Klingenstadt Solingen – hier ist der Stammsitz von Zwilling, einem der weltweit größten und renommiertesten Messerhersteller. Klaus Kroesen, Leiter Entwicklung Produktionsausrüstung, erklärt den Herstellungsprozess: „Die Klingen sind aus rostfreiem Chromstahl. Zunächst werden Streifen vom Coil gestanzt, erwärmt und gestaucht. In den entstehenden Wulst wird die Grobkontur eingeschmiedet. Nach dem Lasern der Kontur wird der Rohling gehärtet, abgeschreckt auf -70 °C und danach auf ungefähr 250 °C angelassen, um dem Stahl neben der Härte auch die notwendige Elastizität zu verleihen.“ Danach gehen die Klingen in die Blattschleiferei, wo sie ihre typische Klingenform erhalten. Es folgen noch Reinigungs-, Beschriftungs- und Montagevorgänge sowie das finale Schärfen, in der Messerherstellung „Abziehen“ genannt.
Für einen wirtschaftlichen Herstellungsprozess hat die Blattschleiferei besondere Bedeutung. Im Solinger Produktionswerk umfasst diese neun roboterunterstützte Bearbeitungszellen mit jeweils zwei Schleif- und Poliermaschinen: zum Schleifen der ersten und der zweiten Seite sowie für das jeweilige Pliesten (so wird das Polieren im Fachjargon genannt). Zusätzlich finden sich dort zwei Spezialschleifmaschinen für den Wellenschliff beispielsweise bei Brot- oder Tomatenmesser sowie zwei Maschinen zum Kullenschleifen (Vertiefungen auf der Klingenseite).
Schlechte Luft, aufwändige Wartung,
limitierte Technologie
Diese 40 Maschinen müssen mit Kühlschmierstoff versorgt werden. „Früher hatten wir dafür drei Kühlschmierstoffkreisläufe installiert“, erklärt Klaus Kroesen. „Es handelte sich in erster Linie um Sedimentationsbecken, aus denen der sich absetzende Schlamm via Kratzer herausgefördert wurde. Eine hohe Reinheit ließ sich damit nicht erzielen, und der Wartungsaufwand war hoch.“ In Zahlen: Die Filterqualität des Reinmediums lag bei ca. 150 µm, was einen gravimetrischen Schmutzgehalt des Reinmediums von ca. 1000 mg/l zur Folge hatte.
Ein weiterer Nachteil: Da beim Schleifen viel Material abgetragen wird, ist der Wärmeeintrag in die Kreisläufe hoch. „Die Temperatur unseres KSS lag damals zwischen 30 und 39 °C“, erwähnt Kroesen. „Somit konnte von Kühlschmierstoff keine Rede mehr sein.“ Und die hohe KSS-Temperatur sorgte für eine belastete Atmosphäre in der Halle.
So war die KSS-Versorgung bei der Produktionsmannschaft ein ungeliebtes Kind. Dazu kommt, dass das schlecht gereinigte Medium Weiterentwicklungen im Schleif- und Polierprozess im Wege stand, wie der zuständige Ausrüstungsentwicklungsleiter Kroesen ausführt: „Beim Schleifen ist es wichtig, das Kühlwasser gezielt und mit hohem Druck an die Schleifstelle zu bringen. Damals war es uns technisch nicht möglich, mit feinstrahlenden Düsen zu arbeiten, da sich diese beim Verschmutzungsgrad unseres KSS schon nach Stunden zusetzten.“
2015 hatten Kroesen und sein Team genug von schlechter Luft, hohem Wartungsaufwand und limitierten Prozessen – und die Genehmigung, eine neue KSS-Reinigungsanlage für die gesamte Blattschleiferei anzuschaffen, die für umfassende Verbesserung sorgen sollte.
Schluss mit schmutzig
Als Lieferanten kamen ursprünglich fünf Anbieter infrage. „Nach intensiven Gesprächen hatten wir den Eindruck, mit Knoll zwar nicht den günstigsten, aber den mit Abstand kompetentesten Partner gefunden zu haben. Da diese Filteranlage ein extrem kritisches Element in der Produktionskette ist – wenn sie nicht funktioniert, können wir keine Messer fertigen – haben wir uns für Knoll entschieden. Unterm Strich war unsere Wahl perfekt.“
Zu den vorgegebenen Rahmenbedingungen gehörten der Messerwerkstoff Chromstahl, Schleifscheiben aus kunstharzgebundenem Korund, ein synthetischer, wassermischbarer KSS und ein Massenstrom Schleifschlamm von rund 50 kg/h. Gefordert wurde eine Filterleistung von bis zu 3300 l/min, eine Filterfeinheit
50 µm sowie eine automatische Füllstandkontrolle und Zudosierung des KSS. Außerdem sollte dieser mit einem Kühlgerät auf ca. 23 °C konstanter Temperatur gehalten werden.
Nach einer Analyse vor Ort und entsprechender Konzeption installierte Knoll im August 2016 ein KSS-Versorgungssystem, das im Wesentlichen aus einem Sedimentations- und einem Reintank besteht und zur Reinigung auf Hydrozyklone und Bypassfiltration setzt. Doch es traten Probleme auf. Knolls Teamleiter Konstruktion Systeme, Tobias Engenhart, erklärt: „Die unterschiedlich großen Chromstahlspäne aus dem Schleif- und Polierprozess und der Kunstharzabrieb verbinden sich – unterstützt vom wassermischbaren KSS – zu einer Spänewolle, die sich nicht wie erwartet absetzt. Ein solches Verhalten hatten wir in dem Maße noch bei keiner anderen Anwendung erlebt und auch bei der Bestandsaufnahme nicht erkennen können. Die Spänewolle schwamm in Form von Nestern auf, verstopfte die Abläufe der Zyklone und machte die gewünschte Reinigung so gut wie unmöglich.“
„Hier erwies sich Knoll als zuverlässiger und vor allem in Filtertechnik erfahrener Partner“, betont Klaus Kroesen. Tobias Engenhart und seine Kollegen bemühten sich ohne zu zögern um entsprechende Verbesserungen, wie Kroesen bestätigt: „Knoll hat konstruktiv mit uns zusammen nach einer Lösung gesucht, Vorschläge erarbeitet, mit uns abgestimmt und dann implementiert.“
Zwei zusätzliche Reinigungsstufen
bringen gewünschten Erfolg
Während des laufenden Schleifbetriebs modifizierten die Bad Saulgauer die Anlage in zwei Schritten. Zunächst installierten sie Magnetwalzen zur Vorabscheidung der langfaserigen Späne – funktioniert, da der Chromstahl ferritisch und damit magnetisierbar ist. Um die einwandfreie Funktion des empfindlichen Plattenwärmetauschers in der Kühlanlage zu gewährleisten, ergänzte Knoll außerdem mit einem vorgeschalteten Rückspülfilter eine zusätzliche Filterstufe.
Diese Kombination, flankiert von ein paar anderen kleineren Maßnahmen, führte zum gewünschten Erfolg. Klaus Kroesen und sein Team sind mit dem Ergebnis hochzufrieden: „Die Anlage läuft seitdem problemlos und erfüllt all unsere Vorgaben. Durch die hohe Qualität, Reinheit und geregelte Temperatur des KSS können wir die geplanten Prozessverbesserungen in Angriff nehmen. Wir haben bereits eine Hochdruckpumpe installiert und die Schleifparameter hinsichtlich höherer Leistung optimiert. Außerdem testen wir alternative Schleifscheiben und manches mehr, wofür uns bisher die Hände gebunden waren.“
Kroesen stellt als weiteren Vorteil der Anlage den mannlosen Betrieb heraus, der durch Verzicht auf Verbrauchsmaterialien bei der Filtration und eine automatisierte Nachdosierung des KSS bei niedrigem Füllstand ermöglicht wird. Eine regelmäßige Wartung muss natürlich trotzdem sein. Denn durch das hochabrasive Schleifmittel Korund ist der Verschleiß einzelner Komponenten unvermeidbar. Knolls Teamleiter Konstruktion, Engenhart, weist darauf hin, dass sein Unternehmen zwar dem Verschleiß aktiv entgegen wirkt, indem es betroffene Bauteile in hochverschleißfesten Stählen ausführt, „aber bei solchen Schleifanlagen lässt sich der Materialabtrag nicht verhindern. Da empfehlen sich Wartungspläne und -verträge, und wenn außer der Reihe Probleme auftreten, sind wir selbstverständlich zur Stelle.“ Auch bei Zwilling ist man von der Notwendigkeit einer vorbeugenden Wartung überzeugt. Schließlich soll die Anlagenverfügbarkeit so hoch wie möglich sein, denn ohne Filtration kein Messer.
Zwilling J.A. Henckels Deutschland GmbH
www.zwilling.com
Knoll Maschinenbau GmbH
www.knoll-mb.de
So funktioniert die Knoll KSS-Reinigungsanlage für Messerschleif- und -pliestmaschinen
Zu der von Knoll bei Zwilling installierten KSS-Anlage gehört als größtes Element der Sedimentationstank, in den das Wasser von den Schleifmaschinen her einströmt. Der KSS wird eingangs durch einen Grobabscheider und dann auf drei Magnetwalzen geleitet, die langfaserige Späne und die meisten Spänewollnester abfischen. Das vorgereinigte Medium läuft zurück in den Sedimentationstank, wo die schweren (Korund-)Partikel sedimentieren. Über trocken aufgestellte Pumpen wird der Kühlschmierstoff zur Hauptfiltrationsstufe, die Hydrozyklone, gefördert. Zur Reinigung im Bypass ist ein Knoll Vakuumfilter VL mit Endlosband installiert. Anschließend fließt der KSS in den Reintank, in den die Kühlung (Rückspülfilter und den Wärmetauscher) eingebunden ist. Von dort aus wird das Kühlschmiermedium frequenzgeregelt (mit variablem Druck und angepasstem Volumenstrom) der Blattschleiferei zur Verfügung gestellt. Ein Sammelförderer bringt den abgeschiedenen Schleifschlamm zu einer Presse, die ihn zu Pellets weiterverarbeitet. Diese werden dem Recycling zugeführt, und der durchs Pressen zurückgewonnene KSS verbleibt im Kreislauf.