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Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung veröffentlichte Forschungsprogramm „Zukunft der Wertschöpfung – Forschung zu Produktion, Dienstleistung und Arbeit“ fokussiert u. a. die Erhöhung der Leistungsfähigkeit und Funktionalität von Maschinen und Ausrüstungen der Fertigungstechnik durch den verstärkten Einsatz von KI. In diesem Rahmen startete im Juni 2021 das Projekt „AICoM“ mit dem Ziel, eine lernende Werkzeugmaschine zur autonomen Fertigung kundenindividueller Werkstücke zu entwickeln. Das Konsortium besteht aus Industrieunternehmen aus den Bereichen Werkzeug- und Maschinenherstellung, NC- und CAM-Modul-Entwicklung sowie KI-Software-Entwicklern. Zusätzlich komplettieren zwei Forschungsinstitute der Technischen Universität Darmstadt das Konsortium, um die zugrundeliegenden Forschungsfragestellungen für AICoM zu beantworten.
Unsere Welt wird digitaler, Fertigungen müssen effizienter werden: Die steigende Nachfrage nach kundenindividuellen und komplexen Produkten in der Einzelteil- bzw. Kleinserienfertigung erfordert ein hohes Maß an technischem Verständnis, um Wirtschaftlichkeit und hohe Produktivität bei maximaler Bauteilqualität sicherzustellen. AICoM will dabei moderne Fräs-Bearbeitungszentren mit künstlicher Intelligenz ausstatten und damit kundenindividuelle Werkstücke bei vereinfachter Bedienung und selbständiger Planung möglichst autonom herstellen.
Ziel des Forschungsvorhabens AICoM ist die Entwicklung eines Systems aus verschiedenen Einzelmodulen, die in einer intelligenten modularen System- und Steuerungsarchitektur zusammengeschlossen sind. Das System AICoM ermöglicht die Optimierung der CAD/CAM- Fertigungskette bis hin zur Fertigung der Produkte. Die Verknüpfung des Systems AICoM mit einer normalen Werkzeugmaschine ermöglicht eine „lernenden Werkzeugmaschine“. Diese lernende Maschine hat die Fähigkeit, den Prozess autonom anzupassen, indem sie auf erlernte Erfahrungen zurückgreift.
Der Anwender kann hierbei aus verschiedenen Zielgrößen wählen, an die sich die Werkzeugmaschine mit der zu entwickelnden KI-basierten Prozessregelung selbstständig anpasst. Dabei wird die Leistungsfähigkeit der Werkzeugmaschine je nach unterschiedlichem Bedarf und Anforderungen stets voll ausgeschöpft. AICoM greift dabei auf aktuelle und historische Prozessinformationen (Wissensspeicher) zurück. Durch den Zugriff auf die Erfahrung aus vorangegangenen Aufträgen können die Fertigungsprozesse bereits während der Prozessplanung automatisch optimiert werden. Die selbstständige Planung der Prozesse kann den Aufwand der Programmierung deutlich reduzieren. Die automatische Prozessregelung ermöglicht weitere Produktivitätssteigerungen.
Tool Management Software als Wissensspeicher
In diesem Forschungsprojekt leistet Gühring seinen Beitrag durch die Entwicklung und den Aufbau eines Wissensspeichers mithilfe der Gühring Tool Management Software, kurz GTMS.
Die adressierten Zielstellungen sind neben einer maximalen Produktivität die Erhöhung der Qualität. Das aufgebaute Wissen dient zum einen dazu, zielbringende autonome Entscheidungen während des Prozessablaufs zu gewährleisten. Zum anderen, ermöglicht es bei neuen unbekannten Werkstücken die automatisierte Prozessplanung auf Basis historisch gesammelter Erfahrung in Form von möglichst detaillierten Prozessinformationen.
Die Grundlage dafür liefern Daten und Informationen, welche möglichst prozessnah erfasst und weiterverarbeitet werden. Ziel dabei ist es, durch Identifikation geeigneter Datenquellen ein möglichst genaues Prozessabbild zu schaffen und dieses für die Planung, Optimierung und digitale Anpassung neuer Prozesse zur Verfügung zu stellen. Die Datenquellen stammen insbesondere aus der Werkzeugmaschinensteuerung. Daneben spielen Daten aus vor- und nachgelagerten Prozessschritten wie beispielsweise der Qualitätssicherung eine Rolle.
Für die Sammlung und Bereitstellung des benötigten Wissens wird im Projekt AICoM ein neuartiger Wissensspeicher als Teilmodul des Gesamtsystems entwickelt. In diesem werden die entstehenden Daten strukturiert und kontextbasiert zusammengeführt, um ein effizientes Trainieren von KI-Algorithmen zu ermöglichen. Diese stellen das notwendige Wissen für die lernende Werkzeugmaschine in Form von Prozessmodellen bereit.
Die Gühring Tool Management Software ist ein Softwareprodukt für die vollständige Digitalisierung der Produktion, das bereits bei Kunden eingesetzt wird.
Die Anwendungsmöglichkeiten gehen über die eigentliche Werkzeugverwaltung hinaus: Das Logistikmodul hat umfangreiche Funktionen inkl. der Möglichkeit, automatisierte Lagersysteme direkt anzusteuern. Das Planungsmodul beinhaltet eine Stücklistenverwaltung. Die Werkzeugverschleißdatenerfassung optimiert den Werkzeugeinsatz, direkte Kommunikation mit Werkzeugvoreinstellgeräten ist möglich. Das Qualitätsmodul beinhaltet eine Messmittelverwaltung und die Möglichkeit, Prüfpläne anzulegen, die Wareneingangskontrolle zu dokumentieren und eine automatisierte Lieferantenbewertung. Mit dem Produktionsmodul lassen sich Maschinen- und Prozessdaten erfassen.
Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Programm „Zukunft der Wertschöpfung – Forschung zu Produktion, Dienstleistung und Arbeit“ (Förderkennzeichen 02P0A060 bis 02P0A065) gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei der Autorin / beim Autor / bei den Autoren.
Gühring KG
PTW TU Darmstadt
https://lernendewerkzeugmaschine.de
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