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Ohne Qualitätsdaten keine Industrie 4.0

Positionswechsel: Messtechnik steuert Fertigung
Ohne Qualitätsdaten keine Industrie 4.0

Auf dem Weg hin zur Null-Fehler-Produktion wird die Mess- und Prüftechnik zum wichtigsten Steuerungsinstrument der gesamten Produktion. Damit sie diese Aufgabe erfüllen kann, müssen Unternehmen ihre Qualitätsdaten noch flexibler und schneller an unterschiedlichen Orten erfassen: im Messraum, an der Produktionslinie und in der Linie. Und sie müssen diese zentral zusammenführen, auswerten und den entsprechenden Personen bzw. zukünftig den Maschinen autonom als Steuerungsinput zur Verfügung stellen.

„Die Mess- und Prüftechnik wird zu einem Steuerungsinstrument in der Smart Factory werden“, ist sich Dr. Kai-Udo Modrich, Geschäftsführer Carl Zeiss Automated Inspection GmbH & Co. KG, sicher. Zeiss beschäftigt sich bereits seit einigen Jahren sehr intensiv mit der Produktion der Zukunft, insbesondere mit den Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die Messtechnik. Ausgehend von den bisher gewonnen Erkenntnissen, kann sich laut Modrich die intelligente Fabrik nur selbst organisieren, wenn parallel zur Produktion permanent Qualitätsdaten der Werkstücke erfasst werden.

Die industrielle Mess- und Prüftechnik wird seiner Meinung nach noch stärker als bisher die Schnittstelle bilden zwischen der virtuellen Welt, in der Produktionsabläufe automatisch geplant und simuliert werden, und der realen Welt, in der nicht immer alles nach Plan läuft. Letztlich wird es „nur mit dem Feedback aus der realen Produktionswelt via Mess- und Prüftechnik eine Null-Fehler-Fertigung geben“.
Dank der Qualitätsdaten erkennen Menschen wie Maschinen etwa, dass das Bearbeitungswerkzeug trotz vorausschauender Wartung früher abgenutzt ist als geplant, oder die Qualität der verarbeiteten Materialien unerwarteten Schwankungen unterliegt. Ein Punkt, der insbesondere bei kleinen Losgrößen und den damit verbundenen hohen Anforderungen an die Fertigungsqualität von entscheidender Bedeutung ist.
„Um die notwendigen Qualitätsdaten zu gewinnen, müssen Unternehmen in Sachen Messtechnik in Zukunft mehrgleisig fahren“, ist Modrich überzeugt. Hochgenaue Offline-Messtechnologien im Messraum, prozessintegrierte Inline- sowie prozessbegleitende Atline-Technologien in der Produktionsumgebung werden sich die Messaufgaben in Zukunft teilen, so der Experte.
1. Inline
Während in der Vergangenheit die Messtechnik entkoppelt vom Produktionstakt agierte, wächst derzeit die Bedeutung der Inline-Inspektion im Fertigungstakt. Eine solche produktionsintegrierte 100-Prozent-Prüfung wird heute beispielsweise im Karosseriebau bereits praktiziert. Durch sie wird die von Modrich betonte Prozesskontrolle oder gar -Regelung in der Fabrik von morgen überhaupt erst möglich. Damit Fehler vermieden werden, bevor sie entstehen, werden die Prüfdaten in Echtzeit ausgewertet und als Trends in den Datenreihen laufend visualisiert. Zeigen sich statistische Auffälligkeiten, so kann rasch auf die ersten Anzeichen von Störungen reagiert werden, etwa bevor ein Schneidewerkzeug so weit abgenutzt ist, dass Ausschuss entsteht.
Eine solche fertigungsintegrierte Kontrolle erfordert von der Mess- und Prüftechnik auch unter Produktionsbedingungen wie Staub und Temperaturschwankungen eine relativ hohe Genauigkeit und Bildauflösung – und das bei einer Geschwindigkeit, die der Fertigungslinie gerecht wird. Gegenwärtig wird dies insbesondere durch optische Sensoren an Robotern erreicht, die Karosseriekomponenten automatisch prüfen.
2. Atline
Ergänzend zu den Inline-Messsystemen, welche durch ihre 100-Prozent-Prüfung Trendanalysen und eine Prozesskontrolle der eingesetzten Fertigungstechnik ermöglichen, werden zunehmend so genannte Atline-Messsysteme eingesetzt. Mit diesen Systemen lassen sich die Bauteile vollflächig digitalisieren und somit messtechnisch flexibel analysieren.
Der Fertigungsbereich der Unternehmen erhält mit diesen Technologien ein messtechnisches Assistenzsystem, welches fertigungsnah den Werkern an der Linie unmittelbar Messergebnisse liefert und somit den Umweg über den Messraum spart. So erhalten zum Beispiel Mitarbeiter in der Karosseriefertigung in Form einer Stichprobe schnell und einfach einen Überblick, wie sich ein gesamtes Bauteil hinsichtlich seiner Form- und Lagetoleranzen entwickelt oder wie die Freiformfläche in Bezug auf den Sollzustand aus dem CAD-Modell aussieht.
Derartige Atline-Systeme reduzieren den Aufwand im Messraum, liefern fertigungsnah Daten zum Geometrie-Soll-Ist-Vergleich und ergänzen als Messtechnik an der Linie die zur Prozesskontrolle eingesetzte Inline-Messtechnik.
3. Offline im Messraum
Obgleich immer mehr Qualitätsdaten in oder an der Linie erfasst werden, gehören Messungen im Messraum nach Überzeugung von Modrich auch in der Fabrik der Zukunft zum Alltag. Mit ihrer hohen Präzision, wie sie in absehbarer Zeit weder im Produktionstakt noch in der Produktionsumgebung erreicht werden kann, werden sie noch lange die Referenz bleiben. Gefragt sein werden sie nach wie vor dann, wenn umfassende Analysen und/oder hochgenaue Messwerte benötigt werden, etwa um ein Qualitätsproblem unbekannter Ursache zu lösen, eine Konstruktion zu verbessern oder um die Qualität hochsensibler Produkte zu sichern. Doch auch im Messraum steht die Zeit nicht still. Immer mehr Multisensor-Messmaschinen machen den Messprozess auch hier immer flexibler und schneller.
Messtechnik-Anbieter werden in Zukunft nach Ansicht von Modrich alle drei Messtechnologien bereitstellen und weiterentwickeln müssen, wenn sie ihren Kunden eine ganzheitliche Lösung bieten möchten: in der Linie, an der Linie und im Messraum. Und sie werden sich gemeinsam mit ihren Kunden überlegen müssen, wie sie die drei Ansätze sinnvoll kombinieren. Modrich: „An Effizienz gewinnt die Mess- und Prüftechnik erst dann, wenn Unternehmen die richtige Technologie in der richtigen Dosis für den richtigen Zweck einsetzen.“
Qualitätsdaten steuern Fertigung
Aber nicht nur die Datenerfassung, auch die Verarbeitung der Messdaten wird sich im Industrie 4.0-Zeitalter wandeln: Dezentrale intelligente Systeme werden die Daten noch im Sensor vorverarbeiten und vor dem Weitertransport auf das Wesentliche reduzieren. Nur so verringern die Unternehmen Übertragungszeiten und vermeiden, dass die Datenberge ins Unermessliche steigen. Und noch ein Punkt wird in Zukunft ganz entscheidend sein: Auf der Basis der Messdaten werden Softwarelösungen der Fertigung automatisch Anweisungen erteilen.
Erste Ansätze lassen sich bereits heute in den Fabriken beobachten. Zahlreiche Autobauer und Zulieferer führen beispielsweise ihre Prozess- und Qualitätsinformationen auf der zentralen Softwareplattform Zeiss Piweb zusammen. Zwar entscheidet heute noch der Mitarbeiter auf Basis der Auswertungen zum Beispiel, wie er den Schweißroboter justiert, um auf Abweichungen bei den Messwerten zu reagieren. Doch das wird sich nach Auffassung von Modrich mit Sicherheit ändern. „Unsere Softwareplattform wird solche Anpassungen künftig selbstständig initiieren: Entwickeln sich die Messdaten in eine bestimmte Richtung, erhält zum Beispiel der Roboter vom System die Anweisung, die Schweißparameter, wie zum Beispiel den Schweißstrom oder die Elektrodenkraft, entsprechend den Vorgaben des intelligenten Softwaremoduls zu verändern.“ Ganz im Sinne der sich selbst regelnden Produktion in der Fabrik der Zukunft.
Carl Zeiss Industrielle Messtechnik GmbH www.zeiss.de/industrial-metrology
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