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Käfer nutzt automatisierte Bearbeitungszellen von Häberle

Messuhrenhersteller erweitert Kapazität um automatisierte Bearbeitungszellen
Im Duo präziser fertigen

Mechanische Messuhren sind keineswegs „old fashioned“ wie das Traditionsunternehmen Käfer Messuhrenfabrik zeigt. Mit zwei neuen Bearbeitungszellen Duo-S von CNC Häberle setzt das Unternehmen seine behutsame Automatisierung fort.

Autor: Bernhard Foitzik

Als Holzfäller wissen Sie selbstverständlich, was eine Schränkung ist. Was Sie vielleicht nicht wissen, ist, dass das Familienunternehmen Käfer Messuhrenfabrik, Villingen-Schwenningen, Messuhren baut, mit denen man eine Schränkung messen kann. Jeder kanadische Holzfäller hat eine solche Uhr in der Tasche – und diese Messuhren kommen aus dem Schwarzwald.

Die Käfer Messuhrenfabrik konzentriert sich nahezu ausschließlich auf die Herstellung von mechanischen Messuhren und deren Komponenten. Klar, dass dies nur mit einer hohen Fertigungstiefe zu schaffen ist. Alle mechanischen Bearbeitungsschritte werden am Stammsitz in Villingen-Schwenningen durchgeführt, lediglich „exotische“ Verfahren wie Erodieren, Druckguss oder galvanische Beschichtungen lässt man außer Haus machen.

Über 200 000 Werkstücke verlassen jedes Jahr die Produktion und gehen in alle Welt. Der Anteil kundenspezifischer Messuhren oder Teile davon ist schwer zu beziffern. Denn so manche Uhr bekommt durch ein eigens gedrucktes Zifferblatt mit entsprechendem Logo ein kundenspezifisches Aussehen. So gesehen liegt der Anteil kundenspezifischer Fertigung bei 75 %. Teilweise kaufen Kunden auch nur Messwerke oder gar einzelne Komponenten, um eigene Messmittel zu kreieren.

Dabei setzt Käfer konsequent auf mechanische Messuhren, wie Betriebsleiter Matthias Osterhues sagt: „Die solide Bauweise unserer mechanischen Messuhren und unser Qualitätsdenken haben uns überleben lassen.“ Selbst den digitalen Messuhren mit Quarzwerk „trotzt“ das Traditionsunternehmen: „Mechanische Uhren wird es immer geben, denn sie sind einfach zu handhaben, aus größerer Distanz gut abzulesen und dauerhaft zuverlässig.“ Während andere Hersteller auf Masse gesetzt haben und untergegangen sind, hat man sich bei Käfer auf das konzentriert, was man am besten kann: sich flexibel auf Kundenwünsche einzustellen und nachhaltige Produkte zu fertigen.

Standardgehäuse in Serie

Für die Gehäusefertigung stand bei Käfer eine Ersatzinvestition an. Systemintegrator CNC Häberle, Laichingen, war der schnell gefundene Partner und lieferte zwei Bearbeitungszellen. Diese beiden nahezu identischen Robodrill-Duo-S-Zellen ersetzen Bearbeitungsmaschinen, die nach Jahrzehnten ausgemustert worden waren. Das Problem: Viel Platz war beim Entsorgen der alten Maschinen nicht frei geworden. Aber schon Meister Bernhard Milost war aufgefallen, wie „schön klein und kompakt“ die Robodrill-Maschinen sind. „Die passen platzmäßig ideal bei uns rein.“

Häberle als Partner war für Käfer auch deshalb ideal, „weil wir bei der Kombination Häberle/Fanuc alles aus einer Hand bekommen haben.“

Beide Zellen wurden vor der Auslieferung bei Häberle aufgebaut und die Prozesse eingefahren. Schon in dieser Zeit wurden auch die Maschinenbediener von Käfer mehrere Tage geschult und mit der Maschine vertraut gemacht.

Bei den Häberle RobodrillDuo-S-Zellen handelt es sich um jeweils zwei Bearbeitungsmaschinen Robodrill α-D21SiB5 in der ADV-Ausstattung von Fanuc. Zwischen den beiden Maschinen befindet sich eine standardisierte Plus-E-Zelle von Häberle, in der ein Fanuc-Roboter LR Mate 200iD arbeitet, der aus einem integrierten Palettenspeicher „gefüttert“ wird. Matthias Osterhues sieht sich in den ersten Praxiswochen durch die Auswahl bestätigt: „Wir haben die Zellen mit Rundum-Sorglos-Paket gekauft, also inklusive Werkzeugausstattung und mit Servicevertrag.“

5-Achs-Bearbeitung dank Drehtisch

Während die Robodrill serienmäßig dreiachsig ausgeführt ist, sind in den Maschinen für Käfer jeweils DTT 5-Achstische von Häberle eingebaut. Meister Bernhard Milost: „Die 5-Achsbearbeitung ist elementar für die Präzision unserer Messuhren. Die eng tolerierten Maße bekommen wir nur hin, wenn wir in einer Aufspannung arbeiten.“ So erledigt die eine Robodrill die 5-Achsbearbeitung, anschließend entnimmt der Roboter das fast fertige Gehäuse und lädt es in die zweite Maschine zur Fertigbearbeitung.

Elemente wie Spannbacken, Speicherkassetten oder Greiferfinger wurden bei Häberle konstruiert und gefertigt. Auch was die Bedienung der Maschinen betrifft, kommt eine Häberle-Eigenentwicklung zum Tragen: Mit HaebPara lässt sich die Bedienoberfläche der CNC gestalten und um zahlreiche Funktionen erweitern. Diese Software ermöglicht dem Maschinenbediener selbstständig individuelle Bildschirme und Eingabemasken zu erstellen.

Software ermöglicht Anpassung der Bedienoberfläche

Abgesehen von der übersichtlichen HMI-Gestaltung können mit HaebPata Kommentare, Bilder, Systemvariable wie Nullpunkte oder Werkzeugdaten und vieles mehr hinterlegt werden – ein Tool also, das man bei Käfer sehr schätzt, wie Matthias Osterhues bestätigt. Gefragt nach HaebPara sagt er: „Meine ehrliche Antwort dazu: Wir kennen das gar nicht anders. Wir wüssten gar nicht, wie die Maschine ohne diese Software läuft. Und die Roboterbedienung ist gleich mit drin.“

Mit den beiden Duo-S-Zellen wird auch die Automatisierung einen Schritt weiter vorangetrieben. Einen, inzwischen betagten, Fanuc-Roboter hat Käfer zum Be- und Entladen einer Maschine schon länger in Betrieb. Um eine weitere Automatisierung werde man in Zukunft nicht herumkommen, weiß man bei Käfer. „Allerdings nicht um den Preis, dass wir dann Personal reduzieren“, versichert Osterhues: „Es ist nicht die Idee der Inhaberfamilie, neue Maschinen mit Roboter zu kaufen und dafür jemand nach Hause zu schicken.“ Im Gegenteil, denn mit neuen Maschinen und dem Robotereinsatz könne man wettbewerbsfähig bleiben.

Grundsätzlich können beide Zellen die gleichen Bearbeitungsaufgaben übernehmen. Bei Käfer hat man sich allerdings entschieden, dass ein Gehäusetyp, von dem über 100 000 Stück pro Jahr gebraucht werden, in einer Zelle gefertigt wird. Die Stückzahlen aller anderen Gehäusetypen liegen pro Jahr etwa in der Größenordnung von 5000 bis 7000 Messuhren. Milost: „Eine Zelle macht die große Serie, die zweite die übrigen Lose.“ Prinzipiell könne allerdings gewechselt werden.

Was die Amortisationszeiten betrifft, hat man bei der Auslegung mit einem 16-Stunden-Betrieb gerechnet, aber man sei heute schon bei 20 Stunden. „Damit wir noch ein bisschen Reserve haben, sind die Zellen absichtlich nicht von Anfang an für einen 24-Stunden-Betrieb ausgelegt worden“, sagt Osterhues.

Beschickt werden die Maschinen jeweils vom mittig angeordneten Roboter, der die zu bearbeitenden Rohlinge aus einer Palette entnimmt und fertige Werkstücke auch wieder darin ablegt. In 200 Minuten ist der Werkstückträger abgearbeitet, dann wird die nächste Palette aus dem Palettenspeicher in die Greifposition gefahren.

Genauigkeit ist besonders wichtig

Es versteht sich von selbst, dass bei der Fertigung von Messgeräten besondere Sorgfalt gefordert ist. Für die Genauigkeit der Messuhren sind die entscheidenden Bohrungen und Flächen im 1/100-Bereich zueinander toleriert. Da ist man bei Käfer als Messgeräte-Hersteller von Natur aus kritisch und penibel. Oberstes Auswahlkriterium für die Maschine war denn auch: „Sie muss die Genauigkeit bringen.“

Vielleicht ist deshalb das Lob vom Meister besonders wertvoll: „Unsere Anforderungen packt die Maschine problemlos.“ Wurden in den ersten Tagen des Maschineneinsatzes fertige Gehäuse noch relativ häufig überprüft, reichen inzwischen zwei Kontrollen pro Tag. Vor Feierabend macht Milost eine letzte Kontrolle. Dann laufen die Maschinen mannlos in die Nacht.

Überrascht war Matthias Osterhues über das „Kaltstart-Verhalten“ der Robodrill. Gerade weil die Robodrill-Maschinen bei Käfer nachts nicht durchlaufen, ist die Temperaturkompensation mit KI-Funktion ein äußerst nützliches Detail. Diese Funktion basiert auf Künstlicher Intelligenz und regelt die Bearbeitungsparameter je nach Temperatur der Maschine. Das bei anderen Maschinen übliche Warm-Up nach dem Einschalten gehört damit der Vergangenheit an, wie Bernhard Milost berichtet: „Wenn die Maschine nachts gestanden hat, stimmen die Werte nach Wiederanlauf am Morgen vom ersten Teil an. Das funktioniert hervorragend und die Abweichungen liegen auch beim Kaltstart im Toleranzbereich.“

Zum Rundum-Sorglos-Paket von CNC Häberle gehörte bei dem Auftrag von Käfer auch die komplette Werkzeugbeschaffung. Nicht, dass man bei Käfer nicht in der Lage gewesen wäre, ein paar Fräser zu beschaffen. Aber man wollte eben von Anfang an auf Nummer Sicher gehen: „Wir wollten nicht lange experimentieren.“ Auf jeden Fall sollten es – bis auf zwei, drei Sonderwerkzeuge – Standardwerkzeuge sein.

Verfügbarkeit und Service

Apropos Vertrauen: Wer heute eine Käfer-Messuhr kauft, kann sicher sein, diese Uhr auch in zehn Jahren oder länger noch repariert zu bekommen. Der Kalibrier- und Reparaturservice in Villingen-Schwenningen wartet jegliche Käfer-Messuhr. Das funktioniert zum einen weil das Unternehmen nachhaltig arbeitet und zum anderen, weil die hohe Fertigungstiefe dem Unternehmen auch sämtliche Möglichkeiten bei der Fertigung von Ersatzteilen bietet. Das gilt sowohl für Serien-Messuhren als auch für kundenspezifische Sonderanfertigungen.

Zum Stichwort „Sonderanfertigung“ hat Osterhues ein ganz ausgefallenes Beispiel. So entwickelte und baute Käfer für einen Ornithologen eine Messuhr, mit der sich die Dicke von Raubvogeleiern messen lässt – eine Entwicklung, die mangels Nachfrage nur noch ein weiteres Mal angefertigt wurde. Ab was tut man nicht alles für seine Kunden.

Den Service betreffend hat man bei Käfer eine einfach formulierte Zielsetzung: Im Servicefall möchte man schnelle Hilfe. Meister Milost: „Wenn der Service so bleibt wie bisher, haben wir keine höheren Ansprüche mehr. Schneller geht nicht.“ Auch wenn sich das Konzept bislang bestens bewährt, war in der Hochlaufphase der Duo-S-Zellen durchaus die eine oder andere Feinjustierung erforderlich. Aber auch wenn eigene Fehler das System „lahmgelegt“ hatten, gab es eine schnelle Lösung per Telefon oder eine unkomplizierte Hilfe vor Ort. „Wenn es bleibt, wie es ist, dann ist es top.“ Mehr kann man eigentlich nicht verlangen.

Häberle Feinmechanik CNC-Technik GmbH
https://haeberle.com/

Fanuc Deutschland GmbH
www.fanuc.de



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