Viele Robotersysteme sind aktuell noch dann besonders wirtschaftlich, wenn sie ein Bauteil in hoher Stückzahl fertigen (low mix, high volume; LMHV). Künftig werden vier Trends maßgeblich dafür sorgen, dass sie auch für kleine Stückzahlen (high mix, low volume; HMLV) effizient nutzbar sind.
Autor: Richard Bormann, Gruppenleiter Handhabung & Intralogistik, Fraunhofer IPA
Roboter sind für viele Unternehmen der Schlüssel für eine wirtschaftliche Fertigung in Hochlohnländern. Neben den steigenden Personalkosten (bei gleichzeitig deutlich gesunkenen Kosten für die Roboter-Hardware) spricht auch der Fachkräftemangel für Automatisierung. Allerdings kommt manche Roboteranwendung an wirtschaftliche Grenzen, denn die Massenproduktion ist nicht mehr die alleinige Zukunft. Mit dem Trend zur Personalisierung müssen Unternehmen mit den Anforderungen von HMLV zurechtkommen.
Strukturiert vorgehen
Diese Individualisierung erfordert eine effiziente Programmierung und Rekonfiguration von Robotern. Der Schlüssel zum erfolgreichen Robotereinsatz sind geringere Kosten für die Systemintegration und Programmierung. Grundlage hierfür ist ein strukturierter Entwicklungsprozess, mit dem Unternehmen die Gesamtkomplexität einer Anwendung beherrschen können. Das Fraunhofer IPA setzt auf die Etappen Potenzialanalyse, Konzeption, Machbarkeitsuntersuchung und Realisierung. Zudem zeichnen sich vier Trends ab, die Roboter immer besser auch für die personalisierte Produktion nutzbar machen dürften.
Vier Robotiktrends
KI (Künstliche Intelligenz) und Digitalisierung, die Simulationstechniken zur Datenerzeugung nutzen, sind der erste Trend. Die Robotik profitiert dabei durch eine bessere Verfügbarkeit von Daten und Modellen, mit denen bislang nicht automatisierbare Prozesse für Roboter beherrschbar werden. Dabei geht es bspw. um Herausforderungen wie biegeschlaffe, spiegelnde oder sich leicht verhakende Objekte, die ein Roboter greifen soll.
Der zweite Trend ist die Demokratisierung der Robotik. Dies ist eine disruptive Entwicklung, bei der Endkunden in Eigenregie Roboter in Betrieb nehmen, ohne den Systemintegrator zu benötigen. Das gelingt dank des Do-it-yourself-Prinzips, das Onlineplattformen oder -konfiguratoren durch Apps oder Einrichtsoftware im Stile von „Baukästen“ ermöglichen.
„Automation of Automation“ ist der dritte Trend. Am Fraunhofer IPA arbeiten wir beispielsweise an modularen Matrix-Montagesystemen. Sie bestehen aus frei verkettbaren Bearbeitungsstationen und bieten eine alternative Montagestruktur in einem volatilen Umfeld.
Und schließlich ist die Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) der vierte Trend. Auch wenn sie bisher eher eine Nische ist, kann sie sich dort lohnen, wo die technischen oder wirtschaftlichen Hürden für eine Vollautomatisierung noch zu hoch sind.
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA
Veranstaltungs-Tipp
Wie die Auomatisierung kleiner Losgrößen möglich wird, erläutert der Autor in seinem Vortrag auf dem Liebherr-Expertenforum „Automation ab Losgröße 1“ am 5. Mai 2022 bei Liebherr in Kempten.