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Zusätzliche Flexibilität

Wirtschaftlich automatisieren mit Roboterzellen
Zusätzliche Flexibilität

Die Personaldecke ist dünn, die Auftragsbücher voll, und Nachtschichten sind teuer und bei den Mitarbeitern zumeist unbeliebt. Zusätzlich verstärkt der zunehmende Fachkräftemangel die Situation. Um diesen Problemen zu begegnen, setzen immer mehr Unternehmen auf eine automatisierte Produktion.

Eine Fertigung komplett zu automatisieren, ist dabei aufgrund der zumeist schieren Anzahl an unterschiedlichen Produktionsmitteln kein leichtes unterfangen. Daher werden die Lösungen zumeist in Stufen umgesetzt. Das einfachste Ziel ist, einzelne Maschinen mannarm zu betreiben, um so eine Mehr-Maschinenbedienung zu ermöglichen. Der nächste Schritt wäre eine mannlose Schicht, eine Geisterschicht zu realisieren, um dann in der höchsten Automatisierungsstufe eine mannlose Fertigung zu etablieren.

Ein Ansprechpartner auf diesem Gebiet ist der schwäbische Maschinenhersteller Chiron. Die Tuttlinger haben sich auf vertikale Fertigungszentren und deren Automatisierungsmöglichkeiten spezialisiert: Um Geisterschichten zu ermöglichen, haben sich die Maschinenexperten dem Problem des Be- und Entladens und der Zwischenspeicherung angenommen. Herausgekommen ist die Roboterzelle Flexcell Uno, die in diesem Beitrag exemplarisch besprochen werden soll.
Kundenspezifische Tools
Der Flexcell Uno ist eine geschlossene, kompakte Zusatzeinheit, die an einem Fertigungszentrum angebracht werden kann. Ausgestattet ist die Automationslösung mit einem Roboterarm mit passendem Greifersystem, das ein hauptzeitparalleles Be- und Entladen ermöglicht. Der Roboterarm lässt sich kundenspezifisch mit Tools wie Einfach-, Zweifach-, Dreifach-Greifer, Wende-, Bürst-, Blas- oder Einpress-Stationen ausrüsten. Mit dem Be- und Entladen sind die Fähigkeiten des Roboters daher auch noch lange nicht ausgeschöpft. Weitere Tätigkeitsfelder sind Nebenprozesse wie zum Beispiel das Ultraschall-Waschen der Fertigteile, das Markieren mittels Laserbeschriftung oder das Prüfen des Bauteils mit Hilfe eines Vision-Systems. So kann der Roboter auch in das QS-System integriert werden.
Der Roboterarm kann Werkstücke mit einem Gewicht von bis zu fünf Kilogramm tragen und hat dabei eine Reichweite von 704 mm. An der Vorrichtung des Roboterarms kann ein Palettenspeicher bzw. Werkstückspeicher angebracht werden. Dessen Magazin fasst 6 bis 24 Paletten. Die Paletten haben im Normalfall Maße von 400 x 300 mm und können eine Gesamtlast von bis zu 10 kg tragen.
Platzsparende Installation
Die Roboterzelle wird direkt an der vorderen linken Ecke des Maschinengestells angeschraubt. Der zusätzliche Platzbedarf ist sehr gering: Die automatisierte Maschine benötigt nach vorne nur etwa 550 mm mehr Stellfläche und auch in der Breite benötigt sie nur weitere 550 mm, der circa 400 mm lange Palettenspeicher nimmt bequem neben der Maschine Platz, ohne weiteren Raum in der Breite zu benötigen. Insgesamt beträgt der Platzbedarf für den Roboterarm und den Palettenspeicher also unter einem Quadratmeter.
Ein Vorteil bei der Installation ist die Tatsache, dass der Roboterarm selbst in der Lage ist, die Schutztür zur Fertigungsanlage zu öffnen, um die Rohteile einzulegen bzw. die Fertigteile wieder zu entnehmen. Aufgrund dieser Fähigkeit wird die Einsichtsmöglichkeit und der Zugang zur Maschine und zur Robotereinheit für die Mitarbeiter nicht eingeschränkt. Ein weiterer Vorteil ist, dass das Fertigungszentrum und die Robotereinheit direkt verbunden werden, dadurch können sie problemlos gemeinsam transportiert werden und müssen nicht erst aufwändig auseinandergebaut und am neuen Standort wieder zusammengebaut werden.
Steigendes Qualitätsbewusstsein
Auch im Bereich der Qualitätssicherung müssen immer wieder neue Wege gegangen werden. Dies da der Preisdruck für Zukaufteile im Maschinenbau, aber hauptsächlich in der Automobilindustrie, immer höher wird. Darum setzen immer mehr Unternehmen auf eine Gleichteilestrategie bei den Bauteilen. Das Resultat ist, dass die Stückzahlen steigen, die Stückkosten sinken, die Zahl der Varianten steigt, und zu guter Letzt wird das komplette Volumen auf maximal zwei Produzenten verteilt. Diese Strategie punktet mit vielen Vorteilen wie sinkenden Stückkosten, ein Abbau der Komplexität und der Spezialisierung auf ein Bauteil.
Die Gleichteilestrategie birgt jedoch auch große Risiken, wie etwa im Fall der Automobilindustrie in Form von gewaltigen und kostspieligen Rückrufaktionen bei defekten Teilen. Denn schleicht sich ein Fehler in der Produktion ein, ist nun nicht mehr nur ein Modell betroffen wie zu früheren Zeiten, sondern konzernübergreifend jedes damit ausgestattete Model. Diese Rückrufaktionen führen zu Kosten in Millionenhöhe und zu hohen Imageschäden.
Auch aufgrund dieser Strategie legt zum Beispiel Chiron großen Wert auf die Qualitätsüberwachung während der Produktion, auch um die Prozessfähigkeit zu gewährleisten. Da der menschliche Part der Überwachung und Nachprüfung bei der Automatisation mit dem Flexcell Uno entfällt, muss dies die Maschine mitübernehmen. Um dies zu können, sind mehrere Sensoren bzw. integrierte Messsysteme notwendig wie zum Beispiel für die Werkstückauflagenkontrolle, die Teileanwesenheitskontrolle, die Werkzeugbruchkontrolle, die Leistungsaufnahmenkontrolle, Touch-Systeme, Laser und Messtaster für die Inprozesskontrolle, Strategieprogramm und Werkzeugstandzeitmanagement. Falls ein Werkzeug verschlissen ist, erkennt das die Maschine und ersetzt dieses automatisch.
Erst die Kombination des eigenständigen Roboterarms mit den dazugehörigen Tools sowie des dazu verfügbaren Palettenspeichers ermöglichen die gewünschte vollständige Automation. Dies gewährleistet eine hohe Maschinenauslastung über sonst unproduktive Nachtschichten sowie an Sonn- und Feiertagen. So wurde mit dieser Kombination ein Fertigungszentrum bereits bis zu 24 Stunden automatisiert betrieben, ohne dass das Personal in den Prozess eingreifen musste.
Fazit
Zusammengefasst ergibt die Nutzung der Roboterzelle Flexcell Uno eine Kostenersparnis: Zum einen durch Personaleinsparungen, zum anderen durch eine steigende Produktionsleistung. Da die Zelle sehr kompakt konstruiert wurde, ergibt sich daraus ein nur sehr geringer Platzbedarf. Da die Automationslösung eine Eigenentwicklung des Hauses Chiron ist, sind die Informationswege sehr kurz. Auch verfügen die Maschinenexperten über ein großes Knowhow für den Gesamtprozess der Fertigung, da sie sowohl die Fertigungszentren als auch deren Automatisierungslösung im eigenen Haus fertigen.
Verfügbar ist das System für alle neugefertigten Fertigungszentren. Für ältere Maschinen muss die Verfügbarkeit erst durch eine dafür zuständige Nachrüstabteilung geprüft werden. Für Fertigungszentren, die nicht aus dem Hause Chiron stammen, besteht keine Erweiterungsmöglichkeit mit dem Flexcell-Uno-System.

Autoren
Jonas Herzog und Lion Lang studieren Produktionsmanagement an der ESB Business School, Hochschule Reutlingen. Dieser Zeitschriftenbeitrag entstand im Zuge des Seminars „Spezialthemen der Produktion“ bei Prof. Dr.-Ing. Helmut Schaal.

Die Roboterzelle
Der Flexcell Uno ist eine flexible Lösung als kompakte Einheit aus Handlingroboter und Werkstückspeicher für das hauptzeitparallele Be- und Entladen. Die optionale Ausstattung der Roboterzelle mit Mehrfachgreifer, Wende-, Bürst-, Blas- oder Einpress-Stationen, eignet sich für flexible Aufgaben bis hin zur 6-Seiten-Bearbeitung.
Max. Traglast: 5 kg
Max. Reichweite: 704 mm
Max. Palettenanzahl: 12 Stück
Palettengröße: 400 x 300 mm
Max. Palettengewicht: 10 kg
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