und die optimale Fertigungstechnologie für den Anwendungsfall festzulegen.
Grob-Werke GmbH & Co. KG www.grobgroup.com
Der Autor
Hans-Peter Mögele, Assistent der Leitung Werkzeuge & Zerspanungstechnologie, Grob-Werke GmbH & Co. KG
Unsere Webinar-Empfehlung
Einen Vorgeschmack auf die EMO liefert der Webcast "Innovative Zerspanungslösungen". Ausgewählte Branchenspezialisten wie Schwäbische Werkzeugmaschinen (SW) und DVS Technology Group zeigen, welche Innovationen entlang der Prozesskette spanender Fertigung sie auf der EMO präsentieren…
Teilen:
