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Titanaluminid lernt fliegen

Bearbeitungsstrategien für die Serienfertigung von schwierig zu bearbeitenden Werkstoffen
Titanaluminid lernt fliegen

Neue Werkstoffe sollen Flugzeugtriebwerke leiser, emissionsärmer und effizienter machen. In enger Zusammenarbeit mit Hochschulinstituten, Triebwerks- und Maschinenherstellern entwickelt Tyrolit neue Bearbeitungsstrategien und innovative Verfahren für die Serienfertigung dieser anspruchsvollen und schwierig zu bearbeitenden Werkstoffe.

Damals, als die erste Flugzeuggeneration fliegen lernte, war die Flugdauer wegen des hohen Treibstoffverbrauchs und der hohen Temperaturen der Triebwerke noch sehr begrenzt. Triebwerke mussten wegen Verschleiß der inneren Komponenten auch häufig gewechselt werden. Heute verbleiben die Komponenten in aller Regel etwa 10 000 Betriebsstunden in den Triebwerken. Der Treibstoffverbrauch ist im Vergleich zur Leistung erheblich gesunken, so dass Flüge mit einer Dauer von 15 Stunden und mehr alltäglich geworden sind.

Möglich wurde diese enorme Leistungssteigerung durch ständige Weiterentwicklung der Triebwerkskomponenten, sowohl bei den verwendeten Materialien wie bei der Bauart, aber auch im Bereich der Bearbeitungsverfahren dieser Komponenten. Schließlich müssen die Triebwerksteile immer höheren Belastungen standhalten, um die geforderte Leistung und Standzeit überhaupt erbringen zu können. Besonders beansprucht werden die Turbinenschaufeln in Hoch- und Niederdruckturbine des Triebwerks, wo nicht nur hohe Temperaturen sondern auch Drücke und extreme Fliehkräfte auf die Bauteile einwirken. Hier haben sich in den letzten Jahren Nickelbasislegierungen etabliert, die zwar allen Anforderungen entsprechen, aber das Flugzeug schwer machen.
Nächste Entwicklungsstufe ACARE 2020
In einem gemeinsamen Projekt von Politik, Forschungsinstituten und der Industrie (ACARE) hat man sich vorgenommen, bis zum Jahr 2020 den Treibstoffverbrauch und die CO2-Emissionen der Flugzeuge pro Passagier um 50 % zu senken. Die NOx-Emissionen sollen sogar um 80 % gesenkt werden. Die Flugzeuge sollen um 50 % leiser und die Kosten für Wartung und Reparatur sollen eindeutig gesenkt werden. Einer der ersten Ansatzpunkte sind natürlich die schweren Flugzeugtriebwerke. Mit Titanaluminid haben die Materialwissenschaftler einen Stoff ausgemacht, dessen physikalische Eigenschaften und das geringe Gewicht sehr vielversprechend für den Einsatz in Flugzeugturbinen erscheinen.
Titanaluminid ist eine intermetallische Legierung aus Titan und Aluminium, bei der sich unter Wärmeeinfluss eine kristalline Gitterstruktur der Titan- und Aluminiumatome ausbildet, die sich bis zu einer Temperatur von 800 ° C als sehr warmfest und ermüdungsresistent erweist. Die geringe Dichte von nur 4 g/cm3 ergibt bei gleichem Teilevolumen eine deutliche Gewichtsersparnis gegenüber den heute gängigen Nickelbasislegierungen. Damit sind nicht nur Turbinenschaufeln wesentlich leichter als bisher, sondern auch Aufhängungsringe und Wellen können entsprechend geringer dimensioniert und leichter ausgeführt werden.
Die Turbinenhersteller versprechen sich durch den Einsatz von Titanaluminid als Leichtbauwerkstoff eine Reduzierung des Treibstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen bis zu 20 % pro Passagier und Kilometer, 80 % weniger NOx-Emissionen, bis zu 25 % Lärmminderung und eine Reduzierung der Maintenance-Kosten um 30 %.
Hochfeste Materialien sind schwierig zu bearbeiten
So toll wie die Materialeigenschaften auf den ersten Blick erscheinen, haben sie doch auch Nachteile: Die Produktion von Titanaluminid ist zurzeit noch sehr aufwändig und kostspielig. Die komplexen Materialeigenschaften erschweren die Bearbeitung. Aus Forschungsergebnissen geht hervor, dass der technisch interessante Bereich bei einem Legierungsanteil von etwa 42 bis 49 % Aluminium liegt. Mit entsprechenden Wärmebehandlungen ergeben sich unterschiedliche Phasen der Legierungen, die wiederum unterschiedliche Zähigkeiten des Materials aufweisen.
Der neue Hochleistungswerkstoff widersetzt sich auch den Zerspanungs- oder Umformkräften aller gängigen Bearbeitungsverfahren. Die Gitterstruktur des Titanaluminids verhält sich im kalten Zustand spröde wie Keramik und entwickelt erst bei Erwärmung metallische Eigenschaften. Das macht die Formgebung der Einzelbauteile schwierig, zumal bei Triebwerkskomponenten sehr enge Toleranzen gefordert sind.
Konzertierte Entwicklungsarbeit
Technologieführer verschiedener Fertigungssparten haben sich, mit ihrem jeweiligen Erfahrungsschatz, in die Entwicklung möglichst wirtschaftlicher Bearbeitungsmethoden für den neuen Werkstoff eingebracht. In Bezug auf das schwierige Schleifen hat Tyrolit schon früh die aufwändige Entwicklungsarbeit zur Bearbeitung von Titanaluminid übernommen. In gemeinsamer Arbeit haben Forschungsanstalten, Triebwerkshersteller, Maschinenhersteller und Schleifexperten nach neuen Wegen der Bearbeitung der Titan- aluminide gesucht. „Oberstes Ziel von Tyrolit ist es, für die gesamte Materialpalette Schleiflösungen anbieten zu können. Wir werden unseren Kunden passende Startspezifikationen liefern, damit sie sofort mit der Prozessoptimierung anfangen können“, so Daniel Herzog, Marketing Manager Turbinenindustrie bei Tyrolit.
Ziel ist es, die im Labormaßstab bereits erzielten Erfolge, in möglichst wirtschaftliche Serienfertigung und vertretbare Stückkosten umzusetzen. Aus der langjährigen Erfahrungs- und Entwicklungsarbeit wissen die Schleifexperten, dass ein Prozess erst dann erfolgreich optimieren kann, wenn man das Verhalten aller Komponenten und deren Interaktion kennt.
Sehr schnell wurde klar, dass auch nur geringe unterschiedliche Zusammensetzungen des Titanaluminids zu deutlich verändertem Verhalten des Werkstoffs führen. Das betrifft vor allem dessen mechanische Bearbeitung. „Nun gilt es, die materialseitig ändernden Parameter und die damit verbundenen Verhaltensänderungen zu erfassen. Auch für die Bearbeitung muss eine Matrix von Parametern für Bearbeitungsverfahren und Werkzeuge erarbeitet werden, nach der dann für das jeweilige Titanaluminid der jeweils optimale Schleifprozess angeboten werden kann“, führt Herzog weiter aus. „Das beinhaltet sowohl auf das jeweilige Material abgestimmte Schleifscheiben, wie auch die dazu passenden und bereits vorerprobten Schleifparameter, welche von der Tyrolit Anwendungstechnik bestimmt wurden.“
Tyrolit kann dabei auf die Praxiserfahrung von weltweit 65 Anwendungstechnikern und vielfältigen Versuchsmöglichkeiten der eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilung zurückgreifen. Somit können sowohl Entwicklungsarbeiten der Triebwerk- und Komponentenhersteller als auch die Maschinenhersteller vor Ort optimal unterstützt werden.
Erstflug ist geglückt
Zwischenzeitlich können erste Erfolge bei der Fertigung von Turbinenschaufeln aus Titanaluminid vermeldet werden. Der Erstflug des Triebwerks GEnx-1B-Turbofan ist bereits erfolgt und die ersten Ergebnisse bestätigen die hoch gesteckten Erwartungen.
Es zeichnen sich große Potenziale für die neuen Werkstoffe ab. Zum einen sollen die Bauteile noch hitzebeständiger werden, damit sie in mehr Turbinenstufen, eventuell auch im Hochdruckteil der Triebwerke eingesetzt werden können. Zum anderen empfiehlt sich ihr Einsatz auch in anderen technischen Bereichen wie in der Automobilindustrie.
Tyrolit – Schleifmittelwerke Swarovski K.G. www.tyrolit.com
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