Firmen im Artikel
Konzerne haben es in Sachen Industrie 4.0 teilweise leichter, berichtet Wank aus seinem Forschungsgebiet. Sie haben eher Mittel, um auf der grünen Wiese eine neue Fabrik (Greenfield) zu bauen, in der sie gefahrlos die neuen digitalen Wege erproben und einführen können. Anders sieht es bei kleinen und mittleren Unternehmen aus, denen das Digitalisieren ihrer bestehenden Produktionsstätten – so genannten Brownfield-Fabriken – meist schwerfällt. Brownfield-Fabrikanten sollten daher im ersten Schritt genau überlegen, welche Kennzahlen sie konkret verbessern wollen.
Wank forscht aber nicht nur auf dem Gebiet Digitalisierung, sondern hilft auch als Geschäftsführer des neuen Mittelstand-4.0-Kompetenzzentrums Darmstadt KMU, gefahrlos erste neue digitale Wege zu gehen. „Wir gehen die Digitalisierung vor allem methodisch an“, erklärt der Wissenschaftler. „Im Mittelpunkt steht nicht der Ersatz menschlicher Arbeit, sondern die Ergänzung.“ Dazu gelte es zum Beispiel im digitalen Prozess, bisherige manuelle Tätigkeiten wie das Erfassen und Eingeben von Messdaten zu automatisieren.
Zu diesem Zweck suchen die Experten beispielsweise mit Hilfe ihrer Wertstromanalyse 4.0 in Fertigungsprozessen nach digitalen Verschwendungsarten. Dazu zählen digitale Medienbrüche, bei denen Daten entweder nicht erfasst oder nicht weitergeleitet werden. Wank: „Häufig werden Messdaten per Hand im Messrechner eingegeben, regelmäßige Analysen und das Weiterleiten der Informationen erfolgen jedoch nicht.“
Chaos lässt sich nicht digital beseitigen
Der Einsteiger solle deswegen zunächst seine Prozesse verstehen lernen und sie stabilisieren, bevor er sie digitalisiert. „Es lohnt sich oft nicht, direkt in die weitere Digitalisierung einzusteigen, wenn man nicht weiß, wie genau die Prozesse aussehen“, erklärt Wank. „Meistens geht es schief, wenn jemand versucht, Chaos mit Digitalisierung zu beseitigen.“
So entdeckten die Darmstädter bei der Analyse eines hessischen Unternehmens mit hoher Variantenvielfalt, dass der Informationsfluss zwischen Einkauf, Arbeitsvorbereitung und Montage nicht einwandfrei funktionierte. Die Digitalisierung war im ersten Schritt schon daran gescheitert, dass keiner den Ablauf des Informationsflusses richtig verstand.
Die Experten des Kompetenzzentrums unterstützten das Unternehmen bei der systematischen Vorgehensweise: Sie definierten zunächst den idealen Prozessablauf, um dann gemeinsam mit den Mitarbeitern eine digitale Unterstützung zu entwickeln.
Hilfe zur digitalen Selbsthilfe
Problematisch sei aber auch das Zusammenwachsen von bestehenden, historisch gewachsenen IT-Systemen zu einem durchgängigen Digitalkonzept. „Das große Problem besteht darin, eine durchgängige Digitallösung zu entwickeln, ohne den Betriebsablauf zu stoppen“, meint Wank. „Hinzu kommt im Mittelstand, dass diese Aufgabe meist Mitarbeiter neben ihrem üblichen Job übernehmen.“
Als Alternative zu teuren Unternehmensberatern bietet das Kompetenzzentrum die Hilfe zur digitalen Selbsthilfe an. Es schult Mitarbeiter in der methodischen Vorgehensweise, die sie dann vor dem Einsatz im eigenen Betrieb in der Prozesslernfabrik (CiP) oder der neuen Energieeffizienzfabrik (ETA) an der TU Darmstadt gefahrlos erproben können.
Als eine wichtige Herausforderung empfindet Wank bei seiner Arbeit die Chance, dass der Informationsfluss in Unternehmen künftig komplett papierlos abgespult wird: „Im Idealfall läuft der gesamte Prozesse digital ab, weil die Produkte die nötigen Informationen mitbringen“, blickt er in die Zukunft. „Dann lassen sich die Prozesse dynamisch auf der Basis von Echtzeit-Daten steuern oder verriegeln. Mit einer statischen papierbasierten Arbeitsweise wäre dies nicht möglich.“
Besonders interessant ist für den Wissenschaftler der digitale Blick auf die Qualitätssicherung im Zusammenspiel mit der Metallverarbeitung. Wank: „Ich sehe daher die Quality Area auf der Metav 2018 als sehr interessantes Themenfeld für uns an.“