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Die Elektronikbaugruppe ist das Herzstück jedes Elektroautos. Das relativ unscheinbare Gerät ist etwas größer als ein Schuhkarton, rund zwölf Kilogramm schwer, und wandelt als zentrales Steuerelement im Fahrzeug den Gleichstrom der Batterien in Wechselstrom um. Auch wenn Elektromobilität boomt: Für die Automobilbranche ist die Technologie relativ neu, was die Erfahrung in der Produktion und die Entwicklung von Auto-Modellen angeht.
Passende Konzepte für die intelligente Fertigung von E-Autos und die Integration in den Produktionsprozess sind deshalb gefragt. Den Zulieferern kommt dabei eine große Bedeutung zu. Denn sie stellen in diesem Fall nicht nur vorkonfektionierte und passgenaue Einzelteile zur Verfügung, wie das bislang meist der Fall war, sondern wirken aktiv am Entwicklungsprozess mit. So wie der Automatisierungsspezialist SAR aus dem bayerischen Dingolfing. Das Unternehmen entwickelt und produziert unter anderem Fertigungslösungen für die Automobilindustrie und deren Partner.
So etwa auch eine Produktionslinie für die Elektronikbaugruppe von Elektroautos im Auftrag eines Tier-1-Lieferanten. „Unser Ziel ist es, mit dem Werkzeug Roboter intelligente Lösungen zu finden, die der konventionelle Ansatz nicht leisten kann“, erklärt Georg Dullinger, Geschäftsleiter Vertrieb bei SAR. Das bedeutet in diesem Fall, eine automatisierte Fertigung aufzubauen, die nicht nur Montage-Teile für Elektroautos zusammensetzt, sondern von der Kennzeichnung der Einzelteile, über die Schraub- und Klebeaufgaben, bis hin zu Tests und Prüfungen der Zwischenschritte und letztendlich des fertigen Produkts sämtliche Prozessschritte steuert und überwacht.
Maximale Flexibilität als Grundvoraussetzung
„Mit einer Aneinanderreihung von Roboterzellen ist es nicht getan“, erklärt Dullinger. „Für diese Prozesse gibt es keine Blaupause, keine Best Practices.“ Stattdessen entwickelte SAR Lösungen für sämtliche Einzelschritte der Automatisierung – und die intelligente Verbindung zu einem Gesamtkonzept – lange bevor die Auto-Modelle der Hersteller serienreif waren. „Die Herausforderung ist die hohe Flexibilität: Während der gesamten Entwicklungsphase gab es immer wieder Änderungen am finalen Modell. Gesetzt war lediglich das Verbaumaß der Fahrzeuge. Das Innenleben wurde aber stark modelliert.“
Auch in den produktiven Linien gibt es nach wie vor Änderungen an den Auto-Bauteilen, auf die schnell reagiert werden muss. Kurz gesagt: Entwicklung und Fertigung sind extrem agil. Das ist vermutlich auch der Grund, warum durchaus mal der Technologie-Vorstand eines Auto-Konzerns vor der Tür steht, um sich selbst einen Eindruck vom Stand der Automatisierung zu verschaffen. „Das ist für Unternehmen unserer Größe durchaus unüblich“, sagt Franz Steinbauer, Projektleiter bei SAR, und schmunzelt.
Vom Ergebnis der langen Entwicklungsarbeit ist aber letztlich nicht nur der Vorstand überzeugt: In der aktuellen Konfiguration der Produktionslinie sind 28 Roboter im Einsatz, 11 davon stammen von Kuka. Sie übernehmen alle relevanten Aufgaben der Automatisierung, um 47 einzelne Fahrzeug-Bauteile zu verschrauben, zu verkleben, zu prüfen und letztlich mit dem Auto zu verheiraten. Automatisierung auf Höchstniveau.
Die einzelnen Schritte der Montage klingen dabei zunächst unspektakulär: In das Gehäuse der Steuereinheit für die E-Autos setzen die Industrieroboter verschiedene Elektronik Bauteile ein. Sie reinigen und kontrollieren, sortieren aus oder bearbeiten nach. Soweit das Grundkonzept. Allerdings ist das Herzstück ebenso empfindlich wie überlebensnotwendig für das fertige Elektroauto-Modell – und dementsprechend umsichtig und präzise müssen die Einzelschritte der Montage erfolgen.
Daten von der Schraube bis zum Gehäusedeckel
„Über die gesamten Montage-Prozesse hinweg erfassen wir einen sogenannten Datenbaum für jedes Bauteil. Das heißt, von der kleinsten Schraube bis zum Gehäusedeckel des Elektrofahrzeugs können wir genau nachvollziehen, woher sie stammen und wie sie verarbeitet wurden. Daraus lassen sich später mögliche Rückschlüsse ableiten, sollte es beim Fahrer des E-Autos zu einem Ausfall kommen“, erklärt Vertriebsleiter Georg Dullinger.
Zwischendurch erfolgen immer wieder Dichtigkeitsprüfungen und Funktionstests für das Fahrzeug, um die hohe Qualität der Verarbeitung zu gewährleisten. Besonders spannend ist der letzte Schritt: Ein KR Cybertech Roboter nimmt die fertigen Steuereinheiten für die E-Autos vom Band und befüllt sie mit Wasser. „Eigentlich sollten sich Wasser, Strom und Datentechnik nie begegnen“, sagt SAR-Projektleiter Franz Steinbauer. „Aber in diesem Fall bringen wir innerhalb von etwa 100 Sekunden alles zusammen, das Wasser dient zur Kühlung bei den folgenden Schritten. Der Roboter von Kuka legt die Steuereinheiten in die Hoch- und Niedervolt-Isolationsprüfung – schließlich fließt hier am Ende Wechselstrom durch die „Adern“ des E-Autos. Anschließend bekommen die Elektroherzen ihr Betriebssystem aufgespielt, sozusagen den Odem des Lebens eingehaucht.
Aktuell bestücken Werker die Produktionslinie und entnehmen am Ende die fertigen Steuerungseinheiten für die E-Autos. Langfristig lässt sich aber auch dieser Prozessschritt automatisieren. „Mit Hilfe von fahrerlosen Transportsystemen könnten wir schon jetzt die verschiedenen Elektronik Bauteile aus einem sogenannten Supermarkt abholen und zu den Stationen bringen lassen“, sagt Georg Dullinger. „Die Lösung ist hoch skalierbar und individuell anpassbar.“
Kuka Aktiengesellschaft
www.kuka.com