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Die Bessermacher

Vom Zweiradbauer zum Präzisionsfertiger – mit leistungsfähiger Steuerungstechnik
Die Bessermacher

Weil niemand ihm Teile in der gewünschten Qualität liefern konnte, beschloss Bernd Köhler 1999, sie selber besser zu machen. Er kaufte eine 3-Achs-Maschine von Fehlmann mit Heidenhain-Steuerung TNC 426. Eine mutige und kluge Entscheidung.

Bei der Anreise an einem Januarabend präsentiert sich das Erzgebirge den Reisenden von seiner romantischen Seite. Aus den Fenstern der Häuser leuchten Schwibbögen in die Dunkelheit hinaus, die Hotelrezeption begrüßt das Klartext-Team mit regionaler Schnitz- und Drechselkunst: Nussknacker, Räuchermännchen und eine Weihnachtspyramide zieren den Eingangsbereich der Herberge.

Der Kontrast dazu könnte am nächsten Morgen größer nicht sein. Im Empfangsbereich von Köhler Präzisionstechnik geht es rein optisch sehr sachlich-technisch zu: Zwei Rennmotorräder aus vergangenen Tagen lassen die Ursprünge des Unternehmens und die Leidenschaft des Firmengründers erahnen. Daneben strahlen den Besucher aus einer randvoll bestückten Vitrine die metallisch glänzenden Musterteile aus der Fertigung an. Überaus herzlich ist dann die Begrüßung durch Firmengründer und Senior-Chef Bernd Köhler und seinem Sohn Jörg, der sich um die fertigungstechnischen Belange im Betrieb kümmert und damit für die nächsten Stunden unser Hauptansprechpartner sein wird.

Anspruchsvoll zu sein kann den Ausgangspunkt für erfolgreiches Unternehmertum bilden. Weil Köhler Präzisionstechnik konsequent maximale Qualität und Flexibilität anstrebt, wächst das Unternehmen in Ehrenfriedersdorf kontinuierlich. Dafür müssen die Sachsen nicht einmal Werbung machen. Ihr guter Ruf eilt ihnen voraus und beschert volle Auftragsbücher.

Eine mutige Entscheidung

Um den Erfolg von Köhler Präzisionstechnik zu verstehen, ist ein kleiner und ziemlich spannender Ausflug in die Lebensgeschichte von Senior Bernd Köhler aufschlussreich. Der arbeitete nämlich bei den Motorradwerken Zschopau in der Versuchsabteilung an der Entwicklung neuer Motorräder mit. Dabei wusste er ganz genau, worauf es ankam: Er war nämlich erfolgreicher Motorradrennsportler und gewann unter anderem 1979 die DDR-Motorradmeisterschaft der 125-Kubikmeter-Klasse auf einer MZ-RE.

1993 gründete er dann das Unternehmen Zweiradtechnik Köhler und begann mit der Entwicklung und dem Prototypenbau von Motorrädern für namhafte deutsche Motorradhersteller. Bei seiner Entwicklungstätigkeit haderte Köhler immer wieder mit der Qualität der zugelieferten Bauteile für die Prototypen: „Die Teile waren mir nicht immer gut und genau genug, häufig mussten sie nachgearbeitet oder sogar neu bestellt werden“, erinnert sich der agile Firmengründer. Statt immer wieder zu reklamieren und bessere Lieferanten zu suchen, traf er eine mutige Entscheidung: selber besser machen.

So kaufte er 1999 eine 3-Achs-Maschine von Fehlmann mit einer TNC-426-Steuerung und nahm mit seinen beiden Söhnen – der zweite Sohn Jens ist als Kaufmann im Unternehmen tätig – in einem Anbau seines Wohnhauses die Fertigung von Teilen auf. „Die erste Maschine hatte noch keinen Werkzeugwechsler, jedes Werkstück mussten wir von Hand aufspannen, und die 3-Achs-Bearbeitung erlaubte nur relativ einfache Bauteile“, schildert Bernd Köhler die Anfänge des Unternehmens.

Mit Weitblick die Zukunft gestaltet

Wenn Sohn Jörg die heutige Fertigung beschreibt, ist sofort klar, welch gewaltigen Wandel Köhler Präzisionstechnik seit seiner Gründung vollzogen hat – und welchen Weitblick die drei Geschäftsführer hatten und immer noch haben, um das Familienunternehmen fit für die Zukunft zu halten: „Wir setzen heute auf maximale Automatisierung und Flexibilität. Geblieben sind über die Jahre unser Anspruch, möglichst flexibel Teile zu fertigen, die keine Wünsche bei der Genauigkeit und Qualität offen lassen, sowie der Maschinenhersteller Fehlmann und die TNC-Steuerungen von Heidenhain.“

Wie konsequent die Köhlers ihr Unternehmen in den vergangenen Jahren weiterentwickelt haben, erkennt der Besucher auf den ersten Blick, wenn er durch die schwere Stahltür vom Empfangsbereich in die blitzsaubere Vorzeigefertigung tritt. Immer paarweise aufgestellt, verrichten hier Fehlmann-Maschinen ihre Arbeit. Zwischen den Maschinenpärchen stehen immer Palettensysteme und ein Greifarm für die hochautomatisierte Bestückung der Maschinen. Direkt angegliedert an die Fertigung ist das Konstruktionsbüro, in dem die NC-Programme erstellt, simuliert und ausgespielt werden.

„Wir bekommen von unseren Kunden in der Regel 3D-Modelle mit allen notwendigen Daten. Mit Edgecam generieren wir daraus die NC-Programme. Dazu gehört auf jeden Fall eine komplette Simulation der Bearbeitung samt Maschinenkonfiguration. Deshalb haben wir auch für jede Maschine einen eigenen Postprozessor“, fasst Jörg Köhler die NC-Programmierung grob zusammen. „Wenn wir mit unserem Programm an die Maschine gehen, sollte alles perfekt vorbereitet sein, damit wir hier ohne Verzögerungen produktiv sind.“

Knowhow für den ganzen Prozess

Im Idealfall betreut eine Fachkraft den ganzen Prozess von der Konstruktion bis hin zum Einrichten und Einfahren der Maschine: „Ein vollverantwortlicher Mitarbeiter weiß beim Einrichten und Einfahren, warum er bestimmte Dinge so programmiert und vorgesehen hat, wie sie sind. Da gibt es keine Verzögerungen und Rückfragen, weil eine zweite Kraft sich erst in alles neu hineindenken muss“, bringt Jörg Köhler die Vorteile dieser Arbeitsweise auf den Punkt. „Deshalb sind für uns qualifizierte Fachkräfte zum Programmieren und Einrichten auch absolut unerlässlich. Und sie finden bei uns einen entsprechend abwechslungsreichen Job mit ständigen Wechseln zwischen Büro und Maschine.“

Abwechslungsreich ist auch das Produktportfolio, das die Hallen von Köhler Präzisionstechnik Tag für Tag verlässt. Die Fräsmaschinen fertigen Teile für Kunden aus der Mikroelektronik, der Fahrzeugindustrie, dem Maschinenbau, der Medizintechnik sowie der Feinmechanik und Optik – allesamt hoch anspruchsvoll, was Qualität, Genauigkeit und Oberflächen angeht.

Was die Kunden wünschen und Köhler Präzisionstechnik liefert, fasst Jörg Köhler so zusammen: „Wir bearbeiten von Kunststoff bis Edelstahl alle Werkstoffe außer Grauguss. Wir stellen einfache Teile mit 5 Minuten Laufzeit ebenso her wie komplexe Werkstücke, die eine Stunde und mehr auf der Maschine sind. Und wir produzieren von Losgröße 1 an aufwärts bis hin zu großen Serien – dringend benötigte Ersatzteile auch schon mal über Nacht. Flexibilität ist neben der Qualität und Genauigkeit einer der Grundpfeiler unseres Erfolgs.“

Automatisierung fördert Flexibilität

Dringend benötigte Ersatzteile über Nacht – in einer dermaßen hochautomatisierten Fertigung? Da müssen wir nachhaken! Denn landläufig stehen ein hoher Automatisierungsgrad und kurzfristige Fertigungsplanung durchaus im Ruf, sich eher zu widersprechen denn zu befördern.

Darüber kann Jörg Köhler nur lachen: „An jedem Maschinenpaar stehen uns in den angegliederten Palettensystemen bis zu 135 Plätze für Paletten mit einer Größe bis 320 mal 320 Millimeter zur Verfügung. Was wir dort aufspannen, ist doch völlig egal, solange das passende NC-Programm und die erforderlichen Werkzeuge an einer der beiden Maschinen beziehungsweise auf den Steuerungen zur Verfügung stehen. Dadurch können wir jederzeit auch Aufträge dazwischen schieben – erst recht Teile, die wir schon einmal gefertigt haben und zu denen uns somit schon alle Daten und Informationen vorliegen. Die Spätschicht richtet auf einer der Maschinen die entsprechenden Teile ein, in der Nachtschicht läuft die Fertigung und die Frühschicht macht alles auslieferungsfertig. Unser Kunde freut sich über eine Ersatzteillieferung binnen 24 Stunden.“

Die Verknüpfung von Automatisierung und Flexibilität scheint überhaupt eines der Erfolgsgeheimnisse bei Köhler Präzisionstechnik zu sein. „Wir haben uns bewusst für die Konstellation von zwei Maschinen mit einem Palettensystem und Greifarmbestückung entschieden. Sollte es einmal zu Problemen bei der Bestückung kommen, stehen so maximal zwei Maschinen. Eine verkettete Fertigung mit einem Roboter zur Bestückung mehrere Maschinen stünde dann komplett“, begründet Jörg Köhler die Entscheidung für diese Maschinenanordnung.

„Damit wir immer flexible Ausweichmöglichkeiten haben, achten wir auch darauf, dass die Programme für die 5-Achs-Maschinen alle gleich aufgebaut sind und auf demselben Unterprogramm basieren. Dank der Plane Spatial-Funktion der Heidenhain-Steuerungen und -Tastsysteme in den Maschinen können wir so jedes Teil auf jeder beliebigen Maschine laufen lassen. Für die richtige Position und Lage sorgen die Heidenhain-Steuerung und die Tastsysteme absolut zuverlässig.“

Tasten für ungestörte Abläufe

Die Heidenhain-Tastsysteme für die Werkstück- und Werkzeugvermessung samt der zugehörigen Zyklen der TNC-Steuerung nutzt Köhler Präzisionstechnik ohnehin sehr intensiv, z. B. um die Lage und Position der Teile für die Rückseitenbearbeitung zu ermitteln. Oder zur Werkzeugbruch-Kontrolle in der Maschine. Vor längeren Bearbeitungsschritten werden die einzusetzenden Werkzeuge zu 100 Prozent auf Verschleiß und möglicherweise bevorstehenden Werkzeugbruch geprüft und nötigenfalls ausgetauscht, damit es nicht während der laufenden Fertigung zu Störungen kommt. Bei kleineren Teilen erfolgt die Werkzeugprüfung in festgelegten Intervallen.

Übrigens zeigt sich auch beim Thema Werkzeugverschleiß die intelligente Verknüpfung von Automatisierung und Flexibilität bei Köhler Präzisionstechnik. „Sollte eine Teileserie wegen fehlender Werkzeuge im Werkzeugwechsler nicht weiterbearbeitet werden können, führt das bei uns nicht zum Stopp an der Maschine. Die Anlage wechselt ganz einfach zu einem anderen Bauteil, für das die benötigten Werkzeuge noch vorhanden sind“, erklärt Jörg Köhler, warum er und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ganz beruhigt nach Hause gehen, wenn die mannlosen Nacht- und Wochenendschichten anstehen. „In der Firma ist dann niemand. Es gibt nur einen Bereitschaftsdienst, der eine SMS oder E-Mail auf sein Mobiltelefon bekommt und am Wochenende zweimal die Maschinen mit Rohteilen bestückt.“

Und Senior Bernd Köhler ergänzt: „Nachts und am Wochenende sollen die Maschinen arbeiten. Die brauchen keine Pause. Aber unsere Mitarbeiter sollen sich dann erholen. Anspruchsvolle Arbeiten können Menschen nur erledigen, wenn sie ausgeruht und motiviert sind.“

Dr. Johannes Heidenhain GmbH
www.heidenhain.de
AMB Halle 2 Stand D03

Präzisionstechnik Köhler GbR
www.praezisionstechnik-koehler.de

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