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Automation wird flexibel

Frei programmierbare Roboter sind im Kommen – auch an der Werkzeugmaschine
Automation wird flexibel

Automation wird flexibel
Flexible und prozesssichere Automation gehört für Werkzeugmaschinenhersteller wie DMG Mori zu den zentralen Erfolgsfaktoren einer durchgängig digitalisierten Produktionswelt Bild: DMG Mori
Kleine Losgrößen und stark wechselndes Teilespektrum verlangen Fertigungsbetrieben eine Menge ab – erst recht, wenn man auch mannlos arbeiten möchte. Passende Automatisierungslösungen müssen flexibel, wirtschaftlich und leicht integrierbar sein. So werden für Handling- und Beschickungsaufgaben an der Werkzeugmaschine verstärkt klassische Industrieroboter eingesetzt, die jedoch ihrerseits Konkurrenz durch Low-cost-Systemlösungen bekommen.

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„Der Einsatz von Robotik und Automation bietet bedeutende Chancen für eine stabile Entwicklung, wertige und ergonomische Arbeitsplätze sowie sichere und erschwingliche Produkte.“ Was Patrick Schwarzkopf, Geschäftsführer des VDMA Fachverbands Robotik und Automation im Juni anlässlich der Vorstellung der jüngsten Marktzahlen konstatierte, spiegelt die wachsende Bedeutung der Automatisierungstechnik für die Fertigungsindustrie in Hochlohnländern wie Deutschland wider. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Seit Jahren ist die Branche auf kontinuierlichem Wachstumskurs. Im vergangenen Jahr stiegen die Umsätze mit Robotik- und Automatisierungslösungen in Deutschland um neun Prozent auf einen Rekordwert von 11,4 Milliarden Euro. „Und die Aussichten stehen gut, dass wir bis zum Jahresende die Marke von 12 Milliarden Umsatz erreichen werden“, so Schwarzkopf.

Vom Wachstum profitieren alle Branchensegmente – sowohl der Bereich der Komponenten und Systeme für Montage und Handhabung, die 2014 einen Anteil von 54 Prozent ausmachten, als auch die industrielle Bildverarbeitung und die frei programmierbaren Industrieroboter. Letztere sind, getrieben durch das Wachstum auf den asiatischen Märkten, auch weltweit auf dem Vormarsch. „Im abgelaufenen Jahr hat die Zahl der weltweit verkauften Industrieroboter erstmals die Marke von 200 000 Einheiten überschritten“, berichtet Arturo Baroncelli, Präsident des Branchenverbands International Federation of Robotics (IFR). 225 000 ausgelieferte Systeme entsprachen einem Plus von 27 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dabei weist Deutschland von allen europäischen Ländern die höchste Roboterdichte auf und liegt weltweit hinter Südkorea und Japan auf Platz 3.
Treiber des Wachstums sind bekannte Märkte wie die Automobil- und Elektronikindustrie. Aber auch in anderen Bereichen der Fertigung sind die Roboter auf dem Vormarsch. „Wir sehen den Industrieroboter im Vergleich zu anderen Automatisierungslösungen an der Werkzeugmaschine im Kommen“, berichtet Thomas Dietz, Gruppenleiter Robotersysteme für Produktionsprozesse der Abteilung Roboter- und Assistenzsysteme am Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart. Der Vorteil liege vor allem in ihrer Flexibilität. „Eine Sonderkonstruktion ist in der Regel an die Eigenschaften eines Produkts gebunden. Den Roboter können Sie frei programmieren.“
Allerdings sind Maschinen- und Robotersteuerung immer noch getrennte Welten. Hersteller wie Siemens und Kuka versuchen, beides zu integrieren. Roboter sollen sich von der CNC-Steuerung aus mit programmieren und bedienen lassen, und vice versa. Eine Idee mit Potenzial, findet Dietz. „Das ist vor allem eine Verbesserung für alle die, die aus der klassischen Werkzeugmaschinenwelt kommen. Für die ist es viel leichter, den Roboter in ihre Tool-Chain einzubinden, ohne die Mitarbeiter auf eine komplett neue Steuerung trainieren zu müssen.“
Zum anderen seien NC-Maschinen auch einfach stark, wenn es um die Integration von Nachbearbeitungsprozessen geht. „Die NC-Steuerung ist eben darauf ausgelegt, eine hohe Bahntreue zu erreichen“, so Dietz. „Die Robotersteuerung stammt aus dem Handlingbereich, wo es gilt, einen Bahnpunkt anzufahren, ein Bauteil abzulegen. Natürlich haben sich auch die Roboter in den vergangenen Jahren in die Richtung solcher Bahnfolgeaufgaben weiterentwickelt. Aber die NC-Steuerung kommt eben aus dem Bearbeitungsbereich mit sehr ausgeklügelten Algorithmen, wie man eine hohe Bahngenauigkeit herstellen kann. Da gibt es schon noch einen gewissen Abstand.“
Alternative auch für Bearbeitungsaufgaben
Diese Fragestellung gewinnt nicht zuletzt deshalb an Relevanz, weil Industrieroboter zunehmend als Alternative oder zumindest als Ergänzung für Bearbeitungsaufgaben diskutiert werden. „Das Ziel, den Roboter zu einer vollwertigen Werkzeugmaschine zu machen, verfolgt man schon lange“, bestätigt Dietz. „Allerding kann ein Roboter auch heute einer richtigen Werkzeugmaschine in punkto Präzision nicht das Wasser reichen.“ Interessant sei er jedoch für diejenigen Aufgaben, bei denen er seine spezifischen Stärken ausspielen kann. Der Roboter habe eine relativ große Reichweite, und durch seine sechs Freiheitsgrade sei er beispielsweise im Fräsprozess in der Lage, ein Bauteil zu umgreifen. „Gerade im Bereich Entgraten, Kantenbearbeitung, wo es nicht so sehr auf die absolute Genauigkeit ankommt, da ist der Roboter stark.“
Eine vielversprechende Entwicklung, gerade im Hinblick auf wirtschaftliche Automatisierungslösungen für kleine und mittelständische Fertiger, stellt das Aufkommen von Low-cost-Robotiklösungen dar. „Für Tätigkeiten wie Maschinenbeschickung und Handling ist das sehr interessant“, so Dietz. Ein klassischer Industrieroboter koste typischerweise zwischen 30 000 und 70 000 Euro, und selbst dies mache beim Bau einer Roboteranlage erfahrungsgemäß nur ein Drittel bis ein Fünftel der Gesamtkosten aus – der Löwenanteil entfällt auf Engineering- und Integrationsaufwand.
„Demgegenüber gibt es mittlerweile Low-cost-Roboter, die Sie für 10 000 oder 20 000 Euro kaufen können – zum Teil dann schon mit einem Greifsystem und einer einfach nutzbaren Programmierumgebung ausgestattet“, so Dietz. Damit lasse sich unter Umständen eine Aufgabe wie das Beschicken einer Werkzeugmaschine auch bei kleineren Stückzahlen oder längeren Maschinenzyklen wirtschaftlich automatisieren.
Im neuen Bereich der einfach integrierbaren Systemlösungen treten neue Wettbewerber auf den Plan. Bosch mit seinem Apas Assistant ist ein Beispiel, Universal Robots, das einfach bedienbare Roboter für unter 20 000 Euro anbietet, ein anderes. Auch Lösungen auf Basis des humanoiden Baxter-Roboters haben jüngst für Furore gesorgt. „Natürlich gibt es auch Einschränkungen“, merkt Dietz an. Die Low-cost-Roboter seien in der Regel nicht so schnell, auch weniger haltbar, und die Hersteller könnten teilweise noch nicht das gleiche Servicenetzwerk anbieten wie die großen Anbieter. „Die Frage ist nur: Brauche ich das alles überhaupt für eine Applikation wie die Maschinenbeschickung? Wenn ein klassischer Industrieroboter alle drei Minuten ein Teil in eine Maschine einlegen muss, dann ist er eigentlich unterfordert.“
Für Maschinenhersteller, die eine Roboterzelle entwickeln wollen, könnten kostengünstige Roboter also eine interessante Option sein. „Gerade im Zusammenspiel mit einer kostengünstigen Maschine, die einfach auch einmal mannlos über Nacht laufen soll, bietet sich das an“, so Dietz. „Der Werker stellt abends die Rohlinge bereit, und die Maschine kann sich sechs Stunden lang selbst ,füttern’“.
Schnittstellen machen zukunftsfähig
Entscheidet sich ein mittelständischer Fertiger heute für die Investition in eine Automatisierungsanlage, dann sollte er nicht zuletzt auch auf die vielbeschworene „Industrie-4.0-Readiness“ achten. Denn über kurz oder lang werden Handling- und Beschickungssysteme selbst nur ein Glied einer durchgängigen Prozesskette in der Fertigung sein, die von Konstruktions- und Auftragsdaten über Programmierung, Simulation und reale Bearbeitung bis zum fertigen Produkt reicht. Werkzeugmaschinenhersteller wie DMG Mori sind bereits dabei, ihre Maschinensteuerung zur zentralen Zugriffsstation auf alle relevanten Prozessdaten, auch jenseits des reinen Bearbeitungszyklus, weiterzuentwickeln. Die CNC mutiert so zur Schnittstelle zu CAD/CAM-System, Werkzeugmanagement, Maschinenüberwachung und -Service, Arbeitsvorbereitung oder betriebswirtschaftlicher Standardsoftware.
Wichtig in Bezug auf Zukunftsfähigkeit ist deshalb, dass zumindest entsprechende Schnittstellen vorhanden sind, die Zugang zur Maschine bzw. zum Handlingsystem ermöglichen. „Es hat den Anschein, dass sich das Kommunikationsprotokoll OPC UA als Schnittstelle sehr stark durchsetzen wird, um Daten auszutauschen mit einer Cloud oder mit übergelagerten Optimierungssystemen“, schätzt Dietz. „Und deshalb sollte der Hersteller offen sein, an solchen Entwicklungen aktiv mitzuwirken.“
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) www.ipa.fraunhofer.de
International Federation of Robotics (IFR) www.ifr.org
VDMA Fachverband Robotik + Automation http://rua.vdma.org

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