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Kritische Materialien produktiver bearbeiten

Kryogenes Zerspansystem sorgt bei heißen Prozessen für angenehme Bearbeitungstemperaturen
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Optimal konfiguriertes kryogenes Zerspansystem Bild: FTZ
Um den positiven Einfluss von kryogener Kühlung bei der Zerspanung kritischer Materialien zu untersuchen, hat das Forschungs- und Transferzentrum (FTZ) an der Westsächsischen Hochschule Zwickau das System ATS Cryolub von Rother Technologie unter die Lupe genommen. Im Vergleich zur Trockenbearbeitung einer Turbinenschaufel aus hochwarmfestem Stahl beeindruckte die CO2-Kühlstrategie mit einem Produktivitätsplus von 70 Prozent.

Titan, hochwarmfeste Stähle und andere Superlegierungen weisen für die Zerspanung äußerst negative Eigenschaften auf: Sie sind unter anderem hochfest und doch zäh, neigen zu Kaltverschweißungen und/oder leiten die Wärme schlecht ab. Daher steht beim Bearbeiten unter anderem vor allem optimales Kühlen und Schmieren im Fokus. Wer dort den Hebel mit innovativen Verfahren ansetzt, hat den Grundstein einer erfolgreichen Zerspanung gelegt.

„Wer Hightech-Werkstoffe zerspant, muss alle relevanten Parameter des Zerspansystems, die in enger Wechselwirkung zueinander stehen, optimal aufeinander abstimmen, um wirtschaftlich bestmögliche Ergebnisse zu erhalten“, erläutert Reiner Rother, Geschäftsführer von Rother Technologie. „So spielt beispielsweise im Gesamtsystem Maschine, Werkzeug, Zerspanstrategie auch die Werkzeugkühlung eine maßgebliche Rolle für den Erfolg. Mit der bedarfsorientierten und serienreifen Aerosolkühlung Cryolub ist der Zerspaner auch bei zukünftigen Herausforderungen unter dem Motto ,Hitze verhindern statt bekämpfen‘ auf der sicheren Seite.“
Die Bewertung der Eignung von Cryolub zum 5- Achs-Drehfräsen hinsichtlich Kühlwirkung, Verschleißverhalten, Fertigungszeit- und Kosteneinsparpotenzial stand im Fokus einer Untersuchung des Forschungs- und Transferzentrums (Forschungsgruppe Spanungstechnik) an der Westsächsischen Hochschule Zwickau. Das Team um Projektleiter Prof. Dr. sc. techn. Michael Schneeweiß analysierte anhand einer Schruppbearbeitung mittels Helirough-Methode einer Muster-Turbinenschaufel MTS02 aus hochlegiertem Werkzeugstahl (X12CrNiWB16-13) mit einer Zugfestigkeit von Rm =730 N/mm2 (220 HB) unter Verwendung kryogener CO2-Kühlung im Vergleich zur Trockenbearbeitung. Die Ziele der Untersuchung:
Test der Aerosolmasteranlage Cryolub 4000 der Firma Rother hinsichtlich Leistungsfähigkeit,
Aufzeigen des Leistungspotenzials beim Schruppen mit kryogener Kühlung gegenüber Trockenbearbeitung unter Einsatz gesteigerter Schnittwerte,
Auswirkungen der kryogenen Kühlung auf Werkstück und Temperatur.
Gesamt-Zerspansystem optimal angepasst
„Das Gesamt-Zerspansystem wurde optimal an die spezielle Applikation angepasst“, so Schneeweiß. „Moderne Bearbeitungszentren sind für die Schwerzerspanung von Hightech-Werkstoffen zur Turbinenschaufelherstellung teilweise schon perfekt konfiguriert. Durch eine neue innere Kühlmittelzufuhr kann CO2 unter Druck und optimal dosiert durch die Motorspindel und durch das Werkzeug zielgenau in die Kontaktzone befördert werden. Die Croytec-Präzisionswerkzeuge der neuen Generation der Walter AG mit optimierten Kühldurchmessern und hochgenauer Ausrichtung der Kühlkanäle haben unter anderem eine prozessoptimierte Werkzeuggestaltung beziehungsweise -geometrie hinsichtlich Transport von Aerosol und Gas von Spindel zum Werkzeughalter und zum Werkzeug.“
Die Dampfturbinenschaufel wurde aus dem Vollen – Kopfseite, Blatt, Fußseite – in nur 2,40 Minuten mit einem Zeitspanvolumen von 105 cm3/min herausgeschruppt. Als Vergleichsprozess wurde die sonst übliche Trockenbearbeitung herangezogen, mit der die Bearbeitung des Werkstücks aber fast doppelt so lange, nämlich 4,34 Minuten, mit einem Zeitspanvolumen von 61 cm3/min dauert.
Der Freiflächenverschleiß am Walter Werkzeug betrug nach der Bearbeitung einer Schaufel rund 0,16 mm. Das Fräsen mit Cryolub von Rother drittelte diesen Wert fast auf 0,06 mm. Um auf vergleichbare Verschleißwerte am Werkzeug zu kommen, konnten die Vorschubwerte für die Cryotec-Werkzeuge erhöht werden. Statt 320 m/min und einem fz von 0,4 mm erlaubt die Rother-Kühlung Vorschubwerte von 400 m/min und 0,55 mm fz.
70 Prozent höheres Zeitspanvolumen
Mit einem 70 Prozent höheren Zeitspanvolumen wird die Produktivität immens gesteigert. Dazu kommt auch noch, dass sich die Werkzeugtemperatur von maximalen 160 °C bei der Trockenbearbeitung auf kryogekühlte 40 °C einpendelt. Schneeweiß: „Maschine, Werkzeug und Kühlsystem haben ihr Potenzial beeindruckend unter Beweis gestellt.“ Die Vorteile bei der 5-Achs-Schruppbearbeitung von Turbinenschaufelstahl mit „kryogener Kühlung“ (CO2 + Luft) gegenüber Trockenbearbeitung seien demnach vielfältig.
Drastische Senkung der Fertigungskosten durch: Steigerung des Zeitspanvolumens um bis zu 70 % unter Beibehaltung der Werkzeugstandmenge, Senkung der Bearbeitungszeit pro Bauteil um 40 % unter Beibehaltung der Werkzeugstandmenge,
sehr geringe Kühlprozesskosten und Kühlgasverbrauch aufgrund optimierter Werkzeugkühlkanäle und Kühlstrategie,
drastische Reduzierung der Werkzeugtemperaturen im Schruppprozess um über 100 °C,
handwarme Werkstücke nach dem Schruppprozess,
Reduzierung von Aufschweißung auf der Werkstückoberfläche durch „kalten Prozess“,
saubere und trockene Späne, Reduzierung der Maschinenverschmutzung,
Vermeidung hoher Temperaturen in der Maschine (Spindel, Lager, Spanner etc.).
Die Ergebnisse zum prozesssicheren industrietauglichen Einsatz der kryogenen CO2-Kühlung wurden in der Praxis nochmals in der Schweiz während der Technology Days der Starrag AG in Kooperation mit der Walter AG untermauert. Der im Auftrag von Walter in Zwickau eingefahrene Prozess verblüffte dort mit nahezu gleichen Leistungs- und Schnittdaten die Brancheninsider.
FTZ Forschungs- und Transferzentrum e.V. an der Westsächsischen Hochschule Zwickau www.fh-zwickau.de
Rother Technologie GmbH & Co. KG www.rother-technologie.de

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