Startseite » Software »

Interview: Dr. Wilfried Schäfer, Geschäftsführer VDW

Dr. Wilfried Schäfer, Geschäftsführer VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken)
„Wir sehen bei Spanflug ein schlüssiges Gesamtkonzept“

Der VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken) ist mit einer Minderheitsbeteiligung bei der Münchner Online-Fertigungsplattform Spanflug eingestiegen. Was den Ausschlag für die Entscheidung gegeben hat und warum der Verband sich für die Technologie stark macht, erläutert Geschäftsführer Dr. Wilfried Schäfer.

Das Interview führte: Dr. Frank-Michael Kieß

mav: Der VDW ist kürzlich mit einer Minderheitsbeteiligung bei Spanflug eingestiegen. Was war die Motivation?

Schäfer: Wir leben in Umbruchzeiten und jeder ist gut beraten, seine Strategie und Geschäftsmodelle zu überprüfen, auch wir als Verband. Als Verband und als Messeveranstalter betreuen wir Communities im B2B-Bereich und stellen ihnen Plattformen zur Verfügung. Der erste Schritt für die Erweiterung dieser Strategie war 2009 die Beteiligung an der Industry Arena – heute eines der größten Fachportale für Produktionstechnik. Mit der Beteiligung an Spanflug setzen wir diese Entwicklung fort.

Es gibt ja eine Reihe von Start-ups in diesem Bereich. Warum Spanflug? Was hat Sie besonders überzeugt?

Schäfer: Wir haben die Funktionalitäten des Spanflug-Ansatzes getestet und sind überzeugt, dass Spanflug im Bereich Drehen und Fräsen mit dieser Lösung eine Alleinstellung hat. Zudem baut Spanflug auf ein qualifiziertes Zuliefernetzwerk. Dass dies auch von den Kunden so eingeschätzt wird, zeigt das schnelle Wachstum der Plattform. Auch das zweite Standbein, Software-as-a-Service für die automatische Angebotskalkulation ist interessant, automatisiert es doch die Angebotserstellung auf wenige Mausklicks.

Interessiert Sie dabei mehr die Einkaufsplattform oder die Preiskalkulations-Software?

Schäfer: Wir sehen hier ein schlüssiges Gesamtkonzept. Einkaufsplattformen für Standardbauteile werden in Zukunft einen Teil der Nachfrage abdecken. Wir konnten diese Entwicklung in den vergangenen 20 Jahren schon im Druckbereich beobachten. Mit der Kalkulationssoftware erhalten Zulieferer zudem eine Möglichkeit für weitere Optimierungen und damit zur Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit.

Was unterscheidet eine Online-Fertigungsplattform wie Spanflug aus Ihrer Sicht von klassischen Einkaufsplattformen?

Schäfer: Der Unterschied liegt in der automatisierten Abwicklung des Bestellprozesses. Hier erfolgt im Hintergrund keine „manuelle“ Parameteroptimierung oder Technologieanpassung. Der Kunde stellt sein Bauteil online, erhält sofort ein Angebot und kann dann mit seinem Warenkorb zur Kasse gehen.

Welchen Mehrwert können Konzepte à la Spanflug für Fertigungsdienstleister bieten?

Schäfer: Fertigungsdienstleiter, also Job-Shops, bekommen einen weiteren Akquisekanal, über den sie Fertigungsaufträge generieren und damit ihre Kapazitäten besser auslasten können. Sie haben keine weiteren Kosten für den Vertrieb und die Angebotserstellung, die bis zu 20 % des Aufwands für die Fertigung eines Bauteils ausmachen kann. Das dürfte sich im Endpreis gegenüber Wettbewerbern schon bemerkbar machen, verringert aber auch den internen Aufwand für die Kalkulation. Die Kalkulationssoftware ermöglicht außerdem die schnelle Beantwortung von Kundenanfragen. Die Preisberechnung ist transparent und reproduzierbar, was bei der händischen Erarbeitung von Angeboten nur selten gelingt.

Und wie profitieren die Maschinenhersteller?

Schäfer: Maschinenhersteller, die ihre Komponenten und Ersatzteile über die Plattform beschaffen, ersparen sich eine langwierige Lieferantensuche und Preisverhandlungen.

Welche Chancen bieten sich im Hinblick auf flexiblere/resiliente Wertschöpfungsketten?

Schäfer: Die Spanflug-Plattform vernetzt aktuell ausschließlich Anbieter aus dem deutschsprachigen Raum. Damit entfallen die Risiken durch internationale Unwägbarkeiten wie beispielsweise Handelsbeschränkungen, Zölle etc. Sowohl Anbieter als auch Kunden sind flexibler, insbesondere in turbulenten Märkten, weil sie unabhängiger von Rahmenbedingungen sind, die sie ohnehin kaum beeinflussen können.

Spanflug läuft cloudbasiert. Finden Sie das Sicherheitskonzept überzeugend, oder ist das immer noch ein kritischer Punkt für viele Anwender?

Schäfer: Die Speicherung technischer Daten in der Cloud setzt sich immer mehr durch. Entsprechende Verschlüsselungstechnologien sichern bei Spanflug den Datentransfer. Organisatorische Vorkehrungen sorgen im Unternehmen dafür, dass nur befugte Mitarbeiter Zugriff haben. Schließlich stehen die Server in Deutschland. Bei der Speicherung personenbezogener Daten greift die DSGVO, die selbstverständlich eingehalten wird. Gleichwohl ist klar, dass es 100 % Sicherheit dauerhaft nicht geben kann. Deshalb müssen die Sicherheitskonzepte ständig überprüft und angepasst werden.

Sehen Sie die Gefahr, dass Online-Plattformen mit ihren transparenten Angeboten auf einen Klick zu einem Preis-Dumping im Fertigungsbereich führen könnten?

Schäfer: Nein, das sehe ich nicht. Jeder Anbieter muss mit seinem Gesamtangebot überzeugen. Da ist der Preis nur eine Komponente von mehreren wie Qualität, Zuverlässigkeit, Liefertreue, Service, Ansprechbarkeit etc.

Werden Fertiger künftig gezwungen sein, an solche Plattformen anzudocken, um für die Kunden sichtbar zu bleiben?

Schäfer: Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Fertigungsunternehmen haben hier die Chance Kapazitäten noch besser auszulasten. Andererseits bestehen langjährige Lieferbeziehungen, insbesondere bei komplexen und qualitativ hochwertigen Bauteilen. Dies wird auch weiterhin Bestand haben. Es ist aber wichtig, dass sich Zulieferbetriebe mit diesen neuen Möglichkeiten auseinandersetzen, denn die Weiterentwicklung der Berechnungsansätze wird das Teilespektrum ausweiten.

Wie sehen Sie die heimischen Online-Fertiger gegenüber internationalen Playern à la Xometry positioniert, die mit reichlich Kapitalspritzen daherkommen? In der Vergangenheit haben sich ja die US-Firmen im E-Commerce auf ganzer Linie durchgesetzt. Wird das im B2B-Industriebereich auch so kommen?

Schäfer: Die Befürchtung habe ich nicht, denn im B2B-Bereich zählt nicht nur die IT-Kompetenz, sondern auch die Fachkompetenz – in diesem Fall die Fertigungskompetenz in der Zerspanung. Auch in Deutschland ist ausreichend Kompetenz im E-Commerce vorhanden, wie wir nicht nur im Konsumerbereich beobachten können. Ich sehe aber durchaus Vorteile im Bereich des fertigungstechnischen Know-hows. Spanflug ist hierfür ein Beispiel und hat beide Facetten optimal verknüpft. Generell ist es wichtig, dass für solche Ansätze Kapital verfügbar ist. Aber dies ist auch in Deutschland vorhanden. UnternehmerTUM, ist hierfür ein sehr gutes Beispiel.

VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken)
www.vdw.de

Spanflug Technologies GmbH
https://spanflug.de

Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e.V. (VDW)
Lyoner Straße 14
D-60528 Frankfurt am Main
Telefon: +49 69 756081–0
E-Mail: vdw@vdw.de
Internet: www.vdw.de


Mehr zum Thema Industrie 4.0
Aktuelle Ausgabe
Titelbild mav Innovation in der spanenden Fertigung 2
Ausgabe
2.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Trends

Aktuelle Entwicklungen in der spanenden Fertigung

Alle Webinare & Webcasts

Webinare aller unserer Industrieseiten

Alle Whitepaper

Whitepaper aller unserer Industrieseiten


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de