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Mit Umati auf dem Weg zur Smart factory

Neue Schnittstelle soll herstellerübergreifende Vernetzung erleichtern
Mit Umati auf dem Weg zur Smart factory

Bisher arbeiteten zahlreiche Hersteller mit individuellen Lösungen, um Werkzeugmaschinen und Automation digital zu verbinden. Schafft die vom VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken) propagierte Schnittstelle Umati eine neue Freiheit beim Digitalisieren der Produktion? Autor: Konrad Mücke

Der VDW startete bereits im Jahr 2017 das Projekt „Konnektivität für Industrie 4.0“. Zusammen mit acht Werkzeugmaschinenherstellern beabsichtigte man seinerzeit, das Vernetzen von Werkzeugmaschinen unterschiedlicher Hersteller, die mit ebenso unterschiedlichen CNC-Steuerungen ausgestattet sind, deutlich zu vereinfachen. Damit berücksichtigten die zunächst beteiligten Hersteller die Forderungen und Wünsche zahlreicher Fertigungsbetriebe nach einheitlichen Datenformaten und -protokollen. Das soll es deutlich vereinfachen, in Produktionsbetrieben unterschiedliche Maschinen zu verbinden.

Nach Angaben des VDW ist die dafür geschaffene Schnittstelle Umati (universal machine tool interface) als herstellerübergreifender Standard bestens geeignet, diese Forderungen zu erfüllen. Datenformate und -protokolle basieren auf der Schnittstellenbeschreibung OPC UA. Genutzt wird eine sogenannte Companion Specification (CS). Vorteilhaft ist die offene Beschreibung. Sämtliche Informationen stehen jedem Interessierten zur Verfügung (Open source).

Somit kann sich die auf OPC UA gegründete Schnittstelle Umati als offenes Datenmodell zur idealen Kommunikationsplattform auf Fertigungsebene entwickeln. Für kunden- oder herstellerspezifische Konfigurationen von Werkzeugmaschinen steht ein individuelles Mapping bereit. Um Parameter zu übertragen, gibt es standardisierte Eingaben und Beschreibungen.

Somit können Anwender die Daten vernetzter Maschinen, die mit Steuerungen unterschiedlicher Hersteller ausgestattet sind, in einem einheitlichen Datenformat lesen, anschließend speichern, auswerten und in übergeordneten IT-Systemen für weitere Zwecke nutzen. Vorgesehen und bisher teilweise verwirklicht ist, Daten zur Identifikation der Maschinen, zu ihrem Betriebszustand, zum aktuell bearbeiteten Fertigungsauftrag, zum Verbrauch an Energie und Werkstoffen, zu den gefertigten Werkstücken, zu eingesetzten Werkzeugen und zu Speichern auf der jeweiligen Maschine in einem einheitlichen Format lesen und übertragen zu können. Zusätzlich sollen Prognosen hinsichtlich Interaktionen des Benutzers beziehungsweise des Bedieners ermöglicht werden.

Auf diese Weise lassen sich Maschinen deutlich einfacher als bisher vollständig vernetzen. Komplette Fertigungsanlagen und Produktionsstätten können somit vollständig digitalisiert gesteuert und überwacht werden. Mit diesen Vorteilen im Blick gründeten einige Werkzeugmaschinenhersteller zusammen mit dem VDW die Initiative, darunter Chiron, DMG Mori, Emag, Grob Werke, Heller, Liebherr Verzahntechnik, Trumpf und United Grinding sowie GF Machining Solutions und Pfiffner. Gemeinsam begannen sie im Jahr 2017 die universelle Datenschnittstelle zu spezifizieren und zu entwickeln.

Kontinuierlich erweitern

Laut VDW beteiligt sich eine zunehmende Anzahl an Unternehmen daran, die Spezifikation von Umati zu optimieren und in ihre Produkte zu integrieren. Das betrifft vor allem Steuerungshersteller. Dazu hat der Verband im Februar 2019 die OPC UA Joint Working Group (JWG) gegründet. Inzwischen haben sich
130 Mitarbeiter aus 60 Unternehmen in 12 Ländern für die Mitarbeit in der JWG registriert. Damit treiben der VDW und die beteiligten Unternehmen vor allem die internationale Anerkennung und Standardisierung voran.

Steuerungshersteller wie Beckhoff, Bosch Rexroth, Fanuc, Heidenhain und Siemens unterstützen schon seit einigen Monaten die Schnittstelle. Wie Bernhard Lusch, Vertriebsleiter CNC-Steuerungen bei Fanuc Deutschland, sagt, sieht Fanuc die Schnittstelle Umati als eine einheitliche Kommunikationsschnittstelle, als gemeinsame Sprache, um Werkzeugmaschinen einfach und standardisiert in IoT-Systeme einzubinden.

Jüngst haben sich der Automationsspezialist B&R Automation aus Österreich und der japanische Steuerungshersteller Mitsubishi Electric dem Entwicklungsteam angeschlossen. Dazu erläutert Michael Marzluff, Senior Advisor and Global Key Account CNC bei Mitsubishi Electric Europe in Ratingen: „Nachdem sich der VDW mit seinem auf OPC UA basierenden Standardisierungsansatz Umati international aufgestellt hat, beteiligt sich Mitsubishi Electric sehr gerne an dieser Initiative.“ Götz Görisch, Projektleiter für Umati im VDW, fasst zusammen: „Damit haben wir alle wichtigen Anbieter von CNC-Steuerungen für Werkzeugmaschinen an Bord.“

Peripherie integrieren

Bisher ist es schon möglich, bei gleichen CNC-Steuerungen Werkzeugmaschinen und periphere Automation, zum Beispiel Be- und Entladeeinrichtungen sowie Roboter, digital zu vernetzen. Dies betrifft unter anderem CNC-Steuerungen von Siemens. Beim Steuerungshersteller ist man überzeugt, dass Werkzeugmaschinen über Vernetzungslösungen problemlos in Fertigungsabläufe eingebunden und Roboter über vordefinierte Schnittstellen in Werkzeugmaschinen integriert werden müssen.

Mit seiner Software Sinumerik Run MyRobot /DirectControl ermöglicht der Hersteller, die Roboter-Kinematik (unter anderem bei Robotern der Hersteller Comau und Kuka) vollständig in eine CNC zu integrieren. Die CNC-Steuerung Sinumerik steuert auf Basis komplexer Algorithmen die Mechanik von Gelenkarm-Robotern direkt, ohne separate Robotersteuerung. Durch die /DirectControl-Lösung übernimmt die CNC-Steuerung neben der Antriebsregelung des Roboterarms auch robotertypische Sicherheitsfunktionen. Der Roboter wird ausschließlich über die CNC-Steuerung Sinumerik an der Werkzeugmaschine programmiert.

Eine vollständige Integration und direkte Verbindung von Maschine und Roboter gelingt unter anderem auch mit Steuerungen von Fanuc. Werkzeugmaschinen und Roboter dieses Herstellers passen selbstverständlich zusammen. Vereinfacht wird dies durch Softwarepakete wie QSSR (Quick and Simple Start-up of Robotization). Über die spezielle IoT-Lösung Field System lassen sich bisher schon Komponenten anderer Hersteller einbinden. Mit der standardisierten Schnittstelle Umati wird nun herstellerübergreifend eine einheitliche Kommunikation realisiert. Das betrifft zum einen das Datenprotokoll (OPC UA), zum anderen die Benennung (Semantik) und die Anordnung der einzelnen Maschinenwerte.

Hinsichtlich eines problemlosen Zusammenwirkens unterschiedlicher Standardisierungen, um Peripherie und Werkzeugmaschine über die universelle Schnittstelle Umati gemeinsam überwachen und steuern zu können, erläutert Görisch: „Die OPC UA Companion Specification für die Schnittstelle Umati und die Companion Specifications beispielsweise des VDMA für Roboter werden mit dem maximal möglichen Grad an Interoperabilität erarbeitet. Um dies zu verwirklichen, gibt es hierfür auch eine eigene Harmonisierungsarbeitsgruppe.“

Die derzeitigen Ausbaustufen der Companion Specifications betreffen hauptsächlich die vertikale Integration von Werkzeugmaschinen und Robotern. Der Datenaustausch zwischen Roboter und Werkzeugmaschine direkt, also eine Controller- zu Controller-Kommunikation, ist bereits geplant. Görisch führt weiter aus: „Eine Integration des HMI des Roboter in die CNC-Steuerung ist zur Zeit noch nicht vorhanden, aber eine denkbare Ausbaustufe, um eine Vereinheitlichung über unterschiedliche Hersteller zu erreichen. Hierzu gibt es derzeit aber noch keine konkreten Aktivitäten.“

Daten in die Cloud senden

Die gemeinsam verwirklichte, standardisierte Schnittstelle soll künftig auch deutlich vereinfachen, einmal erfasste Daten in einem übergeordneten Server, in einer Cloud, zu speichern. Dazu berichtet Görisch: „Mit der Integration eines OPC UA Clients auf den betreffenden Servern, also in den Clouds, ist die Anbindung sehr viel einfacher. Unser Ziel ist, nach dem Prinzip Plug & Play arbeiten zu können. Es müssen allerdings die jeweiligen Spezifikationen der Companion Specifications in den Clients implementiert beziehungsweise zur Verfügung gestellt werden.“

Künftig überall verfügbar?

Der japanische Maschinen- und Steuerungshersteller Fanuc wird die Spezifikationen von Umati bei künftigen Produkten berücksichtigen. Seinen internen Vorgaben entsprechend, „Service First“ und „Lifetime Maintenance“, beabsichtigt er zudem, Umati nicht nur auf neuen, sondern auch auf existierenden, mit seinen CNC-Steuerungen ausgerüsteten Maschinen zur Verfügung zu stellen.

Andere Steuerungs- und Automationshersteller sehen in der Schnittstelle Umati ein großes Potenzial für die Zukunft. Dazu sagt beispielsweise Henning Rausch, zuständig für die CNC-Applikationen bei Beckhoff Automation in Verl: „Wir weisen unsere Kunden aus dem Werkzeugmaschinenumfeld ausdrücklich auf Umati und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten hin. Deshalb beteiligt sich Beckhoff an der Live-Demo auf der EMO 2019 in Hannover mit mehreren über die Schnittstelle Umati verbundenen Maschinen. Auch auf unserem Messestand werden wir das Thema gezielt präsentieren.“

Aufbauend auf bereits vorhandene Standardisierungen, kann der Steuerungshersteller Bosch Rexroth nunmehr zusätzliche Möglichkeiten datentechnischer Integration verwirklichen. Die Vernetzung aller Maschinen und Prozesse in der Fabrik der Zukunft treibt der Hersteller mit erweiterten Software-Funktionalitäten für sein CNC-System MTX voran. Seit vielen Jahren bereits mit den Möglichkeiten zum Betrieb als OPC UA Client/Server ausgestattet, enthält die Steueung nunmehr mit der aktuellen Softwareversion 15 auch die Schnittstelle gemäß den Spezifikationen Umati. Dazu stattet der Hersteller zahlreiche weitere Komponenten in seinem Programm mit solchen Funktionen zur Datenkommunikation aus. Das betrifft beispielsweise die Antriebstechnik. Nach Ansicht der Experten lässt sich nur so das Konzept Industrie 4.0 mit einer vollständigen Digitalisierung und einem Industrial Internet of Things verwirklichen.

Umati (Universal machine tool interface)
https://vdw.de/technik-und-normung/umati


„Viele wollen mitmachen“

„Mit Umati gelingt ein Quantensprung in der Umsetzung von Industrie 4.0 in der Produktion. Der Einsatz einer standardisierten Schnittstelle wird den Nutzen für Werkzeugmaschinenanwender und ihre Kunden in neue Dimensionen katapultieren. Das Konzept ist so überzeugend, dass mittlerweile viele internationale Hersteller, aber auch Verbände und wissenschaftliche Einrichtungen bei Umati mitmachen wollen.“


„Alle wichtigen CNC-Anbieter dabei“

„Inzwischen haben wir alle wichtigen Anbieter von CNC-Steuerungen für Werkzeugmaschinen an Bord.“


Peter Berens, Leiter Business Development CNC Systeme, Bosch Rexroth AG. Bild: Bosch Rexroth

„Wir wirken aktiv an der Gestaltung mit“

„Die vom VDW initiierte Standardisierung einer neuen Schnittstelle Umati auf Basis des anerkannten Industriestandards OPC UA wird von Bosch Rexroth ausdrücklich begrüßt und unterstützt. Wir wirken aktiv an der Gestaltung dieses neuen Standards mit und integrieren ihn in das CNC-System MTX. Auf der diesjährigen EMO zeigen wir erste praktische Beispiele.“


„Vielversprechende Initiative“

„Umati ist sicherlich eine vielversprechende Initiative, die entstehende komplexe IoT-Landschaft zu konsolidieren. Dabei geht es ja nicht nur um die Maschinen und ihre Steuerung, sondern auch um Sensorik, Messtechnik und andere Komponenten in der Peripherie einer Werkzeugmaschine.“

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