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Automatisierte 6-Seiten-Bearbeitung komplexer Teile

Autonome Fertigungszelle mit Roboterautomation von STS und „R-C2“-Spanntechnik von Gressel
Automatisierte 6-Seiten-Bearbeitung komplexer Teile

Firmen im Artikel
Falser Maschinenbau aus Auer in Südtirol versteht sich als 360°-Systemlieferant, der hochwertige Bauteile und komplette Maschinenbaugruppen fertigt. Kürzlich hat das Unternehmen ein 5-Achs-Fräs-Dreh-Zentrum „HF 5500“ von Heller mit Rundspeicher- und Roboterautomation von STS, ausgestattet mit „R-C2“-Spanntechnik von Gressel, in Betrieb genommen. Seither werden Serien und Einzelteile mannlos komplettbearbeitet. Autor: Michael Hobohm

Südtirol ist wie Deutschland, Österreich und die Schweiz ein absolutes Hochlohnland. Aufgrund ihrer Historie verfügt die Region obendrein über vergleichsweise wenig Facharbeiter in der Zerspanung. So muss ein Betrieb mit Sitz nahe Bozen schon ein belastbares Geschäftsmodell besitzen, will er etwa gegen den nur 30, 40 km weiter südlich ansässigen Wettbewerb bestehen, der um bis zu 20 % günstiger ist. Effizienz und Fachkräftemangel waren denn auch erste Gründe, weshalb Andreas Falser vor mittlerweile vier Jahren das erste Mal über die automatisierte Fertigung in seinem Betrieb nachdachte.

Generalunternehmer im Maschinenbau

Gegründet wurde Falser Maschinenbau 1967 von Gottfried Falser und seiner Frau als Familienbetrieb, der dann bis 2010 als Instandhaltungs- und Zulieferbetrieb sowie Reparaturwerkstatt für größere Unternehmen geführt wurde. 2006 trat Sohn Andreas Falser nach Abschluss der Fachschule Maschinen- und Werkzeugbau in den Betrieb ein. Sein Credo: „Wenn ich die Firma einmal übernehme, mache ich daraus einen Vorzeigebetrieb.“ Dazu sollte mehr als nur Standardmaschinenbau gehören. 2010 wurde die Gesellschaftsform in Falser KG geändert, Andreas und seine Mutter Johanna übernahmen von nun an die Geschicke des Unternehmens mit elf Mitarbeitern. 2018 wurde zusätzlich die Falser Maschinenbau GmbH gegründet – mit weiteren 45 Mitarbeitern sowie der Erweiterung mit Automation und Serienmontagen. „Um uns zu differenzieren und an unserem Standort konkurrenzfähig zu bleiben, entschieden wir uns, unseren Kunden hochwertigere Produkte, mehr Wertschöpfung und ein Komplettpaket ,Alles aus einer Hand‘ zu bieten“, sagt Andreas Falser. „Dafür haben wir den Maschinenpark kontinuierlich erweitert und strategische Bereiche wie Schweißerei und Montage integriert. Inzwischen liefern wir nicht nur Zerspanungs- und Schweißteile, sondern das komplette Sortiment von Blech-, Dreh-, Fräs- und Schweißbaugruppen sowie komplett verkabelte Baugruppen an. Damit sehen wir uns als Generalunternehmer im Maschinenbau und strategischen Partner für unsere Kunden.“

Eine Antwort auf viele Fragen

In diesem Leistungsspektrum erwies sich die Zerspanung in den letzten Jahren als Flaschenhals. Daher sollte automatisiert und mannlos schneller gefertigt werden. Dabei musste die automatisierte Anlage einen Großteil des Portfolios handeln und zusätzliche Bearbeitungsschritte abdecken können. „Außerdem wollten wir auf Puffer zwischen den Bearbeitungen verzichten und die Rüstzeiten verkürzen.“ Wie das realisiert werden konnte, wurde nun intensiv geprüft. Ein Gesamtkonzept war gefragt. So führte an einem Fräs-Dreh-Zentrum schon bald kein Weg vorbei. Doch mit diesem Baustein allein ließen sich die Anforderungen nicht umsetzen. Eine Automation per Palettenwechsel sollte in das Konzept einfließen. Doch wie ließ sich über die Werkstückspannung eine mannlose Fertigung verwirklichen? Zumal das Teilespektrum in Auer von kubischen Teilen bis hin zu Platten sehr vielfältig ist und bis zu 100 kg schwere Aluminium- und Stahlteile auf die Anlage kommen sollten. Ab 2018/2019, als erste Gespräche mit Heller, STS und Gressel starteten, wuchs dann Schritt für Schritt das maßgeschneiderte Konzept.

In die Zukunft investiert

Heute wird in Auer mit einem horizontalen 5-Achs-BAZ HF 5500 von Heller gefertigt, das über einen Rundspeicher samt Palettenautomation und Roboterzelle von STS mit Werkstücken versorgt wird. Die 6-Seiten-Bearbeitung der Bauteile wird über die Werkstückspannung mittels R-C2-Automation von Gressel sichergestellt. Die Entscheidung Falsers für diese hochautomatisierte Anlage ist sicher außergewöhnlich für ein Unternehmen seiner Größe. „Ich sehe dies aber nicht als rein kalkulatorische Entscheidung. Ich will in die Zukunft investieren“, begründet der Geschäftsführer.

Bei der Fertigung wird das Rohmaterial aktuell auf zwei Wagen bereitgestellt, die je nach Teilegröße jeweils 20 bis 40 Teile aufnehmen können. Nachdem sich der Roboter, ausgerüstet mit dem R-C2-Spannmodul von Gressel, ein Spannmittel aus dem Greiferbahnhof geholt hat, fährt er zu einem der Wagen, greift mit definierter Spannkraft ein Bauteil und bringt es auf das Nullpunktspannsystem in die Maschine. Während jetzt die 5-Achs-Bearbeitung erfolgt, wird in der Übergabestation für das Werkstück ein zweiter Schraubstock für die 6-Seiten-Operation vorbereitet. Ist die Bearbeitung in der ersten Spannung OP10 abgeschlossen, holt der Roboter den Schraubstock aus der Maschine und fährt ihn nach Reinigung in die Übergabestation. Hier übergibt er das Bauteil an den zweiten Schraubstock, von dem es erneut mit definierter Spannkraft gespannt wird, und bringt ihn in die Maschine. Ist die sechste Seite in OP20 bearbeitet, fährt der Roboter das Bauteil hinaus und legt es mit dem Schraubstock wieder auf die Ablagewagen. „Wir spannen immer zwei Teile für die 5-Achs-Bearbeitung und zwei für die sechste Seite auf“, konkretisiert Falser. „Am Ende produzieren wir so ausschließlich fertige Teile.“ Die Steuerung des Rundspeichers, das „Cell-Management“, agiert dabei als Master für die gesamte Anlage.

Horizontal fünfachsig bearbeiten

„Mit der HF 5500 und ihrer horizontalen Bauweise denken wir heute eine ganz neue Art der Bearbeitung“, stellt Falser heraus. Das horizontale Konzept bietet gute Zugänglichkeit bei der Palettenautomation. „Aufgrund dieser Zugänglichkeit können wir auch schnell Einzelteile fertigen. Wir sind also in mehrfacher Hinsicht flexibel, unkompliziert und schnell“, betont Falser. Für kurze Span-zu-Span-Zeiten sorgen hierbei der schnelle Werkzeugwechsler in Verbindung mit einem Kettenmagazin für maximal 160 Werkzeuge und die hohen Achsgeschwindigkeiten der HF 5500 im Ausstattungspaket „PRO“. „Die Spindel mit HSK-A 63 bietet bei 16 000 min-1 eine Leistung von 56 kW und ein Drehmoment von 180 Nm“, berichtet Erich Stolz, Gebietsvertriebsleiter von Heller für Österreich und Südtirol. „Verbaut ist in der HF 5500 zudem ein NC-Schwenkrundtisch mit Gegenlager und AB-Kinematik mit hochdynamischen Torqueantrieben. Die fünfte Achse liegt im Werkstück, die Z-Achse verfügt über einen Gantry-Antrieb.“

Die Rundspeicher- und Roboterautomation von STS, einem Unternehmen der Heller Gruppe, arbeitet mit 17 Speicherplätzen für Paletten, sodass sich lange Laufzeiten realisieren lassen. „Der Speicher schränkt die Leistung der Maschine bezüglich Gewicht und Störkontur in keiner Weise ein“, unterstreicht Marcus Genkinger, Geschäftsführer von STS.

Sechs Seiten mannlos bearbeiten

Über die Roboterbeladung setzt Falser die R-C2-Automation von Gressel für die Werkstückspannung ein. Das gibt ihm die Möglichkeit, sehr unterschiedliche Teile zu automatisieren. Dazu sind keine gesonderten Programmierkenntnisse erforderlich, er richtet einzig die Dimension eines neuen Teils in der Bediensoftware ein. „Dies dauert in der Regel 15 bis 30 min“, bestätigt Falser. Um den Arbeitsraum der HF 5500 möglichst effizient zu nutzen, wurde eine Spannvorrichtung konzipiert, auf der sich vier Spanner anlegen lassen. Für die erste Aufspannung wird über eine 45°-Stellung gute Zugänglichkeit erreicht, bei der zweiten Aufspannung wird die sechste Seite horizontal bearbeitet. „Grundsätzlich können wir so vier Werkstücke auf einmal beladen“, beschreibt Andreas Brunhofer, Produktspezialist Automation bei Gressel.

Wettbewerbsfähig aufgestellt

Die Ergebnisse, die Falser Maschinenbau mit der Fertigungszelle auf die Straße gebracht hat, sprechen für sich. Nicht nur das Rüsten geht heute viel schneller, sondern auch die Durchlaufzeiten wurden verkürzt, sodass der Betrieb schneller liefern kann. „Außerdem erzeugen wir sofort höhere Qualität. Heute kommen die Teile perfekt aus der Maschine. Wir haben also einen Qualitätssprung hingelegt. Und während an der Fertigung mancher Teile früher fünf oder sechs Mitarbeiter beteiligt waren, ist es heute einer.“ „Drei“, muss man mit Blick in die Zukunft wohl sagen, denn mit der neuen Anlage ist nun auch wieder der Dreischichtbetrieb geplant. „In drei, vier Jahren wollen wir so weit sein, unseren Kunden komplette Bausätze ihrer Maschinen zu liefern“, schaut Falser nach vorn. „Damit treten wir als Komplettdienstleister im Maschinenbau auf und haben die gesamte Wertschöpfung im Haus.“

Gressel AG
www.gressel.ch

Falser Maschinenbau GmbH
maschinenbau.de.falser.eu

Gebr. Heller Maschinefabrik GmbH
www.heller.biz/de

STS Maschinedienstleistung GmbH
www.websts.de

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