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Flaschen greifen auf einen „Click“

Werkzeugbauer entwickelt neuartigen Flaschenträger – komplett in einer Software
Flaschen greifen auf einen „Click“

Aus einer spontanen Idee beim Thekendienst im Tennisverein entstand ein marktreifes Produkt – ‚BOB der Bottle-Buddy‘. Den neuartigen Flaschenträger entwickelte der Spritzgießwerkzeugkonstrukteur und überzeugte Ostwestfale Alexander Brock komplett mit der 3D-Werkzeugbau-Software Visi, wie auch alle Werkzeuge. Die wurden ebenfalls in der Region gebaut, unter anderem von den langjährigen Visi-Anwendern Vollmer Kunststofftechnik (VKT) und Strohdiek in Bielefeld.

Beim ‚Bottle-Buddy‘ handelt es sich um einen Flaschenträger komplett aus Kunststoff. Der Clou: Dank seines raffinierten Mechanismus holt der ‚BOB‘ bis zu sechs Flaschen auf einmal aus der Getränkekiste, die sich dann am Handgriff bequem von A nach B transportieren lassen. „Die Glasflaschen hängen dabei völlig sicher im Träger, egal ob voll oder leer, und werden am Bestimmungsort einfach wieder ausgeklinkt“, erklärt Alexander Brock seine Erfindung und weist auf ein weiteres Detail hin: „Das Design ist so ausgelegt, dass der Bottle-Buddy sich auf den Flaschen eines Getränkekastens so positioniert, dass die Kiste immer stapelbar bleibt.”

Nun ist der Umgang mit der Materie Kunststoff für Brock kein unbekanntes Gebiet. Denn im Hauptberuf ist er Inhaber eines Konstruktionsbüros gleichen Namens mit Sitz in Schloß Holte-Stukenbrock nahe Bielefeld, das sich auf die Konstruktion von Spritzgießwerkzeugen und die Entwicklung produktionsgerechter Kunststoffteile spezialisiert hat. Doch der ‚BOB‘ war insofern unbekanntes Gebiet, weil es sich hier nicht um einen exakt umrissenen Kundenauftrag aus dem Werkzeugbau oder aus der Industrie handelte, sondern um ein völlig neues Produkt, das es am Markt so noch nicht gab.

Eines der ersten Exemplare hat Brock schon präsentiert – angedockt an sechs Bierflaschen. Hergestellt wurde dieser Träger s mit den von ihm konstruierten Serienspritzgießwerkzeugen, insgesamt sieben. Davon wurden zwei – Tragegriff und Entriegelung – bei VKT und ebenfalls zwei Werkzeuge – Federmatte sowie Inlay – bei Strohdiek gebaut. Die drei weiteren Werkzeuge wurden extern hergestellt.

3D-Modelle bestimmen bei den drei Partnern Brock, Strohdick und VKT schon seit Jahren das Geschehen. Genau hier gibt es eine weitere Schnittmenge: Denn alle drei Firmen arbeiten in der Fertigung beziehungsweise Konstruktion mit der 3D-Werkzeugbaulösung Visi.

CAM-Bereich komplett auf Visi umgestellt

„Visi ist bei uns als 3D-CAD bereits seit 1998 im Einsatz, also seit fast 20 Jahren. Früher hauptsächlich in der Werkzeugkonstruktion, da war Arbeitsvorbereitung noch nicht das Thema“, erläutert VTK-Geschäftsführer Frank Vollmer. Seit Beginn dieses Jahres deckt die Mecadat-Software als durchgängiges System bei VKT auch den gesamten CAM-Bereich ab, von der 2,5D-Bearbeitung über das 5-Achs-Fräsen bis hin zum Drahterodieren mit Visi Peps Wire. „Heute nutzen wir das 3D-CAD Visi Modelling hauptsächlich als Basis für die NC-Programmierung und für die Ableitung beziehungsweise Konstruktion der Elektroden.”

Fast alle Werkzeugkonstruktionen werden heute extern vergeben, darunter sehr viel an Brock. Bei Strohdiek Werkzeugbau und Frästechnik ist die Situation ähnlich. „Wir arbeiten seit rund zehn Jahren mit Visi und nutzen das System neben der Elektrodenkonstruktion vor allem zum 2,5– und 3D-Fräsen“, so Frank Strohdiek, Mitinhaber von Strohdiek Werkzeugbau und Frästechnik. Bei der Werkzeug- und Prototypenkonstruktion arbeitet man ebenfalls mit Partnern wie Brock zusammen.

„Visi Modelling, was damals noch Visi CAD hieß, wurde von meinem Vater bereits 1999 angeschafft – kurz nachdem Manfred Vollmer von VKT sich dafür entschieden hatte“, erinnert sich Brock, der 2001 als gelernter Werkzeugbauer in das Konstruktionsbüro seines Vaters einstieg. Er als Konstrukteur sieht die Visi-Produktfamilie als eine Lösung an, mit der im Werkzeugbau sehr vieles bedeutend einfacher geworden ist. Als Beispiel nennt er die Durchgängigkeit des Systems verbunden mit der hohen Schnittstellenanzahl, die die Software bereits in der Basisversion serienmäßig mitbringt. „So ist ein unkomplizierter Datenaustausch möglich. Denn als freies Konstruktionsbüro trifft man immer wieder auf andere CAD-Systeme.”

Ein großer Vorteil der Lösung ist zudem, dass man sehr schnell defekte Bauteildaten aus Fremdsystemen mit wenigen Klicks zu benutzbaren und gültigen Volumenmodellen ‚reparieren‘ kann. „Dies ermöglicht mir, zügig an die eigentliche Konstruktion zu gehen, was nicht zuletzt auch die Kosten für den Kunden niedrig hält.“

Schnell zum Ziel – auch beim Produktdesign

Der Bottle-Buddy ist ein gutes Beispiel, wie schnell man mit der Werkzeugbau-Software zum Ziel kommt. „Eine echte Besonderheit ist hier gewesen, dass Visi auch zur Produktentwicklung von mir verwendet worden ist”, erklärt Brock. Denn auch die ersten Ideen und Entwürfe sowie das anschließende Design des Flaschenträgers wurden von ihm damit umgesetzt, was für eine speziell auf die Werkzeugkonstruktion ausgerichtete 3D-CAD-Lösung eher ungewöhnlich ist.

Klar von Vorteil sei auch hier der hybride Flächen- und Volumenmodellierer gewesen, eine der zahlreichen Stärken von Visi Modelling. Er ermöglicht ein ebenso schnelles wie kreatives Arbeiten. Dabei legte Brock während der Entwicklungsphase verschiedene Lösungsansätze in Layer und Layergruppen an. So bestand der Träger ursprünglich aus 31 Bauteilen, die im Laufe der Entwicklung auf 14 Teile reduziert werden konnten, was sich nicht zuletzt günstig auf die Montagekosten auswirkt. „Alle Teile bestehen ausschließlich aus Kunststoff, ohne Schrauben”, hebt Brock hervor. Aus Polypropylen (PP), Polyoxymethylen (POM) für die Federmatte und Polyamid mit 30 Prozent Gaskugelfüllstoff für den Rastkäfig.

Bis der Prototyp endgültig stand, wurden zur Funktionskontrolle zweimal alle Bauteile über die Visi-eigene Schnittstelle als STL-Files exportiert und ‚ausgedruckt‘ – also physische 3D-Modelle per FDM-Verfahren und später ein zweites Mal per Lasersintern generiert.

Werkzeuge bei Entwicklung ‚mitgedacht‘

Natürlich wurden auch alle benötigten Werkzeuge – insgesamt sieben – von Ale Brock mit Visi konstruiert. Dabei erwies sich seine jahrelange Erfahrung als Werkzeugkonstrukteur als äußerst hilfreich. So wurden im Vorfeld die einzelnen Bauteile hinsichtlich Merkmalen wie Trennungsverlauf oder Konizitäten gleich so ausgelegt, dass sie ‚werkzeuggerecht‘ waren.

„Ich habe sozusagen die Werkzeuge im Kopf parallel mitgedacht“, betont Brock. „So hatte ich bereits von Anfang an eine relativ genaue Vorstellung davon, wie das Werkzeug aufgebaut sein würde.” Also Eigenschaften wie Zweistufenauswerfer, Schieber, Anspritzung, Klinkenzüge, Einfallkerne oder das sogenannte Gegentauchen, um unnötige Schieber zu vermeiden.

Die eigentliche Konstruktion der Werkzeuge verlief dann relativ zügig. „Innerhalb von nur zweieinhalb Monaten“, berichtet Brock. „Häufig nach Feierabend, denn das normale Tagesgeschäft lief ja weiter.” In diesem Zusammenhang lobt Brock die vielen Details, über die die Software im Bereich Formenbau verfügt. Als Beispiel nennt er den Werkzeugaufbau. „Visi stellt mir hier Standardkonfigurationen oder von mir im Vorfeld individuell konfigurierte Plattenaufbauten zur Verfügung, wobei Dinge wie Säulen oder Verschraubungen vom CAD automatisch eingebaut werden.”

Auch die Funktionen für Konstruktionsdetails wie Anguss, Schieber oder Kühlsystem möchte er nicht missen. Ebenso wie die recht umfangreiche Bauteilbibliothek, mit der sich Normteile fast aller bekannten Anbieter wie Meusburger, Strack oder Hasco flott in das Werkzeug einbauen lassen und die von ihm auch bei der Konstruktion der BOB-Werkzeuge intensiv genutzt wurden. „Bei den Konstruktionsarbeiten hatte ich häufig etliche Visi-Fenster geöffnet, um parallel an mehreren Werkzeugen und der Artikelbaugruppe zu arbeiten.” So wurden von ihm Schritt für Schritt die einzelnen Bauteile und die dazugehörigen Werkzeuge optimiert – und zwar unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Auswirkung einer möglichen Änderung auf benachbarte Bauteile.

Insgesamt hat Brock fünf 1-fach-Werkzeuge, also mit einer Kavität, ein 1+1-fach- und ein 4-fach-Werkzeug konstruiert. Davon läuft eines der 1-fach-Werkzeuge im Montagespritzgussverfahren, mit dem Vorteil, dass die beweglichen Teile des Rastkäfigs für die Flaschen direkt im Spritzprozess entstehen. Dessen Konturbaugruppen wurden von Brock schon so angelegt, dass die Kavität in ein zukünftiges 6-fach-Werkzeug direkt übernommen werden kann. Speziell für den Werbeaufdruck wurde außerdem ein zusätzliches 1-fach-Werkzeug für das In-Mold-Labeling konstruiert.

Markeinführung läuft

Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt: Seit 2015 steht der Flaschenträger in Deutschland unter Gebrauchsmusterschutz, die europäische Patentanmeldung wurde im März 2017 veröffentlicht. Mit zwei Partnern hat Brock im Sommer dieses Jahres die Firma Click-IT Systems GmbH gegründet. „Das ist das Geräusch, das der Träger beim Aufnehmen der Flaschen macht“, beschreibt der BOB-Erfinder den Namen des Unternehmens, das mit dem Ziel gegründet wurde, den Flaschenträger zu produzieren und zu vermarkten. „Die ersten Vertriebspartner haben schon Zustimmung signalisiert“, gibt sich Brock optimistisch und weist auf einen weiteren Aspekt hin, der ihm besonders wichtig ist: „Der Bottle-Buddy kommt einschließlich der Werkzeuge komplett aus Ostwestfalen-Lippe und wird auch hier in der Region profitabel hergestellt. Es muss nicht immer China sein.”

Mecadat AG
www.mecadat.de
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