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Quo vadis, Helvetia?

Freier Franken-Wechselkurs: Mit viel Geschick markt- und wettbewerbsfähig bleiben
Quo vadis, Helvetia?

Quo vadis, Helvetia?
Ist der Werkplatz Schweiz in Gefahr? Fertigungsbetriebe suchen und finden intelligente Lösungen, um trotz Frankenstärke international wettbewerbsfähig zu bleiben Bilder: SWISSMEM
Produkte aus der Schweiz stehen für Qualität, Sicherheit, Zuverlässigkeit und Innovation. Nach der Freigabe der Wechselkurse im Januar 2015 sind Produkte aus der Schweiz allerdings im besonders wichtigen Exportmarkt Euroraum inzwischen kaum noch wettbewerbsfähig. Auf ihre kritische wirtschaftliche Lage reagieren Schweizer Unternehmen mit viel Engagement und einem breiten Spektrum an Maßnahmen.

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Etwas mehr als ein halbes Jahr nach der Freigabe der Wechselkurse durch die Schweizer Nationalbank – der Schweizer Franken steht seitdem etwa paritätisch zum Euro – zeigen die Rückgänge im Im- und Export, dass sich die Unternehmen dauerhaft auf die derzeitige Situation einstellen müssen. Dies betrifft speziell auch die MEM-Industrie (Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie). Deren Verbände Swissmem und Swissmechanic (siehe Kasteninfo) bestätigen Rückgänge im Auftragseingang um knapp 15 Prozent.

Anhaltend schwierige Situation
Den Einbruch im Geschäft mit dem Euroraum konnten andere Regionen, zum Beispiel Asien und die dynamisch wachsende USA, nicht ausgleichen. Viele Unternehmen rechnen mit einem weiter rückläufigen Auftragseingang. Leicht verzögert werden auch die Umsätze sinken. Einher gehen teilweise signifikante Einbrüche bei den Margen. Da die durchschnittliche EBIT-Marge eines Schweizer Industriebetriebs zwischen vier und acht Prozent liegt, birgt das für einige Unternehmen hohe Risiken. Peter Dietrich, Direktor des Verbands Swissmem, befürchtet, dass die Unternehmen dem zunehmend durch Kurzarbeit begegnen. Umfragen lassen darauf schließen, dass auch Stellen abgebaut werden sollen. Zudem beabsichtigen viele Betriebe, zumindest Teile der Produktion ins europäische Ausland zu verlagern. Speziell im Verband Swissmechanic sieht man diese Entwicklung kritisch für den Produktionsstandort Schweiz.
Prozesse optimieren, Kosten senken
Selbstverständlich haben die Unternehmen der MEM-Branche rasch mit einem umfassenden Bündel an Maßnahmen reagiert. Dazu gehören Produkt- und Prozessoptimierung, generelle Effizienzsteigerungen und ein rigoroses Produktkostenmanagement. Einige Betriebe berichten davon, die Kostensituation in mehreren Schritten abgefedert zu haben. Zunächst gewährten sie ihren Kunden für einige Wochen gleichbleibende Preise, indem sie weiterhin mit einem internen Wechselkurs von 1,25 CHF rechneten. Dann konnten sie mit Kunden individuell eine moderate Preissteigerung von etwa 5 Prozent vereinbaren. Einhergehend haben sie die internen Kostenstrukturen auf den Prüfstand gestellt und Spielräume für Kostensenkungen voll ausgeschöpft. Ein Hersteller spezieller Feinbearbeitungsmaschinen für Mikrobohrungen konnte Interessenten aus dem Euroraum generalüberholte Maschinen zu entsprechend günstigen Konditionen anbieten. Die Preissteigerungen aufgrund des harten Frankens ließen sich so kurzfristig abfangen.
Auch mit verstärkten Innovationen wollen die Schweizer Unternehmen der MEM-Branche der schwierigen Situation begegnen. Darüber freut sich Peter Dietrich, Verbandsdirektor des Swissmem. Er sieht darin den nachhaltigsten Weg, um mittelfristig die Konkurrenzfähigkeit zurück zu gewinnen. Innovationen sind aus seiner Sicht mittelfristig der beste Hebel, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und somit die Arbeitsplätze in der Schweiz zu sichern. Deshalb fordert der Verband, dass die Förderungen von Einzelprojekten speziell bei kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) durch die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) ausgebaut werden. Wie einige Unternehmen berichten, wollen sie auch neue Märkte erschließen, um die immer wieder auftretenden Währungsschwankungen besser ausgleichen zu können.
Branche weitgehend optimistisch
Trotz der aktuell angespannten Situation ist der Verband Swissmem von der Leistungsfähigkeit der Schweizer Industrie überzeugt. In Zusammenarbeit mit drei weiteren Verbänden will man die internationale Wettbewerbsfähigkeit stärken, indem man kleinen und mittelständischen Unternehmen den Zugang zu den Digitalisierungs- und Vernetzungsansätzen von „Industrie 4.0″ erleichtert. Darüber hinaus engagieren sich die Verbände besonders für bilaterale Verträge zwischen der Schweiz und dem Euro-Raum, die nach ihrer Ansicht den Werkplatz Schweiz attraktiv erhalten und stützen. Speziell für die Schweizer MEM-Industrie sind diese Vereinbarungen unverzichtbar.

Peter Dietrich, Direktor Swissmem

„Irgendwann werden die zahlreichen Maßnahmen der Firmen zur Dämpfung der negativen Auswirkungen der Frankenstärke positive Wirkung zeigen. Wir befinden uns aber auf einem schwierigen und langen Weg.“

Hans Hess, Präsident Swissmem

„Die Unternehmen werden nicht untergehen, denn sie handeln und werden Lösungen finden. Die Frage ist nur, ob sich diese Lösungen am Standort Schweiz realisieren lassen oder ob der Weg der Firmen – zumindest teilweise – ins Ausland führt.“

Oliver Müller, Verbandsdirektor Swissmechanic

„Nebst Skepsis und Verzweiflung ist auch eine große Dynamik zu spüren. Es gibt nicht wenige Unternehmer, die positiv in die Zukunft blicken und sich intensiv für den Werkplatz Schweiz einsetzen.“

Schweizer Branchen und ihre Verbände
Die MEM-Industrie der Schweiz
Die Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie nimmt in der schweizerischen Volkswirtschaft eine Schlüsselstellung ein. Mit rund 330 000 Beschäftigten ist sie größter industrieller Arbeitgeber. Mit Exporten im Wert von etwa 66 Milliarden CHF (2014) hat sie 32 Prozent Anteil am Güterexport der Schweiz.
Swissmem – Kompetenz in Wirtschaft und Industriepolitik
Swissmem vereint die schweizerische Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie sowie verwandte technologieorientierte Branchen, von der Antriebstechnik, Automatisierung, Förder- und Lagertechnik, Druckluft- und Vakuumtechnik über Kunststoffmaschinen, Messtechnik, Ölhydraulik und Pneumatik, Präzisionswerkzeuge, Verfahrenstechnik und Verpackungsmaschinen bis zum Werkzeug- und Formenbau, Werkzeugmaschinen und Zulieferern. Der Verband Swissmem sieht sich selbst als wirtschafts- und arbeitgeberpolitisches Kompetenzzentrum. In dieser Funktion vertritt er die Interessen der MEM-Industrie gegenüber Politik, nationalen und internationalen Organisationen, Arbeitnehmervertretern und der Öffentlichkeit.
Swissmechanic – Industrieverband der KMU
Swissmechanic ist der Arbeitgeberverband (Politik, Wirtschaft, Bildung) der KMU in der MEM-Branche (Maschinen-, Elektro- und Metall). Er wurde am 17. Juni 1939 in Zürich gegründet. Angeschlossen sind die mechanisch-technischen und elektrotechnischen-elektronischen Berufsgruppen sowie Branchen- und Fachorganisationen der Schweiz und des Fürstentums Lichtenstein. Schwerpunktmäßig richtet sich die Politik des Verbands Swissmechanic nach den Bedürfnissen der Klein- und Mittelbetriebe (KMU-Betriebe), seien dies Zulieferer, Hersteller eigener Produkte oder Dienstleister. Die Dachorganisation Swissmechanic umfasst 15 selbstständige Sektionen, eine nationale Organisation (Swissmechanic Schweiz in Weinfelden, TG) und zusätzlich assoziierte Organisationen. Insgesamt vertritt Swissmechanic rund 1400 Mitglieder mit rund 70 000 Mitarbeitern, davon etwa 6000 Auszubildende. Alle zusammen generieren ein jährliches Umsatzvolumen von rund 15 Milliarden Schweizer Franken.
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