Mit nunmehr 80 Jahren auf dem Markt ist die Joachim Uhing GmbH & Co. KG aus Flintbek bei Kiel schon so etwas wie ein Traditionsunternehmen. Doch das hört man dort gar nicht gern, haftet diesem Begriff doch manchmal mangelnde Flexibilität oder fehlende Innovationsbereitschaft an. Bei Uhing herrscht vielmehr das Gegenteil, denn das mittelständische Unternehmen ist eines der wenigen seiner Art – weltweit wohlgemerkt. Dazu Geschäftsführer Wolfgang Weber: „Unsere Spezialität ist definitiv die lineare Bewegung auf einer rotierenden Welle, zum Beispiel mit unseren Rollringgetrieben. Das macht uns schon ein bisschen einzigartig, denn solche Unternehmen gibt es nicht so viele“.
Wichtige Märkte für Uhing sind die Draht- und Kabelindustrie, wo das Rollringgetriebe mit seinen speziellen Eigenschaften eingesetzt wird, um das Material aufzuwickeln und für den weiteren Verarbeitungsprozess aufzubereiten. Auch in der Medizintechnik und Pharmaindustrie lassen sich die Uhing-Produkte wegen der guten Abdichtbarkeit verwenden. „Aufgrund der Spielfreiheit einiger unserer Produkte werden sie auch in Messmaschinen und Werkzeugvoreinstellungsgeräten eingesetzt. Und das eben nicht nur in Deutschland, sondern wirklich weltweit – worauf wir als kleines Unternehmen richtig stolz sind“, verrät Wolfgang Weber. Darauf ruht sich das Unternehmen aus Deutschlands Norden keineswegs aus, sondern greift neue Ideen sowohl in den Produkten als auch in den Prozessen sowie in der Fertigung auf – wie aktuell mit einer Automatisierungslösung.
Welches Automatisierungssystem ist am besten?
So stand zu Beginn die Frage im Raum: Wie definiert man die Anforderungen an eine Automatisierungslösung? Manchmal so simpel wie mit einer Excel-Tabelle. „Voraussetzung für die Auswahl eines Automatisierungs-Systems war unser Teileportfolio: Wir haben definierte Produkte in verschiedenen Größen, die wir in vorhersehbaren Mengen pro Jahr produzieren müssen. Da half uns diese Tabelle enorm“, erläutert Christian Wollenweber, Fertigungsleiter bei der Uhing GmbH.
Ziel war, eine mannarme oder gar mannlose Schicht mittels automatisierter Fertigung einzuführen. Zudem sollten die zu produzierenden Teile gratarm bis gratfrei auf einer 5-Achs-Maschine gefertigt werden können. Eine weitere Vorgabe war beispielsweise, ein bereits eloxiertes Halbzeug, ohne Beschädigungen in die Maschine zu bringen und auch wieder herauszuholen.
Hybride Automatisierungslösung
Doch wie sollten diese Anforderungen mit herkömmlichen Lösungen erfüllt werden? Schließlich gibt es verschiedene Möglichkeiten, eine Maschine zu bestücken: Einmal über eine Palettenbestückung, einmal über eine Werkstückhandhabung. Dass es aber nicht nur entweder/oder geben muss, zeigte Thomas Griese vom technischen Außendienst bei Ceratizit: „Mit dem R-C2-System unseres Spannmittel-Technologiepartners Gressel ist es nämlich gelungen, die Vorteile der Werkstück-Direktbeladung und der Paletten-Automation zu verbinden: Im Magazin wird das Werkstück mit dem Spanner gegriffen und gespannt, der Spanner mit dem Werkstück wird in der Maschine wie eine Palette in das Nullpunkt-Spannsystem geladen.“
Diese Hybrid-Lösung war genau das, was Marten Tappenbeck, der das Automatisierungs-Projekt im Rahmen seiner Bachelor-Thesis von Grund auf begleitet hat und Christian Wollenweber gesucht hatten. Denn ein großer Vorteil für Uhing: Mit wenigen Spannbacken und somit auch wenigen Spannern kann das gesamte Bauteil-Portfolio bearbeitet werden. „Das R-C2-Modul von Gressel gibt uns die Möglichkeit, die Werkstücke direkt mit dem Schraubstock, der gleichzeitig unser Spannmittel ist, zu greifen. So agiert der Schraubstock im ersten Step als Greifwerkzeug und im zweiten Step wird es an das Bearbeitungszentrum übergeben und fungiert dann als Palettensystem während der Bearbeitung. So brauchen wir die Teile nicht noch einmal mit einem separaten Greifer zu packen, vermeiden eventuelle Beschädigungen und sparen uns zusätzliche Rüstarbeit“, weiß Marten Tappenbeck.
66 Prozent höhere Kapazität
Mitentscheidend für die mannarme oder mannlose Fertigung ist die Rasterung des Lademagazins, damit möglichst viele Teile im Magazin untergebracht werden können. Da sich pro Feld sogar mehrere Teile platzieren lassen, steigt die Flexibilität außerdem und erhöht die Anlagenlaufzeit. „Bei guter Bestückung bevorratet das Magazin Teile für 35 bis 40 Stunden Laufzeit, ohne dass jemand von uns eingreifen muss“, verrät Marten Tappenbeck. Durch die Automatisierung hat Uhing eine Steigerung von circa 2/3 gegenüber ihrer bisherigen Kapazität auf den anderen Maschinen geschaffen. „Das zeigt wieder einmal deutlich, dass die Automatisierung nicht mehr nur für Serienfertiger relevant ist: Auch bei kleineren Unternehmen mit geringeren Losgrößen bringen solche Lösungen enorme Produktivitätserfolge“, konstatiert Thomas Griese.
Was Marten Tappenbeck an der Automatisierung besonders schätzt: „Ich muss Aufträge oder Artikel nur einmal anlegen, danach läuft die Maschine vollautomatisch und arbeitet ihre Aufträge nacheinander ab. Zwischendurch rüsten? Nicht nötig, da alle Spannmittel und alle Werkzeuge der Maschine jederzeit zur Verfügung stehen und Programme automatisch von der Roboteranlage an das Bearbeitungszentrum weitergegeben werden.“ Während des automatischen Betriebs der Anlage hat Tappenbeck Zeit, weitere Maschinen einzurichten oder andere Projekte zu betreuen. „Was mich an unserer Lösung immer wieder fasziniert, ist, wie hochpräzise die Werkstücke von der Maschine kommen und dass keinerlei manuelle Nacharbeit wie beispielsweise ein Entgraten der Werkstücke erforderlich ist.“
Starkes Miteinander während des Projekts
Mit von der Partie während des Projekts waren Matsuura mit der Fünf-Achs-CNC-Maschine, die Promot Automation GmbH, die den Roboter geliefert hat und die Firma Ceratizit mit der Firma Gressel, die für die Automatisierungssysteme zuständig waren. „Alle an diesem Projekt beteiligten Firmen haben uns super unterstützt. Wir hatten die ganze Zeit über ein gutes Gefühl, was am Ende, als die Anlage funktionsfähig war, bestätigt wurde. Aus unserer Sicht ging alles superschnell und wir haben uns rundum gut betreut gefühlt“, bestätigen Wolfgang Weber und Christian Wollenweber.
Auch für Marten Tappenbeck, der mittlerweile Entwicklungsingenieur bei Uhing ist, war das Automatisierungsprojekt ein voller Erfolg: „Als die ersten fertigen Teile von der Maschine gekommen sind, voll entgratet und alle Toleranzen eingehalten waren, bin ich direkt zu meinem Fertigungsleiter Christian Wollenweber gelaufen, um ihm die Teile zu präsentieren. Den Rest des Tages habe ich der Maschine dann beim Arbeiten zugeguckt und mich am gemeinsamen Erfolg erfreut.“
Joachim Uhing GmbH & Co. KG
www.uhing.com
Ceratizit Deutschland GmbH
www.cuttingtools.ceratizit.com
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