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mav: Je nach Ausrichtung und Abhängigkeit von bestimmten Branchen hat sich die Coronakrise unterschiedlich auf die Unternehmen ausgewirkt. Wie ist die Danobatgroup durch die letzten zwei Jahre gekommen?
Lindner: Natürlich hatte Corona ganz generell eine Auswirkung auf den Markt. Inzwischen kommen noch die Sorgen wegen des Krieges in der Ukraine hinzu.
Die Situation erschüttert das Vertrauen der Menschen und das wirkt sich auch auf ihre Investitionsentscheidungen aus. Unsere Aufträge haben meist ein Volumen von über einer Million Euro und werden deshalb eher geschoben als kleinere Aufträge.
Als es losging mit Corona, haben wir uns als Gesellschafter zusammengesetzt und entschieden: Für uns hat es höchste Priorität, unsere Mitarbeiter zu halten.
Die Kosten haben wir über Kurzarbeit und andere Maßnahmen um 25% gesenkt. Das Jahr 2020 haben wir mit einem leichten Plus abgeschlossen.
Bereits 2020 haben wir große Aufträge von Krones und Bombardier bekommen, sodass die Steigerung 2021 noch deutlicher ausfiel. Und aktuell sieht es beim Auftragseingang wieder richtig gut aus. Nicht zuletzt, weil Soraluce den größten Auftrag seiner Geschichte erhalten hat, bestehend aus 9 Multitasking Maschinen für die Luft- und Raumfahrtindustrie in den USA. Diese Maschinen werden über das gesamte Jahr 2023 ausgeliefert und sind für uns eine Grundauslastung.
Nach der aktuellen Maschine für Krones mit zwei 6m-Drehtischen und zentraler Werkzeugarena haben wir auch hier schon einen Folgeauftrag für eine große verkettete Anlage mit drei Portalen und 60 Meter Gesamtlänge bekommen.
Profitieren Sie aktuell auch vom Trend zu regenerativen Energien?
Lindner: Auf jeden Fall. Unsere Maschinen kommen bei der Getriebebearbeitung und der Bearbeitung sonstiger Bauteile für Windenergieanlagen zum Einsatz. Momentan bauen wir auch zwei große Maschinen für die Firma Max Bögl. Die Anlagen kommen bei der Bearbeitung von Beton-Fertigteilen für die Windenergie zum Einsatz.
Insgesamt sieht unser Auftragsvolumen für das nächste Jahr schon sehr gut aus. Daher sind wir auch froh, dass wir unsere Mitarbeiter alle halten konnten.
Hat sich die Kommunikation mit den Kunden durch Corona verändert?
Lindner: Ja, natürlich hat sich die Arbeitswelt verändert. Heute finden viel mehr Meetings über Videokonferenzen statt. Und auch das Verkaufen hat sich verändert. Trotzdem ist bei Neuprojekten ist der direkte Kundenkontakt unersetzlich. Allerdings lassen sich viele Dinge auch online gemeinsam mit dem Kunden umsetzen. Ich denke dieser Mix wird auch in Zukunft bleiben.
Gab es bei Soraluce ein Russland-Geschäft, das jetzt weggebrochen ist?
Lindner: Der russische Markt hat für uns keine große Rolle gespielt. Wir hatten zwei Aufträge aus Russland, die durften wir nicht ausliefern. Einen größeren Effekt hat eher die Verunsicherung mancher Kunden durch den Krieg in der Ukraine. Das führt doch zu einiger Nervosität.
Wie sieht es mit den Lieferketten aus? Verzögert sich die Maschinenauslieferung, weil bestimmte Teile aktuell nur schwer zu beschaffen sind?
Lindner: Für uns ist die Situation beherrschbar. Zum einen hilft uns unsere hohe Fertigungstiefe. Zum anderen haben wir für unsere hochwertigen Maschinen auch sehr zuverlässige Lieferanten. Echte Ausfälle haben wir in der Lieferkette bisher eigentlich nicht.
Aktuell sprechen wir bei einer großen Maschine von 16 bis 17 Monaten Lieferzeit. Massive Kostensteigerungen von 70% bis 100% sehen wir vor allem bei den Transporten.
Wie hoch ist denn die Fertigungstiefe?
Lindner: Sehr hoch. Abgesehen vom Gießen der Maschinenbetten, der Steuerung und den Antrieben machen wir fast alles selbst. Von den Fräsköpfen bis hin zu den großen Rundtischen werden die allermeisten Komponenten bei uns gefertigt. Auch die Werkzeugarena bei der Krones-Maschine für 500 Werkzeuge ist bis auf den Roboter bei uns im Haus gemacht. Auch das verringert unsere Abhängigkeit von Lieferanten und hilft uns in der momentan problematischen Liefersituation.
2023 bauen wir die Fräskopfmontage in unserem Werk weiter aus, sodass wir die Nachfrage erfüllen können.
Wir brauchen diese Kapazitätserhöhung auch, weil die Maschinen mit mehr Wechselköpfen geliefert werden als früher. Das liegt nicht zuletzt am besonders einfachen automatischen Wechsel über unser Adaptersystem.
Aktuell baut Soraluce auch ein Servicecenter mit einer Fräskopfwerkstatt in den USA auf, einfach weil der Markt immer wichtiger für uns wird.
Sie haben 2018 Entwicklungen vorgestellt, die die Maschinen intelligenter machen sollen, wie zum Beispiel eine Höhenkorrektur für den Schieber und ein Vibrationsdämpfungssystem. Was ist aus diesen Entwicklungen geworden?
Lindner: Egal ob es um unser Patent für den Pinolenwechsel, die automatische Fehlerkorrektur oder die Schwingungsdämpfungssysteme DAS und DWS geht, mit diesen Innovationen sind wir am Markt außerordentlich erfolgreich. Eine Vibration oder das Rattern muss nicht immer von der Maschine kommen. Es kann auch vom Werkstück oder von der Spannung herrühren. Mit DWS haben wir ein mobiles System, das diese Probleme perfekt löst und unsere Kunden begeistert.
Welche Herausforderung steht aktuell im Vordergrund?
Lindner: Das ganz große Thema ist die Digitalisierung. Unsere Kunden wünschen immer mehr Möglichkeiten, detailliert zu verfolgen, wie es ihren Produktionsmaschinen geht. Von zusätzlichen Sensoren bis hin zu einer digitalen Plattform zur Auswertung der Daten arbeiten wir hier an neuen Konzepten. Dreh- und Angelpunkt dieser Entwicklungen ist unsere zentrale Überwachungsplattform „My Soraluce“, die wir hier auf unserem Summit zum ersten Mal vorstellen.
Gibt es weitere neue Entwicklungen?
Lindner: Ja, wir haben interessante neue Entwicklungen in der Anwendungstechnologie, die aber momentan noch nicht spruchreif sind. Auf jeden Fall geht es weiter darum, die Maschine intelligenter zu machen und letztlich auch die Erfahrung eines langjährigen Mitarbeiters in der Maschine abzubilden.
Aber, auch wenn in Zukunft mehr Know-how in die Maschine wandert, wird es eine Stärke von Bimatec Soraluce bleiben, dass Anwendungstechniker vor Ort genau die Unterstützung leisten, die der Kunde benötigt.
Was werden Sie auf der AMB zeigen?
Lindner: Wir werden auf der AMB in Stuttgart ein Multitask Bett Fräs-, Dreh- und Schleifcenter mit einem Drehtisch mit 1250 mm Durchmesser für die Karussellbearbeitung mit 400 Umdrehungen pro Minute vorstellen. Wir zeigen auch, wie unkompliziert der Kunde mit unseren Köpfen auf der gleichen Maschine drehen, fräsen und schleifen kann. Das erhöht die Flexibilität ganz enorm und spart die Investition für eine zusätzliche Maschine. Gerade für Lohnfertiger ist das sehr attraktiv.
Welche Rolle spielt die Automatisierung bei den eher großen Werkstücken?
Lindner: Der Anteil an Maschinen, die mit Automation bestellt werden, nimmt stetig zu. Die Größe spielt da eigentlich keine Rolle. Die Anforderung ist ganz klar: Standzeiten müssen zu Hauptzeiten werden. Unsere Kunden wünschen daher Automation auch bei 20-, manchmal sogar bei 40-Tonnen-Teilen. Also entwickeln wir auch dafür die passenden Konzepte, wie zum Beispiel einen entsprechend großen Paletten-Bahnhof. Dazu kommt unser Werkzeugspeicher-Konzept als Werkzeugarena mit nahezu beliebig vielen Plätzen. Die komplett automatisierte Werkzeugzuführung ist unerlässlich, um die Spindellaufzeiten in einen Bereich von über 95% zu bringen. Auch eine komplett mannlose, Schicht ist so kein Thema mehr.
Welche Branchen laufen aktuell besonders gut?
Lindner: Wenn man den Fachleuten Glauben schenkt, wird 2023 ein Superjahr für die Windenergie, sowohl offshore als auch an Land. Zunehmend schwierig ist es allerdings, die riesigen Bauteile dann an ihren Bestimmungsort zu transportieren.
Wie ist Ihr Ausblick auf die nächsten Jahre?
Lindner: Für das Unternehmen bin ich sehr zuversichtlich. Natürlich beschäftigt uns die Ukrainekrise, aber ich hoffe, dass es Ende des Jahres wieder etwas ruhiger wird. Ich bin auch deshalb positiv gestimmt, weil wir gerade in der Krise gesehen haben, dass unsere Technologien, unsere Maschinenkonzepte nicht von bestimmten Branchen abhängen. Wir sind heute sehr breit aufgestellt, was den Kundenkreis angeht, und wir sind durch unsere hohe Fertigungstiefe nicht anfällig für Störungen der Lieferkette. Wir rechnen mit weiterem Wachstum und investieren deshalb auch in die neue Fräskopf Montage in Spanien. Bei der Technologieentwicklung haben wir schon immer Maßstäbe gesetzt und werden das auch weiterhin tun.
Bimatec Soraluce
www.bimatec-soraluce.de
High-End Multitasking-Maschine für Krones
Während der Veranstaltung stellte das Unternehmen unter anderem eine große Multitasking-Maschine, die Fräs- und Drehbearbeitung mit hohem Automatisierungsgrad vereint, vor. Die Anlage ist für das deutsche Unternehmen Krones, einem weltweit führenden Hersteller von Produktionslinien für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie.
Die Maschine mit feststehendem Portal ist mit zwei verfahrbaren Karussell- und Fräsdrehtischen mit einem Durchmesser von 6000 mm und einem Durchgang zwischen den Ständern von 7100 mm für Werkstücke bis zu 40 Tonnen Gewicht ausgestattet. Sie verfügt über mehrere automatisch schwenkende Fräsköpfe und Drehstahlhalter sowie ein Werkzeugwechselsystem mit 500 Werkzeugen mit automatischem Handling und Werkzeugzufuhr über einen Roboter.