Milan Nedeljkovic, Mitglied des Vorstands der BMW AG, Produktion, sagte bei der Eröffnung: „Die additive Fertigung ist schon jetzt ein integraler Bestandteil unseres weltweiten Produktionssystems und in unserer Digitalisierungsstrategie fest verankert. Neue Technologien wie diese können künftig die Produktionszeiten weiter verkürzen und das Potenzial werkzeugloser Fertigungsmethoden weiter ausschöpfen.“
Daniel Schäfer, Bereichsleiter für Produktionsintegration und Pilotwerk bei der BMW Group, ergänzt: „Unser Ziel ist es, die 3D-Druckverfahren zunehmend für die Automobilproduktion zu industrialisieren und neue Automatisierungskonzepte in der Prozesskette umzusetzen. Damit wird die Herstellung von Komponenten für die Serienproduktion von Automobilen wirtschaftlicher und wir tragen dazu bei, Entwicklungsprozesse zu beschleunigen. Gleichzeitig arbeiten wir mit verschiedenen Bereichen innerhalb des Unternehmens wie der Fahrzeugentwicklung und der Komponentenfertigung sowie dem Einkauf- und Lieferantennetzwerk zusammen. So können wir die Technologie systematisch integrieren und wirksam einsetzen
Technologiefortschritte durch langjährige Inhouse-Kompetenz und Kooperationen
Jens Ertel, Leiter des Additive Manufacturing Campus: „In den vergangenen knapp 30 Jahren haben wir eine umfassende Kompetenz bei der BMW Group aufgebaut. Diese werden wir im Campus weiter ausbauen. Wir verfügen über die neuesten Maschinen und Technologien. Darüber hinaus entwickeln und designen wir Bauteile, die im Vergleich zu konventionellen Produktionsverfahren schneller herzustellen, flexibler in ihrer Form und funktionaler sind.“ Ertel weiter: „Wir arbeiten intensiv daran, die additive Fertigung auszureifen und einen maximalen Nutzen über den gesamten Produktlebenszyklus – von der Konzeptidee eines Fahrzeugs und der Produktion bis hin zum Aftersales-Bereich und dem Einsatz in klassischen Fahrzeugen zu generieren.“
300000 Teile im Jahr additiv gefertigt
Im vergangenen Jahr hat die BMW Group etwa 300 000 Teile additiv gefertigt. Aktuell arbeiten bis zu 80 Mitarbeiter in dem Kompetenzzentrum und etwa 50 industrielle Metall- und Kunststoffanlagen sind bereits in Betrieb. Zusätzlich sind mehr als 50 Anlagen an weiteren Produktionsstandorten weltweit im Einsatz.
Langjährige Kooperationen mit führenden Herstellern der Branche und Hochschulen sowie die Technologie-Scoutings nach Neueinsteigern in der Branche ermöglichen den Zugang zu neuesten Technologien. Bereits 2016 hat BMW i Ventures – die Venture-Einheit der BMW Group – in das im Silicon Valley ansässige Unternehmen Carbon investiert. Mit der DLS-Technologie (Digital Light Synthesis) gelang Carbon ein Durchbruch bei den flächig arbeitenden Verfahren. Mithilfe eines Beamers können Bauteile bei dieser Fertigungstechnologie deutlich schneller gebaut werden.
Ein weiteres Investment tätigte die BMW Group im Jahr 2017: Das Start-up Desktop Metal hat sich auf die additive Fertigung von Metallteilen spezialisiert und entwickelt innovative und hochproduktive Fertigungsverfahren. Auch hier besteht eine enge Zusammenarbeit. Im selben Jahr investierte BMW i Ventures in das US Startup Xometry, die weltweit führende Plattform für die On-Demand-Fertigung. Durch ein großes Netzwerk aus Fertigungsunternehmen beispielweise aus dem Bereich 3D-Druck, bietet Xometry schnellen Zugang zu Bauteilen.
Automatisiert zu optimalen Bauteilen
Das jüngste Investment, das deutsche Startup Elise, ermöglicht es Ingenieuren eine Bauteil-DNA zu erstellen, die alle technischen Anforderungen wie z.B. Lasten, Fertigungsrestriktionen, Kosten sowie mögliche Optimierungsparameter beinhaltet. Basierend auf dieser DNA, sowie unter der Einbindung etablierter Entwicklungstools generiert Elise automatisiert optimale Bauteile. Das Ziel der BMW Group ist es, durch Kooperationen mit innovativen Partnern und Hochschulen den Einsatz der Technologie zu beschleunigen und im Unternehmen ein geeignetes Portfolio von Fertigungsverfahren aufzubauen.
Additive Fertigung in Forschung und Vorentwicklung
Im Vorentwicklungsbereich des Additive Manufacturing Campus werden neue Technologien und Werkstoffe optimiert und für den flächendeckenden Einsatz im gesamten Unternehmen vorbereitet. Das Team beschäftigt sich dabei insbesondere mit der Automatisierung von Prozessketten, die bisher sehr viel manuelle Arbeit gebunden haben, um die 3D-Druckverfahren wirtschaftlicher zu gestalten und langfristig eine Großserienproduktion zu ermöglichen.
Bei der Industrialisierung von 3D-Druckverfahren sind Forschungsprojekte von zentraler Bedeutung. Hierzu zählen auch die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Verbundprojekte “Industrialisierung und Digitalisierung von Additive Manufacturing für automobile Serienprozesse (kurz IDAM)“ und „Integrierte Linienanwendung von polymerbasierten AM-Technologien (kurz Polyline)“.
Im Projekt IDAM legt die BMW Group gemeinsam mit zwölf Projektpartnern einen wichtigen Grundstein für die Integration der additiven Fertigung in die Serienproduktionsumgebung der Automobilindustrie. Im Additive Manufacturing Campus wird eine Fertigungslinie aufgebaut, die die gesamte Prozesskette abbildet: von der digitalen Produktionsvorbereitung über die Herstellung von Komponenten bis hin zur Nachbearbeitung. Das IDAM-Team bereitet die Fertigungslinie für die spezifischen Anforderungen zur Herstellung von Serien-, sowie Einzel- und Ersatzteilen vor. Die angestrebten Stückzahlen sprechen für den Signalcharakter des Verbundprojektes: Mit der Fertigungslinie sollen künftig mindestens 50 000 Serienkomponenten pro Jahr und über 10 000 Einzel- und Ersatzteile in sehr hoher Qualität hergestellt werden können. Die BMW Group stärkt damit die technologische Vorreiterrolle Deutschlands.
Darüber hinaus treibt der Additive Manufacturing Campus auch maßgeblich die Serienproduktion von Kunststoffbauteilen voran. Im Rahmen des Projekts Polyline werden unter anderem die digitale Vernetzung von Prozessschritten, sowie eine durchgängige Methodik zur Qualitätssicherung entlang des Gesamtprozesses erarbeitet. In einem Konsortium von 15 Projektpartnern wird im Additive Manufacturing Campus eine zukunftsfähige, vollständig vernetzte und automatisierte Produktionslinie zur Herstellung von Kunststoffbauteilen entwickelt und erprobt. Mithilfe der gewonnenen Erkenntnisse soll es zukünftig möglich sein, die Fertigungskosten um bis zu 50 Prozent zu senken. Das spielt eine wichtige Rolle beim Einsatz in der Serienfertigung. Außerdem sollen integrierte Qualitätssicherungsmethoden die Robustheit der Technologien steigern und die Fertigung nachhaltiger gestalten.
Unternehmensweite Qualifizierung
Neben der Fertigung von Bauteilen bietet das Campus Team individuelle Beratungen und Schulungen für Mitarbeiter verschiedener Unternehmensbereiche an. „Für einen erfolgreichen Roll-out der Technologien ist es wichtig, die Kollegen aus dem gesamten Netzwerk mit den Vorteilen und Funktionalitäten der Verfahren vertraut zu machen. Denn der Einsatz erfordert eine neue Denkweise und Herangehensweise bei der Konzipierung von Bauteilen. Durch die hohe Gestaltungsfreiheit ergeben sich neue Designs und Funktionen. Mittlerweile gibt es zahlreiche Bauteile, die ausschließlich mithilfe additiver Verfahren hergestellt werden können“, erklärt Jens Ertel.
An nahezu allen Produktionsstandorten des Unternehmens werden bereits 3D-Druckbauteile hergestellt. Die Einsatzgebiete erstrecken sich auch dort von Prototypenteilen über Produktionshilfsmittel bis hin zu länderspezifischen Teilen für Kunden. Für die BMW Group ist es sinnvoll, die Teile dort herzustellen, wo sie benötigt werden. Damit ergänzen additive Fertigungsverfahren bestehende Produktionstechnologien.
Anwendungen in der Serienproduktion
Bereits 1991 produzierte die BMW Group erste Prototypenteile und setzte diese beim Bau von Konzeptfahrzeugen ein. 2010 hat das Unternehmen damit begonnen, kunststoff- und metallbasierte Verfahren zunächst in kleineren Serien einzusetzen. Dazu gehört das in den DTM-Fahrzeugen eingesetzte additiv gefertigte Wasserpumpenrad. Weitere Serieneinsätze folgten ab 2012 mit verschiedenen Bauteilen für den Rolls-Royce Phantom sowie den BMW i8 Roadster (2017) und den MINI John Cooper Works GP (2020). In letzterem sind bereits vier 3D-gedruckte Komponenten serienmäßig integriert.
BMW Group
www.bmw.de
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