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Werkzeugbau gibt Gas

Neue Hochvorschubstrategie senkt Bearbeitungszeit beim Vorschlichten um bis zu 30 Prozent
Werkzeugbau gibt Gas

Gemeinsam mit den Zerspanungsspezialisten des Audi Werkzeugbaus gelang der Vero Software GmbH die Entwicklung einer neuen Work NC-Hochvorschubstrategie. Ihr Erfolg: Beim Vorschlichten verschiedener Presswerkzeuge konnte Audi bis zu 30 Prozent der Bearbeitungszeit einsparen. Zudem haben sich die Werkzeugstandzeiten verdreifacht.

Der Werkzeugbau der Audi AG, der seit Jahresbeginn 2017 den offiziellen Namen „Kompetenzcenter Anlagen-/Umformtechnik“ (kurz: KCU) trägt, gehört seit jeher zu den Kernkompetenzen des Automobilherstellers. In seinen Zuständigkeitsbereich fallen sowohl Presswerkzeuge für Türen, Motorhauben, Seitenteile der Fahrzeuge etc. als auch die Anlagen für den Karosseriebau. Vom internationalen Wettbewerb zu externen Dienstleistern angetrieben, sind die Verantwortlichen permanent auf der Suche nach Innovationen, mit denen sich Abläufe und Ergebnisse verbessern lassen.

Einer, der sich täglich mit Innovationen beschäftigt, ist Markus Brunner, Mitglied im Team „Betriebsmanagement Maschinentechnik“ des KCU in Ingolstadt. Zu seinen Aufgaben gehört es, die zerspanende Fertigung im Werkzeugbau hinsichtlich CAD- und CAM-Technik zu optimieren. Er erklärt: „Wir sind hier mit Einzelteilbearbeitung konfrontiert, woraus besondere Anforderungen erwachsen. Der häufige Produktwechsel erfordert vor allem eine große Flexibilität in der Zerspanung. Diesbezüglich kommt auch einer effizienten CAM-Programmierung große Bedeutung zu.“

Brunner beschäftigt sich vor allem damit, durch moderne, CAM-programmierte Zerspanungstechnologien die Bearbeitungsqualität zu steigern sowie Durchlaufzeiten und damit Bearbeitungskosten zu reduzieren. Sein Partner auf Seiten der Programmiersoftware ist die Vero Software GmbH mit ihrem CAM-System Work NC, das im Audi Werkzeugbau schon seit vielen Jahren eingesetzt wird. „Wir nutzen Work NC durchgängig vom 3-Achs- und 3+2-Achs- bis zum 5-Achs-Simultan-Fräsen von Formenwerkzeugen sowie zunehmend auch in der 2,5D-Bearbeitung“, beschreibt Markus Brunner den Einsatzbereich und weist auf entscheidende Vorteile dieser Software hin: „Die Programmierung und Handhabung ist extrem einfach, was in der Einzelteilfertigung besonders wichtig ist. Selbst komplizierte Bauteile können wir intuitiv und schnell programmieren. Des Weiteren bietet Work NC viele Möglichkeiten, um Bearbeitungsumfänge bzw. deren Programmierung trotz Einzelteilfertigung zu standardisieren und zu automatisieren.“ Als vielfältig und effizient bezeichnet er darüber hinaus die bereitgestellten Bearbeitungsstrategien, die es ermöglichen, „jedes Bauteil wirtschaftlich zu programmieren und zu bearbeiten.“

Fräsen mit hohem Vorschub

Um die Fräsbearbeitung künftig noch effizienter zu machen, entwickelt Vero Work NC permanent weiter. Das aktuelle Release 2017 R1 enthält zum Beispiel eine neue Hochvorschubstrategie, die auf Anregung der Audi-Werkzeugbauer und in enger partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit ihnen entstanden ist.

Während es beim Hochgeschwindigkeitsfräsen (High Speed Cutting; HSC) in erster Linie um das Erzeugen qualitativ hochwertiger Oberflächen geht, steht das Hochvorschubfräsen (High Feed Cutting; HFC) für kurze Bearbeitungszeiten beim Schruppen und Vorschlichten. Verschiedene Anbieter haben dafür spezielle Werkzeuge mit Hochvorschubgeometrien entwickelt, deren Schneidkanten eine deutlich größere Kontaktlinie zum Werkstück aufweisen als herkömmlich eingesetzte Rundwendeplatten.

Dadurch geht die radiale Schnittkraftbelastung auf den Fräser und die Maschinenspindel so stark zurück, dass sich deutlich höhere Zahnvorschübe fahren lassen und das Zeitspanvolumen auf ein Mehrfaches ansteigt. Das wirkt sich insbesondere bei der zerspanungsintensiven Schrupp- bzw. Vorschlichtbearbeitung positiv auf die Bearbeitungszeit und Fertigungskosten aus.

Neue Strategie für Fräswerkzeuge beliebiger Kontur

Bevor Vero die neue Work NC-Lösung präsentierte, sahen sich die Anwender beim Einsatz solcher Fräswerkzeuge mit folgender Problematik konfrontiert: CAM-Systeme konnten bislang die neuen Hochvorschubgeometrien nur unzureichend abbilden, was in der praktischen Anwendung zu einem undefinierten Aufmaß auf der Bauteiloberfläche führte. Das wiederum beeinträchtigte die Prozesssicherheit im nachgelagerten Schlichtprozess.

Die neue Hochvorschubstrategie berücksichtigt nun die Abweichungen der Fräswerkzeuggeometrien mit nicht regulärer Schneide. Die Software vermeidet dadurch, dass am Werkstück undefinierte Aufmaße entstehen. Brunner ist vom Ergebnis begeistert: „Durch diese neue Strategie ist es möglich, Fräswerkzeuge jeglicher Kontur einzusetzen, also auch welche, deren Schneide von einer Regelgeometrie wie Kugel oder Torus abweicht. Damit können wir sogar Fräswerkzeuge nutzen, die speziell auf einen definierten Anwendungsfall hin konzipiert wurden.“

Die Begeisterung kommt nicht von ungefähr. Schließlich waren Brunner und seine Kollegen Impulsgeber für die Neuentwicklung. Zudem stellten sie für Testzwecke Maschinenkapazität zur Verfügung. In Versuchen wurde zum Beispiel das negative Flächenoffset eines Presswerkzeugs für eine Autotür gefräst. Während die Vorschlichtbearbeitung des Türaußenteils bislang drei Stunden und 15 Minuten dauerte und die Schneidplatten dreimal gewechselt werden mussten, gelang die Bearbeitung mit der neuen Hochvorschubstrategie in nur einer Stunde und 42 Minuten – und ohne Plattenwechsel. Das eingesetzte Werkzeug war ein Hochvorschubfräser 1DP1E von Ingersoll Cutting Tools (WSP-Typ PEMT0502ZCTR-HR, WSP-Qualität IN2505; 65 mm Auskraglänge).

Größeres Zeitspanvolumen erreicht

„Durch den Einsatz der Hochvorschubstrategie von WorkNC und entsprechender Werkzeuge können wir beim Vorschlichten bis zu 30 Prozent der Bearbeitungszeit einsparen“, berichtet Brunner aus seiner Erfahrung. Zur längeren Werkzeugstandzeit tragen die im Vergleich zu Rundplattenfräsern geringeren Abdrängungskräfte bei. Da die hauptsächlichen Bearbeitungskräfte in Z-, also in Spindelrichtung, entstehen, kommt es zu weniger Schwingungen und das Werkzeug läuft in der Regel ruhiger, was sich positiv auf die Schneiden auswirkt.

Als Besonderheit hebt Brunner hervor: „Die neue Work NC-Strategie kann auch bei negativem Flächenoffset eingesetzt werden, was nach meinem derzeitigen Wissenstand kein anderer CAM-Anbieter ermöglicht. Wir werden sie jedenfalls in Zukunft bei allen Bauteilen im Bearbeitungsschritt Vorschlichten einsetzen.“

Stimmiges Gesamtpaket

Für Brunner und seine Kollegen ist die neue Hochvorschubstrategie ein Beispiel für die gute partnerschaftliche Zusammenarbeit zu Vero und den Work NC-Entwicklern. Die Zufriedenheit erstreckt sich jedoch auf viele weitere Punkte, wie der CAM-Experte ausführt: „Enorm wichtig sind für uns die Möglichkeiten von Work NC zum nachträglichen Modifizieren von programmierten Fräsbahnen wie das bereichsweise Offsetieren und Schneiden von Bahnen.“ Er erwähnt außerdem die kurzen Berechnungszeiten durch 64-Bit- und Multiprozessor-Technologie, die gerade beim Programmieren großer Bauteile von großer Bedeutung sind.

Sehr geschätzt wird auch die Flexibilität des Gesamtsystems. Die Postprozessoren von Work NC sind zum Beispiel nicht verschlüsselt und können durch den Anwender angepasst werden. „Dadurch ist es uns in den letzten Jahren gelungen, den Automatisierungsgrad in unserer Einzelteilfertigung deutlich zu steigern“, erwähnt Brunner. Somit lässt sich auch die CAM-Ausgabe zügig an die immer komplexer werdende Maschinentechnik anpassen, so dass das Potential der Werkzeugmaschinen vollständig ausgeschöpft werden kann.

Vero Software GmbH
www.verosoftware.de

Audi AG
www.audi.com


Kompetenz im Werkzeug- und Anlagenbau

Knapp 2500 Mitarbeiter sind weltweit im Kompetenzcenter Anlagen-/Umformtechnik (KCU) der Audi AG beschäftigt, das die Bereiche „Werkzeugbau“ und „Anlagenbau“ zusammenfasst. Es bietet Kompetenzen in allen Stufen der Prozesskette an: von der Entwicklung, Planung, Konstruktion und Simulation von Werkzeugen und Anlagen über die Anfertigung, Einarbeit sowie Montage bis zur Inbetriebnahme von Werkzeugen und Anlagen. Die Presswerke der jeweiligen Standorte fertigen die entsprechenden Bauteile. Im Stammwerk in Ingolstadt sind im KCU rund 1000 Mitarbeiter beschäftigt.

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