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Raumdaten für die Qualität

Messtechnikhersteller unterstützen Null-Fehler-Fertigung
Raumdaten für die Qualität

Messgerätehersteller wie Zeiss setzen nach den Messgeräten nun auch deren Umfeld auf die Digitalisierungsagenda. Das Ziel ist klar: Die Ermöglichung einer Null-Fehler-Fertigung in einer sich zunehmend selbststeuernden Fabrik.

Das Feedback aus der Produktion via Mess- und Prüfdaten war schon immer essentiell für Fertigungsunternehmen. Doch das, was sich jetzt in den Produktionshallen vollzieht, ist laut Dr. Frank Richter, Geschäftsführer der Carl Zeiss 3D Automation GmbH, mehr als ein bloßer Bedeutungszuwachs der Messtechnik. Es ist ein Paradigmenwechsel. Anstatt nur nachgelagert zu erfassen, ob die einzelnen Parameter der Werkstücke den Soll-Werten entsprechen, wird die Mess- und Prüftechnik immer stärker zum Steuerungsinstrument der Fertigung.

Das heißt, anstatt Fehler „nur“ zu detektieren, trägt die Messtechnik immer stärker dazu bei, diese zu vermeiden. Ein Bedeutungswandel, der jedoch selbst vielen Beteiligten laut Richter nicht in Gänze bewusst ist. Dabei ist die Digitalisierung und die damit verbundene Datenerhebung, -sammlung und -auswertung sowie die Einbindung der Mess- und Prüfdaten in übergeordnete Systeme wie ERP und Fertigungsplanung bereits weit vorangeschritten. Wie weit, das lässt sich u. a. an der zunehmenden Digitalisierungstiefe und -breite ablesen.
Den Messraum im Visier
Zeiss als einer der großen Messgerätehersteller rückt beispielsweise stärker als bisher die Umgebung der Messgeräte in den Fokus seiner Digitalisierungsstrategie. Und das aus gutem Grund: Denn damit Koordinatenmessgeräte ihre maximale Präzision erzielen und so zu stabilen Produktionsprozessen beitragen, müssen Temperaturen, Temperaturschwankungen sowie Luftfeuchtigkeit innerhalb bestimmter Grenzwerte liegen. Werden diese eingehalten, garantieren die Hersteller, dass die angegebene Messunsicherheit gilt. Unternehmen können damit den Unsicherheitsspielraum im Fertigungsprozess voll ausschöpfen, was mitunter Investitionen in präzisere Bearbeitungsmaschinen vermeidet.
Um das Temperaturprofil des Messraums oder der Fertigungshalle exakt abzubilden, umfasst das Temperaturüberwachungssystem Tempar neun Sensoren. Im Gegensatz zu Temperaturloggern, die ebenfalls die Temperatur im Raum erfassen und protokollieren, geht es damit einen großen Schritt weiter. Denn die im Raum verteilten Sensoren messen nicht nur die Temperatur bis auf 25 Milli-Kelvin genau. Sie sind auch miteinander vernetzt und erfassen so ohne das Eingreifen der Anwender automatisch das Raumtemperaturprofil.
Tempar gibt in Echtzeit verschiedene Temperaturgradienten an. Einerseits verdeutlicht es die Schwankung über einen bestimmten Zeitraum – pro Stunde oder pro Tag – hinweg und andererseits wird die Veränderung der Temperatur in Abhängigkeit zur Entfernung der im Raum verteilten Sensoren angezeigt.
Da beide Kennzahlen über die Präzision der Messgeräte entscheiden, werden diese von den Herstellern der Koordinatenmessgeräte als Grenzwerte vorgegeben. Das hochpräzise Koordinatenmessgerät Zeiss Prismo ultra beispielsweise erfordert Temperaturgradienten von 1 K/d bzw. 0,5 K/m. Laufen die von Tempar ermittelten Werte aus dem Grenzbereich, dann warnt das System den Bediener bzw. Messraumleiter über eine Signallampe, am Bildschirm über farblich markierte Zahlen und auf Wunsch auch zusätzlich per E-Mail.
Daten in Echtzeit
Neben der Temperatur erfasst Tempar über weitere Sensoren optional auch Luftfeuchtigkeit, barometrischen Druck und Luftströmung. Für Aline Baumeister, Produktmanagerin bei der Carl Zeiss 3D Automation GmbH, bietet das System Anwendern, die hochsensible Koordinatenmessgeräte einsetzen, daher drei Vorteile. Erstens können sie mit Knopfdruck ihren Messprotokollen die erfassten Daten aller ihrer Messräume beifügen. Dies vereinfacht die Dokumentation und erhöht das Vertrauen der Endkunden in die Qualitätssicherung.
Zweitens können Anwender sofort ausschließen, ob Messabweichungen von den Sollwerten auf Temperatureinflüsse im Messraum zurückzuführen sind. Denn das System warnt den Anwender nicht nur in Echtzeit, sondern dokumentiert die gemessenen Daten auch langfristig bzw. wertet diese auch statistisch über einen gewünschten Zeitraum aus. Ein Punkt, der eine eventuelle Fehlersuche deutlich beschleunigt. Beispielsweise fiel laut Baumeister einem Unternehmen, das Tempar bereits nutzt, auf, dass die Werte täglich zwischen 12:00 Uhr und 12:30 Uhr über den Grenzwerten lagen. Daraufhin wurden alle Mitarbeiter gebeten, sich mit ihren Kollegen aus dem Messraum telefonisch zur Mittagspause zu verabreden und dafür nicht in den Messraum zu gehen. Mit Erfolg. Die Temperaturen blieben fortan im Grenzbereich.
Drittens schafft die Raumüberwachung die Sicherheit, dass die Grenzwerte der Hersteller eingehalten werden. So kann der Anwender die maximale Präzision aus dem jeweiligen Messgerät herausholen. Letztlich lässt sich dadurch der Toleranzbereich in der Fertigung, wie oben beschrieben, voll ausschöpfen. Die Unternehmen sparen sich unter Umständen, in präzisiere Fertigungsmaschinen und Prozesse zu investieren. Und weil Tempar die Daten sämtlicher Messräume zusammenführt, erleichtert das System es, an allen Standorten auch in diesem Punkt gleiche Bedingungen zu schaffen.
Qualitätsdaten steuern Fertigung
Auf dem Weg zur Null-Fehler-Produktion sammeln Unternehmen aber nicht nur sämtliche Mess- und Prüfdaten sowie die für die Präzision der Koordinatenmessgeräte relevanten Informationen, sie werten diese auch permanent aus. In Pi-Web, einer Softwareplattform von Zeiss, lassen sich die ermittelten Ist-Werte des Werkstücks beispielsweise mit den Temperaturdaten des Raums komfortabel „matchen“. Zahlreiche Autobauer und Zulieferer führen ihre Prozess- und Qualitätsinformationen bereits auf Pi-Web zusammen.
Noch entscheiden zwar die Mitarbeiter auf Basis der Auswertungen, wie sie zum Beispiel den Schweißroboter justieren, um auf Abweichungen bei den Messwerten zu reagieren. Doch das wird sich nach Auffassung von Richter ändern. Die Zeiss Softwareplattform wird solche Anpassungen künftig selbstständig initiieren: Entwickeln sich die Messdaten in eine bestimmte Richtung, erhält der Roboter vom System die Anweisung, die Bearbeitung entsprechend anzupassen. Und auch Tempar wird, so die Vision von Richter, zukünftig nicht nur sämtliche Raumdaten erfassen und protokollieren. Es wird auf Grundlage der erfassten Echtzeitdaten in absehbarer Zeit die Klimaanlage bzw. die Heizung automatisch steuern, d. h. ohne Eingriff des Menschen. Ein weiterer wichtiger Schritt hin zur sich selbst steuernden Fabrik. ■
Carl Zeiss 3D Automation GmbHwww.taster-zeiss.de
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