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CMC-Werkstoffe verbinden durch die Einbringung von Verstärkungsfasern in eine Polymermatrix die Eigenschaften monolithischer Keramiken wie Korrosions-, Temperatur- und Abrasionsbeständigkeit mit einem quasiduktilen Bruchverhalten. Obwohl die Bruchdehnung der Polymermatrix und der Verstärkungsfasern nahezu gleich hoch ist, ergibt sich über eine gezielte Einstellung der Grenzfläche zwischen Fasern und Matrix ein Werkstoff, welcher auftretende Spannungsspitzen lokal über Energie absorbierende Mechanismen wie beispielsweise Mikrorissbildung oder Delamination abbaut.
Bei der Bearbeitung von CMC-Werkstoffen wird der Einsatz von PKD-/PCBN-Werkzeugen und konventionellen Schleifoperationen vorausgesetzt, um den komplexen Anforderungen gerecht zu werden. Die Einsatztemperaturen des verwendeten C/C-SiC-Materials ohne zusätzlichen Oxidationsschutz sind abhängig von der Umgebung und können bei nichtoxidierender Atmosphäre bis zu 1400° C (kurzzeitig 1500° C) betragen. Dies ist um ein Vielfaches höher als die maximale Einsatztemperatur von faserverstärkten Kunststoffen.
CMC-Werkstoffe im Einsatz
Die erwähnten Eigenschaften ermöglichen die Konstruktion sehr leistungsfähiger Bauteile: Als prominentestes Beispiel gelten Chargiergestelle, Brennerdüsen und Notbremssyteme für Fahrstühle. Aber auch bei Turbinenauskleidungen, insbesondere bei Strahltriebwerken und thermalen Schutzsystemen (TPS) in Raumfahrtanwendungen, werden gegenwärtig faserverstärkte Keramiken eingesetzt.
Zukünftig sollen CMC-Werkstoffe vermehrt Verwendung finden: insbesondere zur Effizienzsteigerung von hochbelasteten Konstruktionen, wenn beispielsweise der Wirkungsgrad von Turbinen und Wärmetauschern erhöht wird. Neue Untersuchungen zeigen, dass die Zerspanung von CMC-Werkstoffen mit geometrisch bestimmtem Schneiden (anstelle von Schleifoperationen) ein enormes Potenzial zur Reduzierung der hohen Herstellkosten von Bauteilen birgt.
Schleifprozess entfällt
Solche Bauteile werden „near net shape“, d. h. möglichst endkonturnah, gefertigt und derzeit immer noch mit geometrisch unbestimmter Schneide, im konventionellen Schleifprozess auf Endmaß gebracht. Diese Schleifprozesse erreichen sehr hohe Oberflächengüten, können aber auch nur sehr geringe Zeitspanvolumina erreichen. An diesem Punkt folgt Gühring einem neuen Ansatz und beweist gemeinsam mit dem deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR e.V.), dass bei einer Zerspanung mit geometrisch bestimmter Schneide und mittels Hochleistungs-PKD-Werkzeugen nicht nur eine deutliche Reduzierung der Bearbeitungszeit realisierbar ist, sondern auch der finale Schleifprozess am Werkstück gänzlich entfällt.
Diamant als Schneidstoff
Für die angestrebte Zielsetzung werden in einem ersten Schritt die Schnittdaten für die Bearbeitung des C/C-SiC-Werkstoffes ermittelt. In dieser Anfangsphase zeigt sich, dass wie erwartet, nur Diamant als Schneidstoff für die Zerspanung mit geometrisch bestimmter Schneide in Frage kommt. Grund hierfür ist die Härte der SiC-Matrix, welche mit ca. 2600 HV30 deutlich über der von Hartmetall (1500 bis 2200 HV30) liegt und nur knapp unterhalb der Härte von PVD-Beschichtungen.
In der Folge zeigen lediglich mit PKD-Schneiden bestückte Werkzeuge oder Werkzeuge mit CVD-Diamantschicht das Potenzial zur prozesssicheren Zerspanung von C/C-SiC-Werkstoffen. Außerdem wird im Rahmen der Trockenbearbeitung erwiesen, dass mit Schnittparametern von vc = 170 m/min und einem Zahnvorschub von fz = 0,006 mm eine hohe Oberflächengüte erreicht wird.
Für die Nassbearbeitung können die Schnittparameter im Zuge der Untersuchung sogar deutlich auf vc 250 m/min und fz 0,06 mm erhöht werden. Gleichzeitig erfolgt die enorme Steigerung des Standweges um mehr als das Zehnfache.
Diese überaus positiven Resultate werden im Anschluss daran verwendet, um auf der Grundlage eines Modells einer Turbinenschaufel eine endkonturnahe Form der Schaufel aus einem C/C-SiC-Block herauszuarbeiten. Das praxisnahe Modell verfügt bereits in diesem Bearbeitungsschritt über die komplexe Geometrie der Turbinenschaufel. Im Anschluss daran können bei dem bearbeiteten Modell die Schnittwerte und Abtragsraten für die Nassbearbeitung wiederholt bestätigt werden. Ein besonderes Augenmerk liegt jedoch nicht nur auf dem zerspanenden Werkzeug, sondern auch auf der konzipierten Frässtrategie, welche Gühring speziell für die Zerspanung von faserverstärkten Keramiken wählt und die an die materialseitigen Anforderungen angepasst wird.
Frässtrategie für eine Schaufelgeometrie
Für die Realisierung der Schaufelgeometrie wird eine Unterteilung in zwei Sequenzen vorgenommen und sie erfolgt mit einem angepassten dreischneidigen PKD-Fräswerkzeug mit 14,0 mm Durchmesser. In der ersten Phase erfolgt die Zustellung in einzelnen Bearbeitungsschritten, wobei sensibler Umgang und Berücksichtigung der Materialbeschaffenheit das entscheidende Kriterium darstellen. Jedoch besonders in der zweiten Phase der Zustellung spielen die Schichtdicke und die Festigkeit des verbleibenden Bauteils eine entscheidende Rolle. Werden hier zu große Abtragsraten in einer Fräsebene gewählt, die häufig auch parallel zur Ausrichtung der Fasern im Gewebe verlaufen, können Abplatzungen exponierter Kanten entstehen. Der Grund hierfür sind Rissausbreitungen im Material, die entlang der Fasern am Faserinterface erfolgen.
In der industriellen Anwendung von CMC-Werkstoffen wird aus Gründen der Ressourceneffizienz die Zerspanung relativ großer Volumina in der Regel unterlassen. Umso eindrucksvoller ist es, dass sich in der Vorbearbeitung des Prototypen schließlich zeigt, dass bei entsprechend optimierter Frässtrategie, der Zerspanung von relativ hohen Volumina nichts im Weg steht.
Ein Durchbruch auf ganzer Ebene
Den finalen Schritt des Projekts umfasst die Herstellung der Endkontur mit dem Einsatz eines speziellen Vollkopf-PKD-Werkzeugs von Gühring. Hierfür wird ein spezielles Werkzeugkonzept entwickelt, das zum Ziel hat, die Fertigbearbeitung der endkonturnah gefertigten Turbinenschaufel mit einem einzelnen Werkzeug und in nur einem Prozessschritt zu realisieren.
Die Herausforderung hierbei ist neben der Erfüllung der geometrischen Anforderungen, vor allem eine hervorragende Oberflächengüte zu erlangen, um ohne zusätzlichen Schleifprozess fortzufahren. Außerdem gilt, einen ausreichenden Standweg zu erreichen, um mindestens eine Turbinenschaufel ganzheitlich zu bearbeiten, ohne das Werkzeug wiederaufbereiten zu müssen.
Die entsprechende Werkzeugkonzeption wird der Komplexität der Anfoderungen gerecht: Das entwickelte Vollkopf-PKD-Werkzeug ist eine Symbiose aus den Vorteilen des PKD-Schneidstoffes (Härte und Verschleißbeständigkeit) mit der Geometriefreiheit von konventionellen VHM-Werkzeugen. Das Fräswerkzeug, das für die Bearbeitung von faserverstätkter Keramik entwickelt wurde, erzielt durch seine komplexe Geometrie einen weichen Schnitt.
Damit gelingt die optimale Bearbeitung des anspruchsvollen CMC-Materials ohne Faserüberstände und ohne die keramische Matrix zu beschädigen. Die hohen Anforderungen an die Qualität und die strukturelle Integrität der Bauteile wurden im Rahmen von CT-Untersuchungen positiv bestätigt. Mit dem entwickelten Vollkopf-PKD-Werkzeug und der konzipierten Frässtrategie leistet Gühring einen Beitrag zur Reduzierung der Fertigungskosten von CMC-Bauteilen und ermöglicht die zukünftige Verbreitung des Materials in vielen Anwendungsbereichen zur Effizienzsteigerung.
Gühring KG
www.guehring.com
Zukunftsideen in Serie
Wie die Zukunft der Zerspanung aussehen kann, präsentieren die Mitglieder des Vereins für Zukunftsorientierte Zerspanung e.V. in einer exklusiven Serie in der mav.
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