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Auf die „Magnetic Cleanness“ kommt es an

Warum Restmagnetismus so riskant ist…
Auf die „Magnetic Cleanness“ kommt es an

Magnetismus ist allgegenwärtig und ein nützlicher Helfer der Industrie. Nahezu spielend heben Elektromagneten tonnenschwere Gegenstände an, und Blasmagneten löschen zerstörerische Lichtbögen in Schaltanlagen. Doch der Magnetismus hat „zwei Gesichter“ und ist anderorts die Ursache schwerwiegender Schäden. Deshalb gehört die Entmagnetisierung, vor allem vor dem Waschen, bereits in vielen Fertigungsbetrieben zum Standardprozedere.

Viele Werkstücke werden oft mehrfach entmagnetisiert, bevor sie zur Auslieferung anstehen. Am Ziel der Reise zeigt sich das eigentliche Problem: Viele Teile enthielten noch Restmagnetismus und remagnetisierten sich während des Transports. Beim Abnehmer angekommen, weisen sie dann erneut Feldstärken auf, die für qualitätsbewusste Hersteller inakzeptabel sind.

Da herkömmliche Verfahren mehrheitlich versteckten Restmagnetismus im Material zurücklassen, entwickelte der Schweizer Magnetspezialist Albert Maurer sein eigenes Entmagnetisierverfahren. Es neutralisiert das ferromagnetische Material mit ähnlichem Resultat, wie ein geschmiedetes Teil, das keinem Magnetismus durch Magnetheber oder Ähnliches ausgesetzt war. Messungen und die Erfahrungen vieler Anwender zeigen, dass das Verfahren ähnliche entmagnetisierende Phänomene zeigt, wie hohe Permeabilität und magnetischen Selbstheilungseffekt.
Unentwegt weist Maurer auf den durch Restmagnetismus entstehenden, volkswirtschaftlichen Schaden hin: „Das Tückische am Restmagnetismus ist, dass verbleibende hartmagnetische Stellen und verzerrte magnetische Domänen oftmals das gesamte Bauteil remagnetisieren. ‚Reicht schon‘ ist inaktzeptabel – gründliches Entmagnetisieren wird zur Verpflichtung für jeden verantwortungsbewussten Produzenten.“
Partikelanhaftung
Werner Spicker, Betriebsleiter der Krauss-Maffei Technologies, stellte nach den Zerspanungsprozessen eine Remagnetisierung der Bauteile fest. Außerdem sorgten die hohen Ströme im Verchromungsprozess von Hydraulik-Säulen für einen Anstieg der magnetischen Feldstärken von bis zu 30 A/cm. Das Anhaften von Metallpartikeln an den magnetischen Säulen führt bei fast 400 bar Systemdruck zur Zerstörung der Dichtungen und zum Ausfall der Maschine.
Inzwischen entmagnetisiert der Spritzgießmaschinenhersteller mit einer Entmagnetisieranlage von Maurer Magnetic alle Säulen der CX-Baureihe vor Einbau in die Maschine. Das Verfahren ist so gründlich, dass es keine messbaren Werte hinterlässt. Spicker zufrieden: „Wir hatten zuvor immer wieder unerklärlichen Schließdruckabfall bei der Inbetriebnahme. Diese Fälle haben sich drastisch reduziert.“
Auch bei Getriebeketten, welche in stufenlosen Getrieben, beispielsweise von Herstellern wie Audi und Subaru, verbaut werden, sorgt Restmagnetismus und die daraus resultierende Remagnetisierung für inakzeptable Verhältnisse. Ist die Kette nicht gründlich entmagnetisiert, verfangen sich abgeriebene Metallpartikel zwischen den Wiegedruckstücken der Getriebeketten. Die fatale Folge: die Ketten können deformiert und sogar zersprengt werden. An einer gründlichen Entmagnetisierung kommen die Hersteller also nicht vorbei, wollen sie langlebige und verlässliche Produkte herstellen.
Die Späne bleiben nicht nur am bearbeiteten Bauteil haften, sondern auch an der Maschine und deren Werkzeugen selbst. Die anhaftenden Partikel erzeugen Abdrücke oder Riefen am Bauteil oder an der Maschine. Ein Fräszentrum hatte Probleme durch Späne am Drehtisch und auf den Aufspannplatten. Die Spannvorrichtung musste beim Teilewechsel erst von den Spänen befreit werden, um das neue Teil einspannen zu können. Ist die Vorrichtung jedoch mit Restmagnetimus behaftet, bekommt man die Späne nicht einfach weg, sondern sie bleiben z. B. in Vertiefungen haften. Solch eine mühevolle Reinigung kostet Zeit und Nerven. Maurer empfiehlt in diesem Fall die gründliche Entmagnetisierung der Maschinenteile direkt vor Ort durch die Spezialisten von Maurer Magnetic.
Auch unerklärlicher erhöhter Verschleiß an Werkzeugen ist ein Phänomen, das seine Ursache im Magnetismus haben kann. Eine Messung der magnetischen Feldstärke an den Werkzeugen kann hier rasch Klarheit schaffen.
Oberflächliche Einhaltung von Branchenvorgaben
Der Verband der Automobilindustrie, VDA, empfiehlt in seiner „Prüfung der Technischen Sauberkeit“ eine maximale magnetische Feldstärke von 2 A/cm als unkritischen Wert für medienberührende Komponenten. Das angeblich „entmagnetisierte“ Rohmaterial, das viele Hersteller kaufen, entpuppt sich aber als Zeitbombe, weil es nach dem Zerspanungsprozess wieder magnetisch ist. Auch ein Hersteller von Benzinpumpen musste feststellen, dass nach dem Honen wieder alles beim Alten war. „Herkömmliche Entmagnetisierverfahren schaffen nur eine Pseudosicherheit“, stellt Maurer hierzu fest. „Der Effekt ist oberflächlich; tief im Material verbleiben die gefährlichen Domänen mit Restmagnetismus.“
So auch bei Drehmomentwandlern, die aus mehreren Bauteilen verschiedener Materialien bestehen. Die Entmagnetisierung dieser Baugruppen ist wichtig, da an den Schaufelrädern und Lagern im Inneren nach dem Aufschweißen der Wuchtgewichte magnetische Felder mit Spitzenstärken von bis zu 60 A/cm auftreten können. Dieser Wert liegt weit jenseits einer akzeptablen Größenordnung. Herkömmliche Entmagnetisierungslösungen erzielen auf der Außenhaut der Werkstücke passable Ergebnisse, erreichen aber kaum die innenliegenden Komponenten. Auch wenn Messungen am Gehäuse gute Werte liefern, ist die Baugruppe nicht vollständig magnetisch rein und eine Remagnetisierung wird begünstigt.
Krauss-Maffei-Betriebsleiter Spicker warnt jedenfalls vor zu großer Laxheit: „Entmagnetisieren ist ein Qualitätsmerkmal, das uns einen Wettbewerbsvorteil verschafft.“
Störung sensibler Messeinrichtungen
Eine irische Mikrochipfabrik betreibt eine Rundtaktanlage für das Wafer Processing. Die Basis für das Bearbeitungs-Karussell sind drei große ineinander liegende Wälzlager mit ca. drei Metern Durchmesser. Die Rundtaktanlage wird in einem Hoch-Reinraum zusammen mit sehr empfindlichen Messgeräten in unmittelbarer Nähe betrieben. Der Auftraggeber hatte auf einer gründlichen Entmagnetisierung aller Komponenten bestanden.
Während des Betriebs stellte sich jedoch heraus, dass zwei Elektronenstrahlmikroskope immer wieder erheblich gestört wurden. Die Ursache war Magnetismus im Wälzlager. Das magnetische Feld war so stark, dass die Mikroskope, trotz Fremdfeldkompensationen, nicht mehr korrekt arbeiteten.
Aufgrund der Größe und der Verwendung verschiedener Materialien war es dem Entmagnetisierungsverfahren des Herstellers nicht gelungen, alle magnetischen Domänen zu neutralisieren. In dieser misslichen Lage gab es zwei Alternativen. Möglichkeit eins sah vor, das Lager auszubauen, was sechs Monate Arbeit, enorme Kosten sowie erhebliche Produktionsausfälle bedeutet hätte. Möglichkeit zwei sah vor, die Lager vor Ort entmagnetisieren zu lassen. „Für Operationen wie diese setzen wir unsere mobilen Entmagnetisieranlagen ein“, erläutert Maurer. „Mittels unseres Verfahrens gelang es uns, das Großwälzlager auch im Inneren auf Werte 2 A/cm zu entmagnetisieren. Das war vor sieben Jahren. Bis heute arbeiten die Mikroskope einwandfrei.“ ■
Maurer Magnetic AGwww.maurermagnetic.ch

Das Verfahren Maurer Degaussing
Weil die Ergebnisse denen des Glühens über die Curie-Temperatur hinaus durchaus ähnlich sind, nennen die Schweizer Spezialisten von Maurer Magnetic ihr Verfahren „Curiesieren“. „Durch das Curiesieren ist es möglich, alle Komponenten einer gesamten Baugruppe, unabhängig von Größe und Material zu entmagnetisieren“, erklärt Geschäftsführer Albert Maurer. „Der Entmagnetisierpuls ist durch eine elektronische Steuerung vollständig reproduzierbar, dadurch wird das Verfahren absolut prozesssicher. Viele unserer Kunden setzen deshalb unsere Technologie schon seit Jahren erfolgreich ein.“

„Restmagnetismus ist gefährlich“

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Warum das Problem des Restmagnetismus oft unterschätzt wird und welche Vorteile das hauseigene Degaussing-Verfahren bietet, erläutert Maurer-Magnetic-Geschäftsführer Albert Maurer.
Haben Sie das Gefühl, die Leute nehmen die Gefahren des Restmagnetismus nicht ernst genug?
Maurer: Ja, dieser Eindruck drängt sich mir oft auf. Vielfach fehlt auch das physikalische Verständnis von den Zusammenhängen. Es ist, als wolle man sich von einer lästigen Pflicht möglichst leicht befreien. Die Messungen, wenn überhaupt, erfolgen oberflächlich und geben meist den Zustand unmittelbar nach dem Entmagnetisieren wider. Wie es Tage später aussieht, will dann keiner mehr wissen.
Es gibt verschiedene Entmagnetisierungsverfahren. Was ist Ihre Kritik an gängigen Verfahren?
Maurer: Die herkömmlichen Verfahren beseitigen in den meisten Fällen nicht alle hartmagnetischen Stellen oder verzerren die Domänenstruktur, es verbleiben mehrheitlich magnetische Inseln im Material. Dieser Restmagnetismus ist gefährlich, da er der Ausgangspunkt für die negativen Eigenschaften wie die eigene Remagnetisierung des Materials innerhalb kurzer Zeit sein kann. Erschütterungen oder die räumliche Nähe zu anderen magnetisierten Teilen begünstigen dies.
Was verstehen Sie unter Curiesieren?
Maurer: Pierre Curie entdeckte, dass Metalle ihre ferromagnetischen Eigenschaften vollständig verlieren, wenn man sie über eine bestimmte Temperatur die „Curie-Temperatur“) hinaus erhitzt. Durch das Abkühlen bildet sich eine amorphe und neutrale magnetische Struktur aus Domänen (Weiss‘schen Bezirken) und Blochwänden. Auch ein Schmiedeteil ist ein gutes Beispiel für diesen magnetischen Idealzustand.
Das Maurer-Degaussing Verfahren, als das derzeit gründlichste nicht-thermische Entmagnetisierungsverfahren, neutralisiert das ferromagnetische Material nahezu vollständig. Messungen haben gezeigt, dass es mit demselben vorteilhaften magnetischen Selbstheilungseffekt wie ein geschmiedetes Teil ausgestattet ist. Unser Verfahren kommt nahe an den magnetischen Idealzustand. Auf diese Weise entmagnetisierte Teile nennen wir daher „curiesiert“.

Entmagnetisieren
ist ein Qualitätsmerkmal, das uns einen Wettbewerbsvorteil verschafft.“
Werner Spicker, Betriebsleiter, Krauss Maffei Technologies
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