Firmen im Artikel
Als metallverarbeitendes Traditionsunternehmen mit einer über 300-jährigen Geschichte produziert die Zollern-Gruppe eine breite Platte von Produkten. Dazu zählen unter anderem Stahlprofile, Maschinenbauelemente, Produkte für die Antriebstechnik oder die Lagertechnik. Die Gleitlager-Produktion findet bei der Zollern BHW Gleitlager GmbH & Co. KG im Werk Braunschweig statt. Hier stellen die 380 Mitarbeiter etwa 2800 verschiedene Artikel her, die nach Sparten aufgeteilt sind: Halbschale, Großlager, Buchsen und Komponenten. Je nach Artikel werden die Bauteile immer individueller, Losgrößen werden stetig kleiner, beginnend bei Einzelteilen bis hin zu Stückzahlen von 10 bis maximal 300. „Früher Monopol, heute scharfer Wettbewerb. Unseren Mitarbeitern ist klar, dass wir nicht mehr alleine am Markt agieren. Und es sind immer die klassischen Themen wie Liefertermintreue, Lieferzeiten, Produktpreis, Qualität und Service. Da gilt es einfach, der Beste am Markt zu sein“, fasst Zollern-Produktionsleiter Rene Oschmann seine Ziele zusammen.
Knowhow digital sichern
Ein beachtlicher Teil der Belegschaft wird in den kommenden Jahren in Rente gehen; und mit ihnen würde ihr Fertigungs-Know-how gleich mit in den Ruhestand gehen. Marco Künze, Projektleiter Produktionssysteme am Standort Braunschweig, umschreibt diese Situation mit klaren Worten: „Der demografische Wandel trifft uns besonders hart. Wir wollen dem Wissensverlust durch Personalfluktuation schon heute vorbeugen, denn nur mit Fertigungs-Knowhow sind wir in der Lage, unser Produkt herzustellen.“ Darum sieht Künze seine Aufgabe auch darin, das Wissen der Mitarbeiter zu bewahren, zentral abzuspeichern und es bedarfsgerecht zur Verfügung zu stellen. Doch nicht nur der Generationswechsel in der Belegschaft stellt ihn und sein Team vor neue Herausforderungen, sondern auch der Wandel in der Arbeit selbst. Während ein Mitarbeiter klassischerweise Wissen anwendet, um ein fest umrissenes Aufgabengebiet auszufüllen, wird in Zukunft immer mehr gefordert, dass er Arbeitspakete selbstbestimmt abarbeitet. Das nötige Wissen in Form von Daten oder Informationen organisiert er selbstständig. Hierzu benötigt er eine zentrale Wissensdatenbank.
Zentrale Fertigungsdatenbank
Bereits um die Jahrtausendwende hatte Zollern eine Werkzeugdatenbank-Lösung eingeführt und sich damit recht fortschrittlich gezeigt. Da das Unternehmen in Braunschweig seine Fertigung weiter digitalisieren und vernetzen wollte, wurde die in die Jahre gekommene Insellösung-Werkzeugverwaltung durch eine zentrale Infrastruktur-Softwarelösung, bestehend aus Toolmanagement Tooldirector, Lagerverwaltung Tooldirector Warehouse und CAM-Datenmanagement Factorydirector von Coscom, ersetzt. „Wir wollten eine zentrale Wissensplattform und Datenbank in der Fertigung mit entsprechenden Kommunikationsschnittstellen zu allen anderen Systemen schaffen“, resümiert Oschmann die Anforderungen an die neue Lösung.
An die neue Softwarelösung wurden hohe Erwartungen gestellt. Zum einen musste sich das System in die bestehende IT-Landschaft einpassen und insbesondere mit dem SAP-System kommunizieren. Denn das ist laut Künze der Dreh- und Angelpunkt in der Fertigung: „Bei uns gilt für alle Software-Anbieter: Mit SAP müssen sie bei uns leben. SAP steht als führendes System über allen anderen Systemen. Coscom agiert als zentrale Datendrehscheibe und stellt die richtigen Daten zur richtigen Zeit am richtigen Ort dem richtigen Prozessteilnehmer zur Verfügung.“
Des Weiteren ging es bei der Einführung eines neuen Systems zum einen darum, individuelle Anforderungen des Werkes Braunschweig abzudecken, zum anderen sollte eine Standardsoftware genutzt werden. Künze formuliert es so: „Customized Software führt aufgrund ihrer problematischen Updatefähigkeit immer in eine Einbahnstraße. Die Coscom-Software ist ein ausbaubares, zukunftsfähiges System nach dem Lego-Prinzip: ‚Mache ein System zu meinem System‘, ohne den Standard zu verlassen – ein echter Mehrwert der Coscom-Software. In Summe war hier Coscom der ideale Partner, denn die Software-Spezialisten entwickelten im Consulting mit uns einen Masterplan für das Rollout, übernahmen das Projektmanagement und begleiteten die Einführung Schritt für Schritt mit ihrem Fertigungs-Knowhow.“
Erfahrungen aus der Lernwerkstatt
Um die Akzeptanz des neuen Systems zu testen und es möglichst schnell in die Fertigung zu integrieren, wurde es schrittweise eingeführt – zunächst in einer Lernwerkstatt. Der Vorteil hierbei: Man konnte in einem Teilbereich der Produktion Erfahrungen sammeln und vor allem Mitarbeiter sensibilisieren und motivieren, um die Akzeptanz des neuen Systems von Anfang an sicherzustellen. Außerdem ging es in der Lernwerkstatt auch darum, mit Disziplin ein verbindliches Regelwerk zu erstellen, an das sich alle halten. Mit den Erfahrungen in der Lernwerkstatt konnten die neuen Infrastruktursoftwares Tooldirector und Factorydirector schrittweise ausgerollt werden.
Dem Projektteam stellte sich zu Beginn der Einführung auch die Frage, wie man das neue Wissen sauber hält, sodass nur wirklich relevante Informationen in die Datenbank aufgenommen werden. „Das Zauberwort ist Disziplin“, erklärt Oschmann, „die Mitarbeiter müssen sich unbedingt an die definierten Regeln halten, zum Beispiel kommen in das Feld Bemerkungen nur Informationen, bei denen die Fertigung vom Standard abweicht, alles andere bleibt draußen.“ Auch ging es darum, dass neue Informationen möglichst schnell zu den Mitarbeitern gelangen, sodass sie dieses Wissen zeitnah in ihrer Arbeit gewinnbringend einsetzen können. „Die Fußballergebnisse vom Wochenende machen sofort die Runde, das muss bei fertigungsrelevanten Informationen genauso schnell gehen“, erklärt Oschmann mit einem Schmunzeln. Damit diese Informationen so schnell wie möglich in das System gelangen, müssen alle Mitarbeiter aktiv ihren Beitrag dazu leisten. Die Belegschaft dazu zu bringen, zum einen die Datenbank mit relevanten Informationen zu füllen und zum anderen diese Informationen auch zu nutzen, darin sah der Produktionsleiter eine der größten Herausforderungen bei der Systemeinführung.
Saubere Daten durch Key-User
Mit der Einführung des neuen Fertigungsinformationssystems von Coscom ging bei Zollern zugleich das Thema saubere Datenbank einher. Künze erklärt die Thematik an einem Beispiel: „Wenn drei Mitarbeiter im Dreischichtbetrieb an einer Maschine produzieren, können für das gleiche Produkt bis zu sechs verschiedene NC-Programme in der Datenbank hinterlegt werden. Natürlich eignen sich alle sechs für die Fertigung dieses Teiles, doch welches ist nun das wirtschaftlich oder technisch Beste? Die Lösung: Ein erfahrener Key-User achtet darauf, dass die Datenbank sauber bleibt und nur das jeweils am besten geeignete Programm freigeschaltet wird. Es ist seine Aufgabe, auf saubere und richtige Daten zu achten.“ Um die Systeme von weniger oder nicht relevanten Informationen frei zu halten, stehen die Key-User sozusagen als Wächter vor den Datenbanken.
Aufgrund ihrer Erfahrung und ihres Wissens können sie den Wert der Informationen abschätzen und ihre Kollegen so weit sensibilisieren und schulen, dass sie nur noch wichtige Informationen ablegen: „Wir wollen irgendwann so weit sein, dass wir keine Key-User brauchen, vielmehr dass jeder ein Key-User ist, der ganz automatisch auf saubere Daten im System achtet. Dies bedarf natürlich eines ständigen Sensibilisierungsprozesses“, erläutert Künze seine Vision.
Für digitale Transparenz
Neben den Fertigungsdatenbanken Tool- und Factorydirector führten Oschmann und sein Team auch sogenannte digitale Infopoints in der Produktion ein. Das sind PC-Terminals, auf denen die Mitarbeiter nicht nur alle Informationen aus der Coscom-Wissensdatenbank erhalten, sondern auch weitere Informationen über das Unternehmen und ihre Arbeit abrufen können. So erhalten sie neben SAP-Daten auch Zugang zu wichtigen Kennzahlen des Unternehmens. „Wir möchten allen Mitarbeitern, egal ob Tag- oder Nachtschicht, diese Informationen transparent zugänglich machen, sodass sie über die Vorgänge im Werk und im Gesamtunternehmen im Bild sind. Auch hier ist unsere Devise: weniger Papier durch digitale Online-Informationen“, fasst Oschmann die Zielsetzung zusammen.
Für Zollern dienen diese Infopoints als erweiterte Kommunikationskanäle. Sie stellen diese Daten zur richtigen Zeit am richtigen Ort bedarfsorientiert beim richtigen Prozessteilnehmer bereit. Auch die Arbeitsvorbereitung wurde durch Künze und sein Team mit eingebunden. Der Tool- und der Factorydirector stehen nun den AV-Mitarbeitern als Kommunikations- und Datendrehscheibe offen, weil alle Informationen, die für die Fertigung eines bestimmten Teiles benötigt werden, dort gespeichert und abgerufen werden können. Künze umschreibt den Nutzen für die Mitarbeiter so: „Du musst es nicht wissen. Du musst nur wissen, wo es steht! Besonders bei der Wiederholteile-Fertigung und im Rahmen des Änderungsmanagements beweist sich der Mehrwert des Systems täglich. Die Mitarbeiter geben auch alle weiterführenden Informationen ein, die für die Produktion dieses Teils von Bedeutung sind. Diese fließen dann in den späteren Prozessstandard und den gesamten KVP-Prozess mit ein. Mit dem System digitalisieren und sichern wir das gesamte Fertigungs-Knowhow.“
Minus 20 % Rüst- und Nebenzeiten
Daneben ließen auch die weiteren positiven Ergebnisse des neuen Infrastruktursystems nicht lange auf sich warten, wie Künze erfreut konstatiert: „Wir haben sehr schnell festgestellt, dass wir in Teilbereichen die Rüst- und Nebenzeiten um 20 % reduzieren konnten.“ Doch nicht nur diese Einsparung geht auf das Konto der neuen Coscom-Lösung, sondern auch weitere Verbesserungen im Produktionsablauf. Statt dezentralen Werkzeuglagern an den Maschinen wurde mit dem Aufbau eines zentralen Werkzeuglagers begonnen. Die Applikation Tooldirector Warehouse informiert dabei die Mitarbeiter über Einsatzbereiche aller Werkzeuge in der Fertigung.
Ebenso haben sich durch das neue System die Anlaufphasen bei der Inbetriebnahme von neuen Maschinen verkürzt. Während es früher bis zu zwei Monate dauerte, bis eine neue Maschine einsatzbereit war, braucht man heute nur knapp zwei Wochen. „Schon im Vorfeld der Einführung einer neuen Maschine konnten wir mit Coscom eine sichere Prozessgestaltung gewährleisten und somit die Anlaufphase deutlich verkürzen, also mit Zeit- und Kapazitätsgewinn die neue Maschine produktiv bringen“, erinnert sich Künze. Hinzu kam, dass die Mitarbeiter flexibler agieren konnten, denn ihnen standen die nötigen Daten, Programme und Informationen von Anfang an auch für die neue Maschine auf Knopfdruck zur Verfügung.
Mit der Entscheidung für Coscom zeigt sich Rene Oschmann sehr zufrieden: „Die Bereitschaft, Wissen zu teilen, stieg enorm in der Belegschaft. Das System dient auch dazu, die Arbeitsplätze zu sichern, weil jeder einzelne Mitarbeiter durch dieses zentrale verfügbare Wissen flexibler wird. Das bedeutet, auch wenn es Optimierungen an einem Arbeitsplatz gibt, sind die nötigen Informationen umgehend bereitgestellt.“
Coscom Computer GmbH
www.coscom.de