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„Weltweit haben wir im CNC- Bereich 65 Prozent Marktanteil“

Olaf Kramm, Geschäftsführer, Fanuc Deutschland GmbH
„Weltweit haben wir im CNC- Bereich 65 Prozent Marktanteil“

Welche Synergien sich Fanuc durch die Zusammenlegung der bislang getrennten Geschäftseinheiten Robotics, CNC-Steuerungen und Maschinen erhofft und warum er vor der CNC-Kooperation von Kuka und Siemens keine Angst hat, das erklärt Olaf Kramm, Geschäftsführer der vereinigten Fanuc Deutschland GmbH, im Interview mit der mav.

Autor: Das Interview führte:

mav: Fanuc tritt jetzt in Deutschland als eine GmbH auf. Was versprechen Sie sich davon?

Kramm: Wir können nun eine große Bandbreite an Produkten aus einer Hand bieten – von der Steuerung über die Maschine bis zur vollautomatisierten Version mit dem Roboter. Das ist für Integratoren wie für Kunden ein echter Vorteil und eröffnet uns in vielen Branchen neue Möglichkeiten: Denn bei den Maschinen haben wir ja nicht nur unsere Robodrill Bohr- und Fräszentren, sondern auch die Robocut Drahterodiermaschinen und die Roboshot Spritzgussmaschinen. So haben wir mit Hahn Automation beispielsweise eine Kooperation in Sachen Spritzguss geschlossen, um uns auch in der Kunststofftechnologie ganz breit aufzustellen.
mav: Und was ist der Vorteil für die Kunden?
Kramm: Der Kunde bekommt eine Turnkey Lösung mit in sich verheirateten Komponenten. Immer mehr Werkzeugmaschinen-Hersteller kaufen bei uns nun nicht nur die Steuerung, sondern auch die Roboter, weil die Kommunikation zwischen den beiden Systemen Plug and Play funktioniert. Das ist ein Vorteil gegenüber zwei Systemen, die ich erst verheiraten muss.
mav: Gibt es neben den technischen Vorteilen denn auch finanzielle?
Kramm: Klar, der Preis wird bestimmt durch Volumen, und wir können nun entsprechende Pakete schnüren.
mav: Sie haben auf der CNC-Seite ja einen großen Kundenstamm mit etablierten Vertriebskontakten. Müssen sich Kunden jetzt auf neue Ansprechpartner einstellen?
Kramm: Nein. Wir bilden Hybridverkäufer aus. Denn die CNC-Verkäufer haben eine enge Beziehung zu ihrem Maschinenkunden, weil es ja ein bis zwei Jahre dauert, eine CNC Maschine zu entwickeln. Und so lange begleitet der Vertriebsmann den Kunden. Das Robotergeschäft dagegen ist eher schnelllebig. Daher haben wir im Werkzeugmaschinenbereich die Roboter den CNC-Verkäufern zugeordnet: Der CNC-Vertriebsmann verkauft unseren Kunden also nicht nur die Steuerung, sondern auch den Roboter dazu.
mav: Bringen die CNCler denn genug Robotik-Knowhow mit?
Kramm: Das Gute ist, dass die CNC-Ausbildung viel beinhaltet, was sich auf den Roboter übertragen lässt. Die Roboterwelt ist steuerungstechnisch etwas einfacher als die CNC-Welt. Das nötige Mechanikwissen kann sich jeder Ingenieur in kurzer Zeit aneignen. Insofern ist es einfacher, in diese Richtung quer auszubilden als umgekehrt.
mav: Gibt es durch die Fusion also vor allem Zusatzgeschäft für die Robotik bei bestehenden CNC-Kunden?
Kramm: Nein wir haben beides: CNC-Kunden, die nun auch Roboter kaufen, und Roboterkunden, die nun auch CNC kaufen. Wir erwarten für das kommende Geschäftsjahr 17 Prozent Wachstum für Fanuc in Deutschland. Der Großteil des Wachstums sind Synergieeffekte aus dem Zusammenschluss. Wir erreichen nun einfach Kunden, die wir vorher nicht erreicht haben. Das gilt gerade für unsere Maschinensparte.
mav: Dass die Robomachines bislang nicht so offensiv verkauft wurden, hatte ja auch einen Grund: Man wollte die vielen CNC-OEMs nicht mit Konkurrenzprodukten aus eigenem Haus verärgern beziehungsweise das eigene CNC-Geschäft kannibalisieren. Spielt das keine Rolle mehr?
Kramm: Das hat noch nie eine Rolle gespielt. Das wurde zwar von anderen so aufgebauscht, innerhalb Fanuc aber so nie diskutiert. Das gilt insbesondere für Deutschland: Wir haben zwar in asiatischen Märkten einen CNC-Marktanteil von 70 Prozent – in Deutschland ist der Anteil nur bei etwa 10 Prozent. Und der Anteil potenzieller Robodrill Wettbewerber liegt bei 5 Prozent. Im Übrigen gibt es die Robodrill seit 40 Jahren – die anderen haben also eher nachgezogen. Von daher sehen wir mit den CNC-Kunden keine Diskrepanz.
mav: Dennoch hat Fanuc natürlich eine Menge Knowhow aufgebaut – gerade in den gemeinsamen CNC-Projekten mit Kunden. Wenn Sie jetzt immer tiefer in das Maschinengeschäft einsteigen, muss der Maschinenhersteller dann nicht befürchten, dass Sie ihm stärker ins Gehege kommen…?
Kramm: Zum einen gibt es solche Bedenken nicht und zum anderen sind wir wie gesagt nun schon seit 40 Jahren in dem Markt. Wenn wir unser Geschäft hätten erweitern wollen, dann hätten wir das längst getan. Unsere Stärke ist Standard, das gilt auch für die Robodrill. Diese haben wir gezielt für den unteren Bereich mit kleinen Tischgrößen entwickelt, den andere Hersteller so nicht bedient haben. Kurzum: Wir haben uns bewusst entschieden, das untere Segment mit einer standardisierten Lösung anzugehen, und keiner muss Angst haben, dass wir etwas daran ändern.
mav: Aber so klein ist Ihre Nische auch nicht mehr: Sie können jetzt ja auch 5-Achs-Fräsen und ähnliches. Letztlich sind Sie nur über die Tisch und damit Bauteilgröße beschränkt…
Kramm: Ja, wir können zum Beispiel nur Teile für kleinere Motoren bearbeiten – aber hier gibt es auch lukrative Bereiche. Der Schweißspezialist Lewa, der jedes Jahr rund 100 Roboter verkauft, schaut nun auch auf die Robodrill und baut damit einen neuen Geschäftsbereich auf.
mav: Haben Sie die Synergien aus dem Zusammenschluss schon voll ausgeschöpft?
Kramm: Nein. Wir stehen noch ganz am Anfang und sind immer noch etwas erschlagen von den vielen Möglichkeiten, die wir vertrieblich und strategisch zunächst gar nicht in dieser Vielfalt gesehen haben. Die Möglichkeiten zeigen uns unsere Kunden auf. Daher sind wir überzeugt, dass man an Fanuc künftig nicht mehr vorbei kommt. Weltweit haben wir im CNC-Bereich einen Marktanteil von 65 Prozent. Und auch im Robotermarkt sind wir mit 30 Prozent Marktführer. Der Maschinenbauer und der Integrator, der sein Fertigungs-Equipment in die Welt verkaufen will, kommt also an uns nicht vorbei.
mav: Dennoch haben Sie in Deutschland nach wie vor nur 10 Prozent Marktanteil im CNC-Steuerungsgeschäft…
Kramm: Ja. Wir haben seit ein paar Jahren leider ein stagnierendes CNC-Geschäft. Aber da hilft uns jetzt der Merger. Wir haben auch viel in den Vertrieb investiert und erwarten uns eine entsprechende Steigerung. Und uns fehlen noch ein paar wirklich große Markennamen im CNC-Bereich – die werden wir nun ganz gezielt angehen. Die ersten Erfolge zeichnen sich hier bereits ab. Grob, MAG oder Heller haben alle erstmals eine Fanuc Steuerung auf der EMO gezeigt. Und viele Hersteller fangen neue Projekte mit uns an: Allein im deutschen Umfeld werden gerade sechs bis acht Maschinen mit Fanuc Steuerung entwickelt. Hier sind also einige Dinge im Entstehen, und wenn diese so Realität werden, dann reden wir über ganz andere Dimensionen: Wir wollen in drei Jahren von heute 1700 Steuerungen auf 3000 kommen.
mav: Wollen Sie dabei eher dem großen Wettbewerber Siemens Marktanteile abjagen oder denken Sie an Heidenhains Bereich Werkzeug und Formenbau?
Kramm: Wir wollen Marktanteil holen und das ganz gezielt im großvolumigen Geschäft. Denn wir haben ja eher unsere Stärken im Standardgeschäft und nicht so sehr in der kundenindividuellen Anpassung. Das ist eher Stärke unserer Systempartner.
mav: Stellen Maschinenhersteller komplett auf Fanuc um?
Kramm: Wir sind bislang immer ein Anteilslieferant und statten in dieser Rolle meistens 20 bis 30 Prozent der Maschinen aus. Meistens gilt: Alle Maschinen, die nach Deutschland gehen, haben eine Siemens-Steuerung. Alles, was nach Asien geht, ist Fanuc. Nun kommen wir aber bei einzelnen Herstellern auch für die deutschen Kunden ins Gespräch. Das streben wir auch an, denn wir wollen nicht nur der Lückenfüller für China sein. Wir sind hierzu auch mit einigen Automobilherstellern im Gespräch, damit unsere Steuerung ins Pflichtenheft kommt.
In Zukunft werden 60 bis 70 Prozent aller Werkzeugmaschinen automatisiert – das heißt der Bereich Automatisierung von Werkzeugmaschinen hat noch großes Potenzial. Unsere LR Mate-Serie geht seit der neuen Modellreihe ab wie eine Rakete. Daher wird auch die Robotik vom Merger profitieren.
mav: Aber Sie bauen nach wie vor kein System-Knowhow auf wie andere Mitbewerber?
Kramm: Nein, wir wollen kein eigenes Systemgeschäft. Es gibt 10 bis 15 dominierende Roboterapplikationen am Markt – die kann man nicht alle beherrschen. Man kann nicht heute ein Experte zum Schokoladenverpacken sein und morgen ein Auto schweißen. Wir haben mittlerweile 200 Systempartner in Deutschland – davon 15 bis 20 sehr starke, mit denen wir näher zusammenrücken. Wir haben in jedem Applikationsbereich den besten Integrator im Markt als Partner, das ist unser Anspruch. Das macht unseren Erfolg aus: Vor fünf Jahren haben wir in Deutschland rund 1500 Roboter verkauft. Dieses Jahr lag der Auftragseingang bei 3100 Roboter. Und das soll so weiter gehen. Wir sind jetzt klare Nummer zwei in Deutschland – und wir werden den Abstand zum Führenden Kuka weiter verringern.
mav: Aber auch Kuka will den CNC-Bereich stärker in den Fokus nehmen und hat hierzu eine strategische Kooperation mit dem deutschen CNC-Platzhirsch Siemens geschlossen. Das macht es für Sie nicht einfacher, oder?
Kramm: Wir haben bislang noch keinen Kunden deswegen verloren. Wir fürchten das auch nicht, was da entsteht. Was dort als enge Verbindung gepriesen wird, ist bei Fanuc schon lange Standard. Man kann bei uns schon lange einen Roboter auf der CNC-Steuerung verfahren, diese Schnittstelle haben wir seit drei Jahren. Die Frage ist für uns jetzt, was die nächsten Schritte beim Zusammenwachsen von Roboter und CNC sind. Da haben wir als Roboter- und CNC-Hersteller natürlich einen ganz anderen Anspruch, als wenn zwei verschiedene Unternehmen etwas entwickeln. Bei uns sind beide Steuerungen aus einem Guss, weil sie nicht nur aus einer Hand stammen, sondern mit dem gleichen gedanklichen Ansatz der integrierten Automation entwickelt wurden.
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