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Ceratizit: Automatisierte Komplettbearbeitung mit U-Achssystem

Komplettbearbeitung mit U-Achssystem
Drehen auf dem Bearbeitungszentrum

Kein mehrmaliges Umspannen, daher verkürzte Rüstzeit und gesteigerte Präzision – diese Vorteile realisierte AHP Merkle, Hersteller von Hydraulikzylindern, mit einer automatisierten Fertigungsanlage. Im Zentrum stehen zwei horizontale Bearbeitungszentren, die zur Komplettbearbeitung mit einem Komtronic U-Achssystem von Ceratizit ausgestattet sind. Für die Prozess- und Kollisionsüberwachung sorgt das Tool-Scope-System – ebenfalls von Ceratizit.

AHP Merkle – der Name ist in der Werkzeug- und Formenbau-Branche ein Begriff und wird mit Hydraulikzylindern von hoher Qualität und langlebiger Leistungsfähigkeit verbunden. Und das nicht nur in Deutschland. In den knapp 50 Jahren seit seiner Gründung hat sich das Familienunternehmen von einem Ein-Mann-Betrieb zu einem mittelständischen „Global-Seller“ mit weltweiten Vertretungen und Vertriebsniederlassungen entwickelt.

Gefertigt werden die Hydraulikzylinder jedoch ausschließlich am Stammsitz im südbadischen Gottenheim. Im 2010 errichteten Neubau, der 2014 und 2019 nochmals erweitert wurde, konnte sich das Unternehmen logistisch und produktionstechnisch optimiert aufstellen. „Bei allen Veränderungen hatten wir stets die Qualität unserer Produkte im Fokus“, betont Günther Reich aus dem Team Technischer Einkauf. Seit 33 Jahren ist er im Unternehmen, hat als Zerspanungsfachmann Maschinen bedient, programmiert und später die Einführung der CNC-Maschinen fürs Drehen und Fräsen verantwortet.

In den letzten Jahren war Reich maßgeblich in die Umstrukturierung der Produktion eingebunden. Er erklärt: „Im Werkzeug- und Formenbau, unserer wichtigsten Kundenbranche, herrscht ein großer Preisdruck, der sich letztendlich auch bei den Komponentenlieferanten bemerkbar macht. Das gilt auch für unsere Produkte, die wir sowohl als Standardmodelle ab Lager als auch in kundenindividuellen Ausführungen anbieten. Da wir bei der Qualität keine Abstriche machen, sind für uns modernste Maschinen- und Automatisierungskonzepte von entscheidender Bedeutung.“

Automatisierung in der Zerspanung

Als Meilenstein in der AHP-Fertigung bezeichnet Reich die Anlage zur automatisierten Zerspanung von Blockzylindern in unterschiedlicher Größe und Ausführung ab Stückzahl 1. Im Kern besteht sie aus zwei Grob-Bearbeitungszentren G551 und einem Promot-Paletten-Automatisierungssystem. Doch der Prozess beginnt schon früher, in der Arbeitsvorbereitung, wo die Fertigungsaufträge geplant und über das ERP-System an die vollautomatisierte Kasto-Kreissäge übergeben werden. Dort entstehen Rohteile aus C45-Stangenmaterial, die via Roboter auf eine Spezialpalette gelegt werden.

Zeitgleich generiert die Software eine Datei, die alle Informationen zum Auftrag enthält: die genaue Position jedes Rohteils auf der Palette, die Länge, Stückzahl und Artikelnummer bis hin zum CNC-Programm für die Weiterbearbeitung auf dem BAZ. Ein gedruckter Barcode begleitet die Palette schließlich zum Ladeplatz im Promot-System, wo ihr Oliver Scheppele einen freien Platz zuordnet und alle Daten über den Barcode einliest.

Scheppele ist einer der gut ausgebildeten und hoch motivierten Fertigungsmitarbeiter, die für AHP Merkle ebenso wichtig sind wie der Maschinenpark. „Gerade in einer automatisierten Fertigung sind die Arbeitsplätze anspruchsvoll und abwechslungsreich“, erklärt Reich. „Mit reinem Knöpfchen-Drücken hat das nichts zu tun.“ Scheppele bedient die komplette Grob/Promot-Anlage weitgehend allein und selbständig. Er war auch schon in den Beschaffungsprozess eingebunden. „Als wir 2015 die Anlage – damals zunächst mit einem Grob-BAZ G551 – geplant haben, war unser vorrangiges Ziel, Zylindergehäuse in nur einer Aufspannung komplett zu bearbeiten“, sagt der Zerspanungsfachmann. „Damit wollten wir die Rüstzeiten minimieren und die Qualität noch weiter steigern. Außerdem sollte die Anlage an sechs Tagen in der Woche möglichst rund um die Uhr laufen, auch in mannlosen Schichten. Dementsprechend haben wir die Details geplant.“

Dank U-Achse: Drehbearbeitung auf dem BAZ

Damit spricht Scheppele unter anderem die Ausstattung mit Werkzeugen und Software an. Denn ein solches Zylindergehäuse erfordert mehrere Fräs-, Bohr- und Drehbearbeitungen, die bislang auf mindestens zwei Maschinen und in mehrfachen Aufspannungen ausgeführt wurden. Um dies alles auf dem horizontalen Bearbeitungszentrum mit seinen drei Linear- und zwei Rundachsen erledigen zu können, ist noch ein ganz spezielles Werkzeug erforderlich: eine sogenannte U-Achse, wie Günther Reich erklärt: „Einer unserer bewährten Partner im Werkzeugbereich ist die Firma Ceratizit, von der wir seit über 30 Jahren verschiedenste Bohr- und Fräswerkzeuge, Wendeschneidplatten und Werkzeugaufnahmen beziehen. Im Werk in Besigheim haben wir uns 2015 das Komtronic U-Achssystem angesehen und als ideale Lösung für unsere Bearbeitung auf dem Grob-BAZ identifiziert. Besser und flexibler nutzbar als alternativ mögliche Sonderwerkzeuge.“

Der wesentliche Grund: Die frei programmierbaren U-Achssysteme ermöglichen beliebige Kontur- und Drehbearbeitungen an nicht rotationssymmetrischen, stehenden Werkstücken. Zusammen mit maßgeschneiderten Aufsatzwerkzeugen und ausgewählten Wendeschneidplatten können Konturen in Bohrungen, aber auch Außenbearbeitungen realisiert werden. Auf Scheppeles Grob-Maschinen wird die U-Achse nach dem Vorbohren und Ablängen des Rohlings eingewechselt. Mit ihr dreht er zunächst die Kontur der Zylinderbohrung, das Kernloch der Gewinde sowie die erste Passung mit Fase.

Nach diesen Schruppvorgängen wird das Werkstück gemessen. Die Messergebnisse werden für eine automatische Korrektur genutzt. Es folgt das Reiben weiterer Passungen und das Rollieren der Zylinderoberfläche. „So erreichen wir eine hinsichtlich der Gleit- und Dichtfunktion optimale Oberfläche“, erwähnt Scheppele. „Nach dem Gewindefräsen benötige ich nochmals die U-Achse. Mit ihr fahre ich die Kontur an den Fasen ab, um den Grat vom Rollieren zu beseitigen und eine saubere Verrundung zu erzielen. Allein dafür ist die Komtronic U-Achse unverzichtbar.“

Im Anschluss daran erfolgen die Bohrbearbeitung für Befestigungen und Anschlüsse sowie eine abschließende Prüfung der Passungen mittels Messtaster. „Durch die U-Achse von Ceratizit können wir 95 Prozent aller Zylindergehäuse auf den Grob G551 komplett fertigbearbeiten, sodass uns sämtliche Nachbearbeitungen in der Endmontage erspart bleiben. Insgesamt verkürzen wir die Fertigungszeiten bei verbesserter Oberflächenqualität und höherer Formtreue“, bringt Scheppele das Ergebnis auf den Punkt.

Als AHP Merkle seine Fertigungsanlage 2021 schließlich um die zweite Grob G551 erweiterte, standen von vorneherein zwei U-Achsen auf der Bestellliste – in der aktuellen Ausführung Komtronic UAS-160-3. Scheppele berichtet: „Diese dritte Generation unterscheidet sich in der Handhabung und Programmierung nicht von den bisherigen, sodass keine neue Einarbeitung erforderlich war. Die Unterschiede liegen im Innenleben, das einen noch ruhigeren Lauf ermöglicht. Dadurch können wir für unsere Wendeschneidplatten rund 40 Minuten längere Standzeiten feststellen.“

Überwachungs- und Regelungssystem

Um die für einen automatisierten Fertigungsprozess wichtige Prozesssicherheit zu gewährleisten, bestand Scheppele schon bei der Anschaffung der ersten G551 auf einer Prozess- und Kollisionsüberwachung. Hierfür wurde das Überwachungs- und Regelungssystem  Tool-Scope angeschafft. Das im Schaltschrank der G551 installierte Tool-Scope erfasst permanent die Leistungsaufnahme und andere Signale aus der Maschine, die im Fertigungsprozess entstehen. Diese Daten werden auf dem Bedienbildschirm visualisiert und zur Überwachung und Regelung der Maschine eingesetzt.

„Die Tool-Scope-Überwachung ist einfach eingerichtet und sehr effektiv. Ich habe die Möglichkeit, jeden Arbeitsgang zu definieren und für jedes einzelne Werkzeug bestimmte Grenzen bezüglich der Leistungsaufnahme festzulegen“, erklärt Scheppele. „An der durchschnittlichen Prozesskraft erkennt das System den aktuellen Werkzeugverschleiß, so dass ich das Werkzeug zum optimalen Zeitpunkt wechseln kann.“ Außerdem identifiziert Tool-Scope Werkzeugbrüche und Stoßkollisionen und leitet innerhalb von 1 ms einen Nothalt ein. Folgeschäden an Werkzeug, Werkstück und Maschine werden dadurch auf ein Minimum reduziert. „Wir hatten selbst schon einen solchen Notfall. Dank der Kollisionsüberwachung in Tool-Scope ist kein Schaden entstanden“, freut sich der Maschinenverantwortliche. „Das gibt ein sicheres Gefühl, vor allem, wenn die Anlage im mannlosen Betrieb läuft.“

Tool-Scope bietet noch mehr nützliche Features, zum Beispiel die Adaptive Vorschubregelung. Sie beschleunigt den Prozess, wo dies gefahrlos möglich ist, und schützt das Werkzeug gleichzeitig durch das Abfangen von Lastspitzen. Scheppele erwähnt: „Seit einiger Zeit nutze ich dies beim Durchfräsen eines schrägen Bauteils und vermeide auf diese Weise eine unterschiedliche Schnittgeschwindigkeit. Das Werkzeug dankt dies durch eine höhere Standzeit – eine sehr feine Lösung.“

Erfolg auf der ganzen Linie

Mit der hochautomatisierten Anlage konnte AHP Merkle die Durchlaufzeit der Blockzylindergehäuse um rund 40 Prozent verkürzen und mannlose Schichten realisieren. Die durchschnittliche Laufzeit beträgt 19,2 Stunden am Tag. Das ist für die Ein-Mann-Bedienung ein beachtlicher Wert, für den natürlich auch Oliver Scheppele verantwortlich ist: „Mit nur einer Maschine konnten wir etwa 15 000 Blockzylindergehäuse im Jahr produzieren. Durch die Erweiterung mit einer zweiten Grob G551 dürften es entsprechend mehr werden.“ Er ergänzt noch einen weiteren Vorteil: „Die beiden Grob-Maschinen bearbeiten zwar in der Regel unterschiedliche Zylinderdurchmesser. Bei einem Maschinenausfall können sie aber ohne großen Aufwand das Spektrum der anderen übernehmen.“

AHP Merkle GmbH
www.ahp.de

Ceratizit Deutschland GmbH
www.ceratizit.com
AMB Halle 3 Stand A11


Komtronic U-Achse

Die frei programmierbare, einwechselbare Komet Komtronic U-Achse von Ceratizit eignet sich für viele verschiedene individuelle Zerspanungsaufgaben. Denn sie erlaubt auch an nicht rotationssymmetrischen Teilen beliebige Kontur- und Drehbearbeitungen. Zudem werden Feinbearbeitungen wie das Spindeln, Schleifen, Rollieren und Honen auf einem Bearbeitungszentrum möglich. In vielen Fällen bedeutet das gegenüber konventioneller Zerspanung kürzere Fertigungszeiten sowie verbesserte Oberflächenqualität und Formtreue. Schließlich sorgt bei Komtronic U-Achsen ein integriertes direktes Wegmesssystem für Präzision, da es auch Störgrößen mechanischer Elemente berücksichtigt. So werden im Vergleich zu den indirekten Systemen bessere Wiederholgenauigkeiten erreicht.



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