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Für das Unternehmen Hengst Filtration spielt Nachhaltigkeit seit jeher eine entscheidende Rolle. Als führender Hersteller für Filtrationslösungen stellt das Unternehmen nicht nur Produkte her, welche die Umwelt und die Gesundheit schützen, sondern auch das unternehmerische Handeln ist neben der ökonomischen ebenso auf die ökologische Nachhaltigkeit ausgerichtet. Um diese Ziele zu erreichen, sucht Hengst stetig nach neuen Lösungen.
Jüngst galt es, eine mechanische Bearbeitung für neue Lkw- und Pkw-Filtergehäusetypen aus Druckguss zu installieren. Hierzu investierte Hengst Filtration in zwei automatisierte Fertigungszellen des Werkzeugmaschinenherstellers Licon aus Laupheim in Baden-Württemberg. Als globaler Systemlieferant fertigt Licon hocheffiziente Lösungen von der Einzelmaschine bis zur vollautomatisierten Produktionslinie. Herzstück der automatisierten Licon-Fertigungszellen bei Hengst Filtration sind fünf Doppelspindler des Typs LiFLEX II 766, die schlüsselfertig im Werk Nordwalde installiert wurden.
LiFLEX-Doppelspindler bringen entscheidende Wettbewerbsvorteile
In der größeren Fertigungszelle produziert Hengst Filtration auf drei der fünf LiFLEX-Doppelspindler Lkw-Filtergehäuse. Auf den anderen zwei LiFLEX-Doppelspindlern werden in der kleineren Fertigungszelle Pkw-Filtergehäuse für eine deutsche Premiummarke hergestellt. Mit der Entscheidung für die Doppelspindler von Licon sichert sich Hengst entscheidende Vorteile hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit sowie der Nachhaltigkeit.
Die doppelspindligen Bearbeitungszentren beanspruchen bei gleicher Ausbringung circa 40 % weniger Hallenfläche als die bis dato eingesetzten Einspindler. Somit konnte die Produktivität je Quadratmeter deutlich gesteigert werden. Dies war nur ein Grund für die Investitionsentscheidung zu Gunsten von Licon-Doppelspindlern.
In der Hengst-Produktion wurden bisher hauptsächlich vierachsige Einspindler eingesetzt. Zur mechanischen Bearbeitung an fünf Seiten der Bauteile brauchte es deshalb mindestens zwei Operationen. Mit den neuen 5-Achs-Bearbeitungszentren von Licon können die Bauteile in nur einer Aufspannung komplett bearbeitet werden. So werden Umspannfehler ausgeschlossen.
„Für die einfache Skalierbarkeit ist es wichtig, dass die Werkstücke in einer Maschine fertig bearbeitet werden. So kann mit jeder zusätzlich beschafften Maschine die Kapazität direkt erweitert werden. Mit den Licon-Bearbeitungszentren gelingt uns dieses sowohl mit den Pkw-Filtergehäusen als auch mit den Lkw-Filtergehäusen“, schwärmt der für das Projekt „Lkw-Filtergehäuse“ zuständige Hans-Joachim Daum vom Industrial Engineering bei Hengst Filtration.
„Die Arbeitsräume unserer Bearbeitungszentren sind für Kubaturen von Rahmenspannvorrichtungen konzipiert, wie die Fünf-Seiten-Bearbeitung es erfordert. Das ermöglichte es Hengst Filtration, die Anlaufkurve optimal abzubilden, und der Kunde bestellte anfangs nur eine Maschine je Bauteiltyp“, erläutert Nils Baumgartner, Key Account Manager bei Licon.
Minimalmengenschmierung ersetzt den Kühlschmierstoff und spart Energie
Während bislang fast ausschließlich Emulsion als Prozessschmierung zur Anwendung kam, wird nun die Minimalmengenschmierung (MMS) eingesetzt. Hierbei wird werkzeugspezifisch dosiert ein Ölnebelgemisch durch Kühlkanäle im Werkzeug an die Schneide geführt. Während der Prozessinbetriebnahme werden die Dosierparameter werkzeug- und bearbeitungsspezifisch optimiert und im NC-Programm hinterlegt. So wird gewährleistet, dass die mechanisch bearbeiteten Bauteile „quasi trocken“ aus dem Bearbeitungszentrum entnommen werden können. Die bisher übliche Kontaminierung der Maschine und ihrer Umgebung mit KSS kann komplett vermieden werden. Die für die Umwälzung des KSS erforderlichen Pumpen und deren Antriebsmotoren entfallen, was eine signifikante Energieeinsparung bedeutet.
Ein mit MMS betriebener LiFLEX-Doppelspindler benötigt durchschnittlich 15 Kilowatt. Ein Vergleich mit KSS-betriebenen Bearbeitungszentren zeigt stündlich eine Einsparung an elektrischer Energie von mindestens 10 kWh pro Bearbeitungszentrum. Über eine jährliche Betriebsdauer von 5000 Stunden ergibt dies im Vergleich eine jährliche Einsparung von 50 000 kWh pro Bearbeitungszentrum und 250 000 kWh für alle fünf Bearbeitungszentren.
Bei Hengst Filtration galt es, zwei deutlich unterschiedlich große Werkstücke mechanisch zu bearbeiten, möglichst mit gleicher Technologie. Aus diesem Grund wurde für die Bearbeitung des großen und des kleinen Bauteils zwar der gleiche Maschinentyp ausgewählt, die Bearbeitungszentren unterscheiden sich aber durch die jeweiligen Beladekonzepte. Hier hilft das modulare Konzept von Licon. Die LiFLEX II 766 ist in allen drei gängigen Beladungsarten erhältlich: Direktbeladung, Doppelschwenkträger und Palettenwechsler.
Zur Bearbeitung des großen Bauteils mit der damit einher gehenden längeren Zykluszeit werden die Bearbeitungszentren vom Typ LiFLEX II 766 i DL B2 direkt beladen. Zur Be- und Entladung stehen die Maschinen still. Dieser Vorgang ist relativ zur Zykluszeit jedoch so kurz, dass ein zweiter Satz Spannvorrichtungen zur hauptzeitparallelen Beladung nicht lohnend wäre. Zudem wird der Aufwand zur Qualitätsüberwachung der Spannester um 50 % reduziert.
Für das kleinere Pkw-Filtergehäuse sieht der Fall deutlich anders aus. Marco Gerhard vom Bereich Industrial Engineering bei Hengst Filtration erläutert sein Projekt wie folgt: „Aufgrund der kleineren Kubatur des Pkw-Filtergehäuses ist die Taktzeit deutlich kürzer als beim Lkw-Filtergehäuse, sodass hier eine hauptzeitparallele Bearbeitung die wirtschaftlichere Variante darstellt. Daher wurde hier der Palettenwechsler eingesetzt. In der Maschine war es sogar möglich Spannvorrichtungen für je zwei Werkstücke einzusetzen. Es werden pro Spindel zwei Filtergehäuse bearbeitet, im Doppelspindler also vier mit jedem Zyklus. Dies ermöglichte einen Taktzeitvorteil von 15 %.“
Automatisierung bedarfsgerecht konfiguriert und doch flexibel
Zur mechanischen Bearbeitung der großen Bauteile werden in Summe drei Bearbeitungszentren eingesetzt. Diese werden durch einen auf einer Brücke fahrenden Roboter „von oben“ be- und entladen. Der von Licon hierzu entwickelte 4fach-Greifer mit flexibler Spanntechnik zum Ausgleich der Rohgussschwankungen erlaubt das zeitgleiche Greifen von zwei Rohteilen und zwei Fertigteilen. Damit werden die Bauteile zielsicher in den Spannvorrichtungen positioniert. Die mechanische Bearbeitung der kleinen Bauteile übernehmen zwei sich gegenüberstehende Bearbeitungszentren, die von einem ortsfesten Roboter be- und entladen werden. In beiden Produktionszellen werden die Rohteile durch den Werker auf Rohteilbändern bereitgestellt. Die jeweils gewählten Puffergrößen erlauben den mannlosen Pausendurchlauf. „Uns ist Flexibilität wichtig. Daher wollten wir die freie Zugänglichkeit für eine manuelle Beladung. Dies ermöglicht uns, auch einmal eine kleine Losgröße einer älteren Type auf einem der drei Hochleistungs-Doppelspindler zu fertigen. Dafür ist das Konzept mit auf der Brücke fahrendem Roboter ideal“, erläutert Werksleiter Michael Cedrola die Entscheidung für dieses Konzept.
Industrie 4.0
Produktionssysteme mit entsprechend hohem Automatisierungsgrad, wie hier beschrieben, erfordern ein transparentes Datenmanagement. So wurde bei dem Projekt auf die Rückverfolgbarkeit der Produktionshistorie jedes Bauteils geachtet. Sämtliche wichtige Daten liefern die Bearbeitungszentren an übergeordnete Leitrechner.
Ergänzend dazu erlauben weitere sensorisch arbeitende Systeme unter anderem die Überwachung von Werkzeugbruch sowie der Bearbeitungsqualität hinsichtlich möglicher auftretender Vibrationen bis hin zu Analysen für notwendige, vorbeugende Serviceaktivitäten.
Integrierte Lösung aus einer Hand
Alf Bönisch, dem Leiter des Teams Industrial Engineering bei Hengst Filtration ist es wichtig, dass umfangreiche Projekte wie diese mit möglichst wenigen Schnittstellen abgewickelt werden können. „Licon liefert die Anlagen als Turnkey-Lösung mit Spannvorrichtungen und Automation. So kommt alles aus einer Hand. Der Werkstückgreifer ist sehr komplex. Er trägt vier Werkstücke, zwei Roh- und zwei Fertigteile. Bei einer derart herausfordernden Schnittstelle zu den beiden Spannvorrichtungen war es hilfreich, dass beides – Spannvorrichtung und Werkstückgreifer – vom selben Hersteller entworfen und hergestellt wurde. Zur Minimierung der Inbetriebnahmedauer hat Licon den gesamten Prozess simuliert und vorab virtuell in Betrieb genommen. Das hat uns wertvolle Zeit eingespart“, erklärt Bönisch die Entscheidung für Licon.
Licon mt GmbH & Co. KG
www.licon.com