Komplexe Produkte und moderne Hightech-Materialien sorgen für immer höhere Anforderungen an die Präzisionswerkzeuge. Werkzeuge aus Hartmetall haben zahlreiche Vorteile gegenüber Werkzeugen aus HSS: Sie sind härter, verschleißfester, hitzebeständiger und haben bis auf wenige Ausnahmen eine höhere Standzeit. Sie ermöglichen eine präzise Bearbeitung sowie höhere Schnittgeschwindigkeiten. Voraussetzung dafür ist die perfekte Kombination aus Substrat, Geometrie und Beschichtung. Dem Hartmetall als Basis kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. CemeCon und Extramet arbeiten bei der Entwicklung einer optimalen Kombination seit vielen Jahren zusammen.
Inhaltsverzeichnis
1. Auf die Zusammensetzung kommt es an
2. Diamant-Beschichtungen für Hartmetallwerkzeuge
3. Nur hochwertiges Hartmetall sorgt für Premium-Beschichtungen
4. Fast kein Qualitätsunterschied bei recyceltem Hartmetall
5. Große Herausforderungen für die Zukunft
„Hartmetall hat enorm gute Eigenschaften für Zerspanwerkzeuge: etwa Härte, Druckfestigkeit, Schlagfestigkeit, Biegebruchfestigkeit, Korrosionsbeständigkeit und mehr. Gerade in den vergangenen 30 Jahren hat man bei der Herstellung enorme Fortschritte gemacht und konnte das Verhältnis zwischen Härte und Zähigkeit entscheidend optimieren. So haben heutzutage Hartmetallwerkzeuge in fast allen Bereichen HSS-Werkzeuge ersetzt“, beschreibt Bruno Süess, ehemaliger Direktor und heutiges Verwaltungsratsmitglied der Extramet AG, Vorstandsmitglied im Schweizer Fachverband Pulvermetallurgie und Experte für Hartmetalle sowie deren Herstellung und Vorteile.
Auf die Zusammensetzung kommt es an
Hartmetall für Zerspanungswerkzeuge besteht hauptsächlich aus Wolframkarbid (WC) als Hartstoff und einem Bindermetall, in der Regel Kobalt (Co). Das Wolframkarbid sorgt für die Härte und das Kobalt für die Zähigkeit. Durch diese Kombination lassen sich die besten physikalischen und mechanischen Eigenschaften erzielen. Die genaue Zusammensetzung und auch die Ergänzung mit weiteren Legierungsbestandteilen sind dabei sehr flexibel und richten sich nach den Anforderungen in der Anwendung.
Die Härte eines Hartmetalls wird primär über die WC-Korngröße reguliert: Je feiner das Korn, umso härter ist das Hartmetall. In der Zerspanung sind Hartmetalle mit Ultrafeinstkorn (0,2 – 0,5 μm) und Mikrokorn (0,5 – 0,8 μm) mittlerweile Standard. Nanokorn (<0,2 μm) konnte sich bis dato nicht durchsetzen und kommt nur in ganz speziellen Anwendungen zum Einsatz. Die Herstellung ist gegenüber dem Nutzen, den die extrem kleinen Körner im Vergleich bringen, viel zu aufwendig.
„Aber Härte ist nicht alles: Für die Verschleißbeständigkeit ist auch entscheidend, wie gut die harten Wolframkarbid-Körner im Bindermetall Kobalt eingebettet, benetzt sind und sich dort verklammert haben. Denn ist das Kobalt nicht gut verteilt und die WC-Körner liegen dadurch direkt aneinander, lösen sie sich einfach aus der Matrix und es entsteht erhöhter Verschleiß“, so Bruno Süess. „Für eine hohe Verschleißbeständigkeit muss man also eine perfekte Balance zwischen Körnern und Bindemittel finden, so dass das Wolframkarbid noch gut gebunden wird, aber der Kobaltanteil nicht zu hoch ist. Dieses Verhältnis ist heute gut kontrollierbar, so dass mittlerweile viele leistungsstarke Hartmetallsorten auf dem Markt zu finden sind.“
Diamant-Beschichtungen für Hartmetallwerkzeuge
Die Zusammensetzung eines Hartmetalls ist entscheidend für dessen Beschichtbarkeit mit Diamantschichten. „Früher war die Haftung der Diamant-Beschichtung auf dem Hartmetall nicht so gut wie heute. Deswegen haben wir – CemeCon und Extramet– schon in den 1990ern eng zusammengearbeitet, um die Zusammensetzung des Hartmetalls anzupassen und somit die Haftung zu verbessern. So entstand zum Beispiel eine spezielle Hartmetallsorte für die Diamant-Beschichtung mit ausgewählten Legierungsbestandteilen. In einem trilateralen Arbeitskreis, insbesondere bezogen auf die Anforderungen der Luftfahrtindustrie, konnten wir gemeinsam mit der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) große Fortschritte für Diamant-Werkzeuge erreichen“, erinnert sich Bruno Süess.
Präzise, langlebige und nachhaltige Hartmetall-Lösungen für die Hightech-Industrie sind die Kernkompetenz von Extramet. Die hochwertigen Hartmetall-Werkzeugrohlinge sind die Basis für die Herstellung von präzisen rotierenden Zerspanwerkzeugen für anspruchsvolle Anwendungen. Seit der Gründung 1980 im Freiburgischen Plaffeien (Schweiz) hat sich Extramet vom ursprünglichen Drei-Mann-Betrieb zu einem breit diversifizierten und international tätigen Unternehmen mit über 200 Mitarbeitern weltweit entwickelt. Bei der Produktion von stranggepresstem Hartmetall setzen die Experten auf Hochtechnologie und bieten Lösungen für individuelle Anforderungen. Das Extramet-Hartmetall kommt in der Luftfahrt- und Automobilindustrie, der Dental- und Medizinaltechnik, der Präzisions- und Mikromechanik sowie in der Lebensmittel- und Verpackungstechnologie zum Einsatz.
Für eine gute Beschichtbarkeit ist es wichtig, dass das Korn nicht zu fein und dass nicht zu viel Kobalt im Hartmetall enthalten ist. „Mein persönlicher Favorit zum Diamant-Beschichten ist ein Mikrokorn-Hartmetall mit einer WC-Korngröße von 0,8 bis 0,9 μm und 6 Prozent Kobalt“, ergänzt Süess.
Gerade wenn es um die Beschichtung mit Diamant geht, hat der Kobaltanteil besondere Bedeutung, da das Kobalt im Beschichtungsprozess aus der Oberfläche des Hartmetalls gelöst wird. Dazu Manfred Weigand, Produktmanager Round Tools bei CemeCon: „Ist der Anteil zu gering und löst sich damit zu viel Kobalt, halten die WC-Körner nicht mehr zusammen. Das Hartmetall versprödet zu stark und es ist keine gute Haftung mehr möglich. Bei einem zu hohen Anteil bleibt zu viel Kobalt übrig, der während des Beschichtens mit dem Kohlenstoff reagiert. Dann entsteht eine graphitische Phase (sp2) statt der harten Diamant-Beschichtung (sp3).“
Deswegen führt CemeCon entsprechende Eignungsprüfungen durch, bei denen das Hartmetall auf seine Beschichtbarkeit getestet wird.
Nur hochwertiges Hartmetall sorgt für Premium-Beschichtungen
Die Homogenität und somit die Qualität eines Hartmetalls hat erheblichen Einfluss auf das Beschichtungsergebnis und damit auch auf die Performance des Präzisionswerkzeugs. Mit hochwertigen Hartmetallen wird sowohl eine gute Haftung als auch eine gleichmäßig beschichtete Oberfläche erzielt. „Reinheit im Herstellungsprozess des Hartmetalls und gleichbleibend hohe Qualität gehören untrennbar zusammen. Das fängt bereits bei der Mischung des Pulvers an. Es sollte möglichst kurz einer Sauerstoffatmosphäre ausgesetzt sein, um eine Oxidation zu verhindern. Eine schnelle Weiterverarbeitung des Pulvers ist dementsprechend wichtig, denn bei einer langen Lagerung oxidiert das Material. Sobald das Pulver gepresst und der Grünling vorgesintert ist, passiert diesbezüglich aber nicht mehr viel“, erklärt Bruno Süess.
Ein weiterer Faktor für die Qualität – selbst innerhalb einer Charge – liegt im Sinterprozess. Wird dabei ein Teil der Grünlinge einer höheren Kohlenstoffkonzentration ausgesetzt als ein anderer, variiert der Kohlenstoffanteil bei den Hartmetall-Rohlingen und letztendlich auch bei dem geschliffenen Werkzeug. Diese Unterschiede können zu einer schlechten und/oder ungleichmäßigen Haftung der Diamant-Beschichtung führen.
Fast kein Qualitätsunterschied bei recyceltem Hartmetall
Ressourcenschonung, Umweltschutz und CO2-Bilanz rücken wie in allen Branchen auch in der Hartmetall-Herstellung verstärkt in den Fokus. Auch mit Blick auf die Abbaugebiete und die dort herrschenden Bedingungen gewinnt das Recycling der verschlissenen HM-Werkzeuge zunehmend an Bedeutung. Die Verfahren haben hier große Fortschritte gemacht, so dass der Recyclinganteil im Hartmetall in den vergangenen Jahren stetig angestiegen ist. Mit chemischen Verfahren können alle Komponenten des Hartmetalls in ihre Bestandteile – Wolframkarbid, Kobalt etc. – getrennt und wieder in die Rohprodukte überführt werden – und das bei geringerem Energieeinsatz.
„Viele Hartmetall-Hersteller, auch Extramet, verwenden heute ein Gemisch aus neuem und recyceltem Material. Qualitätsunterschiede zwischen hochwertigem Recyclat und neuem Pulver gibt es da heute nicht mehr“, so Bruno Süess. Hartmetall aus rein recyceltem Material ist bis dato kaum am Markt verfügbar, entsprechende Entwicklungen sind aber bereits angestoßen. „Wir haben bei CemeCon auch schon Werkzeuge aus 100 Prozent Recyclat auf die Eignung zur Diamant-Beschichtbarkeit getestet. Zusätzlich haben wir auch den Rundlauf vor und nach dem Beschichten geprüft. Wir konnten nach allen Tests grünes Licht geben“, ergänzt Manfred Weigand.
Große Herausforderungen für die Zukunft
Neben dem sinkenden Bedarf an Hartmetall aufgrund der Umstellung auf alternative Antriebe in der Automobilindustrie zählen sicherlich Auswirkungen der REACH-Verordnung (Europäische Chemikalienverordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe) zu den großen Herausforderungen, denen die Hartmetallindustrie gegenübersteht. REACH hat auch Kobalt (Co) und Nickel (Ni) auf die rote Liste gesetzt. So sind die Hersteller gezwungen, Kobalt und Nickel in der Hartmetallzusammensetzung zu minimieren bzw. ganz zu ersetzen, ohne die positiven Eigenschaften zu verändern. Die Forschung konnte bereits in den letzten Jahren erfreuliche Resultate erzielen, doch gerade bei Lösungen für Zerspanwerkzeuge genügen die neuen Hartmetalle noch nicht den gewünschten mechanischen Anforderungen.