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Vom Komponentenlieferanten zum Technologiepartner

Galaxie-Antriebssystem steigert Performance von neuer Fräs-Dreh-Zentren-Baureihe
Vom Komponentenlieferanten zum Technologiepartner

Auf der AMB 2018 feierte die neue Fräs-Dreh-Zentrum-Baureihe MT 733 von Stama für die 6-Seiten-Komplettbearbeitung ihre Weltpremiere. Die innovative, modulare MT-Plattform mit vier Typen setzt hinsichtlich Stabilität und Präzision neue Maßstäbe, entscheidend ermöglicht durch die Steifigkeit, Spielfreiheit und Positioniergenauigkeit des in die B-Achse integrierten Galaxie-Antriebssystems von Wittenstein.

Gibt es ein Bearbeitungszentrum, das aus Schmiederohlingen in einem Setup hochpräzise Abtriebswellen mit Gewinde, Bohrungen und speziellen Formgebungen auf sechs Seiten komplett bearbeitet? Und kann man mit dieser Lösung die gesamte Prozesskette qualitativ und wirtschaftlich optimieren? Diese Fragen beschäftigten Anfang 2016 Dr.-Ing. Lars Aldinger, in der Wittenstein Gruppe verantwortlich für die Produktionstechnologie weltweit. Zeitgleich stand
Dr.-Ing. Frank Müller, Leiter Konstruktion und Entwicklung bei der Stama Maschinenfabrik in Schlierbach, vor der Herausforderung, für die B-Achse der Fräs-Dreh-Zentren-Baureihe MT 733 eine hochgenau regelbare Antriebslösung zu finden, die höchsten Ansprüchen an die Spielfreiheit, Steifigkeit, Drehmomentstärke, Verschleißfreiheit und Kompaktheit genügt.

„Direktantriebe in der erforderlichen Leistungsklasse kamen aus Platzgründen nicht in Frage“, blickt Müller zurück. „Verspannte Schneckenantriebe schieden für die Positionierachse ebenfalls aus, weil sie über die Lebensdauer der Maschine in ihrer Präzision nachlassen und das Spiel kontinuierlich zunimmt. Zudem ist mit ihnen konstruktionsbedingt keine Simultanbearbeitung möglich.“

Die Antriebslösung, die alle seitens Stama gewünschten Eigenschaften vereinte, war das Galaxie-Antriebssystem. Ließe es sich in die neue MT 733 integrieren, würde Galaxie das Gesamtkonzept der hochstabilen und -präzisen Komplettbearbeitung maßgeblich aufwerten, besonders in Hinblick auf die leistungsstarke 5-Achs-Simultanbearbeitung und die hohe Übergabepräzision von Spannlage 1 zu Spannlage 2. Das Gesamtpaket würde damit auch die hohen Genauigkeitsvorgaben im Sub-Hundertstel-Bereich erfüllen, die die Produktionstechnologen von Wittenstein an die kombinierte Fräs-Dreh-Bearbeitung von Präzisions-Abtriebswellen stellen. Was lag also näher, als beide Themen im Rahmen eines gemeinsamen Technologieprojektes anzugehen und mit einem MT-733-Prototyp für die Fertigung bei Wittenstein umzusetzen?

Stama setzt auf schlüsselfertige Komplettbearbeitung

Stama zählt seit Jahrzehnten zu den Pionieren und Technologietreibern in der Komplettbearbeitung auf mehrspindeligen Fräs-Dreh-Zentren. „Mit der fünfachsigen 6-Seitenbearbeitung mit Fräsen und Drehen ab Stange und Futter haben wir mit unseren Kunden branchenübergreifend gut 500 erfolgreiche und innovative Fertigungslösungen realisiert“, sagt Crispin Taylor, Geschäftsführer bei Stama. „Neue Hochleistungswerkstoffe, komplexere Bearbeitungsprozesse und der Trend zu mehr Leistungsdichte erfordern immer stabilere und flexibel zu konfigurierende Maschinenkonzepte. Unsere neue MT-733-Baureihe vereint diese Anforderungen nach hoher Dynamik, Stabilität und Präzision und ist technologischer Trendsetter.“

Zu den Eckpunkten der Lösung erklärt Müller: „ Die Lösung lag für uns im Übergang zum stabileren Fixportalkonzept mit deutlich kürzeren Hebelarmen als bei einem Fahrständer sowie mit vertikal ausgerichteten Frässpindeln, was bauraumbezogen deutlich höhere Fräsleistungen erlaubt. In der Folge rückte die Gestaltung der B-Achse der Drehspindeln in den Fokus, über die wir bei Stama die Kurzstangen schwenken, etwa für das Einbringen schräger Bohrungen sowie für den 5-Achs-Simultanbetrieb.“

Kompaktes Maschinendesign dank hoher Leistungsdichte

Voraussetzung hierfür war jedoch ein Antriebssystem, das durch sein Nullspiel und seine Steifigkeit die geforderte Positioniergenauigkeit über die gesamte Lebensdauer der Maschine ermöglicht. Ebenfalls gefordert war eine hohe Leistungsdichte. Durch eine platzsparende Bauform des Antriebssystems würde sich die Zugänglichkeit zum Arbeitsraum verbessern und die auf den X-Schlitten sitzenden Drehspindeln könnten noch enger zusammenfahren. Ein Vorteil, um auch kürzere Bauteile sicher und präzise von Spannlage 1 zu Spannlage 2 für die Bearbeitung der Seiten 2 bis 6 zu übergeben.

Das Galaxie Antriebssystem in den B-Achsen der vier MT-733er-Typen hat mit seiner hohen Leistungsdichte Stama die Möglichkeit eröffnet, das Design der neuen MT-Baureihe kompakter umzusetzen und mehr Leistung in den Bauraum zu bringen. Die Anwender profitieren so von mehr Stabilität und Präzision für eine flexible und hochproduktive Komplettbearbeitung

Prototyp MT 733 two bestätigt Performance

Das Galaxie-Antriebssystem hat den Status einer eigenständigen, in Forschung und Lehre anerkannten Gattung erlangt. Bestleistungen bei Spielfreiheit, Gleichlauf, Steifigkeit, Drehmomentdichte und Überlastsicherheit bestätigen das außergewöhnliche Leistungsvermögen in zahlreichen Industrieanwendungen. So auch bei Stama: Nullspiel, die extreme Verdrehsteifigkeit und Wiederholgenauigkeit gewährleisten eine präzise Positionierung des mit der B-Achse geschwenkten Werkstücks während der Bearbeitung.

Für die steuerungsseitige Integration haben Stama und Wittenstein zusammen mit Siemens spezifische Regelalgorithmen für die Maschinensteuerung entwickelt, diese auf das mechanische Verhalten des Galaxie-Antriebssystems abgestimmt und in die Welt der
Siemens-Solution-Line-Steuerung integriert. „Die Vorzüge des Galaxie-Antriebssystems in die Entwicklung der neuen Baureihe zu übernehmen und die Arbeitsraumgestaltung der neuen Maschinenplattform rund um das Galaxie Antriebssystem herum zu entwickeln, war eine zukunftsweisende Entscheidung“, sagt Taylor. „Die Performance des Galaxie Antriebssystems in unseren neuen 733er-Komplettbearbeitungszentren übertrifft alle Erwartungen.“

Dass die Qualität stimmt, bestätigt der Kugeltest. Bei der Herstellung der Kugelform ist die Maschine nicht nur wie üblich in X- und in Z-Richtung verfahren, sondern hat mit der über den Nullpunkt des Antriebssystems hinweg interpolierenden B-Achse eine Umkehr der Drehrichtung des Getriebes vollzogen. „Bereits bei minimalem Spiel im Antrieb hätte sich hier auf der Kugel ein messbarer und auch deutlich sicht- und fühlbarer Bearbeitungsfehler gezeigt“, erläutert Müller. „Die Vergleiche der Formtreue und Oberflächenrauigkeiten mit den Ergebnissen klassischer, über zwei Achsen interpolierender Bearbeitungsverfahren beweisen die Spielfreiheit und Steifigkeit des Antriebssystems sowie das perfekte Funktionieren der für Galaxie entwickelten Regelalgorithmen.“

Getriebekinematik im Dauerbelastungstest

Wittenstein hat mit Galaxie erstmals die mathematische Funktion der logarithmischen Spirale als fundamentale Neuigkeit in den Getriebebau eingeführt. Die darauf aufbauende, patentierte Getriebekinematik des Antriebssystems verzichtet im Gegensatz zu anderen Gattungen auf ein starres Zahnrad – stattdessen erfolgt die Drehmomentwandlung über dynamisierte Einzelzähne, die um ein unrundes Antriebspolygon mit Nadellagerung herum gruppiert sind und radial gleitend entlang der Innenverzahnung des Hohlrades geführt werden. Dieses Prinzip führt – neben bislang unerreichter Spielfreiheit, Torsionssteifigkeit, Drehmomentdichte und mathematisch exaktem Gleichlauf – dazu, dass sich beim flächigen Eingriff der Einzelzähne ein hydrodynamischer Schmierfilm aufbaut, der mechanischen Verschleiß und Abrieb minimiert.

„Unsere Untersuchungen zeigen, dass ein nennenswerter Verschleiß des Galaxie-Antriebssystems oder gar Positionierabweichungen für die marktübliche Nutzungsdauer des MT 733 ausgeschlossen werden können“, bestätigt Müller. Seiner Aussage liegen hausinterne Dauerbelastungstests zugrunde, bei denen das Antriebssystem mit maximalem statischen Moment um ± 30° etwa vier Millionen Mal um die Horizontale geschwenkt wurde. Alle 500 000 Zyklen wurde das Antriebssystem auf Veränderungen geprüft. Das Ergebnis: eine kaum messbare Veränderung im Hystereseverlauf, Spielfreiheit – auch im Nulldurchgang – unverändert, Verschleiß Fehlanzeige.

Der Kreis schließt sich

Die MT-733-Baureihe mit Galaxie-Antrieb in der B-Achse überzeugt durch hohe thermische und mechanische Stabilität, Präzision und eine hervorragende Dynamik. Das Antriebssystem ermöglicht somit die Entwicklung einer Fräs-Dreh-Zentrum-Baureihe, auf der wiederum Hochpräzisionskomponenten für die High-End-Planetengetriebe von Wittenstein und grundsätzlich auch für das Galaxie Antriebssystem gefertigt werden können.

Der Kreis schließt sich somit in einer Weise, von dem auch der Stama-Kunde Wittenstein profitiert. Auf der MT 733 two werden seit gut einem Jahr schwer zu zerspanende Abtriebswellen in einem Setup vom Roh- zum Fertigteil komplett bearbeitet. Die Fertigungsgenauigkeit – ausgedrückt in Fertigungstoleranzen und Bezugsbemaßungen – liegt reproduzierbar im Sub-Hundertstel-Bereich und erfüllt die hohen Ansprüche.

Neben der Qualität hat Dr.-Ing. Lars Aldinger auch das Ziel einer signifikanten Prozessverbesserung erreicht: „Wir konnten dank der Komplettbearbeitung die reine Hauptzeit um 40 % reduzieren. Dabei wurden alle mit der Maschine erwarteten Verbesserungen erreicht: kürzere Durchlaufzeiten, weniger innerbetrieblicher Transport- und Lageraufwand, reduzierte Rüst- und Ausrichtarbeiten, weniger Bestände an halbfertigen Produkten und vor allen Dingen mehr Prozesssicherheit.“

Vorbereitet für die Umsetzung von Industrie 4.0

Das Galaxie-Antriebssystem, wie es bei Stama zum Einsatz kommt, ist sensorisch auf die Anforderungen intelligenter Steuerungs- und Überwachungskonzepte für vernetzte Maschinen vorbereitet. Für die digitale Analyse von Betriebszuständen der Maschine und einzelner Komponenten sowie von Prozessen nutzt Stama das Software-Portfolio Smartline der Chiron Group – unter anderem das Programm Condition-Line für die Überwachung der Linearachsen. Parameter wie Reibverhalten, Spiel oder Hysterese im Antrieb und in der Achse können so über die Lebensdauer hinweg überwacht und für das Condition Monitoring oder andere Applikationen genutzt werden.

Analysiert und umgesetzt werden diese Möglichkeiten im Rahmen der dauerhaft angelegten Zusammenarbeit von Stama und Wittenstein. Stama kann seinen Kunden durch die Auswerteoptionen perspektivisch noch mehr Sicherheit beim Ausreizen der bearbeitungstechnischen Möglichkeiten der MT 733 bieten. Wittenstein lernt so noch mehr über das Verhalten des Galaxie-Antriebssystems in High-End-Maschinenkonzepten und kann dieses Wissen für künftige Antriebsgenerationen nutzen.

Wittenstein SE
www.wittenstein.de

Stama Maschinenfabrik GmbH
https://stama.de


Der Autor

Volker Sprenger

ist Start-up Manager

Galaxiesysteme bei

Wittenstein SE in

Igersheim.


Die Vorzüge

des Galaxie-Antriebssystems in die Entwicklung der neuen Baureihe zu übernehmen war eine zukunftsweisende Entscheidung. Die Performance in unseren neuen 733er-Komplettbearbeitungszentren übertrifft alle Erwartungen.“

Crispin Taylor, Geschäftsführer, Stama Maschinenfabrik GmbH



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