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Revolution in der Werkzeugherstellung

Additive Fertigungstechnologie – Möglichkeiten und Grenzen
Revolution in der Werkzeugherstellung

Seit 2013 wird beim Präzisionswerkzeughersteller Mapal an der Werkzeugproduktion mit Hilfe der additiven Fertigung geforscht. Rund zwölf Monate vergingen zwischen der Inbetriebnahme des ersten 3D-Druckers und der ersten Patentanmeldung. Das erste Serienprodukt ist der Schneidplattenbohrer QTD für Durchmesser von 8 bis 13 Millimeter, der mittels Lasersintern hergestellt wird.

Das Lasersintern (Selective Laser Melting), also die Form des 3D-Drucks, die bei Mapal zum Einsatz kommt, ist ein Pulverbett-basierter Prozess. Loses Metallpulver wird mittels eines Laserstrahls Schicht für Schicht an den Stellen aufgeschmolzen, an denen Material sein soll. Das Bauteil entsteht von unten nach oben. Die Flächen, die geschmolzen werden, werden in Quadrate (Schachbrettmuster) unterteilt. Diese werden nicht aufeinanderfolgend, sondern statistisch verteilt aufgeschmolzen. Dadurch wird eine Verteilung des Wärmeeintrags erreicht. Außenkonturen und Flächen werden mit unterschiedlichen Parametern bearbeitet. Denn: Die Bearbeitungsparameter haben Einfluss auf die Materialeigenschaften.

Beim Lasersintern handelt es sich um einen „Brutto“-Prozess, das heißt, es entsteht fast kein Abfall. Pulver, das übrig bleibt, wird beim nächsten Fertigungsprozess nahezu vollständig wieder verwendet.
Möglichkeiten
Mittels Lasersintern können fast beliebige räumliche und komplexe Geometrien sowie innen liegende Hohlräume realisiert werden, unbeeinträchtigt von Maschinenaufspannungen, Werkzeugen oder Fertigungsmitteln. Dadurch ergeben sich in vielen Bereichen ganz neue Möglichkeiten. Den praktischen Nutzen dieser Freiheit zeigt unter anderem das Einbringen der Kühlkanäle in Bohrer-Grundkörper – gewendelte Kühlkanalbohrungen sowie der Wechsel zwischen gewendelten und geraden Kühlkanälen sind möglich. Mit dem 3D-Druck können Kühlkanäle optimal gestaltet werden, so dass sie doppelt so viel KSS-Durchsatz bieten als bei herkömmlicher Konstruktion mit traditioneller Fertigungstechnik. Neben den beliebigen Geometrien bietet das Lasersintern die Möglichkeit, Bauteile deutlich gewichts- ärmer und nahezu ohne Abfall zu produzieren. Die Bearbeitung von Materialien wie Schwer- und Hartmetallen ist möglich.
Grenzen
Die Eigenschaften des Laserstrahls begrenzen den Prozess. Pulver, das neben oder unter der zu bearbeitenden Fläche liegt, wird mit angeschmolzen. Die Strahlbreite des bei Mapal verwendeten Lasers beträgt rund 0,15 Millimeter und stellt damit einen weiteren limitierenden Faktor dar.
Des Weiteren ziehen die verwendeten Materialien mit ihren jeweiligen Eigenschaften eine Bearbeitungsgrenze. So entsteht beispielsweise beim Erstellen von ebenen Flächen auf Pulver ein Bimetall-Effekt. Zudem können einige Elemente, wie Gewinde, Passbohrungen und Passflächen, nicht direkt mit der Additiven Fertigungstechnologie hergestellt werden.
Realisierbare Parameter
Bisher sind neben der minimalen Wandstärke folgende Parameter bei der Fertigung mittels Lasersintern bei Mapal möglich. Überhänge beziehungsweise freiragende Flächen bis 2,5 Millimeter. Schrägen, gemessen zur Senkrechten, sind bis maximal 45 Grad ideal zu fertigen. Machbar sind Schrägen bis 55 Grad bei einer Breite, die kleiner als drei Millimeter ist. Ansonsten müssen die Flächen mit Supports abgestützt werden. Waagrechte Bohrungen sind bis zu einem Durchmesser von acht Millimetern realisierbar. Ideal zu fertigen sind sie bis zu einem Durchmesser von fünf Millimetern.
Eigenschaften des verwendeten Materials
Bei Mapal kommt Warmarbeitsstahl, vorrangig der Werkstoff 1.2709 (X3NiCoMoTi18-9-5), in Pulverform mit einer Korngröße von 10 bis 45 Mikrometern für die Additive Fertigung zum Einsatz. Dieser Werkstoff bietet neben der kostengünstigen Anschaffung zahlreiche weitere Vorteile: er ist schweiß- und lötbar, relativ verzugsarm, seine Vergütungstemperatur liegt zwischen 480 und 580 Grad Celsius und er ist sehr gut geeignet zum hybriden Bauen auf X38CrMoV 5-1. Im Vergleich zu „Stangenmaterial“ ist der Werkstoff 1.2709 allerdings immer noch kostenintensiv. Zudem nimmt er die Brünierung zum Schutz vor Korrosion nicht an.
Realisierte Bauteile
Als erstes Produkt, das mithilfe des 3D-Druckers hergestellt wird, brachte das Familienunternehmen aus Aalen den Schneidplattenbohrer QTD im Durchmesserbereich acht bis 13 Millimeter zur Serienreife. Dabei wird der Grundkörper gänzlich mittels Lasersintern gefertigt – nur damit sind die Durchmesser zwischen 8 und 13 Millimetern mit gewendelten Kühlkanälen realisierbar. Mit der konventionellen Fertigungstechnologie waren ausschließlich Durchmesser über 13 Millimeter möglich. Zudem ermöglicht die Anordnung und Ausgestaltung der Kühlkanäle einen um 100 Prozent gesteigerten Kühlmitteldurchfluss, speziell durch von der Kreisform abweichende Kühlkanalprofile.
Des Weiteren fertigt Mapal unter anderem zweischneidige Schaltschieberwerkzeuge mittels Lasersintern. Weitere Produkte wie Bohrer, Reibahlen, darunter extrem leichte Außenreibahlen, Spannzeuge, Fräseinsätze und Kurzklemmhalter für ISO-Schneiden werden im 3D-Druck gefertigt – alle Produktbereiche des Herstellers von Präzisionswerkzeugen sind in die Forschung und Entwicklung zum Lasersintern miteinbezogen.
Ausblick
Die additive Fertigungstechnologie wird mit Sicherheit bei der Herstellung von Präzisionswerkzeugen eine große Rolle spielen – sie bietet neue Möglichkeiten der Werkzeugkonstruktion und ist eine Arbeitserleichterung bei kleinen, filigranen sowie geometrisch komplizierten Werkzeugen. Das Lasersintern bietet darüber hinaus ein großes Potenzial bei der Optimierung des Gewichts von Werkzeuggrundkörpern.
Mapal geht davon aus, dass in fünf Jahren mindestens fünf 3D-Drucker betrieben werden. Allerdings darf bei der additiven Fertigung vorerst nicht von einer Kostenersparnis ausgegangen werden. Zudem ist ein Umdenken in Konstruktion und Werkzeugauslegung notwendig. Die additive Fertigung wird die spanende Fertigung nicht ersetzen können – vereinfacht sie aber deutlich und bietet neue Möglichkeiten der Werkzeugauslegung.
Mapal Dr. Kress KG www.mapal.com

Der Autor
Dr. Dirk Sellmer, Leitung Versuch & Entwicklung, Mapal Dr. Kress KG
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