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„Die Mikrozerspanung ist Teil unserer DNA!“

Michael Hauser, Chief Executive Officer Tornos S.A.
„Die Mikrozerspanung ist Teil unserer DNA!“

Seit September 2011 steht Michael Hauser an der Spitze des traditionsreichen Schweizer Drehmaschinenherstellers Tornos und kämpft derzeit, wie alle Schweizer Maschinenhersteller, mit der Stärke des Franken und einer weltweiten Investitionszurückhaltung. Wo Tornos heute steht und wie er das Unternehmen trotz widriger Rahmenbedingungen fit für die Zukunft machen will, erläutert Hauser im Gespräch mit der mav.

mav: Tornos hat in seiner traditionsreichen Geschichte schon manche Höhen und Tiefen erlebt. Wo steht das Unternehmen heute?

Hauser: Mit Sicherheit noch nicht dort, wo wir stehen sollten. Wir haben die letzten Jahre gewaltige Anstrengungen unternommen, um langfristig profitabel zu werden, wurden jetzt allerdings durch einige Sondereinflüsse etwas zurückgeworfen.
Können Sie diese näher erläutern?
Hauser: Wir bewegen uns in einem ultrazyklischen Markt. Das wissen wir und haben uns entsprechend darauf eingestellt. Wir haben unsere Produktion vollkommen flexibel gestaltet und spürbar verschlankt. Prozesse und Komponenten, die nicht zu unseren Kernkompetenzen gehören, haben wir auf externe Partner verlagert und zwei Fabriken in Asien aufgebaut. Dadurch ist es uns gelungen, die Gewinnschwelle um 100 Millionen Franken zu senken.
Trotzdem hat es nicht gereicht. Woran lag’s?
Hauser: Ohne lamentieren zu wollen. Zum einen schlägt natürlich die Währungssituation voll durch. Unsere Produkte wurden mit einem Schlag um 15 Prozent teurer. Das war sowohl für unsere Marge als auch die Wettbewerbssituation eine Katastrophe. Zum anderen sind aktuell zwei unserer Kernmärkte bei Investitionen im Stand by Modus. Der weltweite Nachfragerückgang bei Uhren, insbesondere in Asien, führt dazu, dass die Uhrenbranche die Produktion zurückfährt. In der Automobilindustrie haben unsere Kunden nach wie vor viele Aufträge, aber sie sind verunsichert und halten sich mit Neuinvestitionen zurück. Lieber fahren sie ihren Maschinenpark unter Volllast. Wir merken dies unter anderem an unseren Serviceumsätzen, die bereits jetzt über Vorjahr liegen.
Nun werden sich diese drei Probleme kurzfristig nicht in Luft auflösen. Ist Tornos unter diesen Voraussetzungen langfristig überhaupt allein überlebensfähig?
Hauser: Eindeutig ja. Wir haben zum einen zwei Hauptaktionäre, die voll hinter uns stehen, weil sie das Potenzial und die Stärken von Tornos kennen. Zum anderen haben wir jetzt ein Produktportfolio, mit dem wir in den nächsten Monaten und Jahren signifikant Marktanteile gewinnen können.
Bevor wir auf diese Produkte zu sprechen kommen. Wo sehen Sie die besonderen Stärken von Tornos?
Hauser: Ich war schon bei einigen Werkzeugmaschinenherstellern, aber einen derartigen Spirit wie bei Tornos habe ich noch nie erlebt. Die Leute hier in der Region haben die Zerspanung in ihrer DNA, dazu sehr hohe Wertvorstellungen, und sie leben diese Werte. Daraus resultiert ein enormes Qualitätsniveau.
Es gibt Tornos Maschinen, die arbeiten seit über 40 Jahren zuverlässig und produktiv. Wenn notwendig, erhalten unsere Kunden auch dafür noch Ersatzteile. Das ist zwar betriebswirtschaftlich kontraproduktiv, spiegelt aber unsere Einstellung zu unseren Kunden wider. Tornos verkauft den Kunden nicht nur Maschinen, sondern hilft ihnen dauerhaft profitabel zu produzieren. Daraus ist über die Jahre eine verschworene Gemeinschaft entstanden, sowohl intern als auch zwischen unseren Kunden und uns. Es ist nicht übertrieben, in diesem Zusammenhang von einer Tornos-Familie zu sprechen.
Jetzt geht es also in erster Linie darum, die Kundenfamilie zu vergrößern. Was haben Sie diesbezüglich geplant?
Hauser: Wie bereits erwähnt, haben wir in den letzten Monaten immens viel in die Entwicklung neuer Produkte investiert. Von den 20 unterschiedlichen Modellen in unserem Portfolio sind nur noch drei älter als fünf Jahre. Alle anderen sind Neuentwicklungen, die sich nahezu alle überdurchschnittlich im Markt behaupten.
Beispiele bitte?
Hauser: Ich könnte Ihnen jetzt zwar alle Modelle im Detail vorstellen, möchte es aber bei zwei belassen. Vorab aber generell: Wir fokussieren die Produktentwicklung auf Märkte, sprich Branchen, regionale Besonderheiten, Werkstückspektrum. Der Kunde bekommt für sein spezielles Werkstückspektrum das jeweils beste Produktionsmittel zu einem für ihn optimierten Preis.
Das wird vom Markt zunehmend honoriert. So konnten wir von unserem neuen Mehrspindler Multiswiss seit der Markteinführung Ende 2011 mittlerweile schon über 200 Stück verkaufen. Damit wenden wir uns klar an Anwender, die hohe Stückzahlen in hoher Präzision mit hohen Ansprüchen an die Oberflächengüte fertigen.
Eine weitere Erfolgsgeschichte schreibt unsere Swissnano. Dieses Modell hat eingeschlagen wie eine Bombe, und wir haben allein in der Schweiz schon über 100 Stück verkauft.
Bei dieser Maschine sind Sie ja sowohl vom Design als auch von der Funktionalität unkonventionelle Wege gegangen. Was ist das Besondere an der Swissnano?
Hauser: Diese Maschine ist ein Sympathieträger. Klein, stark, kompakt, dazu mit pfiffigem Aussehen und erstklassigen Produktionsergebnissen. Es macht einfach Spaß mit ihr zu arbeiten. Der Verkauf steht hier erst einmal vor der Herausforderung, die Kunden von der Leistungsfähigkeit der Maschine zu überzeugen. Viele Anwender trauen ihr ihre enorme Leistung erst mal nicht zu. Wenn sie sie dann gekauft haben, sind sie begeistert. Das zeigt auch die Tatsache, dass der Anteil der Wiederkäufer, sprich wer eine Maschine gekauft hat, kauft unmittelbar darauf eine zweite, dritte, vierte… In Anbetracht der vielen kurvengesteuerten Maschinen im Markt, die demnächst ersetzt werden müssen, stimmt uns diese Tatsache sehr optimistisch.
War das so geplant?
Hauser: Hand aufs Herz, nein. Im Nachhinein aber verständlich. Es gibt immer weniger Mitarbeiter, die kurvengesteuerte Drehautomaten bedienen können. Die Swissnano liefert bessere Ergebnisse, ist nahezu so produktiv und kinderleicht zu programmieren beziehungsweise zu bedienen. Und das zu einem vernünftigen Preis, der sich nicht groß von einem Kurvenautomaten unterscheidet.
Sie haben vor einigen Jahren den Schweizer Zentrenhersteller Almac gekauft. Hat sich dieser Kauf gelohnt?
Hauser: Technologisch auf jeden Fall. Da Almac allerdings wie wir stark in die Uhrenindustrie liefert, kann die Marke uns in der derzeitigen Situation nicht so stark helfen, wie erhofft. Insgesamt gesehen werden wir künftig von Almac profitieren. Die Almac BA und die Swissnano basieren auf derselben Basis, so dass wir unseren Kunden hier je nach Anwendungsfall Lösungen zum Drehen und Fräsen anbieten können. Wenn sich der Investitionsstau in der Uhrenindustrie auflöst, sind wir damit ganz vorne dabei.
Alle Welt redet derzeit von Industrie 4.0. Wo stehen Sie in diesem Wettbewerb?
Hauser: Schwer zu sagen, da alle Welt davon spricht, jeder aber etwas anderes darunter versteht. Fakt ist, wir von Tornos haben mit Tisis schon früh eine Software auf den Markt gebracht, die unseren Kunden hilft, die Effizienz ihrer Anlagen zu steigern, Ausfälle zu vermeiden und ihre Prozesse besser zu beherrschen. Die Weiterentwicklung dieser Software steht auf unserer Prioritätenliste ganz oben, und wir werden jedes Jahr neue Module dafür anbieten.
Gibt es sonst noch Dinge, an denen Sie arbeiten?
Hauser: (lacht) Jede Menge. Wir sind auf einem guten Weg, haben aber noch viel zu tun. Unser primäres Ziel ist, mit unseren Lösungen noch mehr Kundennutzen zu generieren. Das Knowhow in der Fertigung wird weltweit abnehmen. Deshalb müssen unsere Maschinen noch intelligenter und intuitiv bedienbar werden. Was den reinen Maschinenbau betrifft, ist Tornos schon sehr weit und spielt in der Spitzengruppe mit. Wo wir allerdings noch Leistungsreserven sehen, ist die Gesamtbetrachtung komplexer Prozesse. Beispiel: Wie kann ich sie automatisieren, wie kann ich die Zu- und Abführung beziehungsweise den gesamten Materialfluss optimieren, die Kommunikation zwischen Maschinen und Werkstücken in Gang bringen et cetera. ■
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