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Praxistipps gegen den Fachkräftemangel

Unternehmen müssen umdenken
Praxistipps gegen den Fachkräftemangel

Ende Mai 2024 meldete der VDMA: „Aktuell sind nur zwei von drei Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau in der Lage, die Mehrheit ihrer offenen Stellen für Fachkräfte zu besetzen.“ Stephanie Krüger, Head of Talent Acquisition bei der HR-Agentur HRtbeat, gibt praktische Tipps und Handlungsempfehlungen, wie man dem Fachkräftemangel begegnen kann.

Der Fachkräftemangel setzt nahezu allen Branchen zu. In der Fertigung fehlt es sowohl an Fach- als auch an Hilfskräften, was für besonders komplexe Herausforderungen sorgt. Im Zuge des demographischen Wandels hat sich die durchschnittliche Vakanzzeit seit 2011 verdoppelt und beträgt aktuell 168 Tage für Fachkräfte und 165 Tage für Helfer und Anlerntätigkeiten, Tendenz steigend. Daraus folgt ein Überschuss an zu besetzenden Stellen und ein immer härterer Kampf um die wenigen Kandidaten auf dem Arbeitsmarkt. Gerade Mittelständler ohne gut aufgestellte Personalabteilung stehen unter Handlungsdruck. Drei Herausforderungen stehen dabei im Mittelpunkt: Talente auf sich aufmerksam machen, überzeugen und halten.

Challenge 1: Die Stellenausschreibung

Durch die Verschiebungen auf dem Arbeitsmarkt, stellt sich die Frage: Wer bewirbt sich eigentlich bei wem? Die Realität zeigt, dass es längst die Unternehmen sind, die sich bei den Talenten vorstellen und überzeugen müssen. Viele Stellenanzeigen sind noch immer genau so aufgebaut wie vor 20 Jahren und stellen ein umfassendes Anforderungsprofil in den Mittelpunkt der Kommunikation. Anforderungen, denen seit Monaten kein Bewerber gerecht werden konnte, sollten überdacht werden. Oft hilft schon eine Umstrukturierung der Anzeige. Wichtig ist es, die Ansprache an die neue Situation und Zielgruppe anzupassen und attraktive individuelle Jobangebote zu machen. Ein gutes Angebot beantwortet folgende Fragen:

  • Warum ist das Unternehmen für die Zielgruppe attraktiv?
  • Was bietet es potenziellen Mitarbeitenden?
  • Was gibt es an Benefits, die für die Zielgruppe relevant sind?
  • Wie ist die Unternehmenskultur, welche Werte vertritt das Unternehmen?
  • Wie sind die Rahmendaten? (Arbeitszeiten, Flexibilität, Gehalt, Zusatzleistungen, Boni, etc.)
  • Was sind die Aufgaben, die zum Stellenprofil gehören?

Grundsätzlich gilt die Faustregel: Machen Sie ein Jobangebot anstatt einer Stellenausschreibung. Auch Transparenz, Authentizität und Zugewandtheit sowie ein möglichst barrierefreier Bewerbungsprozess gehören zum Erfolgsrezept.

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Challenge 2: Die richtigen Benefits

Ein faires und im besten Fall sogar attraktives Gehalt ist heute eine Grundvoraussetzung und reicht allein nicht mehr aus, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein. Passende individuelle Benefits sind heute wichtige Werkzeuge, um Fachkräfte im Unternehmen zu halten und anzuziehen. Sie können viele Formen annehmen – von Gesundheitsprogrammen über moderne Arbeitsausstattungen bis hin zu Bonuszahlungen und Weiterbildungsangeboten – und sollten immer passend zum Unternehmensprofil entwickelt werden.

In der Fertigungsbranche gibt es viele Berufe, für die New Work-Modelle mit Homeoffice und Workation keine Optionen sind. Hier ist Kreativität sowie Kenntnis der Zielgruppe gefragt. Die eigentliche Herausforderung liegt darin, das richtige Paket aus Zusatzleistungen und Benefits für die eigenen Mitarbeitenden zu identifizieren. An dieser Stelle hilft es, wenn ein Unternehmen seine Mitarbeitenden und deren Erwartungen gut kennt. Fehleinschätzungen kann man dadurch vermeiden, dass man diese durch Umfragen oder ein Projektteam einbezieht. Ansätze können hier attraktive Arbeitsplätze sein, sei es aus ergonomischer Sicht, spezielle Werkzeuge betreffend oder auch die Bereitstellung hochwertiger Arbeitskleidung. Anpassungen in der Pausen- und Arbeitszeit bis hin zu Versuchen mit der 4-Tage-Woche sind denkbar. Shuttle-Lösungen oder eine zentral organisierte Börse für Mitfahrgelegenheiten sind bei schlechter Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes attraktiv. Auch Gesundheitsangebote und Unterstützung bei Präventionsmaßnahmen für physische und psychische Gesundheit sind gute Optionen.

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Challenge 3: Die Mitarbeiterzufriedenheit

Durch die angespannte Situation, die vakante Stellen im Unternehmen verursachen, machen viele Unternehmen den Fehler, sich zu stark aufs Recruiting zu fokussieren. Sie vergessen dabei, sich um die eigenen Mitarbeiter zu kümmern. Dabei werden diese häufig besonders stark belastet, weil sie die Vakanzen ausgleichen müssen. Der Frage, wie zufrieden die Belegschaft ist, sollten Unternehmen sich aus mehreren Gründen stellen:

  • Das Thema Unternehmenskultur hat massiv an Wichtigkeit gewonnen und die Stimmung der Belegschaft hat eine immense Strahlkraft nach außen. Im besten Fall können zufriedene Mitarbeitende Botschafter des Unternehmens sein und neue Fachkräfte anziehen.
  • Wie unterscheidet sich ein Unternehmen aus Mitarbeitersicht von seiner Konkurrenz? In erster Linie durch die Werte und Kultur des Unternehmens. Eine gesunde und positive Unternehmenskultur setzt voraus, dass man die Bedürfnisse der eigenen Mitarbeitenden kennt und ernst nimmt.
  • Je weniger Fluktuation, desto besser. Das zielt einmal darauf ab, dass das Gewinnen neuer Fachkräfte immer aufwendiger wird. Dazu kommt, dass die passiven Kandidaten eine immer größere Rolle auf dem Arbeitsmarkt spielen. Also werden die eigenen Mitarbeiter, auch verstärkt von der Konkurrenz angesprochen und abgeworben. Sind sie mit ihrem Job unzufrieden, besteht die Gefahr, dass sie abwandern. Sind sie zufrieden und loyal, bleiben sie und stärken die eigenen Reihen.

Die richtigen Mitarbeitenden sind ein wichtiger Wettbewerbsvorteil – sei es, wenn in schweren Zeiten Loyalität gefragt ist oder Kunden mit Leistung und Qualität überzeugt werden müssen. Nur durch Wertschätzung und Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse der eigenen Mitarbeiter können Arbeitsplätze gestaltet werden, die langfristig für beide Seiten zufriedenstellend sind.

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Unternehmen müssen umdenken

Der angespannte Arbeitnehmermarkt begleitet uns nun schon seit Jahren – eine Entspannung ist nicht in Sicht. Das bedeutet, dass Unternehmen das Problem nicht aussitzen können. Sich über überzogene Gehaltsvorstellungen oder die Wünsche in Sachen Work-Life-Balance zu ärgern, hilft nicht dabei, Stellen zu besetzen. Unternehmen müssen umdenken und aktiv werden. Mit den oben genannten Tipps können erste Weichen gestellt werden, um sich als attraktiver Arbeitgeber wettbewerbsfähig aufzustellen. (eve)

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