Die Unternehmen Hugo Karrenberg, Wilhelm Schauerte, Heinrichs und Böhmler sind aktiv im Verband der Deutschen Drehteile-Industrie und tauschen sich dort regelmäßig mit weiteren Mitgliedern zu aktuellen Branchen-Themen aus. Sie berichten aus ihrem Arbeitsalltag, wie schwierig es ist, Drehteile effektiv herzustellen und präzise zu bearbeiten, Geschäftsprozesse zu beschleunigen und Mitarbeitende zu entlasten. Um diese Ziele zu erreichen, setzen sie zunehmend auf digitale Lösungen.
Inhaltsverzeichnis
1. Digitalisierung bringt hohe Informationstransparenz
2. Nahezu verzugsfreie Auftragsabwicklung
3. EDI-Schnittstellen vereinfachen bürokratische Wege
4. Schulung von Mitarbeitenden
5. Stillstandszeiten verringern
6. Digitalisierung in der Drehteile-Industrie – Ausblick
Bei der Drehteile-Fertigung spielen Schnelligkeit und Transparenz eine große Rolle. Um die geforderte Qualität sicherstellen zu können, müssen die Maschinenbediener die Prozesse ständig überwachen – ohne Digitalisierung unvorstellbar.
Digitalisierung bringt hohe Informationstransparenz
„Wenn wir diese ganzen Systeme und Schnittstellen wie ERP, DATEV, EDI und CAQ nicht hätten, wäre unsere Arbeit unmöglich“, stellt Thilo Karrenberg fest. Er ist Technischer Leiter beim Präzisionsdrehteil-Spezialisten Hugo Karrenberg & Sohn GmbH & Co. KG. „Der Verarbeitungsaufwand wäre viel zu groß, und wir würden den Überblick komplett verlieren“, ergänzt er. Seine Mitarbeitenden sind mit immer kürzeren Vorlaufzeiten bei Bestellungen und stark schwankenden Kundenbedarfen konfrontiert. „Das ist nur mit einer hohen Informationstransparenz und einer schnellen, rationellen Umsetzung zu schaffen“, weiß Karrenberg. Für ihn ist entscheidend, dass die eingesetzten Systeme zueinander passen und auch die beteiligten Partner entsprechend digital unterwegs sind.
Nahezu verzugsfreie Auftragsabwicklung
Stefan W. Schauerte, Geschäftsführer der Wilhelm Schauerte GmbH & Co. KG., investiert ebenfalls Zeit und Geld, um sein Unternehmen digital aufzustellen. Der mittelständische Drehteile-Hersteller hat Tools mit vollintegrierten Workflows installiert, die Softwareverteilung ist geregelt, Monitoring-, Ticket- und Sicherheits-Systeme ermöglichen optimale Abläufe. Der Kunde kann vollautomatisch bestellen, Aufträge abrufen und Vorabinformationen zur Lieferung einsehen. Schauerte betont: „Wir stellen inzwischen eine nahezu verzugsfreie Auftragsabwicklung dar, der gesamte Geschäftsprozess wird beschleunigt und teilweise auch erleichtert. Diese Komplexität lässt sich heute gar nicht mehr analog abbilden.“
EDI-Schnittstellen vereinfachen bürokratische Wege
Auch Kathrin Heinrichs weiß, was zu tun ist, damit das Familienunternehmen wettbewerbsfähig bleibt. Die Geschäftsführerin der Heinrichs & Co. KG muss sich nicht nur um digitale Anbindungen, sondern auch um Nachhaltigkeit und die Berechnung des CO2-Abdrucks kümmern. Zudem gilt es für sie, die behördlichen Anforderungen und steigende bürokratischen Hürden zu meistern. Ihr Wunsch an alle Beteiligten: Den Druck rausnehmen und bei allen Themen nachhaltig denken – besser eine langfristige als eine schnelle Lösung wählen. „Wir stellen Kunden und Behörden zunehmend die Informationen über EDI-Schnittstellen zur Verfügung – das erwarten unsere Geschäftspartner auch immer mehr von uns“, erzählt Heinrichs. Monitoring-Tools sind im Unternehmen seit Jahren Standard, für die reibungslose interne Datenübertragung hat Heinrichs im vergangenen Jahr in ein neues ERP-System investiert. Dieses ermöglicht sowohl den abteilungsübergreifenden innerbetrieblichen Informationsfluss und die -verarbeitung als auch die Anbindung an externe Partner.
Schulung von Mitarbeitenden
Und wie nehmen die Drehteile-Hersteller die Mitarbeitenden auf die Digitalisierungs-Reise mit? Alle drei Unternehmen schulen ihr Personal individuell und setzen auf eine gemeinsame Weiterentwicklung der Systeme. „Die Bediener kennen die Fertigungsprozesse am besten“, betont Thilo Karrenberg. „Deshalb bringen sie viel Wissen und die besten Ideen ein.“ Stefan Schauerte ergänzt, dass es auch erfahrenen Fachkräften nicht immer leichtfällt, ihr Know-how in die digitale Welt zu übertragen: „Diese Umstellung dauert, aber es lohnt sich. Schließlich schafft jeder digitalisierte Geschäftsbereich ein hohes Level an Echtzeitinformationen, aus denen wir wieder wertvolle Erkenntnisse und Tendenzen gewinnen.“
Stillstandszeiten verringern
Wie Digitalisierung in der Drehteile-Industrie auch das Service-Management verbessern kann, weiß der Hersteller von Langdrehautomaten Star Micronics aus Neuenbürg. Das Unternehmen hat mit Star Service Connect (SSC) ein webbasiertes Kundenportal entwickelt, auf das der Bediener 24/7 zugreifen kann. Tritt an der Maschine eine Störung auf, oder ist eine Wartung fällig, muss der Verantwortliche keine Hotline anrufen. Stattdessen setzt er in seinem Service-System ein Ticket ab und wählt zwischen umfangreichen Möglichkeiten aus – sowohl für Maschinendaten als auch für Fehlerbeschreibungen. Der Service-Techniker in der Hotline erhält somit direkt die wichtigsten Informationen, ordnet diese schnellstmöglich zu und kann sich um die Lösung kümmern.
Star hat das System inzwischen bei über 50 Kunden im Einsatz. Drehteile-Hersteller Böhmler nutzt das Kundenportal seit knapp zwei Jahren und möchte es nicht mehr missen –das Service-Management ist schneller, die Stillstandszeiten sind deutlich kürzer. Alle Star-Drehautomaten bei Böhmler sind an das neue Tool angebunden – die Integration erfolgt automatisch, der Kunde hat die Möglichkeit, seine internen Daten zu ergänzen. Viele Fehler können die Verantwortlichen mit Hilfe einer Wissensdatenbank selbst beseitigen. Störungen lassen sich zudem über ein detailliertes Telefonat mit der Hotline und dem zuständigen Techniker beheben. Alexander Haußer, Geschäftsführer der Böhmler Drehteile GmbH, ist sehr zufrieden mit dem neuen Service-System: „Es ist logisch aufgebaut, einfach zu bedienen und weitgehend selbsterklärend“. In der Ticket-Übersicht erkennt er sofort, wie viele Vorgänge aktuell aktiv sind und welcher Mitarbeitende zuständig ist. Er sieht zudem, wie weit die Service-Maßnahmen fortgeschritten sind, welche Maschine noch steht und welche wieder läuft.
Digitalisierung in der Drehteile-Industrie – Ausblick
Fest steht: Die Digitalisierung verändert bereits jetzt schon viele Prozesse in den Unternehmen, und deren Potenzial für die zerspanende Be- und Verarbeitung ist sicher noch nicht ausgeschöpft.
Kathrin Heinrichs will aber trotzdem nicht ausschließlich digital denken, sondern weiterhin auf engagierte Mitarbeitende mit Kreativität und Herzblut setzen: „Aus meiner Sicht haben die vielen Familienunternehmen in der Drehteile-Industrie ein großes Plus. Schließlich bringen die Menschen die Branche voran und nicht die Roboter.“ Ihr persönliches Fazit: „Das Personal in der Fertigung erhält zunehmend digitale Unterstützung und kann dadurch die Aufgaben schneller, einfacher und besser erledigen. Und deshalb werden wir sie auch in Zukunft weiter schätzen, aus- und weiterbilden.“
Thilo Karrenberg prognostiziert, dass künstliche Intelligenz (KI) sowohl die Fertigungsprozesse als auch die Auftragsabwicklung massiv verändern wird. „Dennoch brauchen wir in Zukunft Fachkräfte, die Werkzeuge wechseln oder ein Programm schreiben.“
Eine wettbewerbsfähige Drehteile-Industrie mit hohem Automatisierungsgrad sieht auch Stefan W. Schauerte: „Die Mitarbeitenden werden künftig weniger Routinearbeiten übernehmen, dafür anspruchsvollere Tätigkeiten. Und sie müssen die wichtigen Entscheidungen treffen – das kann keine KI.“ (eve)