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Familienunternehmen im Maschinen- und Werkzeugbau

Familienunternehmen im Maschinen- und Werkzeugbau
Verantwortlich handeln – Zukunft gestalten

Speziell im Maschinenbau werden Unternehmen häufig von Familien geführt. Das betrifft vorrangig Zulieferbetriebe, Lohn- und Auftragsfertiger. Auch hinter zahlreichen Werkzeug- und Maschinenherstellern stehen Familien als Inhaber. Welche besonderen Merkmale zeichnen diese Unternehmen aus, die allgemein als eher unscheinbar und verschwiegen gelten? Konrad Mücke

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Familienunternehmen gehören meist zum Mittelstand und prägen die deutsche Wirtschaft. In Deutschland zählen gemäß den Daten des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn alle Unternehmen mit bis zu 500 Beschäftigten und maximal 50 Millionen Euro zu den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Nach aktuellen Statistiken stellen diese über 17 Millionen Arbeitsplätze bereit. So sichern sie mehr als einem Drittel aller hierzulande abhängig Beschäftigten ein auskömmliches Einkommen. Bis zu 95 Prozent aller KMU befinden sich in Familienhand. Meist ist es ein Kleinstbetrieb mit allein den Familienangehörigen und zwei bis zehn weiteren Beschäftigten. Derart strukturiert ist beispielsweise die Mager Erodiertechnik in Zimmern o. Rottweil. Dort arbeiten der Gründer, Michael Mager, und zwei seiner fünf Kinder, die Söhne Benjamin und Stefan, in ihrer Werkstatt als Erodierspezialisten für den Formen- und Werkzeugbau, für die Medizintechnik sowie den allgemeinen Maschinenbau.

Doch auch hinter weltweit agierenden Unternehmen mit mehreren Hundert bis einigen Tausend Beschäftigten und zahlreichen Produktions- und Vertriebsstandorten in aller Welt stehen Familien. Dazu gehören einige sehr erfolgreiche Maschinen- und Werkzeughersteller, wie die Mapal Dr. Kress KG in Aalen und die Paul Horn GmbH in Tübingen oder die Fischer Spindle Group in Herzogenbuchsee in der Schweiz. Ein weiteres Beispiel ist die Kirchhoff Automotive in Iserlohn, die aktuell knapp 10 000 Mitarbeitende zählt. Sie befindet sich nunmehr in der vierten Generation in Familienhand. Das Unternehmen entwickelt und produziert als Automobilzulieferer Komponenten und komplette Strukturen für Pkw und Nutzfahrzeuge. Auch hinter Unternehmen, die inzwischen an der Börse geführt werden, befinden sich oft nach wie vor Inhaberfamilien. Das betrifft beispielsweise die Schaeffler-Gruppe. Sie ist ein weltweit bekannter und erfolgreicher Zulieferer für Automotive und Maschinenbau. Entwickelt werden unter anderem Getriebe- und Kupplungskomponenten, Bauteile für Verbrennungsmotoren und Linearsysteme für die Automation.

Noch weitaus größer und bekannter ist Bosch als Automobilzulieferer und Dienstleister rund um Kraftfahrzeuge. Bis auf einen kleinen Rest befinden sich die Anteile am Unternehmen über die Robert Bosch Stiftung nach wie vor in der Hand der Familie Bosch, den Nachfolgern des Gründers Robert Bosch.

Engagiert und täglich präsent

Der überwiegende Teil der Familienbetriebe gehört allerdings zu den KMU. Sie zeichnen sich durch das persönliche Engagement und die ständige Präsenz des Inhabers beziehungsweise der Familie aus. Als treibende Kraft geben die Unternehmer, unter ihnen Jochen Schmigalla, einer der Geschäftsführer des Sonderwerkzeugherstellers MAS GmbH aus Leonberg, häufig das persönliche Interesse an Technik, an sozialer Verantwortung und die Freude am Umgang mit Menschen an. Das betrifft zum einen intern das Unternehmen selbst, zum anderen die Region und die Menschen im weiteren Umfeld. Daraus ergeben sich einige besondere Ansprüche an alle Familienmitglieder. Sie sind gefordert, zur Erfolgsgeschichte des Unternehmens beizutragen. Das kann darin bestehen, dass ein Ehepartner dem anderen ‚den Rücken freihält‘, indem er oder sie die üblichen Familienangelegenheiten koordiniert und organisiert. Das kann auch eine Mitarbeit im Unternehmen betreffen, zum Beispiel in der Buchhaltung, im Marketing oder im Personalmanagement. So berichtet beispielsweise Dr. Theodor Wanner davon, dass seine Ehefrau mit der Gründung seines Unternehmens Sensopart im Jahr 1992 diese Rollen übernommen hat. Sensopart entwickelt und produziert hochwertige optische Sensoren für die industrielle Automation im südbadischen Wieden und in Gottenheim bei Freiburg.

Ähnlich äußert sich auch Thomas Burger in Schonach. Er führt in fünfter Generation die Burger-Group. Im Stammhaus SBS-Feintechnik und in den Tochterunternehmen, unter anderem in den USA, entwickelt und produziert das Unternehmen Antriebstechnik für die Automobilindustrie, für die Medizintechnik, für Haushaltsgeräte, für industrielle und Gebäudeautomation sowie für den Maschinen- und Anlagenbau. Seine Ehefrau leitet im Stammhaus in Schonach das Personalmanagement. Dort fertigt das Unternehmen nach wie vor die Zahnräder für nahezu sämtliche Schwarzwälder Kuckucksuhren. Beim Drehmaschinenhersteller Carl Benzinger GmbH engagieren sich gleich vier Familienmitglieder im operativen Geschäft. In der dritten Generation führt die Familie Jehle das Unternehmen in Pforzheim. Die beiden Brüder Rainer und Michael Jehle führen die Geschäfte, ihre Ehepartner sind für Marketing und Events sowie Personal und Buchhaltung verantwortlich tätig.

Für Unternehmerfamilien steht neben der geschäftlichen die soziale Verantwortung im Fokus. Wie nahezu alle einvernehmlich berichten, ist man als Familienunternehmer in einer Region verwurzelt und rundum in das soziale Umfeld eingebunden. Das treibt dazu an, einerseits das eigene Unternehmen erfolgreich voranzubringen. Andererseits verpflichtet das, sich regional sozial zu engagieren und verantwortlich zu sein. Das betrifft nicht nur die Mitarbeitenden im Unternehmen, sondern auch das weitere gesellschaftliche Umfeld. So sind zahlreiche Unternehmerfamilien in der lokalen Politik, in Gremien, Verbänden, Vereinen und sozialen Organisationen tätig, mitunter sogar in leitenden Positionen. Michael Mager beispielsweise engagiert sich als Dirigent und Organisator des örtlichen Musikvereins besonders für Nachwuchsmusiker. Thomas Burger ist in der IHK tätig, führt den Vorsitz bei einer Betriebskrankenkasse und ist Präsident des Wirtschaftsverbands Industrieller Unternehmen Baden (WVIB) in Freiburg.

Verantwortung und Risiko

Die enge Verbindung von Familie und Unternehmen wirkt sich in vielerlei Hinsicht auf die Führung, die Mitarbeitenden und die regionale Gesellschaft aus. So trägt die Unternehmerfamilie meist persönlich die gesamte finanzielle Verantwortung und das geschäftliche Risiko. Das bestätigen Michael Mager und Dr. Theodor Wanner. Wie sie sagen, sei das für die Familie und das Unternehmen je nach wirtschaftlicher Situation belastend, sorge aber auch für eine nachhaltige Entwicklung und letztlich für den Erfolg des Familienunternehmens.

Wie Jochen Schmigalla, Rainer Jehle und Thomas Huber anführen, haben familiengeführte Unternehmen ein besonderes Interesse an einer langfristig erfolgreichen und kontinuierlichen Entwicklung. Man müsse zwar in Krisensituationen einen langen Atem beweisen und oft schwierige Situationen mit überdurchschnittlichem persönlichem Einsatz meistern, aber bei Familienbetrieben besteht der Anspruch darin, über viele Generationen den ‚Unternehmergeist‘ wachzuhalten und weiterzugeben. Dazu sagt Kathrin Heinrichs, die beim Drehteilehersteller Heinrichs in Dommershausen in dritter Generation in der Geschäftsleitung verantwortlich ist: „Der Familienunternehmer denkt an die nächste Generation, auch an die Bedeutung des Unternehmens für die Region.“

Flexibel an Bedarf und Technologie orientiert

Um ihr Familienunternehmen erfolgreich über viele Jahre weiterzuführen, vertrauen die Unternehmer immer wieder auf ihr Gespür für die richtigen Trends. Das betrifft zum einen die technischen Innovationen, zum anderen die regionale und individuelle Nachfrage nach spezifischen Produkten. Ein Vorteil des Familienunternehmens ist, dass es sehr flexibel agieren kann. Nur wenige Führungskräfte, die sich zudem persönlich gut kennen und meist nahestehen, entscheiden über die weitere Entwicklung. Das bestätigen die Brüder Steffen und Jochen Schmigalla, die gemeinsam den Werkzeughersteller MAS führen. Sie diskutieren untereinander ihre Ziele und konkreten Maßnahmen. „Je nach Situation einigt man sich dabei auf geeignete Kompromisse, um die Zukunft für das Unternehmen bestmöglich zu gestalten“, so Jochen Schmigalla.

Auch die Nähe zu den Beschäftigten trägt wesentlich zu flexiblem und marktorientiertem Handeln der Familienbetriebe bei. So können Familienunternehmer je nach wirtschaftlicher Situation und Auftragslage auch mal ‚unbürokratisch‘ flexiblere Arbeitszeiten mit ihren Beschäftigten vereinbaren. Diese wiederum stehen zu ‚ihrem‘ Unternehmen. Sie sind stolz darauf, in beiderseitigem Einverständnis zum Wohl und zum geschäftlichen Erfolg des Familienunternehmens beitragen zu können. „In familiengeführten Betrieben steht oft nicht nur das Geld an vorderster Stelle, sondern das gute und harmonische Miteinander im Unternehmen“, berichtet Rainer Jehle. Nach seiner Ansicht ist die Strategie im Familienunternehmen oft nicht auf schnelles Wachstum, sondern auf Kontinuität ausgelegt. Dies bringt Sicherheit für alle Beteiligten, insbesondere auch für die Mitarbeiter.

Familienunternehmen schaffen meist innerbetrieblich ein soziales Umfeld, in dem sich die Beschäftigten verstanden und ernst genommen fühlen. „Man trägt den Familiengeist der Unternehmerfamilie in das Unternehmen. Das motiviert die Mitarbeitenden, sie identifizieren sich voll und ganz mit dem Familienunternehmen“, erläutert Jochen Schmigalla. Allerdings erfordert das auch persönliches Engagement für die Mitarbeitenden und gelingt nur mit besonderem Geschick und menschlichem Einfühlungsvermögen, wie er ergänzt.

Kompetenzen vereinbaren

Bezeichnend für Familienbetriebe ist, dass nicht nur ein Unternehmer allein, sondern mehrere Familienmitglieder an den Geschicken des Unternehmens maßgeblich mitwirken. Wie das gelingen kann, zeigt zum Beispiel der Lohnfertiger Heinrichs. Dort sind mit Kathrin, Dirk und Florian Heinrichs gleich drei Familienmitglieder der dritten Generation in der Geschäftsleitung tätig. Dazu erläutert Kathrin Heinrichs: „Über die Strategie muss Einigkeit herrschen, die große Linie muss gemeinsam gefunden werden.“ Gemeinsam erörtern die drei bei regelmäßigen Treffen strategische Fragen.

Die Familie Jehle beim Drehmaschinenhersteller Carl Benzinger hat die Aufgaben der operativ tätigen Familienmitglieder klar festgelegt. Im Tagesgeschäft dagegen stimmen sie sich flexibel und themenbezogen ab. Dabei treffen sie wichtige Entscheidungen stets gemeinsam. Zu fachlichen und ablaufbezogenen Themen gibt es regelmäßige, wiederkehrende Abstimmungen mit den jeweiligen Fachabteilungen. „Oft ist auch aufgrund der Ausbildung, der Fähigkeiten und der persönlichen Ziele der Familienmitglieder die Aufteilung klar“, berichtet Theodor Wanner. So hatten auch die Brüder Jehle beinahe automatisch grundsätzlich die Aufgaben zur technischen und kaufmännischen Leitung des Unternehmens nach den jeweiligen Interessen aufteilen können.

Größere Familienbetriebe und vor allem Unternehmerfamilien mit mehreren Angehörigen vereinbaren dagegen häufig vertraglich die jeweiligen Funktionen und die zu erfüllenden Aufgaben. Das kann in einer Familien-Charta geschehen. Sie regelt beispielsweise, welche fachlichen und persönlichen Qualifikationen Familienmitglieder erbringen müssen, um die Geschicke des Unternehmens mitbestimmen und -gestalten zu können. „So sichert man vor allem bei einer Nachfolgeregelung, dass das Unternehmen im Sinne der bisherigen Unternehmer qualifiziert und kompetent weitergeführt wird“, sagt dazu Jochen Schmigalla.

Darüber hinaus legt die Charta fest, welche Institutionen und Spezialisten in Krisensituationen und bei Uneinigkeit einen Kompromiss oder eine anderweitige Lösung herbeiführen helfen. Auch gründen Familienunternehmer häufig eine Holding oder sie trennen mit einer Inhaber- und einer Betriebsgesellschaft die Vermögensverwaltung vom operativen Geschäft. An Letzterem werden oft Familienmitglieder beteiligt, die nicht operativ tätig sind. Darüber hinaus gibt es in zahlreichen Familienunternehmen einen Beirat, der finanzielle Entscheidungen vorbereitet sowie für das operative Geschäft Informationen sammelt, aufbereitet und bereitstellt.

Mit diesen Strukturen sichern Familienunternehmen zum einen den Interessenausgleich innerhalb der Familie, zum anderen bewahren sich die im operativen Geschäft tätigen Unternehmer den erforderlichen Handlungsspielraum. Speziell bei einer Nachfolge können klare, eindeutig vereinbarte Regeln wesentlich dazu beitragen, den Fortbestand des Familienunternehmens zu sichern.

Im sozialen und politischen Umfeld
behaupten

Familienunternehmen wirtschaften zwar überwiegend sehr erfolgreich, sie müssen dafür allerdings erhebliche finanzielle und persönliche Belastungen stemmen. Nicht selten arbeiten die im Betrieb operativ tätigen Familienmitglieder weit über das durchschnittliche Maß hinaus. Für viele gehören Wochen mit 60 Stunden Arbeitszeit zum üblichen Pensum. Davon berichtet unter anderem Theodor Wanner. In den ersten Jahren nach seiner Unternehmensgründung im Jahr 1992 habe es für ihn persönlich oft kein freies Wochenende, dagegen aber viele schlaflose Nächte gegeben.

Darüber hinaus berichten Familienunternehmer wie Michael Mager und Thomas Burger von hohen finanziellen Belastungen. Dies betrifft einerseits Investitionen, für die speziell Banken und Finanzinstitute meist Sicherheiten bis ins private Vermögen der Familienunternehmer hinein verlangen. Als belastend genannt werden aber auch die vom Staat geforderten Steuern auf kommunaler, auf Landes- und auf Bundesebene. Je nach Struktur des Unternehmens werden Unternehmerfamilien mit Gewerbe-, Umsatz-, Ertrags- und Einkommenssteuern mehrfach belegt. Summarisch haben sie oft die überhaupt höchstmögliche Steuerbelastung zu tragen. Auch die Weitergabe an eine Folgegeneration konfrontiert speziell Familienunternehmen mit erheblichen finanziellen Aufwendungen (Erbschaftssteuer). Dem können sie begegnen, indem sie die Übergabe an Nachfolger entsprechend dem steuergesetzlichen Rahmen gestalten.

Um den gesellschaftlichen, betrieblichen und politischen Forderungen gewachsen zu sein, pflegen Familienunternehmen ein weitläufiges Netzwerk an Kontakten. Sie organisieren sich – wie andere Interessengruppen auch – in spezifisch ausgerichteten Verbänden. Dazu gehört der überregional tätige Verband ‚Die Familienunternehmer e.V.‘. Mit derzeit mehr als 6000 Mitgliedern befasst er sich mit den Interessen und Sorgen von etwa 180 000 Familienunternehmen. Das betrifft insgesamt über acht Millionen Beschäftigte in Deutschland.

Förderliche Zusammenarbeit

Regional speziell in Baden-Württemberg engagiert sich der Wirtschaftsverband Badischer Unternehmer (WVIB) in Freiburg gezielt für Familienunternehmen, die industriell tätig sind. Mitglieder bezeichnen die Zusammenarbeit als besonders förderlich. In Erfahrungsgruppen tauschen Unternehmer, die in jeweils unterschiedlichen Branchen tätig sind, Meinungen und Informationen aus.

Über ähnliche Vorteile berichten die im Verband der Deutschen Drehteile-Industrie (Düsseldorf) organisierten Unternehmer, unter anderem Kathrin Heinrichs. Anlässlich der halbjährlichen Verbandstagungen kann sie mit weiteren Familienunternehmern über situativ passende Vorgehensweisen und Entscheidungen diskutieren. Aus ihrer Sicht kann ein Familienunternehmer sehr von Netzwerken profitieren. „Es ist wichtig, mal rauszukommen“, ergänzt sie. Sie betont auch, dass man so Impulse von außen ins Unternehmen holen kann. Ein Fachverband kann branchenrelevantes Know-how vermitteln. Andere Vereine, Verbände und Netzwerke können den Blick über den Tellerrand schärfen. Wie Kathrin Heinrichs empfiehlt, sollten besonders „Junioren“ in Familienunternehmen solche Netzwerke nutzen. Sie selbst beteiligt sich in Diskussionen bei den Wirtschaftsjunioren, bei der IHK und in regionalen Initiativen. Sie erhält daraus wertvolle Ideen und Impulse.

Die Familienunternehmer e.V.
www.familienunternehmer.eu

Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden e.V.
www.wvib.de

Verband der Deutschen Drehteile-Industrie
www.dreh.info

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