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Fertigungsprozesse für bleifreie Materialien

Werkzeuglösungen für optimalen Spanbruch und hohe Werkzeugstandzeiten
Effiziente Fertigungsprozesse für bleifreie Materialien

Als Reaktion auf verschärfte Umweltauflagen wird in Zukunft verstärkt auf den Einsatz bleifreier Materialien geachtet werden müssen. In der Zerspanung wirkt sich der Verzicht auf Blei vor allem auf die Prozesssicherheit und die Werkzeugstandzeiten aus. Philipp Dahlhaus von der Paul Horn GmbH beleuchtet die Dringlichkeit, mit der sich die Hersteller auf den Materialwechsel einstellen müssen, und zeigt, mit welchen Werkzeuglösungen die Produktivität der Fertigungsprozesse auch weiterhin sichergestellt werden kann.
Autor: Frederick Rindle

Bleihaltige Werkstoffe, die wegen ihrer sehr guten Zerspanungseigenschaften geschätzt werden, geraten derzeit aufgrund neuer Verordnungen und Richtlinien zunehmend in die Kritik und sollen daher zukünftig nicht mehr verarbeitet werden. Verordnungen wie die europäische RoHS-Richtlinie und die REACH-Verordnung spielen eine Schlüsselrolle bei der politischen Weichenstellung hin zu bleifreien Alternativen.

„In der EU gibt es bislang noch eine Ausnahmegenehmigung für die Verwendung von bleihaltigen Legierungen, die bisher immer wieder um 18 Monate verlängert wurde“, sagt Philipp Dahlhaus, Leiter Produktmanagement bei der Paul Horn GmbH. „Es ist aber völlig unklar, wie lange die EU die Ausnahmegenehmigungen noch verlängert.“ Viele Unternehmen bereiten sich daher schon jetzt auf die Umstellung ihrer Produktion auf bleifreie Materialien vor.

Davon betroffen sind eine große Anzahl von Werkstoffen: Von Automatenstählen über Aluminiumlegierungen bis hin zu Messing und Kupferlegierungen wird Blei in unterschiedlichen Werkstoffen eingesetzt. „Durch den Zusatz von Blei wird vor allem der Spanbruch begünstigt“, sagt Dahlhaus. „Für die Drehbearbeitung hat das natürlich enorme Vorteile, vor allem für die Prozesssicherheit des Zerspanungsprozesses.“ Hinzu kommt eine weitere besondere Eigenschaft des Bleis: „Das sehr weiche Blei sorgt durch seine schmierende Wirkung zusätzlich für einen geringeren Verschleiß an der Werkzeugschneide. Dadurch wird auch die Standzeit der Werkzeuge deutlich verbessert.“

Spanbruch bereitet Kopfzerbrechen

Bei der Umstellung auf bleifreie Werkstoffe bereitet den Unternehmen zuallererst der schlechtere Spanbruch Kopfzerbrechen. Denn bisher wurde zum Beispiel bleihaltiges Kupfer vor allem in der Massenproduktion von Kleinteilen wie Steckern für die Elektronikindustrie eingesetzt. „Gerade für Unternehmen, die zum Beispiel auf Rundtaktmaschinen Millionen von Bauteilen herstellen, ist die geringere Spanbruchneigung der bleifreien Werkstoffe eine echte Herausforderung“, sagt Dahlhaus.

Aber auch für alle anderen Hersteller sind die bei der Drehbearbeitung von bleifreien Werkstoffen häufig auftretenden Wirrspäne und die damit verbundene geringere Prozesssicherheit ein Problem. Denn mit dem bestehenden Prozess ist eine Serienfertigung mit den neuen Materialien dann oft nicht mehr möglich. „Das habe ich bei einem großen Hersteller von Fittings für den Sanitärbereich selbst schon sehen dürfen“, sagt Werkzeugexperte Dahlhaus. „Dort wurden diese Heizungsfittings aus Messing auf großen Rundtaktmaschinen in großer Stückzahl gefertigt.“ Bei der Umstellung habe man dort schnell mit großen Spänenestern an den Werkzeugen zu kämpfen gehabt. Deshalb konnte der bisherige Prozess dort nicht mehr wie gewohnt eingesetzt werden.

Für die Werkzeugexperten der Paul Horn GmbH stand daher schon früh fest, dass das Thema Spanbruch bei der Bearbeitung bleifreier Werkstoffe im Fokus der Entwicklung einer prozesssicheren Lösung stehen muss. Je nach Prozess und eingesetzter Maschine sind die Ansätze jedoch sehr unterschiedlich. „Gerade bei diesem Thema ist es immens wichtig, den gesamten Produktionsprozess zu analysieren, um die optimale Lösung für die Bedürfnisse des Kunden zu finden“, erklärt Dahlhaus. Denn gerade das Leistungsspektrum des eingesetzten Maschinentyps sei eine der Schlüsselkomponenten, so der Experte.

Schneidplattengeometrie kann für Spanbruch sorgen

„Auf CNC-Drehmaschinen können wir bei der Bearbeitung von bleifreiem Messing relativ einfach einen Spanbruch erzwingen, indem wir auf eine Stahlgeometrie mit entsprechender Spanbruchgeometrie umstellen“, so Dahlhaus. Dazu müssten aber auch die Bearbeitungsparameter, insbesondere die Schnittgeschwindigkeit, angepasst werden, was beispielsweise auf den bereits erwähnten Rundtaktmaschinen oft nicht wirtschaftlich umsetzbar ist. Zudem werden in der Serienfertigung sehr häufig Sonderwerkzeuge eingesetzt, um verschiedene Bearbeitungen in einem Schritt zu kombinieren. Diese können natürlich nicht einfach durch Standardplatten ersetzt werden. Die Serienfertigung mit Sonderwerkzeugen erfordert ein tiefes Prozessverständnis und viel Knowhow bei der Werkzeugauslegung. Ein Beispiel hierfür ist das Horn-Stechsystem 315, das oft als Sonderwerkzeug und mit speziellen Geometrien, die durch Laser- oder Schleiftechnologie eingebracht werden, zum Einsatz kommt.

„Mit dem Wissen aus einer Vielzahl erfolgreich umgesetzter Projekte haben wir uns bei der Paul Horn GmbH allerdings schon vor vielen Jahren auf solche schwierigen Bearbeitungssituationen spezialisiert und bieten hierfür neben dem Werkzeug-Knowhow auch den optimalen Prozess an“, so Dahlhaus.

Spanformgeometrien per Laser einbringen

Die optimale Werkzeuglösung sei dann eine ideale Kombination aus Geometrie, Schneidstoff und Beschichtung. „Vom Hartmetallpulver bis zum fertig beschichteten Werkzeug bilden wir den gesamten Prozess im eigenen Haus ab und können so jeden Parameter exakt auf die Bedürfnisse des Kunden abstimmen“, erklärt Dahlhaus. Mit der Laserbearbeitung haben die Werkzeugexperten gerade bei kleinen Werkzeuggeometrien zusätzlich noch ein weiteres Ass im Ärmel. „Wir versuchen in vielen Fällen, die Spanformgeometrien direkt über die Formgebung einzubringen. Wenn das aber nicht möglich ist, kann die Geometrie an der Spanfläche auch gelasert werden“, sagt Dahlhaus. Gerade bei den Spanformgeometrien sei das ein entscheidender Vorteil. So können die Werkzeugexperten beispielsweise auch Lösungen für Bauteile mit Durchmessern von 0,5 oder sogar 0,4 mm anbieten.

Bei diesen extrem kleinen und engen Bauteilabmessungen kommen die Werkzeugsysteme Mini oder auch Super Mini für die Innen- und Außenbearbeitung zum Einsatz. Ein konkretes Beispiel ist die neue I-Spanformgeometrie für das Werkzeugsystem Mini des Typs 108, die speziell für Werkstoffe mit schlechten Spanbildungseigenschaften entwickelt wurde. Die Geometrie eignet sich zum Kopierdrehen, Längsdrehen und Plandrehen. Besonders bei kleinen Zustellungen in Stahl und rostfreien Stählen zeigt das Werkzeugsystem seine Stärken in der Spankontrolle. Dies führt zu einer höheren Prozessstabilität und darüber hinaus zu längeren Standzeiten. Das Werkzeug ist zum Innenausdrehen sowie zum Inneneinstechen geeignet.

PKD-Schneiden ermöglichen längere Standzeiten

Auch für den erhöhten Werkzeugverschleiß bei der Bearbeitung bleifreier Werkstoffe haben die Werkzeugexperten bereits Lösungen erarbeitet. So kommen neben feinstgeschliffenen Werkzeugschneiden bei Bedarf auch Diamant- oder CBN-Schneiden zum Einsatz. „Gerade durch den Einsatz von PKD-Schneiden können wir die Standzeiten unserer Werkzeuge noch einmal deutlich verbessern“, so Dahlhaus. Aber auch hier müsse man immer den Gesamtprozess beim Kunden betrachten, um zu prüfen, ob der Wechsel zu einem widerstandsfähigeren Schneidstoff auch das richtige Ergebnis bringt. Eine ganz wichtige Rolle spielt dabei auch die Kühlung. Gerade beim Einstechen ist es immens wichtig, dass die Kühlung die Schneide genau trifft.

Aber auch für den Fall, dass ein neues Fertigungsverfahren und eine neue Werkzeuglösung gerade in Bezug auf den Spanbruch nicht für den gewünschten Effekt sorgen können, haben die Werkzeugexperten noch weitere Lösungen im Köcher. „Auch nach allen Optimierungen kann es vorkommen, dass ein Span einfach nicht bricht“, so Dahlhaus. „Dann ist es unsere Aufgabe, trotzdem eine Lösung für den Kunden zu finden.“ Wichtig ist es dann, die Schneide so zu platzieren, dass der lange Span ohne zu stören abfließen kann. Eventuell kommt auch eine Dreh-Fräsbearbeitung mit angetriebenen Werkzeugen infrage. Denn beim Fräsen hat man viel weniger Probleme mit den langen Spänen.

Direkt gesinterte Spanformgeometrien in Zukunft

Für die Werkzeugexperten der Paul Horn GmbH sind schwierige Bearbeitungssituationen per se immer ein lohnendes Einsatzgebiet für ihre Werkzeuglösungen. Um immer neue Lösungen realisieren zu können, werden auch die Prozesse in der Werkzeugherstellung ständig weiterentwickelt. „Das Thema prozesssicheres Zerspanen wird sich auch auf die Gestaltung der Horn-Produkte auswirken. Spanformgeometrien auf weiteren Produktfamilien könnten ein Ansatz sein“, blickt Dahlhaus in die Zukunft.

Paul Horn GmbH
www.horn-group.com



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