In seiner Rede zur Lage der Nation lobte US-Präsident Biden die Erfolge der amerikanischen Wirtschaft: Die niedrigste Arbeitslosenquote seit 50 Jahren, hunderttausende neue Jobs in der Industrie und eine wieder sinkende Inflationsrate.
Der Aufschwung der US-Wirtschaft ist keineswegs nur ein kurzfristiges Phänomen. Vielmehr spricht eine ganze Reihe von Faktoren für einen nachhaltigen Trend. Wesentliche Treiber sind sicherlich die starke Nachfrage im Automobilsektor, der gestiegene Bedarf an militärischen und zivilen Flugzeugen, die Wiederbelebung des Frackings aufgrund der hohen Energiepreise und die weltweit gestiegenen Verteidigungsausgaben. Ebenso legt die amerikanische Wirtschaft durch die milliardenschwere Subventions-Politik der Regierung weiter zu. So wird der Staat über eine Billion Dollar in die Sanierung maroder Infrastruktur investieren, mit rund 370 Milliarden Dollar soll in den kommenden Jahren mit dem Inflation Reduction Act die Entwicklung grüner Technologien gefördert werden.
Genau hier liegt das erste, derzeit viel diskutierte Dilemma für die gesamte europäische Wirtschaft. Denn während die starke Konjunktur in den USA auch dem deutschen Maschinenbau hilft, die schlechten Corona-Jahre hinter sich zu lassen, sorgt der Inflation Reduction Act dafür, dass Unternehmen die sich mit grüner Technologie beschäftigen eher in den USA als in der EU investieren. Die EU wird in irgendeiner Form auf die Subventionspolitik reagieren müssen.
Die zweite große Herausforderung für die europäische Wirtschaft ist der seit 2018 andauernde Handelsstreit zwischen den USA und China. Denn auch wenn sich die Handelsbilanz zwischen der EU mit China in den letzten Jahren aufgrund der Null-Covid-Politik, der Immobilienkrise, der Überalterung der Gesellschaft und der hohen Verschuldung deutlich verschlechtert hat, kann die europäische Wirtschaft nicht auf Exporte in das Reich der Mitte verzichten. Der Handelsstreit zwischen den USA und China wird die Wirtschaftsbeziehungen der EU zu beiden Handelspartnern langfristig erheblich erschweren.
Will die EU nicht zum Spielball zwischen den USA und China werden, muss sie sich in beide Richtungen klar positionieren. Insbesondere in Richtung China bedeutet das, dass die Regeln des Freihandels für beide Seiten gelten müssen und dass Menschenrechte ein nicht verhandelbares Gut sind. Auf der anderen Seite dürfen wir uns mit unserem strategischen Partner USA auf keinen Fall einen Subventionswettlauf leisten. Denn Subventionen nützen am Ende niemandem und belasten wie so oft nur den Steuerzahler.
Der lachende Gewinner aus diesem Wettstreit könnte mit Indien schlussendlich auch noch ein ganz anderer sein.